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OGH vom 28.02.1980, 7Ob526/80

OGH vom 28.02.1980, 7Ob526/80

Norm

ABGB § 364c;

EO § 331;

EO § 384 Abs 2;

Kopf

SZ 53/32

Spruch

Eine einstweilige Verfügung durch Anmerkung des Belastungs- und Veräußerungsverbotes einer Nachlaßliegenschaft ist auch nach Einantwortung bis zur Einverleibung des Eigentumsrechtes möglich

OGH 28. Feber 1980, 7 Ob 526/80 (LGZ Wien 46 R 791/79; BG Innere Stadt - Wien 32 C 1080/79)

Text

Der gefährdeten Partei (im folgenden Antragsteller genannt) steht gegen ihre Gegnerin eine vollstreckbare Honorarforderung von 72 837.59 S zu. Mit Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes I wurde der Gegnerin des Antragstellers der Nachlaß der am 14. Feber 1977 verstorbenen Paula N eingeantwortet. Zu deren Nachlaß gehörte auch die Liegenschaft EZ 556 KG H mit einem Einheitswert von 99 000 S. Die Verbücherung der Einantwortungsurkunde ist bisher nicht erfolgt.

Der Antragsteller beantragt beim Erstgericht, seiner Gegnerin zur Sicherung der vorgenannten Geldforderung die Veräußerung und Belastung der Liegenschaft EZ 556 KG H bis zur rechtskräftigen Einverleibung eines Zwangspfandrechtes für seine vollstreckbare Forderung zu verbieten und das Bezirksgericht L um die bücherliche Anmerkung und die Einverleibung des Veräußerungs- und Belastungsverbotes zu ersuchen. Der Vollzug der zu erlassenden einstweiligen Verfügung könne nach Erlag einer Sicherheit von 80 000 S durch die Gegnerin des Antragstellers aufgehoben werden.

Das Erstgericht erließ die beantragte einstweilige Verfügung und nahm folgenden Sachverhalt als bescheinigt an: die Gegnerin des Antragstellers wird von Exekutionen verfolgt. Im Pfändungsprotokoll wurden unter den Postzahlen 1. bis 9. Fahrnisse der Gegnerin des Antragstellers im Schätzwerte von 52 100 S zugunsten vollstreckbarer Forderungen von insgesamt 96 204.34 S samt Anhang gepfändet. Der auf den anberaumte Verkauf der Pfandgegenstände unterblieb jedoch infolge Zahlung der vollstreckbaren Forderungen durch die Gegnerin des Antragstellers. Durch mittlerweile erfolgte Nachpfändungen wurden die vorgenannten Fahrnisse zugunsten weiterer vollstreckbarer Forderungen von insgesamt 93 382.95 S samt Anhang gepfändet. Die Gegnerin des Antragstellers schuldet außerdem einem ihrer Lieferanten 400 000 S. Zum Zwecke der Befriedigung dieses Gläubigers war die Gegnerin des Antragstellers damit einverstanden, daß gleichzeitig mit der Einverleibung ihres Eigentumsrechtes an der Liegenschaft EZ 556 KG H zu dessen Gunsten ein Pfandrecht für seine Forderung von 400 000 S einverleibt werde. Nach Ansicht des Erstgerichtes könne der Antragsteller mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 350 EO auf die vorgenannte Liegenschaft nicht Exekution führen. Die Gefahrenbescheinigung habe der Antragsteller erbracht, weil seine Gegnerin durch die Pfandrechtseinräumung an den vorerwähnten Gläubiger die gleiche Lage aller ihrer Gläubiger verletzt habe.

Das Rekursgericht wies die vom Antragsteller begehrte einstweilige Verfügung ab. Nach seiner Ansicht habe der Antragsteller nicht bescheinigt, daß ohne die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung die Hereinbringung seiner Geldforderung vereitelt oder erheblich erschwert werden würde. Der Antragsteller könne nämlich unter Vorlage seiner Exekutionstitel, der Einantwortungsurkunde und der Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung auf die Liegenschaft EZ 556 KG H führen. Mit seinem Exekutionsantrag könnte der Antragsteller auch die Einverleibung des Eigentumsrechtes seiner Gegnerin an der von ihr geerbten Liegenschaft begehren, müßte der Antragsteller, um in den Besitz der Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung zu kommen, die seiner Gegnerin vorgeschriebene Erbschaftssteuer entrichten, so könnte er diese Auslagen als Exekutionskosten geltend machen. Daß dieser Weg nicht gangbar sei, hätte der Antragsteller bescheinigen müssen. Seine erst in einem Schriftsatz aufgestellte Behauptung, daß das Finanzamt für Gebühren und Verkehrssteuern in Wien seinen Antrag auf Ausstellung der Steuerunbedenklichkeitsbescheinigung abgelehnt habe, stelle eine unbeachtliche Neuerung dar.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei Folge und stellte die einstweilige Verfügung des Erstrichters mit der Maßgabe wieder her, daß das Veräußerungs- und Belastungsverbot anzumerken ist.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach § 75 der III. Teilnovelle zum ABGB können zur Sicherung von Forderungen gegen einen Erben bei Vorhandensein der im § 379 Abs. 2 EO angegebenen Voraussetzungen zugunsten der Gläubiger des Erben in Ansehung des ihm angefallenen Erbgutes vor der Einantwortung einstweilige Verfügungen getroffen werden. Je nach dem zu erreichenden Zweck können mittels einstweiliger Verfügungen die notwendigen Sicherungsmittel der §§ 379 und 382 EO angewendet werden. Die Regelung des § 75 der III. Teilnovelle ist nach Lehre und Rechtsprechung auf Nachlaßliegenschaften auch nach der Einantwortung anzuwenden, solange der Erbengläubiger auf diese nicht Exekution führen kann, weil der Erbe noch nicht als Eigentümer einverleibt und eine Exekutionsführung nach § 350 Abs. 2 EO nicht möglich ist (Heller - Berger - Stix, Kommentar zur EO[4] III, 2794; SZ 19/55; SZ 38/58; ZBl. 1935/274). Die Bestimmungen des § 75 der III. Teilnovelle lassen einstweilige Verfügungen mit weiterreichenden Wirkungen zu als die Exekutionsordnung. Ein nach dieser Gesetzesstelle beantragtes Belastungs- und Veräußerungsverbot ist daher nicht nur vom Verbot des § 379 Abs. 4 EO, sondern auch von jenem des § 21 GBG ausgenommen und nach § 384 Abs. 2 EO im Grundbuch anzumerken (Heller - Berger - Stix III, 2794; Weiß in Klang[2] III, 1063; SZ 24/334; SZ 38/58; zuletzt 7 Ob 59/79). Im übrigen gelten auch für die Bewilligung der nach § 75 der III. Teilnovelle beantragten einstweiligen Verfügungen die Bestimmungen des § 379 Abs. 2 EO über die Gefahrenbescheinigung. Die gefährdete Partei muß daher bescheinigen, daß die Einbringung ihrer zu sichernden Geldforderung ohne die einstweilige Verfügung durch Handlungen, Einwirkungen oder Unterlassungen des Schuldners vereitelt oder erheblich erschwert werden würde.

Der Ansicht des Rekursgerichtes, daß eine subjektive Gefährdung der Eintreibung der vollstreckbaren Forderung deshalb nicht vorliege, weil der Rekurswerber auf die noch nicht eingeantwortete Nachlaßliegenschaft bereits Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung führen könnte, kann nicht gefolgt werden. Das Rekursgericht meint offensichtlich eine Exekutionsführung nach § 350 Abs. 3 EO, die jedoch zur Hereinbringung von Geldforderungen unzulässig ist (Heller - Berger - Stix III, 2513 f.; Pollak, System, 1022; SZ 23/265; NotZ 1931, 216). Auch eine Exekutionsführung nach § 328 EO ist nicht möglich, weil die Gegnerin des Rekurswerbers im Hinblick auf die bereits erfolgte Einantwortung des Nachlasses der Paula N außerbücherliche Eigentümerin der Liegenschaft EZ 556 KG H geworden ist (Heller - Berger - Stix III, 2311 und 2464). Wohl wäre eine Exekutionsführung des Rekurswerbers auf das von seiner Gegnerin erworbene Anwartschaftsrecht auf den Erwerb des bücherlichen Eigentums an dieser Liegenschaft nach § 331 EO möglich (Heller - Berger - Stix III, 2464 f.). Im Zuge einer solchen Exekutionsführung müßte jedoch der Rekurswerber zunächst die Einverleibung des Eigentumsrechtes seiner Gegnerin an der Liegenschaft EZ 556 KG H erwirken, wozu er die steuerliche Unbedenklichkeitsbescheinigung benötigen würde. Um diese zu erlangen, müßte er, wie das Rekursgericht hervorhebt, möglicherweise die seiner Gegnerin vorgeschriebene Erbschaftssteuer entrichten und diese dann als Exekutionskosten geltend machen. Eine derartige Exekutionsführung würde aber dem Rekurswerber nicht zumutbare Kosten verursachen und daher die Eintreibung seiner vollstreckbaren Forderungen zumindest erheblich erschweren. Das beantragte Veräußerungs- und Belastungsverbot sichert hingegen dem Rekurswerber im Hinblick auf die sinngemäß anzuwendenden Bestimmungen des § 384 Abs. 3 EO die Exekution durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung nach Einverleibung des Eigentumsrechtes seiner Gegnerin. In der bescheinigten Einräumung eines Pfandrechtes von 400 000 S durch die Gegnerin des Rekurswerbers an einen ihrer Gläubiger liegt entgegen deren Ansicht eine subjektive Gefährdung der Einbringlichkeit der vollstreckbaren Forderung des Rekurswerbers. Ob dieser im Falle einer Zwangsversteigerung dieser Liegenschaft mit seiner vollstreckbaren Forderung noch zum Zuge kommen würde, ist nämlich fraglich. Sonstige greifbare Vermögensobjekte besitzt die Gegnerin des Rekurswerbers jedoch nicht (vgl. Heller - Berger - Stix, 2707; ZBl. 1919/129).

Die Voraussetzungen für die Erlassung der beantragten einstweiligen Verfügung liegen somit vor. Zur Auferlegung einer Sicherheitsleistung an den Rekurswerber nach § 390 Abs. 2 EO besteht keine Veranlassung, weil der zu sichernde Anspruch bereits vollstreckbar ist, und das Veräußerungs- und Belastungsverbot überdies mit Ablauf von drei Monaten nach Einverleibung des Eigentumsrechtes der Gegnerin des Rekurswerbers außer Kraft tritt.