OGH vom 20.03.2007, 5Ob26/07w
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Dr. E. Solé als weitere Richter in der außerstreitigen Wohnrechtssache der Antragsteller 1. Milena T 2. Athansia T 3. Dr. Ulrike M*****, alle vertreten durch Dr. Michael Ambrosch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Antragsgegner 1. Josef S 2. Birgit H*****, 3. Brigitte B*****, 4. B ***** GmbH, ***** 5. Peter K*****, 6. Mag. Christine T 7. Tanja R*****, 8. Dipl. Ing. Martin F*****, 9. Ina K*****, 10. M***** GmbH, ***** 11. Dr. Gerhard S 12. Martina M*****, 13. Mag. Walter B*****, 14. Margot B*****, ebendort, Erst- bis Viert- sowie Sechst- bis Vierzehntantragsgegner vertreten durch Höhne, In der Maur & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen § 52 Abs 1 Z 5 WEG iVm § 24 Abs 6 WEG, über den ordentlichen Revisionsrekurs der Erst- bis Viert- und Sechst- bis Vierzehntantragsgegner gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 38 R 139/06g-16, womit der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 47 Msch 21/06y-11, aufgehoben wurde, den Sachbeschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung:
Die Antragsteller und Antragsgegner sind die Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft *****.
Die Antragsteller repräsentieren insgesamt 24,37 % der Miteigentumsanteile.
Auf der Liegenschaft sind zwei Gebäude errichtet, ein Vorder- und ein Hintertrakt, an welchen gemeinsam Wohnungseigentum begründet ist. Aufgrund einer durchgeführten Aufstockung des Hintertrakts kam es zu massiven Setzungsschäden, die im Februar 2005 an den Außenwänden des Hofquertrakts durch vertikale und horizontale Rissbildungen sichtbar wurden. Fensterpfeiler weisen starke Schäden durch Pressungen auf, wodurch die Standfestigkeit und Tragfähigkeit des Gebäudes nicht gewährleistet ist. Es besteht Einsturzgefahr. Wegen Gefahr im Verzug wurde von der MA 37 zur Zahl MA 37/6-Barnabitengasse 10/06286-1/2005 am ein Bescheid erlassen, der wegen Gefahr im Verzug die Evakuierung des einsturzgefährdeten Traktes sowie der nur über das gefährdete Stiegenhaus der Stiege 2 erreichbaren Bestandeinheiten und die Absperrung des Hofbereiches anordnete. Weiters wurden bestimmte Sicherungsmaßnahmen aufgetragen und die Untersuchung des Gebäudes auf seine Standsicherheit durch einen Sachverständigen befohlen. Dazu wurde noch der Auftrag erteilt, den Sachverständigenbefund mit einem nachvollziehbaren Sanierungskonzept samt zugehöriger statischer Berechnung der Baubehörde vorzulegen.
Im Verfahren 49 Msch 12/05p des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien bekämpften die Antragsteller einen Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer, womit ein Sachverständiger mit der Sanierungsplanung beauftragt wurde. Ihre Anfechtung wurde mit der Begründung abgewiesen, der Mehrheitsbeschluss betreffe eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung. Formelle Mängel hätten die dortigen Antragsteller nicht geltend gemacht.
Auf Basis dieses Mehrheitsbeschlusses beauftragte die Eigentümergemeinschaft den Sachverständigen Dipl. Ing. Tatzber mit einer Ausschreibung der Sanierungsarbeiten, wobei den Bietern freigestellt wurde, eine alternative Variante zum ausgeschriebenen Konzept anzubieten. Im Zug dieser Ausschreibung bot die Firma Alpine Mayreder Bau GesmbH die kostengünstigste Sanierungsvariante an, zu der auch die Zustimmung der MA 37 eingeholt wurde.
Die voraussichtlichen Kosten für diese Sanierungsarbeiten betragen EUR 995.096 zuzüglich USt. Unter Hinzurechnung der Sanierung weiterer Baumängel in den Bereichen Erdgeschoß bis zweites Obergeschoß inklusive top 19 und notwendiger Nebenleistungen ergibt sich eine Gesamtsumme von EUR 1,387.577 zuzüglich USt, sodass ein Gesamtfinanzierungserfordernis von EUR 1,632.125,87 besteht. Von den Wohnungseigentümern wurde in der Folge ein Umlaufbeschluss mit einer Mehrheit von 64,83 % über die Beauftragung der Sanierungsarbeiten gefasst, dies inklusive eines Reservepotenzials von 5 % (dafür stimmten 61,64 %), und zwar unter vorzeitiger Beauftragung der Firma Mayreder Bau GesmbH im Sinne deren Anbots vom .
Der Umlaufbeschluss wurde mit Schreiben vom per kundgemacht.
Vom Gesamtfinanzierungserfordernis ist bisher ein Betrag von EUR 1,117.682 bei der Hausverwaltung hinterlegt bzw durch Bankgarantien sichergestellt. Keine Zahlungen geleistet bzw in Aussicht gestellt haben nur die Antragsteller.
Die Wohnungseigentumsobjekte der Antragsteller befinden sich sämtliche im nicht sanierungsbedürftigen Vordertrakt. Mit dem am beim Erstgericht überreichten verfahrenseinleitenden Antrag begehrten die Antragsteller, die Unwirksamkeit des Mehrheitsbeschlusses der Wohnungseigentümer in seinen Punkten 1 bis 5, 6 und 7 festzustellen, diesen Beschluss aufzuheben und gemäß § 29 Abs 2 WEG 2002 zu beseitigen. Für den Fall der Nichtaufhebung des Beschlusses wurde das Eventualbegehren gestellt, auszusprechen, dass die Veränderung nur gegen Entrichtung einer ziffernmäßig festzusetzenden angemessenen Entschädigung durchgeführt werden dürfe, und zwar für die Erstantragstellerin in Höhe von EUR 275.905,81, für die Zweitantragstellerin in Höhe von EUR 61.441,91 und für die Drittantragstellerin in Höhe von EUR 68.269,79. Im Wesentlichen bestritten die Antragsteller, dass es sich bei den mit einfacher Mehrheit beschlossenen Sanierungsarbeiten um Erhaltungsarbeiten im Sinn des WEG 2002 handle. Die Arbeiten gingen über den Rahmen der Durchführung von Erhaltungsarbeiten bei weitem hinaus und seien insbesondere nicht mehr wirtschaftlich. Der von ihnen zu tragende Sanierungsaufwand übersteige teilweise den für ihre Objekte entrichteten Kaufpreis bzw betrage einen erheblichen Teil desselben, was wirtschaftlich betrachtet einer völligen Entwertung ihrer Wohnungseigentumsobjekte gleichkomme. Die exorbitant hohen Kosten der Sanierung und der Umfang der Sanierungsmaßnahmen rechtfertigten es nicht, von einer Maßnahme der ordentlichen Verwaltung auszugehen, vielmehr handle es sich um Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung. Das Gericht habe den gefassten Mehrheitsbeschluss aufzuheben, weil die Kosten nicht aus der Rücklage gedeckt werden könnten und die Umsetzung des Beschlusses die Antragsteller übermäßig beeinträchtigen würde.
Die Arbeiten seien auch nicht privilegierte Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG. Ein Auftrag der Baubehörde zur Durchführung der Arbeiten liege nicht vor.
Insgesamt seien die Kosten der Sanierungsarbeiten derart hoch, dass die Finanzierung derzeit nicht durchführbar sei. Den Antragstellern sei auch deren Finanzierung nicht zumutbar, weil sie mit besonderen Finanzierungsproblemen verbunden sei.
Wirtschaftlich gesehen wäre ein Abbruch des Hintertrakts vorteilhafter, wobei die vom Abbruch betroffenen Wohnungseigentümer durch die geltend zu machenden umfangreichen Schadenersatzansprüche abgefunden werden könnten. Der Mangel, der die gänzliche Wiederherstellung nicht mehr benützbarer Teile der Liegenschaft betreffe, sei mit wirtschaftlich vernünftigen Mitteln nicht mehr behebbar.
Die Finanzierung der Maßnahmen sei keineswegs gesichert, ausschließlich ein Anteil von 33 % des Gesamtbetrages könne laut Auskunft der Hausverwaltung finanziert werden.
Sie selbst würden die Finanzierung über Kredite vornehmen, die jedenfalls pfandrechtlich sichergestellt würden.
Die Antragsgegner bestritten das Vorbringen und beantragten Abweisung des Antrags. Es handle sich bei den beschlossenen Sanierungsarbeiten um Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 28 WEG. Die Arbeiten beträfen die ordnungsgemäße Erhaltung allgemeiner Teile der Liegenschaft. Jedenfalls stellten die durchzuführenden Arbeiten privilegierte Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG dar, weil es sich um Arbeiten handle, die kraft eines öffentlich-rechtlichen Auftrags vorzunehmen seien und der Behebung von Baugebrechen dienten, die die Sicherheit von Personen und Sachen gefährdeten, weshalb diese Maßnahmen jedenfalls durchzuführen seien. Die beschlossene Sanierungsvariante sei mit der Baubehörde abgesprochen, erfülle deren Auflagen und Vorgaben und stelle für die Eigentümergemeinschaft die kostengünstigste Variante dar. Zum Einwand der Unwirtschaftlichkeit brachten die Antragsgegner vor, dass der Verkehrswert der den Antragstellern gehörenden Liegenschaftsanteile den Sanierungsaufwand jedenfalls übersteige. Auf die Höhe der von den Antragstellerinnen geleisteten Kaufpreise komme es für die Frage der Wirtschaftlichkeit der durchzuführenden Erhaltungsmaßnahmen nicht an. Zu berücksichtigen sei auch noch, dass der Eigentümergemeinschaft umfangreiche Schadenersatzansprüche gegenüber verschiedenen Bauunternehmen zustünden und sich jedenfalls der insgesamt zu tragende Erhaltungsaufwand dadurch reduzieren würde. Unrichtig sei die Behauptung, dass eine Finanzierung der beschlossenen Arbeiten unmöglich sei. Es sei bereits ein Finanzierungsbetrag von EUR 1,394.754,05 gesichert. Im Übrigen lägen auch Gründe, die eine Beschlussfassung nach § 29 WEG hinderten, nicht vor. Es handle sich nicht um eine Veränderung oder Verbesserung der Liegenschaft, sondern um Erhaltungsmaßnahmen, die jedenfalls auch im Interesse der Erhaltung der Substanz des Eigentums aller Miteigentümer lägen.
Ausgehend vom oben wiedergegebenen Sachverhalt wies das Erstgericht den den Mehrheitsbeschluss der Antragsgegner bekämpfenden Antrag ab.
§ 28 Abs 1 Z 1 WEG zähle zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung die ordnungsgemäße Erhaltung der gemeinsamen Teile und Anlagen der Liegenschaft im Sinn des § 3 MRG einschließlich der baulichen Veränderungen, die über den Erhaltungszweck nicht hinausgingen und die Behebung ernster Schäden des Hauses in einem Wohnungseigentumsobjekt beträfen. Nach dem dynamischen Erhaltungsbegriff des § 3 Abs 1 MRG (Erhaltung im jeweils ortsüblichen Standard) gehörten auch zweckmäßige und wirtschaftlich gebotene Erneuerungsarbeiten zur Erhaltung und damit zur ordentlichen Verwaltung, selbst wenn es sich dabei um eine vollständige Erneuerung oder sogar Veränderungen handle.
Die von der Mehrheit beschlossenen Sanierungsmaßnahmen seien ungeachtet des zu erwartenden Sanierungsaufwands daher als Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung zu qualifizieren. Zu Verbesserungen komme es durch die geplanten Sanierungsarbeiten nicht. Daher sei eine Anfechtung des Mehrheitsbeschlusses im Rahmen der ordentlichen Verwaltung nur wegen Rechtsunwirksamkeit des Beschlusses infolge formeller Mängel, Gesetzwidrigkeit oder Fehlens der erforderlichen Mehrheit möglich. Derartiges hätten die Antragsteller nicht behauptet. Ob eine beschlossene Maßnahme wirtschaftlich sei oder nicht, sei im Bereich der ordentlichen Verwaltung nicht zu überprüfen.
Schon das habe zur Abweisung des Antrags zu führen. Selbst wenn man aber zur Ansicht käme, es liege eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung vor, sei der Widerspruch der Antragstellerinnen gegen den Mehrheitsbeschluss nicht berechtigt. Sie seien durch die geplanten Maßnahmen nicht übermäßig beeinträchtigt, weshalb die begehrte Entschädigung nach § 29 Abs 4 WEG nicht in Betracht komme.
Der Einwand der Unwirtschaftlichkeit der geplanten Sanierungsarbeiten scheitere daran, dass keine konkreten Behauptungen über günstigere Sanierungsmaßnahmen aufgestellt worden seien. Insbesondere hätten die Antragstellerinnen nicht behauptet, dass der Gesamtabbruch des Hintertrakts unter gleichzeitiger Neuerrichtung desselben wirtschaftlich günstiger für die Gemeinschaft wäre als die beschlossenen Sanierungsmaßnahmen. Bloß ein Abbruch des betroffenen Hintertraktes komme deshalb nicht in Betracht, weil nicht geklärt sei, in welcher Art und Weise jene Wohnungseigentümer entschädigt würden, die dadurch ihrer Wohnungseigentumsobjekte verlustig gingen. Auf das Verhältnis des Verkehrswerts der Wohnungen der Antragstellerinnen zu den Sanierungskosten komme es nicht entscheidend an.
Einem dagegen von den Antragstellerinnen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge; es hob den angefochtenen Sachbeschluss auf und verwies die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurück.
Im Ergebnis teilte das Rekursgericht die Rechtsansicht der Antragstellerinnen, dass die beschlossenen Maßnahmen im Hinblick auf die damit verbundenen enormen Kosten das Ausmaß der in § 28 Abs 1 WEG geregelten Erhaltung und damit der ordentlichen Verwaltung sprengten. Das Wesen einer Angelegenheit der ordentlichen Verwaltung bestehe nämlich darin, dass es sich um eine dem Zweck der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienende Verfügung handle, die sich im gewöhnlichen Lauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweise, dem Interesse aller Miteigentümer diene und keine besonderen Kosten verursache. Bei der Abgrenzung zwischen ordentlichen und außerordentlichen Verwaltungsmaßnahmen seien auch wirtschaftliche Aspekte maßgeblich. Zwar sei nach der Rechtsprechung in der Frage des Kostenaufwands, der den Rahmen der ordentlichen Verwaltung nicht überschreiten dürfe, kein allzu strenger Maßstab anzulegen, doch liege jedenfalls bei extrem hohen Kosten und besonderen Finanzierungsproblemen eine Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung vor (wobl 2005/15). Im gegenständlichen Fall seien Sanierungskosten von EUR 1,4 Mio netto zu erwarten, die unstrittig in der Rücklage keine Deckung fänden. Die Liegenschaft verfüge nur über eine relativ geringe Anzahl von Wohnungseigentumsobjekten, nämlich 26 Objekte, auf welche der Sanierungsaufwand aufgeteilt werden müsse. Damit stellten sich die Kosten als extrem hoch dar. Zu berücksichtigen sei allerdings, dass sowohl die Antragsteller als auch die Antragsgegner davon ausgingen, dass der Eigentümergemeinschaft umfangreiche Schadenersatzansprüche gegen verschiedene Bauunternehmen und Sachverständige zustünden, weil der nun bestehende Baumangel durch mangelhafte Bauführung bzw mangelhafte Gutachtenserstellung und Planung verursacht worden sei. Sollte diese Annahme zutreffen und sollten die Wohnungseigentümer dementsprechend nicht mit dem gesamten Sanierungsaufwand wirtschaftlich belastet werden, so könnte es sich doch um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung handeln. Diese Frage sei noch klärungsbedürftig. Im fortgesetzten Verfahren werde daher mit den Parteien zu erörtern und danach festzustellen sein, ob es Deckungszusagen von Versicherungen gebe, ob Schadenersatzverpflichtungen anerkannt oder bestritten worden seien und mit welchen Schadenersatzleistungen überhaupt zu rechnen sei. Erst danach werde sich beurteilen lassen, ob wegen des tatsächlich zu erwartenden Kostenaufwands die beschlossenen Sanierungsmaßnahmen solche er ordentlichen oder der außerordentlichen Verwaltung seien. Eine wichtige Veränderung, die § 834 ABGB zu unterstellen sei und daher de-facto der Einstimmigkeit der Wohnungseigentümer bedürfte, verneinte das Rekursgericht.
Im Weiteren führte das Rekursgericht aus:
Gemäß § 29 Abs 3 WEG habe eine Aufhebung eines Mehrheitsbeschlusses aus dem Grund des Abs 2 Z 2 nicht stattzufinden, wenn der nicht gedeckte Kostenanteil von der beschließenden Mehrheit getragen werde oder aber wenn es sich um eine Verbesserung handle, die auch unter Berücksichtigung der fehlenden Kostendeckung in der Rücklage allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereiche. Es sei also möglich, dass eine Maßnahme zwar zum Vorteil aller Wohnungseigentümer sei, zugleich aber einen oder mehrere von ihnen übermäßig beeinträchtige. Eine solche übermäßige Beeinträchtigung der Antragsteller könne auch darin gelegen sein, dass sie als überstimmte Miteigentümer zur Aufnahme eines „namhaften Kapitalaufwands" verpflichtet werden könnten. In diesem Zusammenhang hätten die Antragsteller bisher nicht geprüftes Vorbringen erstattet, nämlich dass der von ihnen zu leistende Anteil den Verkehrswert ihrer Wohnungseigentumsobjekte zum Teil sogar übersteige. Das werde im fortgesetzten Verfahren auch noch zu prüfen sein. Der Einwand der Antragsgegner, gegen die Erzwingung von jedenfalls durchzuführenden Erhaltungsarbeiten im Sinn des § 3 Abs 2 lit a MRG stünde dem Vermieter praktisch keine Einwendung zu, insbesondere nicht die der Unwirtschaftlichkeit, sei hingegen nicht zielführend. Dieser Grundsatz sei auf das Vertragsverhältnis zwischen Wohnungseigentümern nicht anwendbar. Anders als der Vermieter sei nämlich ein Wohnungseigentümer gegenüber dem anderen Wohnungseigentümer nicht zur Erhaltung verpflichtet.
Im Zusammenhang mit der übermäßigen Beeinträchtigung der Antragsteller werde im fortgesetzten Verfahren auch noch zu erörtern sein, ob sie ihre Zustimmung zur Aufstockung des Hintertrakts gegeben hätten und wer wirtschaftlicher Nutznießer dieser Aufstockung wäre. Das Rekursgericht erklärte den Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 1 und § 64 Abs 1 AußStrG für zulässig, weil noch keine gefestigte Judikatur des Höchstgerichts zur Frage vorliege, ob Erhaltungsarbeiten, die einen besonderen Kostenaufwand verursachten, eine dem § 834 ABGB zu unterstellende Angelegenheit sei oder ob solche Maßnahmen unter § 29 Abs 1 WEG zu subsumieren seien. Auch fehle Rechtsprechung zur Frage, ob bei übermäßiger Beeinträchtigung einzelner Wohnungseigentümer durch einen besonders hohen Kostenaufwand Mehrheitsbeschlüsse über dringend notwendige Erhaltungsarbeiten gemäß § 29 Abs 2 WEG aufzuheben seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Erst- bis Viert- sowie Sechst- bis Vierzehntantragsgegner mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Beschlusses im Sinne einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Sachbeschlusses. Die Antragsteller beantragen in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, den Revisionsrekurs der Antragsgegner zurückzuweisen, in eventu ihm nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Antragsgegner ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig.
Er ist jedoch nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass § 30 Abs 1 Z 1 WEG den Wohnungseigentümer, dessen Wohnungseigentumsobjekt beschädigt oder zerstört ist, grundsätzlich berechtigt, von den übrigen Wohnungseigentümern die Wiederherstellung seines Wohnungseigentumsobjekts zu verlangen. Nur eine dauernde rechtliche oder tatsächliche Unmöglichkeit der Wiederherstellung lässt das Wohnungseigentum erlöschen (vgl Würth/Zingher/Kovanyi Miet- und WohnR21 Rz 3 f zu § 35 WEG mwN). Das gilt jedenfalls dann, wenn der Wiederaufbau noch als Erhaltungsmaßnahme angesehen werden kann, was zu bejahen ist, wenn der Wert der Gesamtliegenschaft im Verhältnis zu den Kosten des Aufwandes dies wirtschaftlich vertretbar erscheinen lässt (5 Ob 43/95 = wobl 1997/74; T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht Rz 5 zu § 35 WEG). Ist das zu bejahen, kann die Wiederherstellung eines wie hier einsturzgefährdeten Gebäudetrakts eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung darstellen, die die Minderheit an einen gültig zustande gekommenen Mehrheitsbeschluss bindet (wobl 1997/74). Die Beurteilung, ob es sich im Einzelfall um eine Maßnahme der ordentlichen Verwaltung handelt, hängt also nicht allein davon ab, mit welchen Kosten die Maßnahme verbunden ist; die Notwendigkeit, ernste Schäden des Hauses zu beheben, relativiert den Kostenfaktor (vgl Call zu 5 Ob 142/01w = wobl 2001/212). Die dringend notwendige Wiederherstellung des beschädigten Gebäudes kann also dann, wenn die „wirtschaftliche Wiederherstellbarkeit" zu bejahen ist, als Erhaltungsmaßnahme im Sinn des § 28 Abs 1 Z 1 WEG iVm § 3 MRG verstanden werden. „Erhaltung" bedeutet die Bewahrung des Bestehenden, des Bestandes des Hauses (vgl Würth in Rummel² Rz 4a zu § 14 WEG 1975; H. Löcker aaO Rz 49 zu § 28 WEG). Zur Erhaltung zählt alles, was vernünftigerweise dazu dient, die Substanz zu wahren (Faistenberger/Barta/Call N 51 zu § 14 WEG 1975; LGZ Wien MietSlg 38.634; H. Löcker aaO). Reparaturen der Gemeinschaftssubstanz fallen grundsätzlich ohne Rücksicht auf die Höhe der Kosten (LGZ Wien MietSlg 36.617) unter den wohnungseigentumsrechtlichen Erhaltungsbegriff. In diesem Zusammenhang ist der Ansicht H. Löckers zu folgen, dass die von Lehre und Rechtsprechung zur ordentlichen Verwaltung nach § 833 ABGB entwickelten Grundsätze für die Definition der ordentlichen Verwaltungsmaßnahmen nach § 28 Abs 1 Z 1 WEG nur bedingt anwendbar sind. Nach § 833 ABGB wären Maßnahmen der ordentlichen Verwaltung nur jene, die dem Zweck der Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes dienen, sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, im Wesentlichen dem Interesse aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten erfordern (vgl H. Löcker aaO Rz 40, 49 zu § 28 WEG). Unter bestimmten Voraussetzungen sind allerdings an sich der ordentlichen Verwaltung zuzurechnende Erhaltungsarbeiten, die an außergewöhnliche Bedingungen geknüpft sind bzw mit außergewöhnlichen Maßnahmen einhergehen, nicht zur ordentlichen Verwaltung gezählt, sondern als Maßnahmen der außerordentlichen Verwaltung behandelt worden (vgl etwa 5 Ob 255/03s = MietSlg 56/9, wo eine Fassadensanierung im angefochtenen Mehrheitsbeschluss mit einer Rückerstattung von Investitionskosten an einzelne Wohnungseigentümer verknüpft wurde; 5 Ob 41/05y = wobl 2006/10 [Call] ua).
Wiederholt wurde auch schon ausgesprochen, dass für die Abgrenzung
der ordentlichen von der außerordentlichen Verwaltung auch die
Kostenhöhe maßgeblich sei; bei außergewöhnlich hohen Kosten oder auch
bei Finanzierungsproblemen sei daher eine an sich der ordentlichen
Verwaltung zuzuordnende Maßnahme als Angelegenheit der
außerordentlichen Verwaltung zu qualifizieren (5 Ob 142/01w = wobl
2001/212 [Call]; 5 Ob 255/03s; 5 Ob 301/01b = bbl 2002/96; vgl auch 5
Ob 1102/92 = wobl 1993/73 [Call]).
Dieses Kriterium ist aber im vorliegenden Fall anbetrachts des Wiederherstellungsanspruchs jener Wohnungseigentümer, deren Objekte infolge Einsturzgefahr des Hoftrakts nicht mehr bewohnbar sind, nicht tragfähig. Die Einsturzgefährdung des Hoftrakts der Liegenschaft relativiert die Bedeutung des Sanierungsaufwands im Hinblick auf den Erhaltungsbegriff des § 28 Abs 1 Z 1 iVm § 3 Abs 3 Z 2 lit b MRG. Arbeiten, die der Behebung von Baugebrechen, die die Sicherheit von Personen oder Sachen gefährden, dienen, sind als privilegierte Arbeiten grundsätzlich auch im Anwendungsbereich des § 28 Abs 1 Z 1 WEG unabhängig von der Höhe der damit verbundenen Kosten durchzuführen. Nur dann, wenn, wie oben ausgeführt, die Maßnahme nicht mehr als Erhaltungsmaßnahme qualifiziert werden kann, weil die Kosten des Aufwands im Verhältnis zum Wert der Gesamtliegenschaft wirtschaftlich unvertretbar sind, liegt keine Instandhaltungspflicht nach § 30 Abs 1 Z 1 bzw § 28 Abs 1 Z 1 mehr vor, was im konkreten Fall zum rechtlichen Untergang des Wohnungseigentums führen könnte. Für den Fall des Unterbleibens von Sanierungsmaßnahmen müssten dann aber die Eigentümer unbewohnbar gewordener Objekte abgefunden werden. Wenngleich über diese Konsequenz im Verfahren über eine Beschlussanfechtung nicht unmittelbar abzusprechen ist (vgl 5 Ob 109/03w = SZ 2003/157), muss der gemäß § 10 Abs 3 WEG gebührende Wertausgleich wirtschaftlich schon hier als Kostenfaktor berücksichtigt werden. Auch die Abbruchkosten wären in die Kalkulation einzubeziehen.
Im Ergebnis zu Recht hat daher das Berufungsgericht dem Erstgericht aufgetragen, die Kosten der beschlossenen Sanierungsmaßnahmen zu prüfen, wobei natürlich zu beachten ist, inwieweit die Wiederherstellungskosten durch eine zu erwartende Versicherungsleistung gedeckt sind. Es ist aber auch dem Einwand der Antragsteller nachzugehen, die Wiederherstellung des Hoftrakts sei unwirtschaftlich und dahin zu prüfen, ob die Wiederherstellungskosten (allenfalls vermindert durch Versicherungsleistungen) im Verhältnis zum Wert des Hoftrakts der Liegenschaft wirtschaftlich vertretbar sind.
Hier hat auch die wirtschaftliche Überlegung einzufließen, dass bei Unterlassung der Sanierung des Hoftrakts jene Wohnungseigentümer zu entschädigen sind, die ihrer Wohnungseigentumsobjekte verlustig gehen; darüber hinaus sind die Abbruchskosten in die wirtschaftliche Überlegung zu berücksichtigen.
Erst nach Anstellung einer Wirtschaftlichkeitsprüfung lässt sich beurteilen, ob die Wiederherstellungsmaßnahmen am Hoftrakt, die Gegenstand der bekämpften Beschlussfassung waren, der ordentlichen Verwaltung nach § 28 Abs 1 WEG zuzuordnen sind und daher die Antragsteller als Minderheit an den gültig zustande gekommenen Mehrheitsbeschluss gebunden sind (wobl 1997/74).
Sollte diese Wirtschaftlichkeitsrechnung allerdings gegen die beabsichtigte Sanierungsmaßnahme sprechen, hätte das Erstgericht den Mehrheitsbeschluss ohne weiteres Verfahren aufzuheben, weil sich diesfalls schon jetzt beurteilen lässt, dass die Maßnahme keineswegs allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht (§ 29 Abs 3).
Dann erübrigt sich auch eine Auseinandersetzung mit den Bestimmungen der §§ 834 f ABGB, weil für die Durchführung einer unwirtschaftlichen Maßnahme die Einstimmigkeit sämtlicher Wohnungseigentümer vorliegen müsste und die Ersetzung der fehlenden Zustimmung der Antragsteller durch das Gericht nicht erlangt werden könnte.
Im Ergebnis war daher dem Revisionsrekurs der Erfolg zu versagen. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 78 AußStrG.