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OGH vom 06.09.1995, 1Ob570/95

OGH vom 06.09.1995, 1Ob570/95

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schlosser als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schiemer, Dr.Gerstenecker, Dr.Rohrer und Dr.Zechner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Monika W*****, vertreten durch DDr. Manfred Nordmeyer und Dr.Widukind W.Nordmeyer, Rechtsanwälte in Wels, wider die beklagte Partei Maximilian W*****, vertreten durch Dr.Franz Gütlbauer und Dr.Siegfried Sieghartsleitner, Rechtsanwälte in Wels, wegen Unterhalts (Streitwert 284.600 S), infolge der Revisionen der klagenden Partei (Revisionsinteresse 26.793 S) und der beklagten Partei (Revisionsinteresse 231.889 S) gegen das Urteil des Landesgerichtes Wels als Berufungsgerichtes vom , GZ 21 R 49/95-36, womit infolge der Berufungen beider Parteien das Endurteil des Bezirksgerichtes Wels vom , GZ 2 C 59/93-28, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Keiner der Revisionen wird Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 7.371,12 S (darin 1.228,52 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Ehe der Streitteile wurde durch das seit rechtskräftige Urteil des Bezirksgerichtes Wels vom gemäß § 55 Abs 1 EheG mit dem Ausspruch gemäß § 61 Abs 3 EheG geschieden, daß der Ehemann die Zerrüttung der Ehe allein verschuldet hat. Der Ehe entsprossen die Kinder Peter, geboren am , und Julia, geboren am . Die Klägerin bezog 1989 ein monatliches Durchschnittseinkommen von 6.416 S; dagegen verdiente der Beklagte im Februar 1988 24.299 S ohne anteilige Berücksichtigung der Sonderzahlungen. Nach dem vereinbarten die Streitteile, daß der Beklagte der Klägerin einen Unterhaltsbetrag von 5.900 S und „für die beiden Kinder zusammen“ von 6.600 S monatlich zu leisten habe. Bei diesen Gesprächen kam „von seiten der Klägerin“ stets zum Ausdruck, daß sie das an Unterhalt haben wolle, was ihr nach dem Gesetz zustehe. Ein Verzicht auf Mehrleistungen erfolgte im Zuge dieser Gespräche nicht. Auch „der Mann wollte damals das Gesetzliche zahlen“. Der Beklagte unterließ es sodann, der Klägerin Erhöhungen seines Einkommens, die er „mit der Zeit verbuchen konnte“, mitzuteilen. Die Streitteile hatten, seitdem sie getrennt lebten (April 1988), „auch wenig miteinander gesprochen“. Die Klägerin stellte mit der vorliegenden Klage erstmals ein Unterhaltserhöhungsbegehren.

Die Streitteile sind zu je 267/20.000 Anteilen Miteigentümer einer Liegenschaft, mit denen Wohnungseigentum an der vormaligen Ehewohnung verbunden ist. Seit der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch den Beklagten lebt die Klägerin mit den Kindern in dieser Wohnung. Sie trägt seit den gesamten Wohnungsaufwand und bezahlt zweimal jährlich 1.900 S an „Annuitäten“, etwa 2.000 S monatlich an „Darlehensrückzahlung“ und 2.400 S (bis Mai 1992 2.000 S) monatlich an Betriebskosten. Es kann nicht festgestellt werden, „ob die Streitteile bei ihrer Betragsfestsetzung mit 5.900 S (für den Unterhaltsanspruch der Klägerin) den Wert der Wohnung berücksichtigt haben“. Der Beklagte leistete der Klägerin abgesehen vom monatlichen Unterhaltsbetrag keine weiteren Zahlungen. An Wohnbeihilfe bezog die Klägerin 1991 1.296 S 1992 1.804 S und 1993 614 S jeweils monatlich; seit 1994 erhält sie keine Wohnbeihilfe mehr. Die Klägerin leistet dem Beklagten kein Benützungsentgelt für die vormalige Ehewohnung; deren „Mietwert“ beträgt 5.600 S monatlich ohne Umsatzsteuer und Betriebskosten.

Während der aufrechten ehelichen Lebensgemeinschaft verrichtete die Klägerin in Heimarbeit gemeinsam mit dem Beklagten eine Buchhaltungstätigkeit. Sie hat den Beruf des Bürokaufmanns erlernt und Praxis in Sachbuchhaltung, Handkasse, Schriftverkehr, EDV-Buchhaltung, Schriftverkehr und in allgemeinen Büroarbeiten erworben. Die Klägerin ist auch jetzt berufstätig, sie übt jedoch - jedenfalls schon seit 1990 - „unter Berücksichtigung der Kinder“ nur eine Teilzeitbeschäftigung aus. Sie sah sich bisher auch nicht um eine Stelle um, die ihr eine volle Erwerbstätigkeit ermöglichte. Seit 1990 sind bei dem für den Wohnbereich der Klägerin zuständigen Arbeitsamt zahlreiche offene Stellen für Arbeitskräfte mit der beruflichen Qualifikation der Klägerin bei ganztätiger Beschäftigungsmöglichkeit gemeldet.

Die Klägerin befürchtet, daß ihre Kinder „in Abwesenheit der Mutter am Nachmittag...etwa in schlechte Gesellschaft kommen könnten“. Sie führt neben ihrer Teilzeitbeschäftigung den Haushalt für drei Personen im wesentlichen allein. Sie kocht, wäscht und bügelt. Die Kinder helfen ihrer Mutter bei Kleinigkeiten, wenn es ihre Zeit neben dem Lernen erlaubt. Julia besucht die 3.Klasse, Peter dagegen die 6.Klasse eines Bundesrealgymnasiums. Die Kinder benützen auf ihrem Schulweg gewöhnlich einen Bus, dessen Haltestelle „nur wenige 100 m von der Wohnung entfernt ist“. Der Musikunterricht bei einem privaten Gitarrelehrer ist dagegen mit öffentlichen Verkehrsmitteln nicht zu erreichen.

Am beantragten die durch die Klägerin vertretenen Kinder im Pflegschaftsverfahren, den vom Beklagten bezahlten Unterhalt auf monatlich 6.500 S je Kind zu erhöhen. Diesem Begehren lag die Behauptung zugrunde, der Beklagte verdiene monatlich 45.000 S netto. Der Beklagte widersprach dieser Behauptung in seiner Äußerung vom nicht. Er verdiente aber bereits damals monatlich 52.254 S netto. Als die Klägerin den Beklagten einmal nach seinem Einkommen gefragt hatte, erhielt sie keine Antwort. Das von den Kindern gestellte Unterhaltsbegehren war schließlich erfolgreich.

Die Streitteile erzielten seit 1990 im einzelnen die vom Berufungsgericht festgestellten Einkommen. Ein Aufteilungsverfahren gemäß §§ 81 ff EheG ist anhängig.

Die Klägerin begehrte zuletzt an Unterhaltsrückstand seit 155.000 S samt Anhang und an laufendem Unterhalt ab (Klageeinbringung) 9.600 S samt Anhang unter Anrechnung der geleisteten Teilzahlungen und „Berücksichtigung des Teilanerkenntnisurteiles vom über 6.000 S monatlich“, sohin „einen zusätzlichen monatlichen Unterhalt von 3.600 S“ (ON 18 Seite 1). Sie brachte im wesentlichen vor: Der Beklagte habe sich der von ihr begehrten erhöhten Unterhaltsleistung „absichtlich entzogen“; er habe nämlich sein wahres Einkommen seit Auflösung der häuslichen Gemeinschaft im April 1988 bewußt verheimlicht.

Der Beklagte anerkannte in der Verhandlung vom ab diesem Tag eine laufende Unterhaltsverpflichtung von monatlich 6.000 S. Dieser Betrag wurde der Beklagten sodann mit Teilanerkenntnisurteil vom zuerkannt. Im übrigen wendete der Beklagte im wesentlichen ein: Seine Unterhaltspflicht sei für die Vergangenheit mit monatlich 5.900 S einvernehmlich und bindend festgelegt worden. Das für die Vergangenheit gestellte Begehren sei verjährt bzw verfristet, weil er sich nicht in Verzug befunden habe. Unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten für die beiden ehelichen Kinder sei er seiner gesetzlichen Unterhaltsverpflichtung mit dem monatlich bezahlten Betrag von 5.900 S ausreichend nachgekommen. Zu seinen Gunsten sei nämlich auch zu berücksichtigen, daß die Klägerin einer vollen Erwerbstätigkeit nachgehen und dann ein höheres Einkommen erzielen könnte. Die von der Klägerin bezogene Wohnbeihilfe sei als Einkommen anzusehen. Schließlich seien monatlich 3.000 S an fiktivem Mietwert als Naturalunterhalt auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin anzurechnen, weil diese die zur Hälfte auch in seinem Miteigentum stehende Ehewohnung allein benütze.

Das Erstgericht gab dem auf rückständigen Unterhalt bezogenen Klagebegehren mit S 100.994 sA statt, das Mehrbegehren von S 54.006 wies es dagegen ab; an laufendem Unterhalt sprach es für den Zeitraum vom 19.April bis zusätzlich zu den bisher bezahlten 5.900 S monatlich 3.810 S, für jenen vom 14.Juli bis zusätzlich zu dem mit Teilanerkenntnisurteil vom zuerkannten Betrag von 6.000 S monatlich 2.076 S und ab zusätzlich zu dem mit dem erwähnten Teilanerkenntnisurteil festgesetzten Betrag 963 S zu und wies das Mehrbegehren ab. Es vertrat im wesentlichen die Ansicht:

Die Unterhaltspflicht des Beklagten ergebe sich bis zur Scheidung aus § 94 ABGB, seit der Scheidung dagegen aus § 69 Abs 2 EheG. Die Scheidung habe keine inhaltliche Veränderung der Unterhaltspflicht des Beklagten bewirkt, weil auch § 69 Abs 2 EheG für den Unterhaltsanspruch der Klägerin auf § 94 ABGB verweise. Gemäß § 72 EheG stehe Unterhalt für die Vergangenheit für den Zeitraum eines Jahres vor Rechtshängigkeit auch ohne Schuldnerverzug zu. Im übrigen sei davon auszugehen, daß der Beklagte der Klägerin sein Mehreinkommen bewußt verschwiegen und sich einer erhöhten Unterhaltsleistung absichtlich entzogen habe, weshalb der gesamte geltend gemachte Unterhaltsrückstand dem Grunde nach zu Recht bestehe. Auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin sei allerdings ein Sechstel des fiktiven Mietwerts der vormaligen Ehewohnung (933 S monatlich) als „Naturaleistung des Beklagten“ anzurechnen. Die Klägerin bewohne nämlich die zur Hälfte in ihrem Miteigentum stehende Wohnung nicht allein, sondern gemeinsam mit den beiden ehelichen Kindern. Dagegen sei die von der Klägerin bezogene Wohnbeihilfe nicht als Einkommen zu berücksichtigen, weil sie nicht dazu gedient habe, den Beklagten zu entlasten. Die von der Klägerin geleisteten „Annuitäten und Darlehensrückzahlungen“ gehörten „zum Aufteilungsverfahren“ und müßten „dort bei der Bestimmung einer Ausgleichszahlung oder Verteilung des Erlöses aus dem Verkauf der Wohnung Berücksichtigung finden“. Unter Berücksichtigung des Alters und der Entwicklung ihrer Kinder sei der Klägerin eine volle Erwerbstätigkeit (38,5 Stunden wöchentlich) zumutbar. Für die Berechnung ihres Unterhaltsanspruches sei daher ab 1994 („einige Zeit“ nach einem entsprechenden Prozeßvorbringen des Beklagten) jenes Einkommen heranzuziehen, das sie zu erzielen in der Lage (gewesen) sei. Der Höhe nach habe die Klägerin einen Unterhaltsanspruch von 32 % der Einkommenssumme der Streitteile abzüglich ihres bis Ende 1993 erzielten und ab 1994 erzielbaren Eigeneinkommens, der bereits geleisteten Unterhaltsbeträge und des für den anzurechnenden Naturalunterhalt heranzuziehenden Geldwerts.

Das Berufungsgericht erkannte den Beklagten in Abänderung dieses Urteils schuldig, der Klägerin für den Zeitraum vom bis 102.289 S samt Anhang an rückständigem Unterhalt, vom 19.April bis „zusätzlich zu den in diesem Zeitraum geleisteten Zahlungen von monatlich 5.900 S“ weitere 3.700 S monatlich und ab „zusätzlich zu dem bereits mit Teilanerkenntnisurteil vom zugesprochenen monatlichen Betrag von 6.000 S weitere 3.600 S monatlich“ an laufendem Unterhalt zu bezahlen; das nicht bereits durch das Ersturteil rechtskräftig erledigte Mehrbegehren an rückständigem Unterhalt bis zur Klageeinbringung wies es dagegen ab. Es erwog im wesentlichen:

Seit der Entscheidung SZ 61/143 könnten Unterhaltsansprüche innerhalb der Verjährungsfrist des § 1480 ABGB grundsätzlich auch für die Vergangenheit gestellt werden. Der Oberste Gerichtshof habe auch schon ausgesprochen, daß § 72 EheG auf einen gemäß § 69 Abs 2 EheG geschuldeten Unterhalt zur Anwendung komme. Der bis zur Ehescheidung begehrte Unterhaltsrückstand unterliege jedoch nicht § 72 EheG, sondern werde nur durch die - im vorliegenden Fall noch nicht eingetretene - Verjährung begrenzt. Lediglich das auf rückständige Unterhaltsbeträge für den Zeitraum vom bis zur Klageeinbringung am (richtig ) bezogene Begehren sei also nach der Sondervorschrift des § 72 EheG zu beurteilen. Mit dem undeutlichen Wortlaut dieser Bestimmung habe sich die Rechtsprechung bereits wiederholt auseinandergesetzt und sei - zumindest überwiegend - zum Ergebnis gekommen, rückständiger Unterhalt könne ab einem Jahr vor Gerichtshängigkeit auch ohne Verzug des Unterhaltsschuldners gefordert werden. Das Unterhaltsbegehren für den Zeitraum vom (Scheidung) bis zum (richtig - Klageeinbringung) sei daher dem Grunde nach durch die bloße Tatsache der Gerichtshängigkeit gerechtfertigt. Mangels Verjährung stehe der Klägerin aber auch rückständiger Unterhalt für den vor der Ehescheidung gelegenen Zeitraum vom bis zu.

Ein Verzicht der Klägerin auf einen höheren Unterhalt als 5.900 S monatlich durch Entgegennahme der vom Beklagten geleisteten Zahlungen liege nicht vor. Bei Annahme eines stillschweigenden Verzichts sei besondere Vorsicht geboten. Die Klägerin habe bei sämtlichen Gesprächen zum Ausdruck gebracht, das an Unterhalt haben zu wollen, was ihr nach dem Gesetz zustehe; das gleiche habe auch der Beklagte bekundet, jedoch der Klägerin seine Einkommenserhöhungen nicht bekanntgegeben. Von einem schlüssigen Verzicht könne demnach keine Rede sein.

Der Beklagte leiste der Klägerin auch keinen Naturalunterhalt dadurch, daß er die gemeinsame Ehewohnung verlassen und diese der Klägerin zur alleinigen Nutzung überlassen habe. Es handle sich dabei um eine „aufgedrängte Bereicherung“, die der Klägerin keinen meßbaren Vermögensvorteil bringe. Der Beklagte sei überdies gemäß § 97 ABGB bis zur Rechtskraft der Entscheidung im anhängigen Aufteilungsverfahren „zur Erhaltung der Wohnung“ verpflichtet. Als Naturalunterhalt könnten nur Miet- oder Darlehenszahlungen Berücksichtigung finden.

Gemäß § 69 Abs 2 EheG gebühre der Klägerin der Unterhalt auch nach Ehescheidung entsprechend den Voraussetzungen des § 94 ABGB. Danach seien für die Ermittlung des Unterhaltsanspruchs nur die von der Klägerin tatsächlich erzielten Einkünfte angemessen zu berücksichtigen. Nicht zu prüfen sei dagegen die Zumutbarkeit, höhere Einkünfte zu erzielen, wenn die Haushaltsführung nach dem ursprünglichen Einvernehmen der Ehegatten durch den Unterhaltsberechtigten besorgt worden sei. Aus dem durchgeführten Verfahren ergebe sich kein Hinweis, daß die Haushaltsführung durch die Klägerin während aufrechter Ehe nicht einvernehmlich erfolgt sei. Es habe sich aber auch kein Einvernehmen zwischen den Ehegatten ermitteln lassen, daß die Klägerin, obwohl die Kinder noch zur Schule gingen, mehr als 30 Stunden wöchentlich arbeiten solle. Entgegen der Ansicht des Erstgerichts könne die Klägerin für die Bestimmung ihres Unterhaltsanspruchs nicht auf jenes Einkommen angespannt werden, das für sie bei einer Vollbeschäftigung erzielbar wäre.

Uneinheitlich sei die Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz zur Frage der Einbeziehung der Wohnbeihilfe in die Unterhaltsbemessungsgrundlage. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei unter Einkommen des Unterhaltsberechtigten alles zu verstehen, was ihm als Naturalleistung oder in Geld aufgrund eines Anspruches zukomme, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechnung bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschlössen. Einkommen sei daher die Summe aller verfügbaren Mittel einschließlich öffentlich-rechtlicher Leistungen. Es sei daher auch die Wohnbeihilfe als Einkommen des Unterhaltsberechtigten zu behandeln. Die Verneinung dessen mit dem Argument, die Wohnbeihilfe habe nicht den Zweck, den Unterhaltsverpflichteten zu entlasten, überzeuge nicht, weil das „fast auf jedes Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten“ zutreffe. Die Wohnbeihilfe diene nach ihrer Zweckbestimmung als Beitrag zum Wohnungsaufwand, also der Abdeckung eines typischen Unterhaltsbedürfnisses. Die von der Klägerin bezogene Wohnbeihilfe sei demnach als Teil ihres Eigeneinkommens bei der Berechnung ihres Unterhaltsanspruches zu berücksichtigen.

Beide Revisionen sind nicht gerechtfertigt.

1. Zur Revision der Klägerin:

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist unter Einkommen grundsätzlich alles zu verstehen, was einer Person an Natural- oder Geldleistungen welcher Art immer aufgrund eines Anspruches zukommt, sofern gesetzliche Bestimmungen die Anrechenbarkeit bestimmter Einkünfte auf den Unterhalt nicht ausschließen. Außer Betracht bleiben nur jene Teile der Einkünfte, die dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes dienen. Wird aber unter Einkommen die Summe aller verfügbaren Mittel verstanden, sind auch öffentlich-rechtliche Leistungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen. Dabei führt die in der Leistung liegende Zweckbestimmung allein noch nicht zu deren Ausscheiden aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage (1 Ob 550/94; EvBl 1994/90; ÖA 1993, 145; JBl 1993, 244 ua). Soweit also die Unterhaltsbedürfnisse einer Person infolge einer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung von einem Dritten gedeckt werden, bestehen keine Unterhaltsansprüche gegen einen nach Privatrecht Unterhaltspflichtigen, weil kein Anspruch auf Doppelversorgung besteht (RZ 1990/24; EFSlg 60.321/2, SZ 60/191; SZ 60/71; SZ 55/129). Deshalb werden auch Sozialleistungen, die nicht dem Ausgleich eines bestimmten Mehraufwandes für einen Sonderbedarf dienen oder nach gesetzlichen Bestimmungen auf den Unterhalt nicht anrechenbar sind, als Einkommen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einbezogen (6 Ob 561, 1568/94 [Sozialhilfe nach dem steiermärkischen Sozialhilfegesetz]; 1 Ob 550/94 [Sozialhilfe nach dem Wiener Sozialhilfegesetz]; ÖA 1993, 145 [Ausgleichszulage]; JBl 1993, 244 [Karenzurlaubsgeld]; EFSlg 64.914 [Notstandshilfe]; RZ 1990/24 [Sozialunterstützung nach dem deutschen Bundessozialhilfegesetz] ua); anderes gilt dagegen für Sozialleistungen zur Deckung des Mehraufwandes für einen bestimmten Sonderbedarf, jedoch auch hier mit dem Ausschluß eines erhöhten Unterhaltsanspruchs gegen den Unterhaltspflichtigen (EvBl 1994/90 [Pflegegeld]; EvBl 1992/27 [Hilflosenzuschluß]). Die in der Rechtsprechung bisher nicht völlig einheitlich gelöste Frage, in welcher Weise sich die in den einzelnen Sozialhilfegesetzen für erbrachte Leistungen geregelten Ersatzpflichten und Legalzessionen auf den Unterhaltsanspruch des Leistungsempfängers auswirken (vgl zB EFSlg 65.132; RZ 1990/24; EFSlg 60.321/2; EvBl 1988/16, SZ 60/191; SZ 60/71), stellt sich im vorliegenden Fall nicht. Die Klägerin bezog nämlich in den Jahren 1991 bis 1993 eine Wohnbeihilfe nach den Oberösterreichischen Wohnbeihilfen-Verordnungen LGBl 1990/61 und LGBl 1991/55 in den jeweils geltenden Fassungen. Gemäß § 1 Abs 1 Z 1 der Verordnungen diente die Wohnbeihilfe der Deckung eines unzumutbaren Wohnungsaufwandes des Wohnbeihilfenwerbers. Bestimmungen über Ersatzpflichten Dritter oder eine Legalzession wegen erbrachter Leistungen sind diesen Verordnungen nicht entnehmen. In § 5 Abs 3 (LGBl 1990/61) bzw § 5 Abs 4 (LGBl 1991/55) war lediglich angeordnet, daß zu Unrecht empfangene Wohnbeihilfen zurückzahlen sind. Diese Verpflichtung bezieht sich auf die in den Verordnungen geregelten Anspruchsvoraussetzungen, die eine Leistung trotz eines bestehenden Unterhaltsanspruches nicht ausschlossen. Es treffen daher auf die von der Klägerin als öffentlich-rechtlich Sozialleistung bezogene Wohnbeihilfe alle Kriterien zu, diese als einen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehenden Einkommensbestandteil zu behandeln. Wie schon das Rekursgericht richtig darlegte, diente nämlich die Wohnbeihilfe nach ihrer Zweckbestimmung der Deckung eines typischen Unterhaltsbedarfs; sie wurde also nicht als Ausgleich für die durch einen bestimmten Sonderbedarf entstandenen Mehraufwendungen gewährt, und es fehlt in den zitierten Rechtsquellen auch eine Anordnung, daß die der Klägerin geleistete Wohnbeihilfe einen gesetzlichen Unterhaltsanspruch nicht schmälern könnte.

Der Oberste Gerichtshof teilt daher jene Rechtsprechung der Gerichte zweiter Instanz nicht, die eine Wohn- oder Mietzinsbeihilfe nicht als ein die Unterhaltsbemessungsgrundlage berührendes Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten ansieht (zB EFSlg 55.932; EFSlg 54.498; EFSlg 42.932). Soweit gegen die Einbeziehung einer „Mietzinsbeihilfe“ ins Treffen geführt wurde, diese diene nicht dem Zweck, den Schuldner von seiner Unterhaltsverpflichtung zu entlasten (EFSlg 55.932), erwiderte bereits das Berufungsgericht richtig, daß dieses Argument letztlich auf jedes Eigeneinkommen des Unterhaltsberechtigten zutreffe. Es kann daher die Beurteilung, die den Obersten Gerichtshof bisher veranlaßte, auch Sozialleistungen als die Unterhaltsbemessungsgrundlage beeinflussendes Einkommen zu behandeln, nicht in Frage stellen.

Entgegen der Ansicht der Revision bezog daher das Berufungsgericht auch die an die Klägerin in den Jahren 1991 bis 1993 ausbezahlte Wohnbeihilfe zu Recht als Eigeneinkommen in die Berechnung ihres Unterhaltsanspruchs ein.

2. Zur Revision des Beklagten:

Die Revision rügt als Mangel des Berufungsverfahrens einen Verstoß gegen § 405 ZPO, weil auch das Gericht zweiter Instanz nicht beachtet habe, daß die Klägerin ihren Unterhaltsanspruch für die Vergangenheit auf einen Betrag von monatlich 8.500 S begrenzt habe. Der Beklagte wiederholt damit im Revisionsverfahren nur jene Behauptungen, die er bereits im Berufungsverfahren zur Rüge eines Mangels des Verfahrens erster Instanz heranzog. Das Berufungsgericht verneinte jedoch das Vorliegen eines Verfahrensmangels nach sachlicher Prüfung; diesfalls kann derselbe angebliche Mangel nach ständiger Rechtsprechung in der Revision nicht mehr gerügt werden (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 3 zu § 503 mwN). Es ist aber auch daran festzuhalten, daß ein Verstoß gegen § 405 ZPO eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens bildet, die nur in der nächsthöheren Instanz wahrgenommen werden kann (RZ 1992/15; ÖBl 1978, 146; JBl 1969, 399 ua). Auf dieses Thema ist daher nicht mehr weiter einzugehen, auch nicht unter dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung, bei dessen Ausführung der Beklagte dasselbe Thema als behauptete Unschlüssigkeit des Klagebegehrens wieder aufgreift.

§ 72 EheG ist, was die Revision unbeachtet läßt, eine Sondervorschrift für den Unterhaltsanspruch im Verhältnis zwischen geschiedenen Ehegatten, die nicht analog auf andere Tatbestände anwendbar ist (SZ 61/143 = JBl 1988, 586 = EvBl 1988/123 = EFSlg 57.045/3; EFSlg 69.310). Der von der Klägerin für die Vergangenheit begehrte Unterhalt kann daher, soweit er sich auf den Zeitraum aufrechter Ehe bezieht, der genannten Gesetzesbestimmung auch nicht im Wege der Analogie unterstellt werden. Dagegen findet § 72 EheG auf den Zeitraum vom (Ehescheidung) bis (Klageeinbringung) Anwendung, wovon aber das Berufungsgericht ohnehin ausging. Unzutreffend legt die Revision dar, das Unterhaltsbegehren für den Zeitraum eines Jahres vor Rechtshängigkeit setze einen Leistungsverzug des Beklagten voraus. In der Entscheidung 1 Ob 585/93 (teilweise veröffentlicht in: EFSlg 72.379) hielt der erkennende Senat nach einer ausführlichen Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Schrifttum daran fest, daß der geschiedene Ehegatte einjährige Unterhaltsrückstände ab Rechtshängigkeit gemäß § 72 EheG fordern kann, ohne daß der Leistungspflichtige in Verzug geraten wäre. Davon abzugehen, besteht kein Anlaß. Die zum gegenteiligen Ergebnis gelangende spätere Entscheidung 8 Ob 584/93 (AnwBl 1994/4794) setzt sich mit den Erwägungen des erkennenden Senats nicht auseinander und widerlegt diese auch inhaltlich nicht, sondern geht ohne besondere Begründung davon aus, daß gemäß § 72 EheG „für die Zeit vor der Klageeinbringung der Verzug des Unterhaltspflichtigen eine materiellrechtliche Anspruchsvoraussetzung“ sei. Der von der Klägerin für den Zeitraum eines Jahres vor Gerichtshängigkeit begehrte Unterhalt setzt daher den Leistungsverzug des Unterhaltsschuldners als Erfolgsvoraussetzung, wie das Berufungsgericht richtig erkannte, nicht voraus. Der für einen weiter zurückliegenden Zeitraum während aufrechter Ehe geltend gemachte Unterhaltsanspruch findet dagegen nach der ebenso zutreffenden Begründung des Berufungsgerichtes seine Rechtfertigung bereits darin, daß er nicht verjährt ist (SZ 61/143). Das wird in der Revision auch gar nicht in Frage gestellt. Behauptet wird jedoch, die Klägerin habe durch die monatliche Entgegennahme des Betrages von 5.900 S über einen längeren Zeitraum auf einen höheren Geldunterhalt verzichtet. Dem ist nicht zu folgen:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen beruhte die von den Streitteilen nach dem geschlossene und auf einen Unterhaltsbetrag von monatlich 5.900 S bezogene Vereinbarung darauf, daß die Klägerin damit das bekommen solle, „was ihr nach dem Gesetz zustehe“; von einem Verzicht auf Mehrleistungen im Falle einer höheren Leistungsfähigkeit des Beklagten war dabei nicht die Rede. Diese Tatsachen lassen aus den bereits vom Berufungsgericht dargestellten Gründen nicht die in der Revision angestrebte Auslegung zu. Die dort zitierte Entscheidung (SZ 54/83) stützt nicht die Ansicht der Beklagten, sondern jene des Berufungsgerichtes, ist der dieser Vorentscheidung zugrunde liegende Sachverhalt doch mit dem hier zu beurteilenden nicht vergleichbar.

Aus § 97 ABGB folgt, daß ein Ehegatte durch die Eheschließung ein Wohnrecht an der ihm nicht oder nicht allein gehörigen Wohnung, die der Befriedigung seines dringenden Wohnbedürfnisses dient, erwirbt; dieser Ehegatte soll in seinem Anliegen auf Sicherung seines Wohnbedürfnisses geschützt werden. § 97 ABGB begründet also dessen familienrechtlichen Anspruch auf Wohnungsbenützung (JBl 1988, 237; JBl 1987, 518). Dieses Recht besteht nach Ehescheidung bei rechtzeitiger Antragstellung im Aufteilungsanspruch gemäß §§ 81 ff EheG fort (4 Ob 510/94; EvBl 1993/161; JBl 1987, 518). Nach ständiger Rechtsprechung sind jedoch Aufwendungen, die der Unterhaltspflichtige lediglich deshalb erbringt, um die vom Unterhaltsberechtigten benützte Wohnung in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten, als Naturalunterhaltsleistungen anzusehen (4 Ob 510/94; EvBl 1993/161; RZ 1992/66). Zu diesen Wohnungsbenützungskosten gehören zB die Betriebskosten, Aufwendungen für Versicherungen (EvBl 1993/161; RZ 1992/66) sowie die Kosten für elektrische Energie, Gas und Heizung (RZ 1992/66). Trägt der Unterhaltspflichtige auch die sonstigen Wohnungskosten, vermindert sich dadurch der Geldanspruch des Unterhaltsberechtigten wegen der Deckung eines Teils seiner Lebensbedürfnisse (EvBl 1993/161; SZ 60/97), was auch dann gilt, wenn die Ehe rechtskräftig geschieden, aber das auch die Ehewohnung betreffende Aufteilungsverfahren noch nicht abgeschlossen ist; benützt daher - wie im vorliegenden Fall - nur ein geschiedener Ehegatte die vormalige Ehewohnung und leistet der andere die fälligen Kreditrückzahlungsraten allein, sind auch diese Zahlungen teilweise als Naturalunterhalt auf den Geldunterhaltsanspruch des in der Wohnung verbliebenen geschiedenen Ehegatten anzurechnen, was sodann im Aufteilungsverfahren zu berücksichtigen ist (EvBl 1993/161). Die von der Rechtsprechung als Naturalunterhalt anerkannten Leistungen waren demnach, wie das Berufungsgericht richtig darlegte, immer effektive Zahlungen des Unterhaltspflichtigen, die eine Voraussetzung dafür waren, daß dem Unterhaltsberechtigten die Wohnungsbenützung weiterhin ermöglicht wurde. Der Oberste Gerichtshof lehnte es aber schon wiederholt ab, dem eine Ehewohnung allein gebrauchenden Gatten ein Benützungsentgelt aufzuerlegen.

In der Entscheidung JBl 1988, 237 ging es um die Frage, ob die Witwe des Alleineigentümers eines Einfamilienhauses, in dem sich die Ehewohnung befand, für deren weiteren Gebrauch innerhalb eines bestimmten Zeitraumes ein Benützungsentgelt an die im Konkurs befindliche Verlassenschaft zu zahlen habe. Dazu wurde ausgesprochen, daß der familienrechtliche Anspruch der Witwe auf Benützung der Ehewohnung mit dem Tod des verfügungsberechtigten Ehegatten erloschen sei. Bestehe aber etwa eine Bittleihe nach dem Tod des Bittleihegebers bis zum Widerruf durch den Erben fort, müßten der Witwe, deren Rechtsstellung zu Lebzeiten ihres Mannes sogar stärker als die eines Prekaristen sei, zumindest die gleichen Rechte wie einem Prekaristen nach dem Tod des Bittleihegebers zukommen. Deshalb sei vom überlebenden Ehegatten ein Benützungsentgelt für die vormalige Ehewohnung nur dann zu bezahlen, wenn er diese auch nach dem Widerruf des Gebrauchsrechts weiter und nunmehr erst titellos benütze. Diese Entscheidung bringt also schlüssig auch zum Ausdruck, daß der auf einem familienrechtlichen Anspruch beruhende Gebrauch der Ehewohnung durch einen Gatten die Bezahlung eines Benützungsentgelts ausschließe.

In der Entscheidung 8 Ob 595/93 (teilweise veröffentlicht in: JUS 1994/1551) war ua zu klären, ob der fiktive Mietwert der einem Ehegatten unentgeltlich zur Verfügung stehenden, jedoch dem anderen Ehegatten und einem Dritten gehörenden Ehewohnung nach dem Auszug dieses Ehegatten auf den Geldunterhaltsanspruch des in der Wohnung verbleibenden Ehegatten anzurechnen sei. Der Oberste Gerichtshof verneinte das und sprach in diesem Zusammenhang auch aus, eine solche Maßnahme laufe dem Zweck des § 97 ABGB zuwider, „da die Klägerin eine während des Zusammenlebens in der Ehewohnung nicht bestandene Einschränkung ihres Unterhaltsanspruches hinnehmen müßte“. Auch in diesem Fall war demnach der familienrechtliche Anspruch auf den Wohnungsgebrauch mit ausschlaggebend dafür, daß die Anrechnung eines Benützungsentgelts auf den Geldunterhaltsanspruch des in der Ehewohnung verbliebenen Ehegatten abgelehnt wurde.

Die Grundgedanken dieser Entscheidungen sind auf den vorliegenden Fall deshalb anzuwenden, weil sich der familienrechtliche Anspruch eines geschiedenen Ehegatten auf Benützung der Ehewohnung in dessen Aufteilungsanspruch gemäß §§ 81 ff EheG fortsetzt. Die Anrechnung eines Benützungsentgelts für die vormalige Ehewohnung auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin scheidet also bereits wegen der dargestellten Gründe aus. Im übrigen ist hervorzuheben, daß die Klägerin nach den von den Vorinstanzen getroffenen Feststellungen alle Wohnungskosten selbst bezahlt und darunter selbst alle Darlehensrückzahlungsraten für die zur Hälfte im Miteigentum des Beklagten stehende Eigentumswohnung leistet. Ihre Aufwendungen dienen also in Ansehung der Hälfte der Darlehensrückzahlungsraten der Vermögensbildung für den Beklagten. Darin wäre aber selbst dann ein Äquivalent für den Wohnungsgebrauch durch die Klägerin zu sehen, wenn die vom Beklagten ins Treffen geführten Gründe nicht schon durch die obigen Ausführungen widerlegt wären; aus familienrechtlichen Gründen ginge es nämlich nicht an, den aus der vormaligen Ehewohnung ausgezogenen Beklagten zu Lasten seiner geschiedenen Ehegattin, die auf diese Wohnung zur Befriedigung ihres dringenden Wohnbedürfnisses angewiesen ist, einen nach marktwirtschaftlichen Kriterien berechneten Gewinn ziehen zu lassen.

In 4 Ob 510/94 sprach der Oberste Gerichtshof dagegen - anders als in den zuvor referierten Entscheidungen - aus, dem Unterhaltsberechtigten sei für die im Eigentum des Unterhaltspflichtigen stehende Ehewohnung „ein Benützungsentgelt als Naturalunterhalt angemessen anzurechnen, weil der Unterhaltsberechtigte durch die Benützung dieser Wohnung einen geringeren Unterhaltsbedarf hat und weil dem Unterhaltspflichtigen dadurch eigene (Miet-)Aufwendungen entstehen oder (Miet-)Einkünfte entgehen“; daß die Wohnung nicht zur Verfügung gestellt werde, „um den Unterhaltsanspruch (teilweise) in natura zu befriedigen, sondern daß der Unterhaltsberechtigte aufgrund seines im Aufteilungsanspruch fortdauernden Anspruches nach § 97 EheG berechtigt ist, die Wohnung zu benützen“, führe zu keiner anderen Beurteilung.

Dieser Auffassung vermag sich der erkennende Senat nicht anzuschließen. Sie läßt nämlich die auf die (vormalige) Ehewohnung bezogene familienrechtliche Bindung unbeachtet. Während die vom Unterhaltspflichtigen für die (vormalige) Ehewohnung erbrachten und von der Rechtsprechung auf den Geldunterhaltsanspruch des in der Wohnung verbliebenen (geschiedenen) Ehegatten als Naturalunterhalt angerechneten Zahlungen solche sind, die der Unterhaltsberechtigte mangels einer Leistung des Unterhaltspflichtigen selbst aufzuwenden hätte, um sich den weiteren Wohnungsgebrauch zu sichern, gelten diese Erwägungen nicht auch für das Benützungsentgelt aufgrund eines fiktiven Mietwerts dieser Wohnung. Solange nämlich deren familienrechtliche Bindung andauert, kann sich - entgegen der Ansicht des vierten Senats - gar nicht die Frage stellen, welche Einkünfte der Unterhaltspflichtige erzielen oder welche Mietaufwendungen er sich ersparen könnte, wäre er in der Lage, über die (vormalige) Ehewohnung zu verfügen. Die dort vertretene Ansicht des vierten Senats war übrigens auch für den Verfahrensausgang gar nicht maßgeblich: Dort hatte nämlich die die vormalige Ehewohnung im Haus des Beklagten bewohnende unterhaltsberechtigte Klägerin erklärt, daß sie gegen Räumung der Wohnung von Gegenständen des Beklagten und gegen Übergabe der Schlüssel bereit sei, sich ein Benützungsentgelt von 3.000 S (monatlich) anrechnen zu lassen und die Betriebskosten selbst zu tragen. Es lag also offenbar eine entsprechende Vereinbarung zwischen den geschiedenen Ehegatten vor.

Es ist daher nach der zutreffenden Ansicht des Berufungsgerichtes entgegen den Revisionsausführungen auf den Geldunterhaltsanspruch der Klägerin ein fiktiver Mietwert der ihr zur Verfügung stehenden vormaligen Ehewohnung auch insoweit nicht anzurechnen, als der Beklagte selbst Miteigentümer dieser Eigentumswohnung ist.

Die Revision meint, § 94 ABGB sei so zu verstehen, „daß der haushaltsführenden Ehefrau auch nach Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft, insbesondere auch nach Ehescheidung“, ein Unterhalt wie bei aufrechter Ehe zustehe; die Klägerin könne daher keinen geringeren, aber auch keinen höheren Unterhalt als den begehren, der ihr zustünde, wenn es nicht zur Aufhebung der häuslichen Gemeinschaft und zur Ehescheidung gekommen wäre. Selbst wenn man dem unter Heranziehung der Entscheidung JBl 1991, 714 [Ferrari-Hofmann-Wellenhof] folgte, wäre für den Beklagten nichts gewonnen, weil dem von den Vorinstanzen festgestellten Sachverhalt - entgegen der in der Revision vertretenen Ansicht - nicht zu entnehmen ist, die Streitteile seien während aufrechter Ehe übereingekommen, die Klägerin werde einer „Vollbeschäftigung“ nachgehen, sobald „die Kinder ein entsprechendes Alter erreicht“ hätten und „während des Tages nicht mehr der Betreuung der Mutter“ bedürften. Insoweit ist also die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt. Abgesehen davon hat die Klägerin als Unterhaltsberechtigte ihre Arbeitskraft nur insoweit für die Beschaffung des eigenen Unterhalts einzusetzen, als dies nach den Umständen des Einzelfalles zumutbar erscheint (ARD 4378/21/92). Die Klägerin übt aber ohnehin eine Berufstätigkeit aus. Berücksichtigt man, daß sie für zwei noch nicht erwachsene Kinder den Haushalt führt und diese in einer für deren weiteres Leben wichtigen Entwicklungsphase am Nachmittag nicht unbeaufsichtigt lassen will, wäre der Klägerin zur Entlastung des Unterhaltsschuldners auch gar keine längere als die nach einer unbekämpften Annahme des Berufungsgerichtes geleistete Arbeitszeit (30 Stunden wöchentlich) zumutbar. Es ist somit auch in diesem Punkt dessen Ansicht zu folgen, daß bei Ermittlung des Geldunterhaltsanspruchs der Klägerin nur das von ihr tatsächlich erzielte, nicht aber das von ihr im Falle einer Vollbeschäftigung erzielbare Nettoeinkommen in die Berechnung einzubeziehen ist.

Der in keinem Punkt berechtigten Revision ist demnach ein Erfolg zu versagen.

Nicht zu folgen vermag der erkennende Senat der Ansicht der Klägerin, das Rechtsmittel des Beklagten sei insoweit zurückzuweisen, als es eine „verdeckte außerordentliche Revision“ darstelle, habe doch das Berufungsgericht die Revision nur zur Klärung der Frage zugelassen, „ob gemäß § 72 EheG rückständiger Unterhalt bis zu einem Jahr vor Rechtshängigkeit auch ohne Verzug des Unterhaltsschuldners gefordert werden könne“. Abgesehen davon, daß die Zulassung auch damit begründet wurde, „ob und inwieweit eine vom Unterhaltsberechtigten bezogenen Wohnbeihilfe als Eigeneinkommen bei der Ermittlung von Ehegattenunterhalt zu berücksichtigen“ sei, beruhen die Ausführungen der Revisionsbeantwortung auf einem grundsätzlichen Mißverständnis der Rechtslage. Der Revisionswerber kann nämlich gemäß §§ 502 Abs 1 und 503 ZPO in der Fassung der Erweiterten Wertgrenzen-Novelle 1989 nicht bloß die vom Berufungsgericht im Sinne dieser Gesetzesbestimmung als erheblich angesehene Rechtsfrage geltend machen, sondern unabhängig davon auch alle anderen Revisionsgründe, die seiner Ansicht nach gegen die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung sprechen. Durch diese Gesetzesänderung (Art X Z 25 lit b WGN 1989) kam es nämlich zum Entfall des erst durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 eingefügten Abs 2 des § 503 ZPO (Petrasch in ÖJZ 1989,743,747 Fasching, Handbuch2 Rz 1904; Rechberger/Simotta, Grundriß des österreichischen Zivilprozeßrechts4 Rz 856). Der Oberste Gerichtshof hat bei Geltendmachung und gesetzmäßiger Ausführung des Revisionsgrundes des § 503 Z 4 ZPO sogar die Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung ohne Beschränkung auf die vom Rechtsmittelwerber geltend gemachten Gründe zu prüfen (Kodek in Rechberger, Kommentar zur ZPO Rz 5 zu § 503 mwN).

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens stützt sich auf §§ 41 und 50 ZPO. Der Zuspruch an die Klägerin ergab sich aus der Differenz der Kosten der beiden Revisionsbeantwortungen.