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OGH 17.04.2013, 7Ob55/13h

OGH 17.04.2013, 7Ob55/13h

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P***** B*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J***** L*****, vertreten durch Mag. Patrycja Gamsjäger, Rechtsanwältin in Wien, und die Nebenintervenientin A***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 103.238,69 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei, der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 84/11m-74, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 22 Cg 52/02v-64, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vertreterin des Beklagten gab dessen außerordentliche Revision am (rechtzeitig) zur Post. Sie unterließ in der nicht im Elektronischen Rechtsverkehr übermittelten Eingabe die Bescheinigung, dass die konkreten technischen Möglichkeiten im Einzelfall ausnahmsweise nicht vorliegen (§ 1 Abs 1c ERV 2006 idF BGBl II 2012/141). Für den deshalb mit einem Formmangel behafteten Rechtsmittelschriftsatz ist vom Erstgericht ein fristgebundenes Verbesserungsverfahren durchzuführen.

Gemäß § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts ab dem maßgeblichen Stichtag (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV-Teilnehmer/innen in Hinkunft den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3). Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll - als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) - zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen (1 Ob 156/12s mwN; 10 ObS 163/12m).

Demnach sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen, das den Beklagten gemäß §§ 84, 85 ZPO unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung seiner außerordentlichen Revision durch die Rechtsvertreterin im Elektronischen Rechtsverkehr aufzufordern hat. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt das Anbringen als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht (§ 85 Abs 2 ZPO).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. P***** B*****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. J***** L*****, vertreten durch Mag. Patrycja Gamsjäger, Rechtsanwältin in Wien, und die Nebenintervenientin A*****-AG, *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 103.238,69 EUR sA, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der beklagten Partei sowie der Nebenintervenientin gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 84/11m-74, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 22 Cg 52/02v-64, teilweise abgeändert wurde, beschlossen und zu Recht erkannt:

Spruch

I. Die hinsichtlich der Abweisung von 22.447,53 EUR sA erhobene außerordentliche Revision der klagenden Partei (die Abweisung weiterer 13.448,48 EUR sA blieb unbekämpft) wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

II. Den außerordentlichen Revisionen der beklagten Partei und der Nebenintervenientin wird teilweise Folge gegeben.

a) Das Urteil des Berufungsgerichts wird in seinem klagestattgebenden Teil (67.342,58 EUR sA) teilweise dahin abgeändert, dass es als Teilurteil lautet:

„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 38.746,17 EUR samt 4 % Zinsen pa seit bei sonstiger Exekution in ihre Entschädigungsforderung aus ihrer Berufshaftpflicht-
versicherung bei der A*****-AG binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei weitere 23.640,69 EUR samt 4 % Zinsen pa seit bei sonstiger Exekution in ihre Entschädigungsforderung aus ihrer Berufshaftpflicht-
versicherung bei der A*****-AG binnen 14 Tagen zu bezahlen, wird abgewiesen.“

b) Im Übrigen (hinsichtlich der Forderung von 4.955,72 EUR sA) wird das klagestattgebende Urteil des Berufungsgerichts einschließlich der Entscheidungen über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

c) Die Entscheidung über die Verfahrenskosten bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Text

Entscheidungsgründe:

Über das Vermögen des Beklagten - eines vormaligen Rechtsanwalts - war seit Juli 1999 der Konkurs eröffnet. Nach rechtskräftiger Einleitung des Abschöpfungsverfahrens wurde der Konkurs mit Beschluss des Konkursgerichts vom aufgehoben.

Im März/April 1999 präsentierte Dr. H***** R***** dem Kläger (einem Steuerberater) und dem „wirtschaftlich hinter diesem stehenden“ R***** H*****, der wiederum für eine Investorengruppe tätig war, im Beisein des Beklagten ein scheinbar lukratives Konzept zum Betrieb einer Zahnarztordination und eine damit im Zusammenhang stehende Werbetätigkeit. Nach diesem Konzept sollte die zu gründende GmbH durch gezielte Werbemaßnahmen den Umsatz der von einem Zahnarzt zu betreibenden Zahnarztordination fördern. Die Gesellschaft sollte ihre Werbe- und Beratungstätigkeit den Patienten gegenüber unentgeltlich erbringen und über eine Beteiligung am Umsatz der Zahnarztordination finanziert werden. Angedacht war eine Gewinnaufteilung im Verhältnis 70 : 30 zwischen der Gesellschaft und dem Zahnarzt. Die Gesellschaft sollte die zum Betrieb der Zahnarztpraxis erforderlichen Einrichtungsgegenstände aus der Konkursmasse des damals im Konkurs befindlichen Zahnarztes kaufen und auf diese Weise einen Zwangsausgleich finanzieren. Anlässlich der Präsentation des Konzepts war auch von einem gescheiterten Vorgängerunternehmen die Rede, das zwei Fehler begangen habe, nämlich einerseits, dass in Werbetexten von „Behandlung“ die Rede gewesen sei, und andererseits, dass die bei der Gesellschaft beschäftigten Zahntechniker Patienten in den Mund geschaut hätten, wodurch es zu Problemen mit der Ärztekammer gekommen sei. Dr. H***** R***** erklärte, dass seitens der Ärztekammer nichts zu befürchten wäre, wenn diese Fehler nunmehr nicht wiederholt würden.

Der Kläger, der die Rolle des Financiers übernehmen sollte, war zu einer wirtschaftlichen Beteiligung nur unter der Voraussetzung bereit, dass die Tätigkeit der zu gründenden Gesellschaft und die von ihr durchzuführenden Werbemaßnahmen im Rahmen des rechtlich Zulässigen blieben und es zu keiner Kollision mit den einschlägigen ärztlichen Berufsausübungsvorschriften kommt. Das war dem Beklagten und den übrigen Beteiligten bekannt.

Der Beklagte widersprach zu keinem Zeitpunkt der Darstellung von Dr. H***** R*****, dass bei Vermeidung der Fehler der Vorgängergesellschaft keine Probleme mit der Ärztekammer zu befürchten seien. Er wies zu keinem Zeitpunkt darauf hin, dass die gewählte Konstruktion schon im Hinblick auf das Provisionsverbot des § 53 (Abs 2 und 3) ÄrzteG unzulässig sein könnte. Der Beklagte setzte sich mit dem Inhalt dieser Bestimmung nicht auseinander. Er ging der Darstellung von Dr. H***** R***** folgend davon aus, dass die Konstruktion an sich rechtlich zulässig sei.

Der Beklagte wurde nicht explizit mit der rechtlichen Beurteilung der von der Gesellschaft vorzunehmenden Werbetätigkeit im Zusammenhang mit den einschlägigen Berufsausübungsvorschriften, insbesondere nach dem ÄrzteG, beauftragt. Er wurde jedoch weder vom Kläger noch von R***** H***** oder einem sonstigen Beteiligten von der Prüfung der mit der geplanten Akquisitionstätigkeit der GmbH verbundenen Rechtsfragen entbunden. Weder der Kläger noch R***** H***** teilten dem Beklagten mit, dass ihnen die einschlägigen Rechtsvorschriften, insbesondere die Bestimmungen des § 53 ÄrzteG, bekannt seien. Derartiges gaben sie dem Beklagten auch sonst nicht zu erkennen.

Der Kläger sollte die erforderlichen Mittel im Rahmen einer „Darlehenskonstruktion“ bereitstellen. Weiters wurde vereinbart, dass aus den Gewinnen zunächst diese „Einlage“ an den Kläger zurückgezahlt werden sollte.

Der Kläger beauftragte in der Folge den Beklagten mit der Gründung der GmbH und der Verfassung eines Treuhandvertrags, wonach der Beklagte die Gesellschaftsanteile des Klägers (50 %), des Zahnarztes (40 %) und von Dr. H***** R***** (10 %) treuhändig als Alleingesellschafter halten sollte. Im Innenverhältnis war der Kläger nur zu 10 % selbst an der Gesellschaft beteiligt, die weiteren 40 % hielt er treuhändig für R***** H*****, der wiederum für eine Investorengruppe tätig war.

Mit der Errichtung eines „Ergebnisabführvertrags“ zwischen dem Zahnarzt und der GmbH und der Erstellung der vom Kläger grundsätzlich gewünschten Besicherungsverträge wurde der Beklagte nicht beauftragt.

Am erfolgte die Unterzeichnung des Treuhandvertrags. Am wurde die GmbH vom Beklagten errichtet. Die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am .

Im Zusammenhang mit der GmbH und dem Projekt betreffend deren Zusammenarbeit mit dem Zahnarzt leistete der Kläger „darlehensweise“ diverse Zahlungen, die er durch Privatentnahmen aus seinem Steuerberatungsunternehmen finanzierte.

Über das Vermögen des Zahnarztes war im Jahr 1998 das Konkursverfahren eröffnet worden. Um die Aufhebung des Konkurses durch Abschluss eines Zwangsausgleichs zu erreichen, verlangte dessen Masseverwalter einen Kaufpreis von 500.000 S für die Ordinationseinrichtung und darüber hinaus noch eine weitere Zahlung von 259.985,97 S. Der Kläger war bereit, diese Beträge „darlehensweise“ zur Verfügung zu stellen. Am überwies er 500.000 S als Kaufpreis für die Ordinationseinrichtung an den Masseverwalter und am weitere 259.985,97 S, worauf tatsächlich ein Zwangsausgleich zustande kam.

Zur Finanzierung der Stammeinlage der GmbH zahlte der Kläger am 500.000 S auf das vom Beklagten für die GmbH eröffnete Konto ein.

Am leistete der Kläger an den Beklagten ein Honorarakonto in der Höhe von 30.000 S.

Am leistete der Kläger eine Zahlung von 150.000 S an die Firma P*****. Dem lag die Lieferung von Behandlungsstühlen zu Grunde, die von der GmbH in Raten zu zahlen gewesen wären. Auf Grund der Verzögerung bei der Eintragung der GmbH streckte der Kläger das Geld vor. Am erhielt der Kläger von der GmbH eine Rückzahlung von 250.000 S, die im Umfang von 150.000 S auf den von ihm für die Behandlungsstühle vorgeschossenen Geldbetrag und der Restbetrag von 100.000 S auf seine sonstigen bis dahin getätigten Auslagen entfiel. Es kann nicht festgestellt werden, dass diese Zahlung der GmbH auch nur zum Teil für Beratungsleistungen des Klägers gewidmet war.

Im Hinblick darauf, dass sich die Eintragung der GmbH verzögerte, traten Zahlungsengpässe auf. Zur Überbrückung der Zahlungsengpässe leistete der Kläger diverse weitere Zahlungen, wobei er vom (handelsrechtlichen) Geschäftsführer der GmbH eine Liste dringend zu tätigender Zahlungen erhielt.

Die GmbH benötigte einen Gewerbeschein für Zahntechnik, weil sie Leistungen auf diesem Gebiet erbringen sollte. Aus diesem Grund wurde ein gewerberechtlicher Geschäftsführer bestellt, der über einen entsprechenden Gewerbeschein verfügte. Das vereinbarte monatliche Entgelt betrug 5.000 S. Da der gewerberechtliche Geschäftsführer darauf bestand, übernahm der Kläger die persönliche Haftung für dessen Entgelt.

Im April 2000 mahnte der gewerberechtliche Geschäftsführer rückständige Entgelte für den Zeitraum 1-4/2000 ein. Der Kläger kam dieser Aufforderung nach und überwies am an den gewerberechtlichen Geschäftsführer den geforderten Gesamtbetrag von 22.836,48 S (darin enthalten auch Kosten des Einschreitens eines Rechtsanwalts). Am überwies er an den gewerberechtlichen Geschäftsführer zwei weitere Monatsentgelte von zusammen 10.000 S.

Kurz nach Aufnahme ihrer Tätigkeit wurde die GmbH im November 1999 von der Wiener Ärztekammer gemäß § 1 UWG iVm § 53 Abs 1, 3 und 4 ÄrzteG und Art 1 sowie Art 3 der Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung geklagt. Die Gesellschaft stellte daraufhin ihre Geschäftstätigkeit ein. Im Zusammenhang mit diesem Verfahren verzeichnete der die GmbH vertretende Rechtsanwalt Kosten in der Höhe von 136.384,40 S. Auf diese Honorarnote erfolgte bisher keine Zahlung. Der Kläger übernahm die persönliche Haftung hinsichtlich dieser Honorarforderung.

In der Klage samt gleichlautendem Sicherungsantrag begehrte die Ärztekammer für Wien, die GmbH schuldig zu erkennen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs

1. zahnärztliche Leistungen anzubieten,

2. unsachliche und die Standesehre beeinträchtigende Werbung für Zahnbehandlung und/oder für bestimmte zahnärztliche Behandlungsmethoden zu betreiben, und zwar

2.1 in Flugblättern und/oder Postwurfsendungen die Zahnbehandlung von Patienten durch von ihr vermittelte Fachärzte für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, insbesondere durch den (namentlich genannten) Zahnarzt, zu bewerben;

2.2 in Werbeaussagen in der Öffentlichkeit die Honorare und Preise für einzelne fixe Zahnersätze sowie abnehmbare Zahnersätze zu nennen;

2.3 ein Geschäftslokal zu betreiben, welches der Werbung für die zahnärztlichen Leistungen von bestimmten Fachärzten für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, insbesondere von jenen des (namentlich genannten) Zahnarztes, sowie der Vermittlung von Patienten an diese Fachärzte, insbesondere an den (namentlich genannten) Zahnarzt, diene.

Die Klage samt Sicherungsantrag wurde der GmbH am zugestellt. Das Handelsgericht Wien erließ mit Beschluss vom antragsgemäß die einstweilige Verfügung.

Nachdem die GmbH dagegen Rekurs erhob, stellte das Oberlandesgericht Wien an den Verfassungsgerichtshof den Antrag, Art 3 lit d erster Halbsatz und lit h der Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ als gesetzwidrig aufzuheben. Der Verfassungsgerichtshof wies mit Erkenntnis vom den Antrag des Oberlandesgerichts Wien ab (V 56/00 ua). Mit Rekursentscheidung vom gab das Oberlandesgericht Wien dem Rekurs der GmbH teilweise Folge und änderte die einstweilige Verfügung dahin ab, dass es das auf die Unterlassung jedweder unsachlicher und die Standesehre beeinträchtigender Werbung für Zahnbehandlungen und/oder für bestimmte zahnärztliche Behandlungsmethoden gerichtete Mehrbegehren als zu weit gefasst abwies. Im Übrigen bestätigte es die erstinstanzlich erlassene einstweilige Verfügung.

Die Ärztekammer für Wien und die GmbH schlossen sodann im weiteren Verfahren am einen Unterlassungsvergleich, der im Wesentlichen der rechtskräftigen einstweiligen Verfügung entsprach.

Der Kläger begehrte gestützt auf § 157 VersVG zuletzt Zahlung von 103.238,69 EUR sA bei sonstiger Exekution in die „Versicherungsforderung“ des Beklagten aus seiner Berufshaftpflichtversicherung bei der Nebenintervenientin. Er habe dem Beklagten im Zuge der rechtlichen Beratung von Anfang an klargemacht, dass er an einer finanziellen Beteiligung an dem Konzept nur bereit sei, wenn es sich dabei um eine rechtlich zulässige Konstruktion zum Betrieb einer Zahnarztordination handle. Weiters habe er darauf bestanden, dass seine Darlehen an den Zahnarzt mit den Einrichtungsgegenständen aus dessen ehemaliger Zahnarztpraxis pfandrechtlich sichergestellt werden müssten. Der Beklagte habe versichert, dass diese Bedingungen kein Problem darstellen würden. Daraufhin habe er den Beklagten beauftragt, die Gesellschaft zu gründen sowie sämtliche Rechtsbeziehungen zwischen der Gesellschaft und dem Zahnarzt, insbesondere die Aufteilung der Einnahmen zwischen der Gesellschaft und dem Zahnarzt, die Absicherung der Darlehen und die Absicherung der Investitionen durch Übertragung der Mietrechte am Geschäftslokal an die Gesellschaft, zu regeln. In weiterer Folge habe sich herausgestellt, dass die gesamten getroffenen Vereinbarungen für den Betrieb der Zahnarztordination unbrauchbar und gesetzwidrig gewesen seien. Die GmbH habe zwar nach ihrer Gründung vereinbarungsgemäß die vorgesehene Beratungs-
und Werbetätigkeit aufgenommen und der Zahnarztpraxis zu großen Umsätzen verholfen, der Zahnarzt habe jedoch entgegen der getroffenen Vereinbarung den gesamten Gewinn aus der Zahnarztpraxis selbst vereinnahmt, anstatt vereinbarungsgemäß 70 % davon an die Gesellschaft abzuführen. Der Beklagte habe es in diesem Zusammenhang versäumt, „eine klare Gewinnaufteilung“ zwischen der Gesellschaft und dem Zahnarzt vertraglich festzuhalten. Da die Gesellschaft für ihre Werbetätigkeit vereinbarungsgemäß kein Entgelt verrechnet habe, sei sie bereits nach wenigen Monaten praktisch zahlungsunfähig gewesen. Über das Vermögen des Zahnarztes sei zwischenzeitig erneut Konkurs eröffnet worden. Nach Aufnahme der Tätigkeit durch die GmbH habe sich herausgestellt, dass sowohl deren Werbetätigkeit als auch die vereinbarte Gewinnaufteilung gegen das in § 53 ÄrzteG geregelte Werbe- und Provisionsverbot verstoßen habe. Kurze Zeit nach Aufnahme ihrer Tätigkeit sei die GmbH von der Wiener Ärztekammer gemäß § 1 UWG auf Unterlassung und Urteilsveröffentlichung geklagt worden. Daraufhin habe sie die Geschäftstätigkeit einstellen müssen. Der Beklagte habe es unterlassen, den Kläger darauf aufmerksam zu machen, dass der Betrieb der Zahnarztordination und die Werbetätigkeit der Gesellschaft gegen die ärztlichen Berufsausübungsvorschriften verstießen und der Betrieb somit über kurz oder lang eingestellt werden müsse. Durch diesen Anwaltsfehler habe der Kläger einen Schaden durch diverse, näher angeführte Zahlungen erlitten. Zu seiner Aktivlegitimation brachte der Kläger vor, wenngleich er nur Treuhänder des Treugebers R***** H***** gewesen sei, sei er als unmittelbarer Auftraggeber des Beklagten auch der unmittelbar Geschädigte. Darüber hinaus habe ihm sein Treugeber die Schadenersatzansprüche zediert.

Der Beklagte bestritt, dass er den Kläger bei der rechtlichen Gestaltung des Konzepts zum Betrieb einer Zahnarztordination rechtsfreundlich vertreten habe. Er habe lediglich den Auftrag erhalten, die Gesellschaft zu gründen. Dr. H***** R***** und der Kläger hätten zwar darüber berichtet, sie seien dabei, ein entsprechendes Geschäftskonzept auszuarbeiten, eine diesbezügliche Beauftragung oder auch nur Fragestellung an ihn sei jedoch nicht erfolgt. Dem Kläger sei als Absolvent eines wirtschaftswissenschaftlichen Studiums und aktiver Steuerberater klar gewesen, dass das selbst erarbeitete Konzept „Zahnarzt und Akquisitionsgeschäft“ nicht in Ordnung sein könne. Der Kläger habe gewusst, welche „merkwürdigen“ und auch verbotenen bzw wettbewerbswidrigen Geschäfte „hier hätten laufen sollen“. Dem Kläger sei klar gewesen, dass die Gesellschaft als unzulässige „Kundenfängerorganisation“ hätte dienen sollen und dass man damit nur solange Geld verdienen werde können, solange die sittenwidrige Akquisition nicht auffliege. Den Kläger treffe das Alleinverschulden am behaupteten Schaden. Anlässlich der Besprechungen sei dem Beklagten eindeutig zu verstehen gegeben worden, dass eine Beratungsleistung seinerseits zum Werbekonzept nicht gewünscht sei. Dazu sei großspurig erklärt worden, man habe dafür „sogar einige Stück Anwälte“. Die Klage der Ärztekammer gegen die GmbH sei vollkommen gerechtfertigt, die Bestreitung des dortigen Klagsvorbringens von vornherein aussichtslos gewesen. Der Kläger sei selbst nur Treuhänder von R***** H***** gewesen. Der behauptete Schaden sei daher allenfalls diesem entstanden, sodass der Kläger nicht aktiv legitimiert sei.

Die Nebenintervenientin wendete weiters ein, ein Vertretungsverhältnis zwischen dem Beklagten und dem Kläger habe nie bestanden. Allenfalls habe der Beklagte die in Gründung befindliche GmbH vertreten. Der angebliche Schaden habe sich im Vermögen der GmbH ereignet, der Kläger als angeblicher Gesellschafter habe nur einen mittelbaren Schaden erlitten. Dasselbe gelte für den angeblichen Treugeber R***** H*****.

Das Erstgericht wies im vierten Rechtsgang die Klage ab. Es bejahte grundsätzlich die Haftung des Beklagten infolge unterlassener Aufklärung des Klägers über die wettbewerbsrechtliche Problematik der Geschäfts- bzw Werbetätigkeit der GmbH im Zusammenhang mit der vom Zahnarzt betriebenen Zahnarztordination. Dem Kläger könne jedoch nur dann ein Schaden entstanden sein, wenn er die behaupteten Zahlungen aus seinem eigenen Vermögen geleistet hätte. Als Treuhänder wäre er dann grundsätzlich auch aktiv legitimiert. Die Zahlungen seien jedoch (auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen, die vom Berufungsgericht nicht übernommen wurden) nicht vom Kläger selbst, sondern von seinem Steuerberatungsunternehmen geleistet worden, sodass er nicht aktiv legitimiert sei. Zu den im Klagebegehren enthaltenen Rechtsanwaltskosten führte es ergänzend aus, bei Aufklärung durch den Beklagten über die Unrechtmäßigkeit der Werbetätigkeit der Gesellschaft wäre diese zwar nicht in die Rechtsstreitigkeiten verwickelt worden. Die GmbH habe sich jedoch in die Prozesse eingelassen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Beklagte bereits in Pension gewesen; die Einschätzung der Rechtslage und Beratung des Klägers sei nicht mehr dem Beklagten oblegen. Die Kosten der Rechtsstreitigkeiten seien dem Beklagten daher nicht zuzurechnen. Weiters habe der Kläger ab dem Beginn der Rechtsstreitigkeiten nicht mehr davon ausgehen dürfen, bedenkenlos in die Gesellschaft investieren zu können. Die Zahlungen an den gewerberechtlichen Gesellschafter seien erfolgt, als dem Kläger das Scheitern der GmbH bereits bekannt gewesen sei. Entsprechend der Schadensminderungspflicht wäre es Aufgabe des Klägers gewesen, diese Kosten zu vermeiden.

Über Berufung des Klägers änderte das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil dahin ab, dass es dem Kläger 67.342,58 EUR sA zusprach und das Mehrbegehren von 35.896,11 EUR sA abwies. Das Berufungsgericht nahm eine Beweiswiederholung und -ergänzung vor. Rechtlich führte es aus, im Hinblick darauf, dass der Beklagte bei der Präsentation des Geschäftskonzepts anwesend gewesen und ihm der Geschäftszweck der von ihm als Treuhänder zu gründenden GmbH bekannt gewesen sei, wäre er, als er vom Kläger mit der Gründung der GmbH und Übernahme der Treuhandschaft beauftragt worden sei, verpflichtet gewesen, sich mit den Bestimmungen des ÄrzteG so weit auseinanderzusetzen, um abzuklären, ob das von Dr. H***** R***** in seiner Gegenwart vorgestellte Konzept nicht schon im Grundsätzlichen an die Grenzen des rechtlich Zulässigen stoße. Dabei hätte sich schon aus dem Wortlaut des § 53 Abs 2 ÄrzteG ergeben, dass im Hinblick auf das dort normierte Provisionsverbot das Zuführen von Patienten durch die Gesellschaft gegen Beteiligung am Umsatz der Zahnarztordination rechtlich bedenklich erscheine. Da der einzige Geschäftszweck darin bestanden habe, durch entsprechende Werbemaßnahmen dem Zahnarzt Patienten zuzuführen, hätte der Beklagte den Kläger und die anderen Beteiligten auch auf die auf der Grundlage des § 53 Abs 4 ÄrzteG von der Österreichischen Ärztekammer erlassene Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ und die darin verordneten Werbebeschränkungen hinweisen müssen. Diese unterlassene Aufklärung stelle eine objektive Sorgfaltsverletzung dar, wobei für den Beklagten als Rechtsanwalt der erhöhte Sorgfaltsmaßstab des § 1299 ABGB anzuwenden sei. Dem Beklagten und den übrigen Beteiligten sei bekannt gewesen, dass der Kläger zu einer wirtschaftlichen Beteiligung am Unternehmen nur unter der Voraussetzung bereit gewesen sei, dass die Tätigkeit der zu gründenden Gesellschaft im Rahmen des rechtlich Zulässigen bleibe und es zu keinen Kollisionen mit den ärztlichen Berufsausübungsvorschriften komme. Damit sei die unterlassene Aufklärung für einen dem Kläger daraus entstandenen Schaden kausal und die Haftung des Beklagten zu bejahen.

Der Kläger sei zur Geltendmachung des Schadens auch aktiv legitimiert. Er habe die Zahlungen aus seinem Vermögen geleistet, weshalb er als unmittelbar Geschädigter anzusehen sei. Dass er Zahlungen teilweise als Treuhänder von R***** H***** vorgenommen und gegen diesen einen Anspruch auf Aufwandersatz habe, ändere daran nichts.

Den Kläger treffe aber ein Mitverschulden. Aus den Ausführungen von Dr. H***** R***** anlässlich der Präsentation des Konzepts hätte ein Steuerberater wie der Kläger schließen müssen, dass die Gesellschaft in einem Graubereich tätig sein werde, in dem es zu rechtlichen Auseinandersetzungen mit der Ärztekammer kommen könnte. Von einem sorgfältigen Investor aus dem Berufsstand des Klägers wäre zu erwarten gewesen, dass er sich nicht auf Zahlungen einlässt, ohne vorher einen Rechtsanwalt mit einer fundierten Expertise zu den rechtlichen Rahmenbedingungen und zur Frage der Zulässigkeit der geplanten Tätigkeit der Gesellschaft zu beauftragen. Daraus resultiere sein Mitverschulden im Umfang von einem Viertel.

Die Vertretungskosten im UWG-Prozess, für die der Kläger die persönliche Haftung übernommen habe, seien ein ersatzfähiger Schaden. Die Abwehr der von der Ärztekammer für Wien geltend gemachten Unterlassungsansprüche könne im Hinblick darauf, dass das Rekursgericht im Verfahren über den Sicherungsantrag wesentliche Bestimmungen der Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ als gesetzwidrig erachtete und ein Verordnungsprüfungsverfahren einleitete, nicht als von vornherein zur Gänze aussichtsloser und nutzloser Rettungsaufwand beurteilt werden.

Auch die in der ersten Jahreshälfte 2000 an den gewerberechtlichen Geschäftsführer erfolgten Zahlungen seien nicht als von vornherein nutzloser Aufwand anzusehen, weil das Verfahren über den Rekurs gegen die einstweilige Verfügung noch anhängig gewesen und das endgültige Scheitern der Gesellschaft damit noch nicht festgestanden sei.

Von den berechtigt erkannten Schadensbeträgen von 89.790,11 EUR habe der Beklagte dem Kläger drei Viertel, somit 67.342,58 EUR sA, zu ersetzen. Der geltend gemachte Absonderungsanspruch sei durch die nach Klagseinbringung erfolgte Konkursaufhebung (über das Vermögen des Beklagten) nicht untergegangen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil eine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO nicht zu lösen gewesen sei.

Rechtliche Beurteilung

I. Außerordentliche Revision des Klägers:

1. Der Kläger bekämpft die Abweisung des Klagebegehrens im Umfang von 22.447,43 EUR sA, weil ihm kein Mitverschulden anzulasten sei. Die weitere Abweisung von 13.448,58 EUR sA blieb unbekämpft und ist daher in Rechtskraft erwachsen.

Ob ein Mitverschulden zu bejahen ist oder nicht, ist eine Frage des Einzelfalls (7 Ob 61/12i). Das gilt auch für das Ausmaß eines Mitverschuldens des Geschädigten (RIS-Justiz RS0087606).

Das Berufungsgericht gewichtete das Mitverschulden des Klägers mit (lediglich) einem Viertel. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass dem Kläger ein Mitverschulden treffe, hält sich im Rahmen der Judikatur. Im Übrigen ist auf die nachfolgenden Ausführungen (Punkt II.3.) zu verweisen.

2. Die außerordentliche Revision des Klägers ist somit mangels erheblicher Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

II. Revisionen des Beklagten und der Nebenintervenientin:

Die vom Kläger nach Freistellung der Revisionsbeantwortung beantworteten Revisionen des Beklagten und der Nebenintervenientin, mit denen diese den Zuspruch von 67.342,58 EUR sA bekämpfen, sind zulässig und teilweise berechtigt.

1. Die behauptete Aktenwidrigkeit liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Das Berufungsgericht traf nach Beweiswiederholung ergänzende Feststellungen zur Rückzahlung der 250.000 S von der GmbH an den Kläger und zu den Widmungen dieses Betrags. Dass das Berufungsgericht neben der Bezugnahme auf eine Urkunde (Beil ./I) in die Beweiswürdigung auch Argumente einfließen ließ, die nicht der Aussage des Klägers entsprechen, ist keine Aktenwidrigkeit. Der Beklagte und die Nebenintervenientin bekämpfen in diesem Zusammenhang unzulässig die Beweiswürdigung des Berufungsgerichts.

2. Haftung des Beklagten:

Der Beklagte und die Nebenintervenientin wendeten im erstinstanzlichen Verfahren ein, dass dem Beklagten bei den Besprechungen zu verstehen gegeben worden sei, dass seine Beratungsleistung zum Werbekonzept nicht gewünscht sei. Ihm sei erklärt worden, man habe dafür „sogar einige Stück Anwälte“, wobei ein Rechtsanwalt namentlich genannt worden sei.

Das Erstgericht hat dazu zwar im dritten Rechtsgang Feststellungen getroffen (ON 53, S 8), die jedoch vom Kläger in der Berufung (ON 54) bekämpft wurden. Das Berufungsgericht ist im dritten Rechtsgang auf dessen Beweisrüge nicht eingegangen, weil es die Feststellungen aus rechtlichen Gründen nicht für erheblich hielt. Die im dritten Rechtsgang getroffenen Feststellungen wären dann einer Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, entzogen, wenn das Berufungsgericht die diesbezügliche Beweisrüge erledigt hätte (vgl 6 Ob 136/11k), was jedoch nicht der Fall war. Im nunmehrigen vierten Rechtsgang wurden dazu von den Vorinstanzen keine Feststellungen getroffen.

Für die Haftung des Beklagten und für ein Mitverschulden des Klägers spielt dieser Einwand (und spielen die unterlassenen Feststellungen) keine Rolle, weil der Beklagte den Kläger jedenfalls über das unzulässige Geschäftskonzept der GmbH - Gewinnbeteiligung am Umsatz des Zahnarztes infolge Zuführens von Patienten - nicht aufklärte. Dass der Kläger zur Überprüfung der Zulässigkeit der Zusammenarbeit der GmbH mit dem Zahnarzt auf Basis einer Gewinnbeteiligung andere Rechtsanwälte beigezogen haben soll, brachten der Beklagte und die Nebenintervenientin nicht vor. Schon dieser Zweck der Gesellschaft verstößt gegen das Provisionsverbot des § 53 Abs 2 und 3 ÄrzteG. Das Werbekonzept (vgl § 53 Abs 1, 3 und 4 ÄrzteG iVm der Richtlinie „Arzt und Öffentlichkeit“ der Österreichischen Ärztekammer) hat aber mit der unterlassenen Aufklärung über das Geschäftskonzept an sich, die allein schon haftungsbegründend ist, nichts zu tun. Eine Beratungspflicht besteht auch gegenüber einem rechtskundigen Mandanten (hier: Steuerberater). Der Rechtsanwalt ist verpflichtet, die Rechte seiner Partei mit Gewissenhaftigkeit zu vertreten und hat das ihm durch den Bevollmächtigungsvertrag aufgetragene Geschäft umsichtig und redlich zu besorgen. Daraus ergeben sich für den Anwalt eine Reihe von Pflichten, wie Warn-, Aufklärungs-, Informations- und Verhütungspflichten (2 Ob 67/01v mwN). Diesen Informations- und Aufklärungspflichten ist der (mittlerweile emeritierte) Rechtsanwalt nicht nachgekommen, hat er doch den Kläger nicht darauf hingewiesen, dass für die beabsichtigte Zuweisung von Kranken - bei sonstiger Nichtigkeit - weder der Zahnarzt (§ 53 Abs 2 ÄrzteG) Vergütungen versprechen noch sich eine GmbH (§ 53 Abs 3 ÄrzteG) Zahlungen zusichern lassen darf.

3. Mitverschulden des Klägers:

Zutreffend hat das Berufungsgericht dem Kläger zum Vorwurf gemacht, in eigenen Angelegenheiten sorglos gewesen zu sein. Diese Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten bedeutet ein „Mitverschulden“ im Sinn des § 1304 ABGB (6 Ob 288/98s mwN). Zwar ist die Verschuldensteilung gemäß § 1304 ABGB grundsätzlich keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO (RIS-Justiz RS0044262 [T44, T51, T53]). Die vom Berufungsgericht vorgenommene Gewichtung der Sorglosigkeit des Klägers nur mit einem Viertel wird der Sachlage aber nicht gerecht.

Der Kläger ist als Steuerberater tätig und insofern juristisch gebildet und fachkundig. Er musste aus den Ausführungen von Dr. H***** R***** schließen, dass sich die GmbH in einem Graubereich betätigt, wies dieser doch auf Probleme eines gescheiterten Vorgängerunternehmens mit der Ärztekammer hin. Gerade für einen in rechtlichen und wirtschaftlichen Angelegenheiten schon auf Grund seiner Ausbildung und seines Berufs fachkundigen Steuerberater musste damit klar sein, dass das beabsichtigte Geschäftskonzept problematisch ist. Wenn er sich aber dennoch, obwohl ihm die unklare rechtliche Situation bewusst gewesen sein musste oder zumindest sein hätte müssen, dazu entschloss, in dieses Geschäftskonzept zu investieren, liegt darin eine beachtliche Sorglosigkeit in eigenen Angelegenheiten. Im Übrigen leistete er die Zahlungen an den Masseverwalter des damals im Konkurs befindlichen Zahnarztes ohne Sicherheiten, obwohl ihm als Steuerberater natürlich bekannt sein musste, dass er damit über keinen Haftungsfonds verfügte. Wird das Fehlverhalten des Beklagten, der als mit der Errichtung der GmbH und der Erstellung eines Treuhandvertrags Beauftragter keinerlei rechtliche Einwände gegen das zu Grunde liegende Geschäftskonzept schon im Hinblick auf den Verstoß gegen das Provisionsverbot erhob, mit der Sorglosigkeit des durchaus fachkundigen Klägers gegenüber gestellt, so ist eine Verschuldensteilung im Verhältnis 1 : 1 gerechtfertigt.

4. Warum der Kläger, der den Beklagten mit der Gründung der GmbH und der Abfassung eines Treuhandvertrags beauftragte, als unmittelbarer Auftraggeber den von ihm getragenen Schaden nicht gegenüber dem Beklagten geltend machen kann, wird vom Beklagten und der Nebenintervenientin rechtlich nicht begründet. Dass der Kläger teilweise Treuhänder war, schränkt seine Ansprüche gegen den Beklagten nicht ein (vgl Strasser in Rummel3, § 1002 ABGB Rz 42m mwN).

Der Umstand, dass der Kläger die persönliche Haftung für die Honorarforderung des im Verfahren der Ärztekammer gegen die GmbH einschreitenden Rechtsanwalts übernahm, führt ebenfalls nicht zur fehlenden Aktivlegitimation des Klägers im Hinblick auf die Geltendmachung dieses Schadens gegenüber dem Beklagten.

5. Rechtsanwaltskosten (Verfahren der Ärztekammer gegen die GmbH; 9.911,44 EUR):

Die in den Revisionen vermissten ergänzenden Feststellungen (Einstellung der GmbH, weil sich durch die einstweilige Verfügung der Ärztekammer herausgestellt habe, dass die von ihr ausgeführte Art der Geschäftstätigkeit nicht den gesetzlichen Vorschriften entspricht und dies dem Kläger bekannt war) sind vom Vorbringen nicht gedeckt, sodass kein sekundärer Feststellungsmangel vorliegt. Dass die Bestreitung der Klage und die Bekämpfung der einstweiligen Verfügung durch die GmbH aussichtslos gewesen sein soll, hat das Berufungsgericht mit zutreffenden Argumenten verneint.

Kausal könnte die Haftung des Beklagten für die Kosten des Verfahrens nur sein, wenn er den Kläger auch über das Werbekonzept, das in der Klage der Ärztekammer bemängelt wird, aufklären hätte müssen. Zwar haftet er nicht dafür, dass die GmbH zahnärztliche Leistungen anbot und in Flugblättern/Postwurfsendungen die Zahnbehandlung durch von ihr vermittelte Zahnärzte bewarb und in Werbeaussendungen die Honorare für einzelne Zahnärzte nannte, jedoch kann sich eine Haftung für die Bewerbung bestimmter Zahnärzte (speziell des Zahnarztes, mit dem die GmbH zusammenarbeitete) sowie die Vermittlung von Patienten an diese ergeben. Letzteres war Gegenstand des dem Beklagten mitgeteilten und bekannten Werbekonzepts der GmbH. Insofern sind aber die fehlenden Feststellungen dazu, ob der Kläger mit der Überprüfung des Werbekonzepts andere Rechtsanwälte beauftragte und ob dem Beklagten eindeutig zu verstehen gegeben wurde, dass seine Beratung zum von der GmbH verfolgten Werbekonzept „nicht gewünscht“ sei, relevant. Erst auf Grundlage dieser Feststellungen kann die Haftung des Beklagten (und deren Umfang) für diese Verfahrenskosten abschließend geklärt werden. Mangels Feststellungen kann derzeit nicht abschließend beurteilt werden, ob den Beklagten gegenüber dem Kläger auch die Aufklärungspflicht über die Zulässigkeit des Werbekonzepts traf.

Insofern ist das klagestattgebende Urteil des Berufungsgerichts im Umfang von 4.955,72 EUR sA (unter Berücksichtigung der Verschuldensteilung: 1/2 von 9.911,44 EUR sA) aufzuheben und dem Erstgericht die Ergänzung dieser Feststellungsgrundlage aufzutragen.

6. Zahlungen an den gewerberechtlichen Geschäftsführer im Jahr 2000 (2.386,32 EUR):

Der gewerberechtliche Geschäftsführer wurde nach den Feststellungen bestellt, weil die GmbH Leistungen auf dem Gebiet der Zahntechnik erbringen sollte und dazu „einen Gewerbeschein“ benötigte. Die Ausübung des Gewerbes eines Zahntechnikers ist keine unzulässige oder gesetzwidrige Tätigkeit (vgl § 94 Z 35 GewO idF BGBl I 1997/63). Der Beklagte muss die Kosten für den gewerberechtlichen Geschäftsführer infolge fehlender Kausalität seines Beratungsfehlers für diese Kosten nicht ersetzen. Das diesbezügliche, im Revisionsverfahren noch strittige Klagebegehren von 1.789,74 EUR sA (3/4 von 2.386,32 EUR) ist daher abzuweisen.

7. Zusammengefasst ergibt sich Folgendes:

Vom Berufungsgericht festgestellte Schadensbeträge 89.790,11 EUR

abzüglich Zahlungen an gewerberechtlichen Geschäftsführer - 2.386,32 EUR

87.403,79 EUR

abzüglich Mitverschuldensquote Kläger 50 %

-43.701,90 EUR

43.701,90 EUR

darin enthalten an Rechtsanwaltskosten aus dem Verfahren der Ärztekammer gegen die GmbH - 4.955,72 EUR

Bestätigung Zuspruch Berufungsurteil

38.746,17 EUR

Das Urteil des Berufungsgerichts ist hinsichtlich der Stattgebung des Klagebegehrens von 67.342,58 EUR sA als Teilurteil dahin abzuändern, dass der Zuspruch von 38.746,17 EUR sA bestätigt und das Mehrbegehren von 23.640,69 EUR sA abgewiesen wird. Hinsichtlich der weiteren Forderung von 4.955,72 EUR ist die Entscheidung des Berufungsgerichts aufzuheben und dem Erstgericht insofern eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Die Kostenaussprüche gründen sich auf § 52 ZPO. Das Erstgericht wird im Endurteil über den Prozesskostenersatz für das gesamte Verfahren abzusprechen haben.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2013:0070OB00055.13H.0417.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
FAAAD-64203