OGH vom 11.12.2007, 5Ob267/07m
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Eigentümergemeinschaft der Liegenschaft EZ 159 Grundbuch *****, vertreten durch Roman O*****, Hausverwalter, *****, dieser vertreten durch Dr. Christian Adam, Rechtsanwalt in Salzburg, gegen die beklagte Partei Gitta G*****, Liegenschaftseigentümerin, *****, BRD, vertreten durch Dr. Herbert Pfeifer, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen EUR 10.000,-- und Klagsanmerkung, über den Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 54 R 170/07z-10, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 17 C 2142/06x-6, aufgehoben wurde, nachstehenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei deren mit EUR 665,66 bestimmte Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin EUR 110,94 USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist die mit Teilrechtspersönlichkeit ausgestattete Gemeinschaft aller Wohnungseigentümer der Liegenschaft EZ 159 Grundbuch *****, also die Eigentümergemeinschaft gemäß § 18 WEG.
Die Beklagte ist zu 1650/2338-Anteilen Eigentümerin dieser Liegenschaft, mit welchen Anteilen untrennbar Wohnungseigentum an der Werkstätte im Obergeschoss dieser Liegenschaft verbunden ist.
Am erhob die Eigentümergemeinschaft eine Klage gegen die Beklagte auf Zahlung von EUR 10.000,-- s.A. an rückständigen Bewirtschaftungskosten der Monate Juni bis Dezember 2006 und stellte gleichzeitig den Antrag, die Klage bei den Miteigentumsanteilen der Beklagten im Grundbuch anzumerken (§ 27 Abs 2 WEG).
Die Beklagte, die ihren Wohnsitz in Deutschland hat, wendete das Fehlen der internationalen Zuständigkeit des angerufenen Gerichtes ein. Eine Ausnahme vom Wohnsitzgerichtsort im Sinn der Abschnitte 2 bis 7 der EuGVO liege nicht vor.
Das Erstgericht wies die Klage wegen Fehlens der inländischen Zuständigkeit zurück. Eine Eigentümergemeinschaft sei nicht als Vertrag zu werten, sie entstehe ex lege mit der Begründung von Wohnungseigentum. Es lägen daher die Voraussetzungen des Art 6 Z 4 EuGVVO nicht vor, sodass die Klage gemäß Art 2 EuGVVO vor dem Gericht jenes Mitgliedstaats zu führen sei, in dem die Beklagte ihren Wohnsitz habe.
Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge, hob den angefochtenen Beschluss auf, verwarf die Einrede des Fehlens der internationalen Zuständigkeit und trug dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage auf.
Es vertrat die Ansicht, dass die gegenständliche Klage von Art 22 Z 1 EuGVVO erfasst sei. Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz seien demnach für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte jenes Mitgliedstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen sei, ausschließlich zuständig. Nach der Rechtsprechung des EuGH seien nur solche Klagen, die dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen zum Gegenstand hätten, die auf die Bestimmung von Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran oder auf Sicherung dieser Rechte gerichtet seien, erfasst. Der Begriff der „anderen dinglichen Rechte" müsse an der Rechtsordnung des jeweiligen Mitgliedstaats gemessen werden, weil es sich dabei um eine Rechtsfigur handle, die nicht überall „mit gleicher Schärfe" auftrete (vgl SZ 72/192 zur insoweit inhaltsgleichen Bestimmung des Art 16 Z 1 lit a LGVÜ). Unter Klagen über dingliche Rechte fielen aber nicht nur Eigentumsklagen, Eigentumsfreiheitsklagen, Löschungsklagen und dgl, sondern insbesondere auch Pfandklagen und Servitutenklagen einschließlich Klagen auf Verbücherung offenkundiger Dienstbarkeiten (vgl Klauser/Kodek JN-ZPO16 E 18 f zu Art 22 EuGVVO). Für Forderungen der Eigentümergemeinschaft aus der Verwaltung der Liegenschaft bestehe gemäß § 27 Abs 1 WEG an jedem Miteigentumsanteil ein gesetzliches Vorzugspfandrecht, das in seinem Bestand weder von einer vertraglichen Einräumung noch von einer Einverleibung im Grundbuch abhängig sei. Wirksam werde es allerdings gemäß § 27 Abs 2 WEG nur, wenn es innerhalb von sechs Monaten ab Entstehen/Fälligkeit der Forderung durch Klage und Antrag auf Anmerkung im Grundbuch geltend gemacht werde. Damit sei jede Klage, die zur Ausübung dieses gesetzlichen Vorzugspfandrechts erhoben werde, privilegierte Forderungen zum Gegenstand habe und einen Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 27 Abs 2 WEG enthalte, ein Rechtsbehelf zur Sicherung dieses gesetzlichen Vorzugspfandrechts (vgl MietSlg 52.572 u.a.). Die ohne Klage nicht denkbare Klagsanmerkung bilde dabei den ersten, die Verwertung des Pfandrechts auslösenden Schritt (5 Ob 67/04b), womit ein der Pfandrechtsklage durchaus vergleichbarer Fall vorliege (die Ähnlichkeit hervorhebend MietSlg 52.572). Damit sei aber die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts nach Art 22 Z 1 EuGVVO zu bejahen, befinde sich doch die vom gesetzlichen Pfandrecht betroffene Liegenschaft in seinem Sprengel. Damit sei dem Erstgericht die Fortsetzung des gesetzlichen Verfahrens über die Klage aufzutragen.
Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung darüber vorliege, ob die Klage einer Eigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer verbunden mit einem Antrag nach § 27 Abs 2 WEG den internationalen Zuständigkeitstatbestand des Art 22 Z 1 EuGVVO begründe.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der beklagten Partei mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinn der Wiederherstellung der erstinstanzlichen Klagszurückweisung.
Die klagende Partei beantragte, den Revisionsrekurs zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.
1.) Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses:
In zahlreichen Entscheidungen hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass der Revisionsrekurs gegen die Bejahung einer Prozessvoraussetzung durch das Rekursgericht absolut unzulässig ist. Begründet wurde dies jeweils mit einer Analogie zu den Anfechtungsbeschränkungen des § 519 ZPO: Es wäre ein untragbarer Wertungswiderspruch, wenn zwar die Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung auf Grund ausdrücklicher gesetzlicher Anordnung nicht angefochten werden könnte (RIS-Justiz RS0043405), ein inhaltsgleiches Rechtsschutzbegehren im Rekursverfahren aber einer Überprüfung in dritter Instanz zugänglich wäre (RIS-Justiz RS0054895; zuletzt etwa 10 Ob 102/05f; 10 ObS 116/06s; 7 Ob 189/06d; zur Aufhebung der Zurückweisung einer Wiederaufnahmsklage: 7 Ob 281/06h; 7 Ob 104/07f; Zechner in Fasching/Konecny2 Rz 75 zu § 503 ZPO). Einige dieser Entscheidungen betrafen die Prozessvoraussetzung der inländischen Gerichtsbarkeit (so etwa 6 Ob 300/05v; 6 Ob 67/05d; 9 Ob 42/05z; 3 Ob 11/06y). In jenen Fällen führte die analoge Anwendung des § 519 ZPO dazu, dass Entscheidungen der Rekursgerichte, die die inländische Gerichtsbarkeit in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung bejaht und die Unzuständigkeitseinrede des jeweiligen Beklagten verworfen hatten, durch Revisionsrekurs nicht mehr angefochten werden konnten.
Mit Ausnahme der Entscheidung 7 Ob 281/06h, die die dargestellte Rechtsprechung über die analoge Anwendung der Anfechtungsbeschränkungen des § 519 ZPO fortschrieb, hat die jüngere Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, beginnend mit 8 Ob 48/02, worin erstmals Bedenken gegen diese Rechtsprechung formuliert wurden, und insbesondere der Entscheidung 4 Ob 12/06b = EvBl 2006/127 sowie 1 Ob 73/06a = EvBl 2006/137, 4 Ob 218/06x und 6 Ob 276/06s, zuletzt 9 Ob 25/07b auch unter Berufung auf E. Kodek (in Rechberger ZPO3 Rz 7 zu § 528 ZPO) eine analoge Anwendung des § 519 ZPO abgelehnt. Die eine Nichtigkeit verneinende abändernde Rekursentscheidung sei der Verwerfung einer Nichtigkeitsberufung keineswegs so ähnlich, dass eine Gleichbehandlung erforderlich werde. Werde nämlich eine Nichtigkeitsberufung verworfen, so stimmten Erst- und Berufungsgericht in der Beurteilung der zugrundeliegenden Rechtsfrage überein. Das entspreche auch der Wertung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, wonach die Bestätigung eines Beschlusses in der Regel zur Unzulässigkeit eines Revisionsrekurses führe, da die mit übereinstimmenden Entscheidungen verbundene höhere Richtigkeitsgewähr einen Ausschluss weiterer Überprüfung rechtfertige. Bei einer abändernden Rekursentscheidung treffe diese Erwägung aber nicht zu. Auch Nunner-Krautgasser (Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses: Keine analoge Anwendung der Anfechtungsbeschränkungen des § 519 Abs 1 Z 1 ZPO im Rekursverfahren, Zak 2007/259, 146 ff) argumentiert in gleicher Weise.
Auch andere Senate des Obersten Gerichtshofs haben schon bisher - wenngleich ohne ausdrückliche Ablehnung der gegenteiligen Rechtsprechung - den Revisionsrekurs gegen eine abändernde Rekursentscheidung für zulässig erachtet und entweder die Klagezurückweisung des Erstgerichts wiederhergestellt (1 Ob 73/06a = EvBl 2006/137) oder die Entscheidung, mit der das Rekursgericht die Einrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit und der Unzuständigkeit verworfen hatte, meritorisch bestätigt (6 Ob 148/04i; 3 Ob 134/06m; auch der erkennende Senat: 5 Ob 312/01w; 5 Ob 188/03p; im Ergebnis auch 5 Ob 4/07k und 2 Ob 106/04h = EvBl 2006/106, in welchen Entscheidungen ein Revisionsrekurs mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückgewiesen wurde).
Der erkennende Senat schließt sich damit ausdrücklich der zuletzt in 9 Ob 25/07b vertretenen Rechtsansicht an, dass dann, wenn das Rekursgericht in Abänderung der erstgerichtlichen Entscheidung die Prozesseinrede der mangelnden inländischen Gerichtsbarkeit verworfen hat und kein anderer die Zulässigkeit ausschließender Grund des § 528 ZPO vorliegt, der Oberste Gerichtshof zur Überprüfung der rekursgerichtlichen Entscheidung mit Revisionsrekurs angerufen werden kann.
Der Revisionsrekurs ist daher im vorliegenden Fall nicht absolut zulässig. Vielmehr hängt seine Zulässigkeit vom Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO ab.
Diese Voraussetzung liegt aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen vor.
2.) Zur Frage der inländischen Gerichtsbarkeit:
Tatsächlich wurde der Oberste Gerichtshof bisher noch nicht mit der Frage befasst, ob die Klage einer Eigentümergemeinschaft nach § 27 Abs 2 WEG auf Zahlung rückständiger Bewirtschaftungskosten eines Wohnungseigentümers, mit der die Anmerkung der Klage im Grundbuch beim Miteigentumsanteil des Beklagten beantragt wird (§ 27 Abs 2 WEG), unter Art 22 Z 1 EuGVVO zu subsumieren ist, ob also ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des Beklagten ausschließlich die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig sind, in dem die unbewegliche Sache gelegen ist.
Art 22 Z 1 EuGVVO lautet:
„Ohne Rücksicht auf den Wohnsitz sind ausschließlich zuständig:
1.) für Klagen, welche dingliche Rechte an unbeweglichen Sachen sowie die Miete oder Pacht von unbeweglichen Sachen zum Gegenstand haben, die Gerichte des Mitgliedstaats, in dem die unbewegliche Sache belegen ist ..."
Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasst der Begriff des dinglichen Rechts Klagen, die darauf gerichtet sind, Umfang oder Bestand einer unbeweglichen Sache, das Eigentum, den Besitz oder das Bestehen anderer dinglicher Rechte hieran zu bestimmen und den Inhabern dieser Rechte den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern (EuGHE 1990 1, 27 - Reichert/Dresdner Bank; EuGHE 2001 1, 2771 - Gaillard/Alaya Chekili; auch SZ 72/192 = 7 Ob 286/99f; 5 Ob 8/02s = WoBl 2002/98 [Call]; Kropholler, Europäisches Zivilprozessrecht8 Rz 14 zu Art 22 EuGVO; Czernich/Tiefenthaler, Die Übereinkommen von Lugano und Brüssel Rz 10 zu Art 16 EuGVÜ; dieselben in Art 16 EuGVÜ: Liegenschaftsstreitigkeiten mit Auslandsbezug, WoBl 1999, 255 f). Es reicht nicht aus, dass ein dingliches Recht an einer unbeweglichen Sache von der Klage nur berührt wird. Die Klage muss vielmehr auf ein dingliches Recht und nicht auf einen schuldrechtlichen Anspruch („persönliches Recht") gestützt sein (EuGHE 1994 1, 1717). Die Klage muss also Ausfluss der Ausübung eines dinglichen Rechts an einer unbeweglichen Sache sein (vgl Kropholler aaO Rz 14 zu Art 22 EuGVO; Czernich/Tiefenthaler WoBl 1999, 259). Im Besonderen fallen somit neben der Eigentumsklage auch die Eigentumsfreiheitsklage, die Teilungsklage, die Grenzberechtigungsklage, die Löschungsklage in den Anwendungsbereich dieser Bestimmung, aber auch Klagen aus anderen beschränkt dinglichen Rechten wie etwa Pfandklagen oder Servitutenklagen. Auch die Geltendmachung von durch Einverleibung im Grundbuch verdinglichten Rechten wie Vor- und Wiederkaufsrechten sowie Veräußerungs- und Belastungsverboten können von dieser Bestimmung erfasst werden, weil sich darauf gestützte Ansprüche direkt aus dem intabulierten Recht ableiten und sie damit unmittelbar mit der Liegenschaft verknüpft sind (vgl 7 Ob 286/99f = SZ 72/192). Auch das Begehren auf Einverleibung einer offenkundigen Dienstbarkeit wurde als Ausfluss eines der Ausübung nach schon bestehenden dinglichen Rechts gewertet und damit der ausschließlichen Zuständigkeit des Art 16 EuGVÜ (insofern wortgleich mit Art 22 EuGVVO) unterstellt (vgl 7 Ob 286/99f = SZ 72/192).
Der Begriff des dinglichen Rechts ist nach überwiegender Ansicht vertragsautonom zu bestimmen (vgl EuGHE 1990 1, 27 - Reichert/Dresdner Bank; SZ 71/2 = 6 Ob 337/97w; Kropholler aaO Rz 13 zu Art 22 EuGV; Mayr in Rechberger ZPO³ Rz 8 zu § 81 JN mwN). Während ein persönliches Recht nur gegen den Schuldner geltend gemacht werden kann, ist das dingliche Recht dadurch gekennzeichnet, dass es gegen jedermann wirkt.
Klagen aus dem Eigentum an einem Grundstück, mit denen etwa die Herausgabe des Grundstücks, die Berichtigung des Grundstücks oder die Feststellung der Eigentümereigenschaft begehrt wird, sind von Art 22 Nr 1 EuGVVO erfasst. Dasselbe gilt für Klagen aus dem Wohnungseigentum; dabei darf es sich aber nicht um Klagen aus persönlichen Ansprüchen handeln. Es wird daher die Ansicht vertreten, dass für Verfahren im Zusammenhang mit der Verwaltung einer Wohnanlage, mit denen schuldrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden, insbesondere „Wohngeldansprüche" der Gemeinschaft gegen ein einzelnes Mitglied, nicht von Art 22 Nr 1 EuGVVO erfasst sind (Kropholler aaO Rz 15 zu Art 22 unter Hinweis auf BayObLGZ 2003, 147 = MDR 2003, 1196; anders OLG Düsseldorf VersR 2003, 1324; Geimer-Schütze Europ. Zivilverfahrensrecht Rz 96 zu Art 22 EuGVO unter Hinweis auch auf LG Bonn NJW-RR 2001, 1574).
Schlosser (EU-Zivilprozessrecht² Rz 5a zu Art 22 EuGVVO) meint hingegen, die Schöpfer von EuGVÜ und EuGVVO hätten an das Rechtsinstitut des Wohnungseigentums nicht gedacht, weshalb Art 22 Z 1 entsprechend auf alle Gerichtsverfahren anzuwenden sei, welche die Verwaltung der Wohnanlage beträfen (vgl auch Geimer/Schütze aaO Rz 95f zu Art 22 EuGVO).
Es wird auch die Ansicht vertreten, bei Klagen im Zusammenhang mit Vormerkungen Art 22 Nr 1 EuGVO nicht zur Anwendung zu bringen. Der schuldrechtliche Anspruch, der in einer Klage geltend gemacht wird, verwandle sich durch Eintragung einer (dort:) Auflassungsvormerkung nicht in ein dingliches Recht, sondern bleibe nach wie vor ein persönlicher Anspruch (Geimer/Schütze aaO Rz 7 zu § 22 EuGVO).
Bei der vorliegenden Klage handelt es sich nun nicht einfach um eine Klage wegen Bewirtschaftungskostenrückständen, die gegen einen persönlichen Schuldner gerichtet ist, weil sie die Besonderheiten des § 27 Abs 1 aufweist. Gemäß § 27 Abs 1 WEG besteht an jedem Miteigentumsanteil in dem durch § 216 Abs 1 Z 3 EO bestimmten Ausmaß ein gesetzliches Vorzugspfandrecht zu Gunsten der Forderungen der Eigentümergemeinschaft gegen den Eigentümer des Anteils, wovon im Besonderen die Forderungen der Eigentümergemeinschaft gegen den einzelnen Miteigentümer aus der Verwaltung umfasst sind. Dieses besondere Vorzugspfandrecht für Forderungen der Eigentümergemeinschaft besteht somit schon kraft Gesetzes. Es ist in seinem Bestand weder von einer vertraglichen Einräumung noch von einer Einverleibung im Grundbuch abhängig (vgl 5 Ob 239/00h = WoBl 2001/72 [Call] ua). Daher führt die in § 27 Abs 2 WEG vorgesehene Klagsanmerkung zu keiner konstitutiven Belastung des Miteigentumsanteils, weil das Vorzugspfandrecht schon kraft Gesetzes besteht (5 Ob 67/04w = WoBl 2005/7 [Call]). Es bietet dem jeweiligen Kläger eine bevorzugte Stellung insofern, als ihm vorrangig Deckung vor Gläubigern mit vertraglichen Pfandrechten zukommt. Das grundbücherliche Rangprinzip wird damit durchbrochen.
Durch die Klagsanmerkung wird das vorhandene Pfandrecht allerdings erst aktiviert (5 Ob 236/00t = WoBl 2001/86 [Call]; 5 Ob 67/04w ua). Jede exekutive Verwertung des gesetzlichen Vorzugspfandrechts setzt nämlich die vorherige Klagsanmerkung voraus (§ 27 Abs 2 WEG). Wie das Rekursgericht zutreffend ausführte, ist damit jede Klage, die zur Effektuierung des gesetzlichen Vorzugspfandrechts erhoben wird, privilegierte Forderungen zum Gegenstand hat und einen Antrag auf Anmerkung der Klage nach § 27 Abs 2 WEG im Grundbuch enthält, ein Rechtsbehelf zur Sicherung dieses Haftungsvorrechts. Die ohne Klage nicht denkbare Klagsanmerkung bildet dabei den ersten, die Verwertung des Pfandrechts auslösenden Schritt (5 Ob 67/04w). Damit liegt ein der Hypothekarklage durchaus vergleichbarer Fall vor (vgl auch 5 Ob 305/00i = SZ 73/195 = MietSlg 52.572 mwN).
Die von Gerichten eines Mitgliedstaats getroffenen Entscheidungen (vgl oben), wonach „einfache" Klagen auf Zahlung offener Bewirtschaftungskosten die Anwendbarkeit des Art 22 Z 1 EuGVO nicht rechtfertigen, lassen sich daher auf den österreichischen Rechtsbereich zumindest dann nicht übertragen, wenn mit einer solchen Zahlungsklage ein Antrag auf Effektuierung des latent bereits bestehenden Pfandrechts im Grundbuch durch Anmerkung der Klage begehrt wird. Die Klage nach § 27 Abs 2 WEG ist also darauf gerichtet, den Umfang des bestehenden Pfandrechts an der unbeweglichen Sache, nämlich dem Miteigentumsanteil des Beklagten, zu bestimmen und der Inhaberin dieses Rechts, der Eigentümergemeinschaft, den Schutz der mit ihrer Rechtsstellung verbundenen Vorrechte zu sichern (vgl zur Definition des EuGH: Rauscher, Europ. Zivilprozeßrecht² RZ 6 zu Art 22 Brüssel I-VO). Der Unterschied zu den oben angesprochenen Vormerkungen besteht darin, dass eben ein schon bestehendes Pfandrecht an der unbeweglichen Sache effektuiert wird (vgl Klauser/Kodek ZPO16 E 19b zu Art 22 EuGVVO unter Hinweis auf zweitinstanzliche Rechtsprechung).
Der erkennende Senat billigt daher die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass für Klagen nach § 27 Abs 2 WEG einer Eigentümergemeinschaft gegen einen Wohnungseigentümer auf Zahlung rückständiger Bewirtschaftungskosten, wenn mit dieser Klage ein Antrag auf Klagsanmerkung verbunden ist, ohne Rücksicht auf den Wohnsitz des Beklagten ausschließlich das österreichische Gericht zuständig ist, in dem die unbewegliche Sache gelegen ist (Art 22 Z 1 EuGVVO).
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.