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OGH vom 09.12.2008, 5Ob269/08g

OGH vom 09.12.2008, 5Ob269/08g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. Roch als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerinnen 1.) G***** GmbH, *****, 2.) B***** Aktiengesellschaft, *****, beide vertreten durch Dr. Kurt Lechner, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wegen Einverleibung eines Bestandrechts und eines Vorkaufsrechts, über den Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom , AZ 22 R 274/08p, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom , TZ 3458/08, bestätigt wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Erstantragstellerin ist Eigentümerin der Liegenschaft mit dem einzigen, 3.959 m2 großen Grundstück Nr 1824/2, das sie mit Mietvertrag vom an die Zweitantragstellerin vermietete. Unter Vorlage des Mietvertrags vom und einer Nachtragsvereinbarung vom beantragen die Antragstellerinnen die Einverleibung des Bestandrechts gemäß Punkt VI. sowie des Vorkaufsrechts gemäß Punkt XVII. je dieses Mietvertrags zugunsten der Zweitantragstellerin.

Der Mietvertrag vom besteht aus sieben einseitig beschriebenen, nicht durchnummerierten Blättern, die den Vertragstext enthalten, und aus vier Beilagen. Beilage A besteht aus 48 einseitig beschriebenen Blättern, davon 43 Seiten technische Beschreibung einer B*****-Verkaufsstätte. Beilage B ist ein Lageplan des Vertragsgrundstücks mit Darstellung der Baulichkeit „B*****"-Verkaufsstätte samt Park- und Fahrflächen mit einer rot strichlierten Einzeichnung der Mietfläche. Beilage C 1 und C 2 sind Pläne des Gebäudes. Der Vertragstext lautet auszugsweise:

„II. Gegenstand dieses Mietvertrags ist die in der Beilage B rot umrandet dargestellte Fläche des Gst Nr 1824/2 im Gesamtausmaß von

3.959 m2 der KG ... sowie das darauf errichtete Gebäude und sämtliche dazugehörigen Außenanlagen in der gemäß einen integrierenden Bestandteil dieser Vereinbarung bildenden und als Beilage A angefügten Bau- und Ausstattungsbeschreibung sowie den beigehefteten Plänen Beilage C festgelegten Ausführung.

III. ... GmbH ... vermietet und ... AG ... mietet das vorstehend

näher bezeichnete Bestandobjekt um ... EUR 6.750 monatlich zuzüglich

der Betriebskosten und zuzüglich der Umsatzsteuer ...

VI. Das Mietverhältnis beginnt am Ersten jenen Monats, der der

Übergabe des Mietgegenstands in vereinbartem Zustand ... folgt. Das

Mietverhältnis wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen ...

XVI. Die diesen Vertrag für die Mieterin unterfertigenden Organe erklären an eidesstatt, dass der satzungsgemäße Sitz des Unternehmens der Mieterin in ***** W***** gelegen ist und weder ausschließlich noch überwiegend Ausländer gemäß OÖ Grundverkehrsgesetz beteiligt und die geschäftsführenden Organe österreichische Staatsbürger sind ...

XVII. Die Mieterin ist berechtigt, das Bestandrecht im Lastenblatt des Grundbuchs über die vertragsgegenständliche Liegenschaft im 1. Rang eintragen zu lassen. Der Vermieter verpflichtet sich, sämtliche dafür notwendigen Erklärungen abzugeben bzw beizubringen. Der Vermieter räumt der Mieterin das Vorkaufsrecht an der vertragsgegenständlichen Liegenschaft ein und ist die Mieterin berechtigt, dieses Vorkaufsrecht im Grundbuch eintragen zu lassen.

XVIII. Die ... GmbH erklärt daher hiemit ihre ausdrückliche

Einwilligung, dass aufgrund des vorliegenden Vertrags ... das

Bestandrecht und das Vorkaufsrecht zugunsten ... AG gemäß den Punkten

II., III. und XVII. dieses Vertrags hinsichtlich des Grundstücks

1824/2 der KG ... bis in jener in ihrem

grundbücherlichen Alleineigentum befindlichen Einlage des Grundbuchs

der KG ... einverleibt werden können."

Dieser Mietvertrag wurde dreifach vorgelegt:

1. Eine mit drei Metallheftklammern am Rücken (oben, mittig, unten) geheftete, darüber mit einem Kunststoffklebeband als Rücken verklebte, zudem gelochte und mit Bindfaden verknüpfte Ausfertigung. Der Vertragstext ist auf dem Blatt 7 über den Firmenstampiglien der Vertragsparteien unleserlich unterschrieben; für die Vermieterin unterzeichneten ein, für die Mieterin zwei Personen.

2. Eine gelochte und nur mit Bindefaden und gestempeltem Papierrundkleber hergestellte Kopie, deren Übereinstimmung mit dem Original am beglaubigt wurde.

3. Eine wie 2. hergestellte, unbeglaubigte Kopie.

Die Nachtragsvereinbarung vom besteht aus zwei Blättern im Format A-4. Die Unterschriften der Organe der Parteien wie auch deren Vertretungs- und Zeichnungsbefugnis sind jeweils notariell beglaubigt worden. Im Punkt I. bestätigen die Parteien, dass die aufschiebenden Bedingungen des Punkts VII. des Mietvertrags zwischenzeitig eingetreten sind. In den Punkten II. und III. werden die im Punkt XVI. des Mietvertrags abgegebenen Erklärungen wiederholt. Punkt IV. lautet:

„IV. Die ... GmbH erteilt hiemit ihre ausdrückliche Zustimmung, dass

aufgrund dieser Urkunde und des Mietvertrags vom ...

hinsichtlich des Grundstücks 1824/2 das Bestandrecht gemäß Punkt VI.

des Mietvertrags vom und das Vorkaufsrecht gemäß Punkt

XVII. des Mietvertrags vom , jeweils zugunsten der ... AG

bis zum einverleibt werden kann."

Diese Nachtragsvereinbarung wurde zweifach in Kopie vorgelegt. Eine Kopie ist unbeglaubigt, die andere trägt das Original der Beglaubigung der Übereinstimmung mit dem Original.

Das Erstgericht wies das Grundbuchsgesuch aus folgenden Gründen ab:

1. Das einzutragende Bestandrecht sei im Antrag unzureichend beschrieben. Die Eintragung „gemäß Punkt VI. des Mietvertrags" enthalte keinen Verweis im Sinne des § 5 GBG auf den nur in seinem Punkt II. beschriebenen Umfang des Bestandobjekts.

2. Die Parteien hätten nur die Nachtragsvereinbarung, nicht jedoch den Mietvertrag beglaubigt unterfertigt. Werde die Aufsandungserklärung in einer gesonderten Urkunde abgegeben, so müsse nicht nur sie, sondern auch die Titelurkunde beglaubigt unterfertigt sein.

3. Der Mietvertrag sei nicht so geheftet worden, dass kein Bogen unterschoben werden könne. Das gesamte Vertragswerk bestehe auch aus Beilagen zum eigentlichen Vertrag, darunter Plänen, sodass es sich insgesamt nicht um eine Urkunde mit einem durchgehend fortlaufenden und im Zusammenhang stehenden Text handle.

Das von den Antragstellern angerufene Rekursgericht bestätigte den angefochtenen Beschluss aus folgenden Erwägungen:

1. Die gerichtliche oder notariell beglaubigte Unterfertigung der (in einer gesonderten Urkunde enthaltenen) Aufsandungserklärung durch beide Parteien genüge dem Erfordernis des § 31 Abs 1 GBG; eine zusätzliche beglaubigte Unterfertigung der Titelurkunde sei dann nicht notwendig (5 Ob 36/07s). Dieser Abweisungsgrund liege somit nicht vor.

2. Die vertragsgegenständliche Liegenschaft bestehe nur aus einem einzigen Grundstück, bei dem ohne jegliche räumliche Beschränkung das Bestandrecht und das Vorkaufsrecht eingetragen werden sollten. Das Ausmaß der vermieteten Fläche sei sowohl im Grundbuch als auch im Mietvertrag übereinstimmend mit 3.959 m2 angegeben. Für die Vermietung nur einer Teilfläche bestehe kein Anhaltspunkt. Auch dieser Abweisungsgrund sei nicht zu bestätigen.

3. Nach § 27 Abs 1 GBG müssten Grundbuchsurkunden, die aus mehreren Bogen bestehen, so geheftet sein, dass kein Bogen unterschoben werden könne. Eine aus mehreren Blättern bestehende Urkunde, die nur mit einer Metallklammer zusammengeheftet seien, erfülle dieses Erfordernis nicht (5 Ob 91/03y). Im konkreten Fall schließe die vorgelegte Ausfertigung des Mietvertrags, die mit Kunststoffklebeband als Rücken gebunden worden sei, ein Unterschieben oder Austauschen von Bögen weitgehend aus. Bei der gebotenen, nicht extrem engen Auslegung des § 27 Abs 1 GBG (5 Ob 175/07g) entfalle auch dieser Abweisungsgrund.

4. Nicht hinreichend sei nach § 87 Abs 1 GBG hingegen die Vorlage der die Aufsandungserklärung enthaltenden, von allen Vertragsteilen beglaubigten unterfertigten Urkunde vom nur als beglaubigte Kopie. Eine beglaubigte Kopie genüge im Grundbuchsverfahren nur für Urkunden, die zwar Bewilligungs-, nicht aber Einverleibungsvoraussetzung seien. Dies treffe auf eine Aufsandungserklärung, die unabdingbar (§ 433 ABGB) konstitutive Voraussetzung für die Einverleibung sei, nicht zu.

5. Nach § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG dürfe eine bücherliche Rechtseintragung dann erfolgen, wenn dem Grundbuchsgesuch eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig sei, angeschlossen sei. Dazu gehörten auch die Beteiligungs- und Vertretungsverhältnisse juristischer Personen (§ 2 Abs 4 Z 3 oö GVG).

§ 16 Abs 4 oö GVG verlange die Vorlage einer zusätzlichen Vertrags- oder Erklärungsausfertigung, die vom Grundbuchsgericht zusammen mit einer Ausfertigung des Grundbuchsbeschlusses an die örtlich zuständige Grundverkehrsbehörde weiterzuleiten sei. Der vorgeschriebene Anschluss dieser weiteren Urkunde sei als Bewilligungsvoraussetzung zu qualifizieren, weil nur dadurch sichergestellt sei, dass der Grundverkehrsbehörde - zumindest nachträglich - eine den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und Z 2 oö GVG gleichwertige Möglichkeit der Prüfung der Genehmigungsbedürftigkeit des Rechtserwerbs eröffnet werde (5 Ob 180/07t). Hier habe die erklärungspflichtige (§ 16 Abs 1 Z 3 oö GVG) Zweitantragstellerin diese Erklärungen sowohl im Mietvertrag als auch in der Nachtragsvereinbarung abgegeben. Das Bewilligungshindernis der Nichterfüllung des § 16 Abs 4 oö GVG liege dann nicht vor, wenn zumindest in einer von diesen zwei Urkunden all diesen Anforderungen entsprochen worden wäre.

Das zweite Exemplar der Nachtragsvereinbarung sei nur in nicht beglaubigter Kopie vorgelegt worden, die nicht als Ausfertigung für die Grundverkehrsbehörde ausreiche. Die beglaubigte Kopie des Mietvertrags reiche zwar aus, um dem Erfordernis des § 16 Abs 4 oö GVG zu entsprechen. Im konkreten Fall bestünden aber wegen der Unleserlichkeit der im Mietvertrag enthaltenen Unterschriften Bedenken im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 und 4 GBG dahin, ob die im Mietvertrag enthaltenen Erklärungen im Sinne des § 16 Abs 3 oö GVG von zwei kollektivvertretungsbefugten Organen der Rechtserwerberin unterfertigt wurden. Nach dem Firmenbuch sei die kollektive Vertretung durch zwei befugte Organe der Rechtserwerberin vorgesehen. Der Mietvertrag sei zwar unter Verwendung der Firmenstampiglie der Mieterin unterfertigt worden; die Unterschriften seien unleserlich, die Namen dieser Personen seien aus dem sonstigen Urkundeninhalt nicht ersichtlich. Die Rechte der beiden Unterschriften der Zweitantragstellerin auf dem Mietvertrag sei offensichtlich nicht ident mit der (zweiten) Unterschrift auf der Nachtragsvereinbarung vom . Damit stehe nicht mit der erforderlichen Sicherheit fest, dass die im Mietvertrag abzugebende Erklärung der Mieterin tatsächlich von zwei dazu vertretungsbefugten Organen abgegeben worden seien.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 20.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteren Ausspruch begründete es mit fehlender höchstgerichtlicher Judikatur zu der Frage, ob eine gerichtlich oder notariell beglaubigte Kopie der nach § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG geforderten Erklärung eine Ausfertigung im Sinne des § 16 Abs 4 leg cit darstelle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerinnen, welche die Stattgebung ihres Grundbuchsgesuchs beantragen, ist zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

I. Beschreibung des einzutragenden Rechts:

Nach § 5 GBG sind in das Hauptbuch die wesentlichen Bestimmungen der bücherlichen Rechte einzutragen. Ist die Eintragung eines bücherlichen Rechts in einer Kurzfassung nicht möglich, so ist nach § 5 GBG eine Berufung auf die genau zu bezeichnenden Stellen der Urkunden, die der Eintragung zugrunde liegen, mit der Wirkung zulässig, dass die bezogenen Stellen als im Hauptbuch eingetragen anzusehen sind. Der bloße Hinweis auf den der Eintragung zugrundeliegenden Vertrag hat hingegen nicht die Wirkung, dass die Bestimmungen dieses Vertrags Inhalt der bücherlichen Eintragung im Hauptbuch werden (RIS-Justiz RS0060233; 5 Ob 196/99f; 5 Ob 48/08g). Im konkreten Fall soll das Bestandrecht (ebenso wie das Vorkaufsrecht) an dem einzigen Grundstück begründet werden, das den Grundbuchskörper bildet und im Vertrag ausdrücklich bezeichnet wird. Wie bereits das Rekursgericht völlig zutreffend dargelegt hat, gibt es keinerlei Hinweis auf eine räumliche Einschränkung des Bestandrechts, weshalb dieser vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht vorliegt.

II. Heftung des Mietvertrags:

§ 27 Abs 1 GBG fordert unter anderem, dass Urkunden, die aus mehreren Bogen bestehen, so geheftet sind, dass kein Bogen unterschoben werden kann. Nach der höchstgerichtlichen Judikatur ist für die Beurteilung, ob eine Urkunde den Anforderungen des § 27 Abs 1 GBG entspricht, nicht unbedingt nur die Art der Heftung maßgeblich (5 Ob 91/03y = NZ 2004/22, 57 [Hoyer]: Heftung einer Ausfertigung eines Scheidungsvergleichs nur einmal auf der rechten Seite mit einer Metallklammer). Eine zu enge Auslegung der Heftungsvorschrift des § 27 Abs 1 GBG wird in jenen Fällen abgelehnt, wenn das Gesamtbild und der Text einer Urkunde die Gefahr einer „untergeschobenen Seite" ausschließt (5 Ob 91/03y; 5 Ob 175/07g).

Eine derartige Gefahr nachträglicher Manipulationen ist bei der hier vorgelegten Mietvertragsurkunde eindeutig zu verneinen: Der siebenseitige Vertragstext vermittelt ein einheitliches und zusammenhängendes Bild; darüber hinaus ist die (unter Berücksichtigung der angeschlossenen Beilagen sehr umfangreiche) Urkunde mit Kunststoffklebeband als Rücken gebunden. Auch diesen Abweisungsgrund hat das Rekursgericht mit einer überzeugenden Begründung verneint.

III. Vorlage der Nachtragsvereinbarung (nur) als beglaubigte Kopie:

1. Nach § 87 Abs 1 GBG sind Urkunden, aufgrund deren eine Eintragung erfolgen soll, im Original beizulegen. Diese Voraussetzung bezieht sich auf Grundbuchsurkunden, dh solche, welche in materiell und formeller Hinsicht die konstitutiven Voraussetzungen der vorzunehmenden Grundbuchshandlung enthalten (5 Ob 110/06x; RIS-Justiz RS0061070; RS0061050). Die Aufsandungserkärung ist neben dem Formerfordernis des Bucheintrags materielles Erfordernis der Rechtsänderung (5 Ob 157/99w), weshalb ihre Vorlage im Original notwendig ist. Die Vorlage des Originals einer Grundbuchsurkunde ist auch dann erforderlich, wenn sich von ihr eine beglaubigte Abschrift in der Urkundensammlung befindet (RIS-Justiz RS0107163; RS0104316). Dies gilt nicht, wenn das Original der Urkunde bereits in der Urkundensammlung des Grundbuchs oder bei einem noch nicht erledigten Grundbuchsgesuch erliegt, worauf im Antrag hinzuweisen ist (5 Ob 46/06b mwN; Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 87 GBG Rz 20).

2. Die Antragstellerinnen verweisen im Revisionsrekurs darauf, dass sie die am errichtete GOG-Urkunde (Nachtragsvereinbarung) am im Urkundenarchiv der österreichischen Rechtsanwälte archiviert und (ua) für das Bundesministerium für Justiz freigegeben hätten. Diese Archivierung und Freigabe der Daten mache die Vorlage eines Originals an das Grundbuchsgericht entbehrlich.

3. Nach § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I Nr 111/2007 (in Kraft getreten am ) sind Eingaben und im Original vorzulegende Beilagen im Grundbuchs- oder Firmenbuchsverfahren, welche elektronisch eingebracht werden dürfen, von Rechtsanwälten und Notaren nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten im elektronischen Rechtsverkehr einzubringen. Die zwingende Verpflichtung zur elektronischen Einbringung der Beilagen sollte auf die im Grundbuchs- und Firmenbuchsverfahren im Original vorzuliegenden Beilagen beschränkt werden (ErlRV 303 BlgNR 22. GP 40).

4. Nach § 91c Abs 1 GOG sind die Körperschaften öffentlichen Rechts ermächtigt, im eigenen Wirkungsbereich Archive zur Speicherung von Urkunden (Urkundenarchive) einzurichten, die für den elektrischen Urkundenverkehr mit den Gerichten bestimmt sind. Urkunden und Protokolldaten sind in die Urkundenarchive nur aufgrund gesetzlicher Anordnung oder Ermächtigung einzustellen. Die Urkundenarchive haben den Anforderungen der Verordnung nach § 91b Abs 5 Z 2 bis 5 GOG zu entsprechen. Abs 2 Satz 5 leg cit ordnet an, dass § 91b Abs 4, 7 und 8 sinngemäß in Ansehung des das jeweilige Urkundenarchiv führenden Rechtsträgers und das von diesem geführten Urkundenarchiv gelten. Nach § 91b Abs 7 GOG gilt der im Beglaubigungsarchiv der Justiz gespeicherte Dateninhalt bis zum Nachteil des Gegenteils als ein Original der gespeicherten Urkunde. Die Vornahme der Erfassung und Speicherung gilt als Bestätigung der Übereinstimmung der gespeicherten Urkunde mit der Originalurkunde nach § 91 GBG (§ 2 Abs 3 Verordnung der Bundesministerin für Justiz über die allgemeine Umstellung der Urkundensammlung des Grundbuchs, BGBl II Nr 23/2006).

5. Nach § 10 Abs 1 Satz 1 der Verordnung der Bundesministerin für Justiz über den elektronischen Rechtsverkehr (ERV 2006), BGBl II Nr 481/2005, in der Fassung der Verordnung BGBl II Nr 333/2007, sind im Grundbuchsverfahren Eingaben in Papierform einzubringen, Beilagen - mit Ausnahmen von Plänen zur grundbücherlichen Teilung von Grundstücken - können elektronisch eingebracht werden. Nach Abs 2 leg cit hat die elektronische Beibringung von Beilagen im Grundbuchsverfahren so zu erfolgen, dass in der Papiereingabe auf den Speicherort in einem Urkundenarchiv einer Körperschaft öffentlichen Rechts (§ 91c GOG) hingewiesen und unter Bekanntgabe eines eindeutigen Urkundenidentifizierungsbegriffs wirksam die Ermächtigung zum Zugang zu den Daten der gespeicherten Urkunde erteilt wird; in der Urkundensammlung des Grundbuchs oder des Firmenbuchs gespeicherte Urkunden werden durch einen Hinweis auf die Einstellung in die Urkundensammlung vorgelegt. In der Eingabe sind auch die Beilageneigenschaften (Urkundenart, Datum der Errichtung sowie allfällige Anmerkungen zur Beilage) anzugeben. Diese Bestimmungen sind nach § 11 Abs 1c ERV 2006 mit in Kraft getreten.

6. Die zum Zeitpunkt der Einbringung des Grundbuchsgesuchs (Juni 2008) geltende Rechtslage lässt die elektronische Einbringung einer Urkunde im Grundbuchsverfahren (hier Nachtragsvereinbarung) durch einen Verweis auf die Archivierung der Originalurkunde im Urkundenarchiv der österreichischen Rechtsanwälte und deren Freigabe zu. Diese elektronische Übermittlung ersetzt die Vorlage eines Originals (s auch ErlRV 1169 BlgNR 22. GP 1 zum Berufsrechts-Änderungsgesetz für Notare, Rechtsanwälte und Ziviltechniker 2006 - BRÄG 2006; Kodek aaO § 87 GBG Rz 3a).

7. Die zulässige elektronische Einbringung der genannten Urkunde setzt nach § 10 Abs 2 ERV 2006 einen in der Papiereingabe enthaltenen Hinweis auf den Speicherort in einem Urkundenarchiv (§ 91c GOG) sowie die Erteilung der Ermächtigung zum Zugang und Bekanntgabe des eindeutigen Urkundenidentifizierungsbegriffs voraus. Wie sich insbesondere aus der dem Rekurs beigelegten, mit der Tagebuchzahl des Grundbuchsgesuchs gestempelten Freigabebestätigung ergibt, war dem Grundbuchsgesuch zwar eine Bestätigung über die Freigabe der Nachtragsvereinbarung angeschlossen. Der Nachtrag zum Mietvertrag vom findet sich in der elektronischen Urkundensammlung-Grundbuch zu TZ 3458/2008, das ist jene des Grundbuchsgesuchs. Einen ausdrücklichen Hinweis auf diese „freigegebene" Urkunde enthält das Grundbuchsgesuch (die Papiereingabe) aber nicht. Die Vorlage der Freigabebestätigung, die im Grundbuchsgesuch auch nicht unter den vorgelegten Urkunden aufgezählt wurde, würde damit nicht ausreichen, um die Fiktion der Vorlage einer Originalurkunde zu bewirken. Die jetzt ergänzend gemachten Ausführungen der Antragstellerinnen müssen schon als Verstoß gegen das Neuerungsverbot (§ 122 GBG) unbeachtlich bleiben (vgl Kodek aaO § 87 GBG Rz 22; vgl 5 Ob 40/06b).

IV. „Unleserlichkeit" der Unterschriften auf dem Mietvertrag:

1. Ein Grundbuchsgesuch ist nach § 94 Abs 1 GBG unter anderem dann nicht zu bewilligen, wenn Bedenken gegen die Befugnis der Antragsteller zum Einschreiten bestehen (Z 2), oder die äußere Form der Urkunden Bedenken hervorruft (Z 4).

§ 31 Abs 1 GBG fordert für die Einverleibung aufgrund von Privaturkunden, dass die Unterschriften der Parteien auf diesen Urkunden gerichtlich oder notariell beglaubigt sind.

2. Nach dem Firmenbuch ist die kollektive Vertretung der Zweitantragstellerin (Mieterin und Vorkaufsberechtigten) durch die beiden Mitglieder ihres Vorstands oder eines Vorstandsmitglieds mit einem (Gesamt-)Prokuristen vorgesehen (FN *****). Die Namen der in diesem Sinn vertretungsbefugten Organe der Zweitantragstellerin gehen aus dem Mietvertrag vom nicht hervor; die beiden Unterschriften bei der Firmenstampiglie der Zweitantragstellerin sind unleserlich; eine davon stimmt auch nicht mit den beiden Unterschriften auf der Nachtragsvereinbarung vom , welche die Vertretungsbefugnis der für die Zweitantragstellerin unterfertigenden Organe ausreichend dokumentiert, überein.

3. Unter § 94 Abs 1 Z 2 GBG sind auch begründete Bedenken gegen das Bestehen und den Umfang der Vertretungsmacht dessen zu subsumieren, der eine Vertragsurkunde im Namen eines Vertragspartners unterschreibt (RIS-Justiz RS0060604), was auch für die Vertretungsmacht organschaftlicher Vertreter zutrifft, die für eine

juristische Person eingeschritten sind (5 Ob 67/92 = NZ 1993, 238

[Hofmeister] = RIS-Justiz RS0060604 [T3]; 5 Ob 106/92 = NZ 1993, 133

[Hofmeister]). Die Bedenken des Rekursgerichts an der Berechtigung jener Personen, die für die Zweitantragstellerin den Mietvertrag unterzeichnet haben, sind somit berechtigt.

4. Die Nachtragsvereinbarung vom stellt zwar die Vertretungsbefugnis der für die Mieterin unterzeichnenden Personen eindeutig klar; sie erfüllt auch die in § 31 Abs 1 GBG aufgestellte Forderung nach der (hier notariellen) Beglaubigung der Unterschriften. Die Bewilligung der begehrten Eintragungen aufgrund dieser (entgegen § 87 Abs 1 GBG nicht im Original vorgelegten: s Punkt III.) Nachtragsvereinbarung ist aber auch aus folgenden Erwägungen nicht zulässig:

5. Im Grundbuch können nach § 9 GBG nur dingliche Rechte und Lasten, ferner das Wiederkaufsrecht und das Vorkaufsrecht (§§ 1070 und 1073 ABGB) sowie das Bestandrecht (§ 1095 ABGB) eingetragen werden. Das Bestandrecht wird durch die „Einverleibung" nicht zum dinglichen Recht (6 Ob 554/90 = wobl 1991/75, 123 [Hoyer]; 5 Ob 157/07k; Iro in KBB2 § 1095 Rz 2). Die Wirkung der Eintragung des Bestandrechts (§ 1095 ABGB) beschränkt sich im Wesentlichen auf die in § 1120 ABGB vorgesehenen Rechtswirkungen, sie beseitigt also insbesondere das Kündigungsrecht des Erwerbers der Liegenschaft nach § 1120 ABGB

(Würth in Rummel3 § 1095 ABGB Rz 1; 5 Ob 382/97f = SZ 70/193; 5 Ob

157/07k = NZ 2008/AGS 698, 58 [Hoyer] = wobl 2008, 25/11 [Call]). Die Prüfung eines Gesuchs auf Eintragung eines Bestandvertrags muss aber nach den Erfordernissen der §§ 26 ff GBG erfolgen und insbesondere § 32 GBG genügen (5 Ob 157/07k). § 26 Abs 2 GBG erfordert ua für den Erwerb eines dinglichen Rechts, dass die Urkunde einen gültigen Rechtsgrund enthält. Darüber hinaus ist nach § 32 Abs 1 lit b GBG eine ausdrückliche Aufsandungserklärung Voraussetzung für die Eintragung. Diese Aufsandungserklärung kann entweder in der Urkunde über das Titelgeschäft, in einer besonderen Urkunde oder im Grundbuchsgesuch selbst abgegeben werden. Zwar genügt in den beiden letzteren Fällen die beglaubigte Unterschrift desjenigen, der in die Einverleibung einwilligt, entweder auf der gesonderten Urkunde oder auf dem Gesuch. Zusätzlich muss aber eine von beiden Teilen unterfertigte Urkunde über das Titelgeschäft vorgelegt werden.

6. Die Nachtragsvereinbarung enthält zwar eine nach § 31 Abs 1 GBG beglaubigte und wirksame Aufsandungserklärung. Darüber hinaus wird der Rechtsgrund der beantragten Eintragung des Bestandrechts und des Vorkaufsrechts durch den Verweis auf den Mietvertrag vom klargestellt. Bestätigt wird zusätzlich, dass eine in diesem Mietvertrag festgehaltene Bedingung mittlerweile eingetreten ist. Nimmt allerdings eine derartige Nachtragsurkunde ausdrücklich Bezug auf die Urkunde über das Titelgeschäft, so muss auch die Urkunde über das Titelgeschäft (Mietvertrag) als Grundbuchsurkunde in einer Form vorgelegt werden, die eine Eintragung zulässt. Dies trifft im konkreten Fall nicht zu, weil die wirksame Vertretung der Zweitantragstellerin bei Unterfertigung des Mietvertrags durch die vorgelegte Urkunde nicht dokumentiert ist.

V. Vorlage einer zweiten Ausfertigung nach § 16 Abs 4 oö GVG:

1. Nach § 1 Abs 2 Z 4 oö GVG (idF LGBl 2002/85) unterliegt auch der Erwerb von Bestandrechten an Grundstücken dem Geltungsbereich dieses Landesgesetzes. Nach § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG 1994 setzt die Eintragung eines Rechts im Grundbuch eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers voraus, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist. Im Fall einer derartigen Erklärung forderte § 16 Abs 4 oö GVG 1994 in der bei Überreichung des Grundbuchsgesuchs noch geltenden Fassung, dass dem Grundbuchsgesuch eine zusätzliche Ausfertigung des dem Rechtserwerb zugrundeliegenden Vertrags oder - sofern die Erklärung nicht in der Vertragsurkunde aufgenommen wurde - eine zusätzliche Ausfertigung der Erklärungsurkunde anzuschließen ist.

2. Die in § 16 Abs 4 oö GVG 1994 aF geforderte zusätzliche Ausfertigung sollte die nachträgliche Prüfung durch die zuständige Grundverkehrsbehörde sicherstellen (5 Ob 180/07t = NZ 2008/60, 215 [Hoyer]; Schneider, Österreichisches Grundverkehrsrecht [2005], 54). Dazu vertrat der Oberste Gerichtshof in der bereits zitierten Entscheidung 5 Ob 180/07t die Auffassung, eine bloße Vertragskopie stelle keine „Ausfertigung" im Sinne des § 16 Abs 4 oö GVG 1994 aF dar. Eine nicht beglaubigte Kopie der Nachtragsvereinbarung, welche die Erklärung nach § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG enthält, wäre somit nach alter Rechtslage nicht ausreichend gewesen; ein solcher Fall lag aber, wie zu Punkt V.3. noch auszuführen sein wird, ohnehin nicht vor. Darum sei hier auch nur beiläufig erwähnt, dass mittlerweile der oö Landesgesetzgeber rückwirkend zum klargestellt hat, dass er die nachträgliche Überprüfung des Verbücherungsvorgangs auch durch die Vorlage einer Kopie der Grundbuchs- bzw gesonderten Erklärungsurkunde für ausreichend gewährleistet ansieht (Art I Z 1 iVm Art II Z 1 der oö Grundverkehrsgesetz-Novelle 2008, LGBl 107/2008).

3. Die nach § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG 1994 erforderliche Erklärung war im vorliegenden Fall im beglaubigten Mietvertrag enthalten. Eine notariell (§ 77 NO) oder (hier) gerichtlich beglaubigte (§ 187 Abs 1 AußStrG neu in der vor dem geltenden Fassung: Bittner in Rechberger AußStrG, 545) Kopie eines Vertrags samt der darin enthaltenen Erklärung nach § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG ist grundsätzlich als Ausfertigung nach § 16 Abs 4 oö GVG zu werten. Es handelt sich bei einer beglaubigten Kopie eben nicht nur um eine „bloße Kopie". In Form einer öffentlichen Urkunde (Beglaubigungsvermerk) wird bestätigt, dass die Kopie mit dem Original der Urkunde übereinstimmt (Bittner in Fasching/Konecny² § 292 ZPO Rz 38). Dass im konkreten Fall aufgrund der mangelnden Identifizierung der Unterzeichnenden iVm der Unleserlichkeit der Unterschriften Bedenken bestehen, ob die erklärungspflichtige juristische Person wirksam vertreten wurde, war vom Grundbuchsgericht zwar als Eintragungshindernis im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG hinsichtlich des Mietvertrags aufzugreifen; die Überprüfung, ob eine dem § 16 Abs 1 Z 3 oö GVG 1994 genügende Erklärung abgegeben wurde, fällt aber ausschließlich in die Entscheidungskompetenz der Grundverkehrsbehörde. Den auf § 16 Abs 4 oö GVG 1994 gestützten Abweisungsgrund hat daher das Rekursgericht zu Unrecht angenommen.

VI. Der Revisionsrekursgrund der Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens liegt nicht vor. Die Antragstellerinnen werfen dem Rekursgericht nur vor, sich mit der (im Rekurs gerügten) nicht begründeten Abweisung des Vorkaufsrechts durch das Erstgericht nicht befasst zu haben. Inhaltlich ist diese Argumentation nicht als Verfahrensmangel zu werten, sondern der rechtlichen Beurteilung zuzuordnen (RIS-Justiz RS0043058; RS0043104).