OGH vom 28.03.2018, 6Ob51/18w

OGH vom 28.03.2018, 6Ob51/18w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Schramm als Vorsitzenden, durch die Hofräte Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny sowie die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H*****, vertreten durch die Choc & Axmann Rechtsanwaltspartnerschaft in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. R***** OG, *****, vertreten durch Mag. Thomas Klein, Rechtsanwalt in Graz, 2. Mag. C***** H*****, 3. Dipl.-Ing. K***** R*****, 4. Dr. J***** R*****, 5. MMag. B***** S*****, und 6. MMag. C***** S*****, sämtliche vertreten durch Mag. Gregor Kohlbacher, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterschriftsleistung in eventu Zustimmung, über die Revision der erstbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 153/17b-19, womit das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 14 Cg 32/17x-14, gegenüber der erstbeklagten Partei bestätigt und im Übrigen abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

A. Die Parteibezeichnung der klagenden Partei wird von „V*****“ auf „H*****“ berichtigt.

B. Die Revision wird zurückgewiesen.

Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.234,70 EUR (darin enthalten 372,45 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Begründung:

Zu A.:

Aus dem Firmenbuch ergibt sich die spruchgemäße Änderung der Firma der klagenden Partei aufgrund der Satzungsänderung laut Hauptversammlungs-beschluss vom . Gemäß § 235 Abs 5 ZPO war die Parteibezeichnung zu berichtigen.

Zu B.:

Zur Finanzierung des Erwerbs eines Liegenschaftsanteils nahm die erstbeklagte offene Gesellschaft, deren Gesellschafter die übrigen Beklagten sind, beim klagenden Kreditinstitut zwei Einmalkredite über insgesamt 2.500.000 EUR auf, die hypothekarisch auf dem zu erwerbenden Liegenschaftsanteil besichert werden sollten. Aufgrund dessen buchte die Klägerin die Kreditvaluta auf das Konto eines Rechtsanwalts als Treuhänder.

Der Kauf des Liegenschaftsanteils scheiterte.

Daraufhin begehrte die Klägerin die Rücküberweisung des genannten Betrags. Der Rechtsanwalt erhielt von der Rechtsanwaltskammer Wien die Auskunft, zur Freigabe des treuhändig erliegenden Betrags sei die „Kammermeldung“ vorzulegen, die alle Vertretungsbefugten der erstbeklagten OG zu unterfertigen hätten.

Die Beklagten haben keinen Einwand gegen die Rücküberweisung.

Die Klägerin begehrte die Verurteilung der Beklagten zur Unterfertigung der „Kammermeldung“.

Die Erstbeklagte wendete ein, sie sei an einem Treuhandverhältnis zwischen der Klägerin und dem Rechtsanwalt nicht beteiligt und daher zur Unterschriftsleistung nicht verpflichtet.

Das Berufungsgericht gab dem Klagebegehren gegenüber der Erstbeklagten statt und wies es (unbekämpft) gegenüber den übrigen Beklagten ab. Der Treuhanderlag auf dem (standesrechtlich zwingenden) Anderkonto des Rechtsanwalts unterliege den Bestimmungen des § 10a Abs 2 RAO und somit dem Statut des elektronischen anwaltlichen Treuhandbuchs (eATHB). Wenn der Rechtsanwalt auf Basis einer nachvollziehbaren Auslegung des Statuts 2010 der Treuhandeinrichtung der Rechtsanwaltskammer Wien („Elektronisches Anwaltliches Treuhandbuch [eATHB]“) durch die Rechtsanwaltskammer das von ihm benötigte Freigabesiegel der Rechtsanwaltskammer ohne Unterschrift der Erstbeklagten nicht erhalte, träfen diese die zu Punkt V.2.1. angeführten Nebenpflichten aus dem Kreditvertragsverhältnis in Form von Schutz- und Abwicklungspflichten und damit die Pflicht zur Unterschriftsleistung.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil eine gesicherte Rechtsprechung zur Frage der Haftung der Gesellschafter nach § 128 UGB für die Verpflichtung der Gesellschaft zur Abgabe einer Willenserklärung bzw Unterschriftsleistung im Allgemeinen und im besonderen Fall der Gesamtvertretung nicht existiere.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Erstbeklagten ist unzulässig.

Die Zurückweisung einer ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage gemäß § 502 Abs 1 ZPO kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).

1. Mit der vom Berufungsgericht in der Zulassungsbegründung aufgezeigten Rechtsfrage befasst sich die Revision naturgemäß nicht, weil diese Rechtsfrage nur für die Gesellschafter (2. bis 6.Beklagte) der erstbeklagten OG bedeutsam sein könnte, die aber nicht Parteien des Revisionsverfahrens sind.

Selbst wenn das Berufungsgericht – zu Recht – ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0102059).

2. Im Übrigen geht es um Vertragsauslegung (hier: des Kreditvertrags zwischen Klägerin und Erstbeklagter) im vorliegenden Einzelfall, was nach ständiger Rechtsprechung nur dann eine erhebliche Rechtsfrage aufwirft, wenn dem Berufungsgericht eine auffallende Fehlbeurteilung unterlaufen ist (RIS-Justiz RS0044298 [T27] uva).

Eine solche liegt nicht vor und wird auch durch die Revisionsausführungen nicht aufgezeigt. Zu Recht hat schon das Berufungsgericht auf das Verfahren 9 Ob 74/16x verwiesen, wozu die Klägerin (in ihrer Echtheit unbestrittene) anonymisierte Kopien des Berufungsurteils und des (begründungslosen) Zurückweisungsbeschlusses des Obersten Gerichtshofs (Beilage ./D) vorgelegt hat. Dieser Fall ist mit dem vorliegenden durchaus vergleichbar, auch dort hatte das Berufungsgericht die Pflicht des geklagten Kreditnehmers zur Unterfertigung der „Kammermeldung“ bejaht.

3. Den Revisionsausführungen ist schließlich noch Folgendes zu entgegnen:

Ob die Forderung der Klägerin auf Bezahlung von Sollzinsen von ca 150.000 EUR berechtigt ist, ist für das vorliegende Verfahren irrelevant.

Die Behauptung, die Erstbeklagte würde mit der von ihr geforderten Unterfertigung zu einer falschen Beurkundung gezwungen, verstößt ebenso gegen das Neuerungsverbot wie die Behauptung, die Erledigungsfrist () sei bereits abgelaufen; überdies könnte dies nicht berücksichtigt werden, lag doch der maßgebliche Schluss der Verhandlung erster Instanz davor ().

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0060OB00051.18W.0328.000

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