OGH 03.04.2001, 4Ob59/01g
Rechtssätze
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Norm | ABGB §1409 Ea |
RS0114968 | Als haftungsbegründend kann es bei Schadenersatzforderungen nicht genügen, dass der Übernehmer nur ganz allgemein auf Grund der Lebenserfahrung damit rechnen muss, es könnten (aufgrund der Art des übernommenen Unternehmens und der mit dessen Betrieb gewöhnlich verbundenen Risiken) im Zeitpunkt der Übernahme Ansprüche gegen den Betriebsinhaber bestehen; zu verlangen ist vielmehr die Kenntnis (oder fahrlässige Unkenntnis) des anspruchsbegründenden Sachverhalts in seinen Grundzügen, der Person des Geschädigten und des Umstands, dass diese ihr angeblich zustehende Ansprüche geltend macht. |
Norm | |
RS0114969 | Klärt Rechtsnachfolger den Vertragspartner des Vorgängers nicht über den eingetretenen Wechsel in der Person des Rechtsträgers auf, sodass Ansprüche des Vertragspartners gegen den Rechtsvorgänger verjähren, hat er sich, um den Schaden zu ersetzen, so behandeln zu lassen, als wäre er der für die Ansprüche des Klägers zuständige Rechtsträger. |
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann Ö*****, vertreten durch Dr. Karl G. Aschaber und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, Nebenintervenient auf Seite der klagenden Partei Dr. Lucas L*****, vertreten durch Dr. Christian Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. T***** Gesellschaft m.b.H., ***** 2. Land T*****, 3. Univ. Doz. Dr. Gerhard K*****, alle vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 5,642.760 S sA und Feststellung (Streitwert 1 S), über die Revision der erstbeklagten Partei und die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 220/00p-105, womit infolge Berufung der klagenden Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 15 Cg 117/96z-94, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:
Spruch
Die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Revision der erstbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.
Der in der Revision enthaltene Rekurs gegen den aufhebenden Teil der angefochtenen Entscheidung wird zurückgewiesen.
Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 35.260,45 S (darin 5.876,74 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger leidet seit seinem 6. Lebensjahr an Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit), die mit Insulin behandelt wird. Am bemerkte der Kläger im Zuge von Bauarbeiten an seinem Haus, dass sich sein Sehvermögen an beiden Augen plötzlich massiv verschlechterte. Noch am gleichen Tag fuhr er zur Untersuchung in das Allgemeine öffentliche Krankenhaus (Universitätskliniken) I***** (in der Folge: Krankenanstalt), wo ihm gesagt wurde, er solle sich am bei einem Spezialisten, dem Drittbeklagten, vorstellen. Rechtsträger der Krankenanstalt war bis Ende 1990 das zweitbeklagte Bundesland, danach die Erstbeklagte.
Der Drittbeklagte untersuchte den Kläger am , wobei er feststellte, dass der Kläger Glaskörperblutungen in beiden Augen erlitten hatte, die auf eine proliferative diabetische Retinopathie beider Augen zurückzuführen waren. Das Sehvermögen des Klägers hatte sich vom 25. 10. bis zum wieder leicht gebessert. Dessen ungeachtet lag beim Kläger eine schwerste Netzhauterkrankung beider Augen vor. Aus diesem Grund teilte der Drittbeklagte dem Kläger mit, dass man umgehend mit einer Laserbehandlung beginnen müsse; wenn man nichts unternehme, so werde er erblinden. Das Sehvermögen des Klägers betrug zu diesem Zeitpunkt zwischen 0,4 bis 0,25 beidseits. Über irgendwelche Risken der Laserbehandlung wurde zwischen dem Kläger und dem Drittbeklagten nicht gesprochen. Bis März 1990 nahm der Drittbeklagte zwei- bis dreimal wöchentlich Laserbehandlungen an der Netzhaut beider Augen des Klägers vor. Im März 1990 betrug die Sehschärfe 0,5 auf beiden Augen. Die Entscheidung, eine Laserbehandlung durchzuführen, war richtig. Die Laserbehandlungen haben zu keinen nachteiligen Ergebnissen oder Komplikationen beim Kläger geführt. Die Laserbehandlung wurde vom Drittbeklagten entsprechend dem Stand der Medizin durchgeführt. Trotz der kunstgerecht vorgenommenen Laserbehandlungen kam es beim Kläger zu einem Fortschreiten der Retinopathie. Im März 1990 schlug der Drittbeklagte dem Kläger daher die Durchführung einer Operation zunächst am rechten Auge vor; er teilte dem Kläger mit, dass die Gefahr bestehe, dass es zu einer kompletten Netzhautabhebung komme. Über die mit der in Aussicht genommenen Operation verbundenen Risken klärte der Drittbeklagte den Kläger weder vor der ersten noch vor den fünf weiteren folgenden Operationen auf. Ob der Drittbeklagte zum Kläger vor der vierten Operation sagte, es bestünde das Risiko, dass am linken Auge derselbe Zustand eintrete wie am rechten Auge, kann nicht festgestellt werden.
Der Zeitpunkt der ersten Operation wurde vom Drittbeklagten richtig gewählt. Zum Zeitpunkt dieser ersten Operation im März 1990 betrug die Sehschärfe des Klägers auf beiden Augen ca 50 %, was bedeutet, dass man normale Schreibmaschinenschrift gut lesen kann und sich im täglichen Leben gut zurecht findet; man kann mit dieser Sehschärfe die meisten Berufe ausüben. Am führte der Drittbeklagte die Vitrektomie mit Laserkoagulation und Luftauffüllung durch. Bei dieser Operation ging es darum, die Membranen, die sich auf der Netzhaut gebildet hatten, zu entfernen und den Glaskörper samt der Einblutung zu ersetzen. Diese Operation wurde vom Drittbeklagten fehlerfrei durchgeführt. Dennoch kam es schicksalhaft zu erheblichen Netzhautverletzungen. Dabei handelt es sich um eines der typischen Risken der Operation. Selbst bei perfekter Operationsdurchführung kann das Risiko von Netzhautablösungen nicht ausgeschlossen werden. Allein aus dem Auftreten von Netzhautdefekten kann bei einer derartigen Operation nicht auf einen Behandlungsfehler geschlossen werden. Unmittelbar nach dieser Operation war das Sehvermögen beim Kläger stark herabgesetzt, besserte sich im weiteren Verkauf aber wieder auf 0,5. Am wurde eine Netzhautablösung mit Netzhautrissen am rechten Auge festgestellt. Noch am selben Tag führte der Drittbeklagte eine Operation durch, wobei es ihm jedoch nur teilweise gelang, die Netzhaut zum Anliegen zu bringen. Am führte der Drittbeklagte eine dritte Operation durch. Das Sehvermögen am rechten Auge betrug am nur 0,5, am linken Auge nach wie vor 0,5. Die Netzhaut konnte vom Drittbeklagten zum Anliegen gebracht werden. Nach dieser dritten Operation riet der Drittbeklagte dem Kläger zur Durchführung einer Operation auch am linken Auge. Am folgte die erste Vitrektomie auch am linken Auge des Klägers. Postoperativ sank das Sehvermögen am linken Auge auf 1/60. Zwar verbesserte sich das Sehvermögen des linken Auges bis zum auf 0,6, wegen einer Netzhautschrumpfung sank es aber am auf 0,1. Wegen dieser Netzhautschrumpfung führte der Drittbeklagte am eine weitere Operation am linken Auge durch. Am musste der Drittbeklagte den Kläger ein drittes Mal am linken Auge operieren, wobei eine Silikonöltamponade durchgeführt wurde. Das Sehvermögen des Kläger betrug am rechten Auge 1/35 bei stabiler Netzhautsituation, links lag zu diesem Zeitpunkt nur mehr eine Lichtempfindung mit totaler Netzhautabhebung vor. Der Drittbeklagte sagte nach dieser sechsten Operation zum Kläger, er könne nichts mehr für ihn tun, und verwies ihn an einen Spezialisten in Belgien. Der Kläger wandte sich in der Folge an Prof. Dr. Anselm K***** an der Universitätsklinik W*****. Nach mehreren Operationen gelang es, am rechten Auge des Klägers eine Sehschärfe von 0,6 ohne Korrektur herbeizuführen; das linke Auge blieb vollständig erblindet.
Das Auftreten von Netzhautdefekten, die beim Kläger zu einem teilweisen Verlust seines Sehvermögens geführt haben, ist bei der Operation einer proliferativen Renopathie ein häufiges Risiko, welches selbst bei erfahrensten Netzhautoperateuren auftritt. Die beim Kläger aufgetretenen Komplikationen gehören zum typischen Risikoprofil der durchgeführten Operationen bei fortgeschrittener proliferativer diabetischer Retinopathie. Ein Behandlungsfehler des Drittbeklagten liegt nicht vor. Allenfalls hätte der Drittbeklagte bereits zu einem früheren Zeitpunkt die Hinzuziehung eines anderen Spezialisten empfehlen können, wobei nicht ausgeschlossen ist, dass auch dann derselbe Verlauf aufgetreten wäre wie er tatsächlich beim Kläger aufgetreten ist; dies ist kein Behandlungsfehler. Vor der ersten Operation am linken Auge sagte der Drittbeklagte zum Kläger, es bestehe eine 80 %ige Chance, das Augenlicht am linken Auge zu retten. Es ist nicht ausgeschlossen, dass auf Grund der vom Drittbeklagten beim Kläger vorgenommenen Operationen Spätfolgen auftreten werden.
Zu den vom Drittbeklagten beim Kläger gewählten Behandlungsmethoden gab es keine dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Alternative. Die einzige Alternative wäre gewesen, nichts zu tun und zuzuwarten. Hätte man beim Kläger nichts getan, so wären die Netzhautplatten bis ins Zentrum des Sehens weitergewachsen, wobei am Ende dieses Prozesses die Erblindung steht. Hätte der Drittbeklagte den Kläger vor den Operationen darauf aufmerksam gemacht, dass es zu Netzhautverletzungen und damit verbunden zur Erblindung kommen kann, so hätte sich der Kläger nicht operieren lassen. Die bislang beim Kläger aufgetretenen Folgen stellen sich teilweise als Folgeschäden der diabetischen Retinopathie, zum Teil als Folgen der Behandlung durch den Drittbeklagten dar. Es kann nicht festgestellt werden, welche Anteile auf diese beiden Ursachen entfallen.
Mit Regierungsbeschluss vom beschloss die Regierung des zweitbeklagten Bundeslandes die Gründung der Erstbeklagten; sie wurde am aufgrund eines Gesellschaftsvertrages vom im Firmenbuch eingetragen. Die Erstbeklagte wird durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen von ihnen gemeinsam mit einem Gesamtprokuristen vertreten. Die Erstbeklagte vereinbarte mit der zweitbeklagten Partei, dass die Erstbeklagte Schadenersatzansprüche von Patienten wegen Kunstfehlern, die aus der Zeit vor der Betreiberschaft der Krankenanstalt durch die Erstbeklagte stammen, nicht zu übernehmen hat; solche Ansprüche sollten bei der zweitbeklagten Partei bleiben und gegen sie geltend gemacht werden. Haftpflichtversicherin der Erstbeklagten und der zweitbeklagten Partei in Ansehung der Angelegenheiten, die die Krankenhäuser betreffen, war die B*****-Versicherungs AG (in der Folge: Versicherung). Die zweitbeklagte Partei hatte der Versicherung keine generelle Schadensregulierungsbefugnis eingeräumt. Im Zuge der Übergabe der Rechtsträgerschaft von der zweitbeklagten Partei auf die Erstbeklagte wurden keine besonderen Erhebungen getätigt, um festzustellen, welche allfälligen Schadenersatzansprüche aus der Zeit der Rechtsträgerschaft der zweitbeklagten Partei noch bestehen könnten.
Am stellte der Kläger bei der Ärztekammer für das zweitbeklagte Bundesland den Antrag, ein Schiedsverfahren einzuleiten, wobei er als Antragsgegnerin die "Universitätsklinik I*****" nannte. Bereits in diesem Antrag machte der Kläger neben Behandlungsfehlern geltend, dass er nie über die Folgen der Behandlung durch den Drittbeklagten aufgeklärt worden sei und dass ihm der Drittbeklagte von der Beiziehung eines ausländischen Spezialisten abgeraten habe. Im Schiedsverfahren wurde der Kläger vom nunmehrigen Nebenintervenienten vertreten. Im Herbst 1992 wandte sich der Nebenintervenient wegen der Abgabe eines Verjährungsverzichtes an Dr. Jutta W*****, die stellvertretende ärztliche Direktorin der Krankenanstalt. Diese stellte sich dem Nebenintervenienten gegenüber am Telefon als jene Person vor, die für die Erstbeklagte am Schiedsverfahren teilnehme und für die Erstbeklagte und die zweitbeklagte Partei die entsprechenden Erklärungen abgebe. Dr. Jutta W***** war zunächst Angestellte der zweitbeklagten Partei, seit dem Übergang der Rechtsträgereigenschaft auf die Erstbeklagte ist sie deren Angestellte. Seit 1987 ist sie Mitglied der Schiedskommission der für das zweitbeklagte bundesland zuständigen Ärztekammer und von der Erstbeklagten bevollmächtigt, im Rahmen dieser Tätigkeit verbindliche Erklärungen, darunter auch Verjährungsverzichtserklärungen, namens der Erstbeklagten abzugeben. Von der zweitbeklagten Partei hatte sie nie eine Vollmacht erhalten, Erklärungen für sie abzugeben.
Am übermittelte Dr. Jutta W***** dem Nebenintervenienten folgende Erklärung:
"Betrifft: Patient Hermann Ö*****
Die ärztliche Direktion, als Rechtsträger des Allgemeinen Öffentlichen Landeskrankenhauses (Universitätskliniken I*****), verzichtet betreffend den obgenannten Patienten bis nach Ablauf von 3 Monaten nach rechtskräftiger Beendigung des Schiedsverfahrens auf die Einrede der Verjährung.
Oberarzt Dr. Jutta W*****
ärztl. Dir. Stv.
P.S.: Telefonische Einverständniserklärung der Bundesländer Versicherung,
Herr Dr. M*****, am ."
Vor Versendung dieser Verjährungsverzichtserklärung hat Dr. Jutta W***** mit keinem Vorstandsmitglied der Erstbeklagten oder einem Verantwortlichen der zweitbeklagten Partei gesprochen; auch der Drittbeklagte wurde nicht kontaktiert. Vergleichsverhandlungen haben nicht stattgefunden. Als die zweitbeklagte Partei noch Rechtsträger der Krankenanstalt war, wurden Verjährungsverzichtserklärungen üblicherweise direkt von ihr abgegeben.
Am fand im Schiedsverfahren die abschließende Sitzung der Kommission statt. Die Kommission vertrat die Ansicht, es liege zwar kein Behandlungsfehler, wohl aber eine Verletzung der Aufklärungspflicht vor; sie empfahl deshalb den Ersatz des kausalen Schadens. Am brachte der Kläger die Klage ein. Die zweitbeklagte Partei erfuhr erstmals durch die Zustellung der Klage am von den Schadenersatzansprüchen des Klägers. Der Drittbeklagte war vor Klageeinbringung nie mit Forderungen des Klägers konfrontiert worden, der Kläger ist auch nie an ihn herangetreten, um einen Verjährungsverzicht zu erwirken.
Der Kläger begehrt zuletzt, Erst- und Zweitbeklagte zur ungeteilten Hand zur Zahlung von 5,642.760 S zu verpflichten; er begehrt weiters die Feststellung der Haftung aller drei Beklagter für sämtliche Schäden, die ihm aus den vom Drittbeklagten vorgenommenen Laser-Augenbehandlungen sowie aus den dreimaligen Operationen beider Augen künftig noch entstehen werden. Er sei über die durchgeführten Eingriffe nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden, diese seien auch nicht sach- und fachgerecht durchgeführt worden.
Die Beklagten beantragen die Abweisung des Klagebegehrens. Die Erstbeklagte sei nicht passiv legitimiert, sie sei keine Rechtsnachfolgerin der zweitbeklagten Partei; sie habe bei Aufnahme ihrer Tätigkeit keine Kenntnis von den Ansprüchen des Klägers gehabt und hätte sie auch nicht kennen müssen. Dr. W***** sei nicht befugt gewesen, in ihrem Namen Verjährungsverzichtserklärungen abzugeben. Die Forderung sei verjährt. Ein schuldhaftes Fehlverhalten des Drittbeklagten liege nicht vor. Der Kläger sei eingehend aufgeklärt worden. Ohne die Eingriffe wäre der Kläger aufgrund des weiteren Fortschreitens seines Leidens auf beiden Augen erblindet, weshalb es an der Kausalität mangle.
Das Erstgericht wies - im zweiten Rechtsgang - das Klagebegehren ab.
Zur zukünftigen Entwicklung traf es folgende Feststellungen: Hätte der Drittbeklagte den Kläger nicht operiert, so hätte sich sein Sehvermögen bis spätestens März 2000 auf zumindest jenes Stadium verschlechtert, wie es derzeit vorliegt. Höchstwahrscheinlich wäre das Sehvermögen des Klägers ohne die Operationen des Drittbeklagten innerhalb von 10 Jahren nach der ersten Glaskörperblutung im Jahre 1989 auf einen Bereich von 0 bis 2 % Sehschärfe gesunken, was einer Erblindung gleichkommt. Würde man unterstellen, dass der Blutzucker beim Kläger optimal eingestellt und der internistische Zustand gut ist, so ergäbe sich allenfalls eine Verlangsamung des Krankheitsverlaufes, spätestens 20 Jahre nach der ersten Glaskörperblutung wäre jedoch auch diesfalls der Kläger jedenfalls erblindet.
In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, der Kläger habe den ihm obliegenden Beweis, dass dem Drittbeklagten ein Fehler unterlaufen sei, nicht erbringen können. Der ärztlichen Aufklärungspflicht sei aber nicht Genüge getan worden, weil der Kläger über die typischen Operationsrisiken, die sich letztendlich bei ihm tatsächlich verwirklicht hätten, nicht aufgeklärt worden sei. Der Kläger habe daher gegenüber dem Drittbeklagten und dem Krankenhausträger grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des ihm aus den vom Drittbeklagten durchgeführten Operationen entstandenen Schadens. Allerdings könne eine Ersatzpflicht der Beklagten nur jene Nachteile umfassen, die durch die zeitliche Vorverlagerung der Schäden entstanden seien. Eine Haftungsteilung im Sinne der vom Obersten Gerichtshof zur alternativen Kausalität entwickelten Rechtsprechung sei nicht vorzunehmen, weil das Unaufklärbarkeitsrisiko grundsätzlich zu Lasten dessen gehe, der im Kausaliätsverdacht stehe. Eine Feststellung, dass es auch anlagebedingt zur sofortigen Vorverlagerung des Schadens kommen hätte können, sei nicht getroffen worden. Grundsätzlich bestehe somit eine Haftung des Drittbeklagten und des Krankenhausträgers für den dem Kläger entstandenen vorverlagerten Schaden. Eine Haftung der Erstbeklagten gem § 1409 ABGB scheide deshalb aus, weil diese den im Grund entstandenen Schadenersatzanspruch des Klägers weder gekannt habe noch habe kennen müssen; da der Kläger seine Ansprüche gegenüber der zweitbeklagten Partei vor Klageeinbringung nie geltend gemacht habe, hätte auch eine Nachfrage bei dieser nichts erbracht. Der Annahme einer vertraglichen Übertragung dieses Anspruchs stehe die gegenteilige Vertragslage entgegen. Die Erklärung vom enthalte nur den Verzicht auf die Einrede der Verjährung, aber kein Anerkenntnis der Erstbeklagten hinsichtlich der Ansprüche des Klägers. Eine Haftung der Erstbeklagten scheide damit aus. Da der Kläger anlässlich seines an die Schiedskommission der Ärztekammer gerichteten Antrags sämtliche Sachverhaltselemente, insbesondere den Umstand, dass der Drittbeklagte seiner Aufklärungspflicht nicht nachgekommen sei, gekannt habe, sei der geltend gemachte Anspruch verjährt. Ein Schiedsverfahren sei grundsätzlich nicht geeignet, den Ablauf der Verjährungsfrist zu hemmen. Die zweitbeklagte Partei und der Drittbeklagte seien in das Schiedsverfahren nicht einbezogen gewesen. Zu prüfen sei noch, ob die von Dr. Jutta W***** abgegebene Erklärung geeignet sei, in Ansehung der zweitbeklagten Partei die Einrede der Verjährung als arglistig erscheinen zu lassen. Dr. W***** sei jedenfalls von der zweitbeklagten Partei nicht bevollmächtigt worden, für sie Verzichtserklärungen abzugeben. Auch eine Anscheins-/Duldungsvollmacht liege nicht vor. Es hätte dem Rechtsvertreter des Klägers auch auffallen müssen, dass die Erklärung vom keine geeignete Bevollmächtigung sei. Auch der auf der Erklärung vom enthaltene Vermerk, wonach die Versicherung telefonisch ihr Einverständnis zum Verjährungsverzicht erklärt habe, könne an der Verfristung der Ansprüche des Klägers nichts ändern. Der Versicherer sei nämlich nicht berechtigt, für den Versicherungsnehmer Lasten zu übernehmen, die letztlich dieser zu tragen hätte. Ein direkter Anspruch des Klägers gegen die Versicherung bestehe nicht. Da überdies festgestellt worden sei, dass die Versicherung keine selbständige Schadensregulierungsbefugnis von der zweitbeklagten Partei eingeräumt erhalten habe, gingen auch die Ansprüche des Klägers gegen diese ins Leere.
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil gegenüber der Erstbeklagten als Teil-Zwischenurteil, indem es das Zahlungsbegehren dem Grunde nach als zu Recht bestehend erkannte, hob es hinsichtlich der Erstbeklagten, soweit es das Feststellungsbegehren betrifft, auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück; in Ansehung der Klageabweisung gegenüber zweitbeklagter Partei und Drittbeklagtem bestätigte es das Ersturteil. Es sprach aus, dass "im Zusammenhang mit dem Teil-Zwischenurteil" gegenüber der Erstbeklagten die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung zur Frage fehle, ob Einwendungen, die zur Verneinung der Passsivlegitimation führten, wegen Sittenwidrigkeit unbeachtlich sein können; die ordentliche Revision gegen das Teilurteil gegenüber zweitbekalgter Partei und und Drittbeklagtem sei hingegen nicht zulässig.
Eine Auseinandersetzung mit den Problemkreisen Behandlungs-(Kunst-)Fehler und Verletzung der Aufklärungspflicht sei mangels Erörterung in den Rechtsmitteln nicht erforderlich. Dem Kläger sei der ihm obliegenden Beweis, dass der Drittbeklagte im Zuge der Behandlung der Augenerkrankung des Klägers die übliche Sorgfalt außer Acht gelassen habe und ihm dabei ein Behandlungsfehler unterlaufen sei, nicht gelungen, er habe aber bewiesen, dass der ärztlichen Aufklärungspflicht nicht Genüge getan worden sei, weil er über die typischen Operationsrisken, die sich letztendlich bei ihm auch tatsächlich verwirklicht hätten, nicht aufgeklärt worden sei. Der Kläger habe daher gegenüber dem Drittbeklagten und dem Krankenhausträger grundsätzlich Anspruch auf Ersatz des ihm aus den vom Drittbeklagten durchgeführten Operationen entstandenen Schadens. Zur Passivlegitimation der Erstbeklagten sei auszuführen, dass sich diese - in der Person von Dr. Jutta W***** - während des gesamten Schiedsverfahrens als Vertreterin des Forderungsadressaten für allfällige Ansprüche des Klägers geriert habe. Weder der Kläger noch der Nebenintervenient seien jemals darauf hingewiesen worden, dass die Verjährungsverzichtserklärung nicht namens des für solche Forderungen zuständigen Trägers der Krankenanstalt stamme. Durch diese Vorgangsweise hätten der Kläger und sein damaliger Vertreter davon ausgehen müssen und dürfen, in der Erstbeklagten den zuständigen Ansprechpartner und Forderungsadressaten zu haben, mit dem die erforderlichen (einer Verjährung vorbeugenden) Schritte zu vereinbaren seien. Auf Grund des dem Kläger und dem Nebenintervenienten vermittelten Gesamtbilds, also des Verhaltens und der Vorgangsweise der Erstbeklagten im Schiedsverfahren, sei die nunmehrige Bestreitung ihrer Passivlegitimation im Schadenersatzprozess als sittenwidrig zu beurteilen. Es verstoße nämlich gegen das Rechtsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, bei einem seine Schadenersatzansprüche in einem dafür vorgesehenen Schiedsverfahren geltend machenden Geschädigten das Vertrauen zu erwecken, der für die Schadenersatzforderung rechtlich zuständige Adressat zu sein, als solcher darüber hinaus durch Abgabe eines Verjährungsverzichts das Vertrauen zu erwecken, dass innerhalb der genannten Frist auf die Einrede der Verjährung jedenfalls verzichtet werden werde, und dann nach Ablauf der Verjährungsfrist die Passivlegitimation im Schadenersatzprozess mit der Begründung zu bestreiten, dass aufgrund einer vertraglichen Regelung mit dem Rechtsvorgänger nur dieser Forderungsadressat sein könne, wenn, wie hier, dieser Rechtsvorgänger keinen Verjährungsverzicht abgegeben habe und dementsprechend die Schadenersatzforderung diesem gegenüber bereits verjährt sei. Zwar sei die - an sich mangelnde - passive Klagelegitimation der Erstbeklagten hier nur aufgrund ihrer Einwendung wahrzunehmen gewesen. Die Frage nach der Sachlegitimation (Aktivlegitimation des Klägers, Passivlegitimation des Beklagten) sei aber als materielle Vorfrage der Begründetheit einer Klage im Rahmen der rechtlichen Beurteilung zu prüfen. Das Klagevorbringen zur Begründung der Passivlegitimation der Erstbeklagten sei an sich schlüssig. Eine Haftung der Erstbeklagten für Schadenersatzforderungen aufgrund von ärztlichen Behandlungsfehlern und/oder Verletzungen der ärztlichen Aufklärungspflicht, die vor der Unternehmensübernahme stattgefunden hätten, ergäbe sich grundsätzlich aus § 1409 ABGB. Für die Gläubigerstellung nach dieser Gesetzesbestimmung genüge es, dass die Schulden bei der Übergabe des Vermögens oder Unternehmens wenigstens bedingt oder betagt bestanden hätten. Auch fielen grundsätzlich Schadenersatzforderungen, die auf einem persönlichen vertragswidrigen Verhalten des Veräußerers beruhten, unter diesen Tatbestand. Eine Haftung der Erstbeklagten für die Schadenersatzforderungen könne im Lichte des § 1409 ABGB daher nur daran scheitern, dass das weitere Tatbestandserfordernis (Kenntis oder fahrlässige Unkenntnis der Schuld) nicht erfüllt sei. Auch dieses Tatbestandselement müsse zwar der Kläger behaupten und beweisen; es stünde aber in der Disposition der Erstbeklagten, die Kenntnis der Forderung nicht zu bestreiten oder außer Streit zu stellen, dass sie die Forderung hätte kennen müssen (was, weil zumindest im Grundsätzlichen dem Übernehmer einer Krankenanstalt klar sein müsse, dass im Keime Schadenersatzforderungen aus vorher unterlaufenen Kunstfehlern uä existent seien, nicht den Tatsachen widersprechen müsste). Solange es der Erstbeklagten zur Disposition stehe, eine Haftung nach § 1409 ABGB durch tatsächliches Zugestehen eines subjektiven Haftungselements gerichtlich bejahen zu lassen, müsse das gegenteilige Prozessverhalten aus den dargelegten Gründen als sittenwidrig angesehen werden. Zur Wahrnehmung dieser Sittenwidrigkeit genüge es, dass der Kläger die Umstände vorgebracht habe, die die Sittenwidrigkeit begründeten; einer ausdrückliche Berufung auf die Sittenwidrigkeit dieses Verhaltens der Erstbeklagten bedürfe es nicht. Folge der Sittenwidrigkeit sei die Nichtigkeit; die Erstbeklagte sei daher so zu stellen, wie wenn sie die zur Annahme des Fehlens ihrer Passivlegitimation führenden Einwendungen nicht erhoben hätte. Im Ergebnis bedeute dies, dass die Passivlegitimation der Erstbeklagten zu bejahen sei. Dass die Erstbeklagte sich nicht erfolgreich auf die (auch von ihr) erhobene Einrede der Verjährung berufen könne, liege auf der Hand. Zwar könne nach § 1502 ABGB der Verjährung weder im Voraus entsagt, noch könne eine längere Verjährungsfrist, als durch die Gesetze bestimmt, bedungen werden. Ein Geschädigter, dem der Schädiger im Voraus einen Verjährungsverzicht erklärt habe, könne aber der dann doch erhobenen Einrede der Verjährung mit der Replik der Arglist begegnen, sofern er nur innerhalb angemessener Frist eine Verjährungsunterbrechung herbeiführe. Da hier innerhalb jener Frist geklagt worden sei, für die die Erstbeklagte ihren Verjährungsverzicht erklärt habe, sei die Erhebung der Verjährungseinrede ebenso nichtig wie ihre Einreden, die zur Verneinung ihrer Passivlegitimation geführt hätten. Der Klageanspruch gegenüber der Erstbeklagten sei somit als nicht verjährt zu behandeln. Damit bedürfe es keiner abschließenden Prüfung der vom Erstgericht verneinten Frage, ob auch unter Berücksichtigung der Einwendungen der Erstbeklagten und der danach getroffenen Feststellungen eine Haftung der Erstbeklagten auf Grund § 1409 ABGB bestünde. Dazu sei dennoch auszuführen, dass eine Nachfrage der Erstbeklagten bei der zweitbeklagten Partei zum Zeitpunkt der Unternehmensübernahme in Bezug auf die hier geltend gemachten Schadenersatzforderungen zwar nichts erbracht hätte, weil auch die zweitbeklagte Partei zu diesem Zeitpunkt von der Schadenersatzforderung des Klägers noch nichts gewusst habe; gegen (offenbar gemeint: für) die Annahme fahrlässiger Unkenntnis der gegenständlichen Forderung spräche aber, dass dem Übernehmer einer Krankenanstalt grundsätzlich klar sein müsse, dass aus der früheren Unternehmenstätigkeit Schadenersatzforderungen infolge ärztlicher Kunstfehler uä im Keime vorhanden seien. Folge man dem, wäre auch das subjektive Element des § 1409 ABGB erfüllt, sodass sich auch daraus die Haftung der Erstbeklagten ergäbe.
Widersprüchliche Feststellungen des Erstgerichts in Bezug auf den hypothetischen Verlauf der Augenerkrankung des Klägers für den Fall, dass die Operationen nicht stattgefunden hätten, verhinderten in diesem Punkt eine einwandfreie rechtliche Beurteilung, sodass ein Feststellungsmangel vorliege, der insoweit zur Aufhebung des Urteils führen müsse. Für die Frage, ob dem Feststellungsbegehren Folge zu geben sei, allenfalls für welchen Zeitraum, seien die widersprüchlichen Feststellungen des Erstgerichts von Belang. Ausgehend davon, dass bereits im März 2000 unter Annahme, dass die Operationen nicht stattgefunden hätten, ohnehin der gleiche Krankheitszustand beim Kläger gegeben wäre, müsste das Feststellungsbegehren abgewiesen werden, weil bereits zum Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung in erster Instanz festgestanden wäre, dass keine künftigen Schäden mehr vorliegen können, für die die Erstbeklagte zu haften hätte. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren allerdings ergeben, dass - infolge entsprechenden internistischen Zustands des Klägers - erst ca 20 Jahre nach der ersten Glaskörperblutung der hypothetische dem tatsächlichen Zustand entspräche, wäre dem Feststellungsbegehren mit dieser zeitlichen Begrenzung stattzugeben.
Die Verneinung der Haftung gegenüber zweitbeklagter Partei und Drittbeklagtem sei nicht zu beanstanden. So sei der Drittbeklagte vor Klageeinbringung nie mit Forderungen des Klägers konfrontiert worden, der Kläger sei auch nie an ihn herangetreten, um einen Verjährungsverzicht zu erwirken. Damit seien aber allfällige Forderungen des Klägers gegenüber dem Drittbeklagten aus der mangelnden Aufklärung des Jahres 1990 bei Klageeinbringung jedenfalls verjährt. Auch der Zweitbeklagte habe erstmals durch die Zustellung der Klage am von den Schadenersatzansprüchen des Klägers erfahren. Für die Annahme einer Anscheins- oder Duldungsvollmacht fehle es bereits am Nachweis, dass die zweitbeklagte Partei einen Sachverhalt zurechenbar veranlasst habe, aus dem vom Anerklärten auf einen Willen zur Vollmachtserteilung habe geschlossen können. Die zweitbeklagte Partei habe vielmehr, als sie noch Rechtsträger des betroffenen Krankenhauses gewesen sei, Vertreter der Versicherung zu den Sitzungen der Schiedskommission entsandt. Der von der Versicherung im Hinblick auf das laufende Schiedsverfahren erklärte Verzicht auf die Erhebung der Einrede der Verjährung könne nur als im Rahmen der Leistungspflicht der Versicherung abgegeben gelten, aber nicht die Beklagten in der Abwehr der gegen sie gerichteten Ansprüche des Klägers einschränken.
Rechtliche Beurteilung
Die außerordentlichen Revisionen des Klägers und des Nebenintervenienten sind unzulässig; die Revision der Erstbeklagten ist zulässig, weil Rechtsprechung darüber fehlt, ob der neue Rechtsträger einer Krankenanstalt für die verspätete Aufklärung eines - ihm gegenüber zu Unrecht Schadenersatzansprüche verfolgenden - Patienten darüber, dass ein Wechsel in der Person des Rechtsträgers stattgefunden hat, haftet; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.
1. Zu den außerordentlichen Revisionen des Klägers und des Nebenintervenienten
Entgegen der von Kläger und Nebenintervenient vertretenen Ansicht hat das Berufungsgericht die Verjährungsfrage im Einklang mit höchstgerichtlicher Rechtsprechung gelöst. In der von den Rechtsmittelwerbern zitierten Entscheidung 4 Ob 131/00v (= ecolex 2001, 44 = RdM 2001, 21 mwN) wird dazu zusammenfassend ausgeführt, die Verjährung beginnt, wenn der Sachverhalt dem Geschädigten so weit bekannt ist, dass er mit Aussicht auf Erfolg klagen kann. Das bedingt die Kenntnis des Kausalzusammenhangs und - bei verschuldensabhängiger Haftung - auch die Kenntnis der Umstände, die das Verschulden begründen. Ist der Geschädigte Laie und setzt die Kenntnis dieser Umstände Fachwissen voraus, so beginnt die Verjährungsfrist regelmäßig erst zu laufen, wenn der Geschädigte durch ein Sachverständigengutachten Einblick in die Zusammenhänge erlangt hat. Nichts anderes kann gelten, wenn Schadensursache nicht ein ärztlicher Kunstfehler, sondern der - auch kunstgerechte - Eingriff des Arztes ist, dem mangels entsprechender Aufklärung über Gefahren und Folgen der Behandlung oder ihrer Unterlassung eine wirksame, rechtfertigende Einwilligung des Patienten fehlt. Auch in diesem Fall setzt der Beginn der Verjährung voraus, dass dem Geschädigten die Zusammenhänge bewusst sind, die er kennen muss, um mit Aussicht auf Erfolg klagen zu können. Dazu muss er wissen, dass bei seiner Entscheidung, sich einer von mehreren möglichen Behandlungen zu unterziehen, verschiedene Risikofaktoren zu berücksichtigen gewesen wären. Er muss daher wissen, auf welche Risiken er hätte Bedacht nehmen müssen und wie sie zu gewichten gewesen wären. Sein Wissen darum, dass verschiedene Alternativen bestanden hätten, reicht nicht aus. Ebensowenig genügt es, wenn ihm zwar einzelne Risiken bekannt waren, er jedoch kein umfassendes Bild hatte, das ihn in die Lage versetzt hätte, die Risiken zu gewichten und gegeneinander abzuwägen. Über ein solch umfassendes Wissen wird ein Laie regelmäßig nicht verfügen; Klarheit wird daher auch in diesem Fall erst ein Sachverständigengutachten schaffen.
Von dieser Rechtsprechung ist das Berufungsgericht nicht abgewichen. Bereits im ersten Rechtsgang hat der erkennende Senat in seinem Beschluss vom , 4 Ob 325/97s, darauf hingewiesen, dass der Kläger schon im Zeitpunkt, als er sich an die Schiedsstelle der Ärztekammer wandte, all jene Sachverhaltselemente gekannt hat, auf die er seine Klage stützt; an diesem Beweisergebnis hat sich in der Folge nichts geändert. Ein wesentlicher Unterschied im Sachverhalt zu dem in ecolex 2001, 44 = RdM 2001, 21 mwN entschiedenen Fall liegt darin, dass der Geschädigte dort über die Risiken von zwei alternativ zur Verfügung stehenden Behandlungsmethoden aufzuklären gewesen wäre und sodann auf Basis dieser Aufklärung eine Risikoabwägung vorzunehmen gehabt hätte; im Unterschied dazu gab es hier zu der vom Drittbeklagten beim Kläger gewählten Behandlungsmethode keine dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechende Alternative. Auch hat der Kläger bereits in seinem Antrag an die Schiedsstelle der Ärztekammer - neben Behandlungsfehlern - geltend gemacht, nie über die Folgen der Behandlung aufgeklärt worden zu sein. In diesem Fall bedurfte es demnach nicht erst besonderen Fachwissens oder des medizinischen Gutachtens im Schiedsverfahren, um dem Kläger die Zusammenhänge bewusst zu machen, die er kennen musste, um infolge mangelhafter Aufklärung über mögliche Behandlungsfolgen mit Aussicht auf Erfolg klagen zu können. Dass er über Risiken einer in Aussicht genommenen Operation nicht aufgeklärt wurde, war für den Kläger nämlich auch ohne medizinisches Fachwissen erkennbar.
Weshalb die zum Verjährungsbeginn bei medizinischen Kunstfehlern oder mangelhafter Aufklärung entwickelten Grundsätze der Rechtsprechung in jenen Fällen nicht gleichermaßen gelten sollten, in denen ein Wechsel in der Person des Rechtsträgers des betroffenen Krankenhauses eintritt, ist nicht zu erkennen und wird von den Rchtsmittelwerbern auch nicht näher begründet; auch insoweit liegt eine Rechtsfrage iSd § § 502 Abs 1 ZPO nicht vor.
2. Zur Revision der Erstbeklagten
Die Erstbeklagte verweist darauf, dass zwischen ihr und dem Kläger kein Behandlungsvertrag abgeschlossen oder Vergleichsverhandlungen geführt worden seien; auch ein ihr zurechenbarer Verzicht auf die Erhebung der Verjährungseinrede liege (mangels Zuständigkeit von Dr. W***** für solche Erklärungen) nicht vor. Sittenwidriges Handeln oder Schädigungsabsicht könne ihr nicht vorgeworfen werden. Dem Kläger falle hingegen zur Last, sich nicht rechtzeitig zwecks Erwirkung einer Verjährungsverzichtserklärung an den zuständigen Rechtsträger gewendet zu haben. Dazu ist zu erwägen:
Das Berufungsgericht wirft der Erstbeklagten vor, die Einrede der mangelnden Passivlegitimation rechtsmissbräuchlich zu erheben. Die Erstbeklagte ist durch diese Rechtsansicht nur dann beeinträchtigt, wenn ihre Einrede - abgesehen vom Vorwurf sittenwidriger Rechtsausübung - in der Sache erfolgreich wäre und zur Klageabweisung führte. Voraussetzung dafür ist, dass sie als Rechtsnachfolgerin der Zweitbeklagten in der Eigenschaft als Rechtsträgerin der Krankenanstalt nicht die Rechtsfolgen des gesetzlichen Schuldbeitritts nach § 1409 ABGB gegen sich gelten lassen muss. Vertraglich wurde ja eine Haftung der Erstbeklagten für Schadenersatzansprüche jener Patienten ausgeschlossen, deren Behandlung vor dem Betrieb der Krankenanstalt durch die Erstbeklagte erfolgt ist. Dies ist aus folgenden Erwägungen zu bejahen:
Die Haftung des Erwerbers eines Vermögens gem § 1409 ABGB umfasst nicht nur vertragliche Ansprüche, sondern auch Schadenersatzforderungen, darunter selbst solche, die auf einem persönlichen vertragswidrigen Verhalten des Veräußerers (SZ 50/27 = EvBl 1977/239) oder auf Delikt (SZ 68/18) beruhen, sofern die Forderung im Zeitpunkt der Übergabe wenigstens als bedingte vorhanden war (Ertl in Rummel, ABGB**2 § 1409 Rz 6). Allein strittiges Tatbestandselement in diesem Zusammenhang ist nun, ob die Erstbeklagte die Ansprüche des Klägers (die ja im Zeitpunkt der Übernahme der Rechtsträgereigenschaft durch die Erstbeklagte schon im Keim bestanden), im allein maßgeblichen Zeitpunkt der Übernahme kannte oder kennen musste. Als haftungsbegründend kann es bei Schadenersatzforderungen nun nicht genügen, dass der Übernehmer nur ganz allgemein auf Grund der Lebenserfahrung damit rechnen muss, es könnten (aufgrund der Art des übernommenen Unternehmens und der mit dessen Betrieb gewöhnlich verbundenen Risiken) im Zeitpunkt der Übernahme Ansprüche gegen den Betriebsinhaber bestehen; zu verlangen ist vielmehr die Kenntnis (oder fahrlässige Unkenntnis) des anspruchsbegründenden Sachverhalts in seinen Grundzügen, der Person des Geschädigten und des Umstands, dass diese ihr angeblich zustehende Ansprüche geltend macht (in diesem Sinn wohl schon SZ 50/27 = EvBl 1977/239, wo der Geschäftsführer der Beklagten Kenntnis vom Wasserschaden und der Person des Geschädigten hatte, und SZ 68/18, in welchem Fall der Beklagte Kenntnis vom Unfall, dessen Folgen und der Anspruchserhebung durch den Kläger hatte).
Nach dem festgestellten Sachverhalt hat der Kläger seinen Schadenersatzanspruch erstmals am (also rund eineinhalb Jahre nach Übernahme der Rechtsträgereigenschaft durch die Erstbeklagte) mit Einleitung des Schiedsverfahrens in einer nach außen erkennbaren Weise verfolgt. Im für die Rechtsfolgen des § 1409 ABGB relevanten Zeitpunkt konnte die Erstbeklagte daher auch bei gehöriger Aufmerksamkeit von diesem konkreten Anspruch des Klägers keine Kenntnis haben. Ihre Ersatzpflicht gegenüber dem Kläger findet daher in dieser Bestimmung keine taugliche Grundlage.
Dem Kläger ist aber ein Schadenersatzanspruch gegenüber der Erstbeklagten aus folgenden Erwägungen zuzugestehen:
Die Erstbeklagte ist als Rechtsträgerin der Krankenanstalt Rechtsnachfolgerin des zweitbeklagten Bundeslandes, das zugleich ihr alleiniger Gesellschafter ist; sie hat anlässlich der Übernahme der Krankenanstalt mit ihrem Rechtsvorgänger vereinbart, nur solche Schadenersatzansprüche von Patienten zur Erledigung zu übernehmen, die in Behandlungen seit der Aufnahme ihrer Tätigkeit begründet sind. Bei dieser Sachlage ist die Erstbeklagte nicht nur gehalten, die zukünftige medizinische Weiterbetreuung jener Patienten (auf Grund eigener vertraglicher Verpflichtung) zu übernehmen, die ihre Behandlung schon vor Aufnahme ihrer Tätigkeit begonnen haben, sondern sie steht auch gegenüber solchen "Altpatienten" wie dem Kläger in einem besonderen (nachvertraglichen) Betreuungsverhältnis, die ihre Behandlung zu einer Zeit abgeschlossen haben, als die zweitbeklagte Partei noch nicht Rechtsträger der Krankenanstalt war. Folge dieses besonderen Betreuungsverhältnisses sind Schutz- und Sorgfaltspflichten der Erstbeklagten, die sich nicht auf den medizinischen Bereich beschränken, sondern auch die Aufklärungspflicht darüber umfassen, dass Schadenersatzansprüche aus einer Zeit vor Tätigkeitsaufnahme durch die Erstbeklagte bei der zweitbeklagten Partei verblieben sind und von dieser zu regulieren sind.
Das der Erstklägerin vorzuwerfende (schadensstiftende) Verhalten bestand darin, dass sie einerseits durch eine - hiezu generell, wenn auch nicht im hier vorliegenden besonderen Einzelfall - bevollmächtigte Angestellte dem Kläger gegenüber eine Verjährungsverzichtserklärung abgab, sich andererseits (vertreten durch dieselbe, auch dazu bevollmächtigte Angestellte) in ein Schiedsverfahren mit dem Kläger einließ, ohne ihn darüber aufzuklären, dass die verfolgten Ansprüche nicht gegen sie, sondern gegen den Zweitbeklagten als den Rechtsvorgänger in der Position des Rechtsträgers der Krankenanstalt geltend zu machen seien.
Dieses Verhalten der Erstbeklagten ist auch ohne das Vorliegen von Arglist (wofür der Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte liefert) deshalb als schuldhaft zu beurteilen, weil sie dem Kläger erst im Gerichtsverfahren die Augen über den Wechsel in der Person des Rechtsträgers geöffnet hat. Die Erstbeklagte hat in diesem Zusammenhang zu vertreten, offenbar über keine ausreichend wirksame interne Organisationsstruktur (etwa durch Befassung juristisch geschulter Mitarbeiter) bei der Bearbeitung von an sie herangetragenen Schadenersatzfällen zu verfügen, durch die verhindert wird, dass Geschädigte nicht in angemessener Zeit über die rechtliche Aussichtslosigkeit einer Rechtsverfolgung ihr gegenüber informiert werden.
Die Gutgläubigkeit des Klägers, der darauf vertraut hat, im Schiedsverfahren dem für seine Ansprüche legitimierten Rechtsträger gegenüberzustehen, wird von der Erstbeklagten nicht in Zweifel gezogen; der Kläger ist aber in seiner Schutzwürdigkeit auch nicht dadurch beeinträchtigt, dass er stets anwaltlich und damit rechtskundig vertreten war, wenn man berücksichtigt, dass die Verjährungsverzichtserklärung infolge drohenden Rechtsverlustes unter Zeitdruck eingeholt werden musste und die Tatsache, wer Rechtsträger eines bestimmten Krankenhauses ist bzw dass ein Wechsel in der Person des Rechtsträgers stattgefunden hat, mangels Eintragung in einem öffentlichen Verzeichnis nicht leicht feststellbar ist. Auch stand die Erstbeklagte diesen Kenntnissen jedenfalls näher, weil es sich um ihrer Sphäre zuzurechnende Tatsachen handelt, während der Kläger und sein Vertreter sich darauf verlassen durften, dass die von ihnen als "Universitätsklinik I*****" angesprochene Erstbeklagte bei allfälligen Unklarheiten von sich aus auf eine Klarstellung der gewählten Bezeichnung dringen werde.
Die Erstbeklagte hat demnach gegenüber dem Kläger rechtswidrig und schuldhaft gehandelt, indem sie die gebotene Sorgfalt außer Acht gelassen und ihn nicht rechtzeitig (also noch vor Eintritt der Verjährung seiner Ansprüche gegenüber der zweitbeklagten Partei) über die Person des für seine Ansprüche zuständigen Rechtsträgers aufgeklärt hat. Sie ist dem Kläger deshalb zum Schadenersatz verpflichtet, den sie primär in Form der Naturalrestitution (§ 1323 ABGB) zu erbringen hat: Der Geschädigte ist so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde (Koziol/Welser II11 292 mwN). Die Erstbeklagte muss sich daher im Ergebnis so behandeln lassen, als wäre sie der für die Ansprüche des Klägers zuständige Rechtsträger.
Zum selben Ergebnis gelangte man auch, wollte man der von Mader (Rechtsmissbrauch und unzulässige Rechtsausübung, 263ff) entwickelten These folgen, es bestehe im österreichischen Recht ein allgemeiner "Vertrauenshaftungstatbestand", bestehend aus den Elementen Schaffen eines Vertrauenstatbestands, Zurechnung der Vertrauenserweckung zum Erklärenden, Gutgläubigkeit und Schutzwürdigkeit des Vertrauens und Vertrauensdisposition des Vertrauenden (aaO 303) mit der Rechtsfolge, dass dem Vertrauenden ein Recht zugestanden werde, das er ohne den Vertrauenstatbestand nicht besäße (aaO 318f).
Soweit die Erstbeklagte die angefochtene Entscheidung auch in ihrem aufhebenden Teil bekämpft, ist dies - mangels Ausspruchs gem § 519 Abs 1 Z 2 ZPO - unzulässig. Das Berufungsgericht hat im übrigen ausführlich begründet, weshalb es (infolge widersprüchlicher bzw fehlender Feststellungen zur überholenden Kausalität) eine Verfahrensergänzung zur Berechtigung des Feststellungsbegehrens für notwendig erachtet; gegen die Richtigkeit der darin zum Ausdruck kommenden Rechtsmeinung bringt die Erstbeklagte in ihrem Rechtsmittel nichts Überzeugendes vor. Dass beim Kläger der Blutzucker nicht optimal eingestellt sei, hat das Erstgericht - entgegen den Behauptungen der Rechtsmittelwerberin - nicht festgestellt, sondern nur im Rahmen der Beweiswürdigung einen entsprechenden Abschnitt aus einem Gutachten zitiert (S. 29), ohne dabei jedoch zu erkennen zu geben, ob es diese Ausführungen für überzeugend hält und sie als Feststellungen übernimmt.
Der Revision der Erstbeklagten konnte somit kein Erfolg beschieden sein. Soweit in der Revision ein Rekurs gegen den aufhebenden Teil der Entscheidung enthalten war, war dieser - mangels Ausspruchs des Berufungsgerichts gem § 519 Abs 1 Z 2 ZPO - als unzulässig zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung ist in den § 41 Abs 1, § 50 Abs 1 ZPO begründet.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Hermann Ö*****, vertreten durch Dr. Karl G. Aschaber und andere Rechtsanwälte in Innsbruck, Nebenintervenient auf Seite der klagenden Partei Dr. Lucas L*****, vertreten durch Dr. Christian Fuchshuber, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. T*****Gesellschaft mbH, *****, 2. Land T*****, 3. Univ. Doz. Dr. Gerhard K*****, alle vertreten durch Dr. Walter Heel, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen 5,642.760 S sA und Feststellung (Streitwert 1 S), im Verfahren über die Revision der erstbeklagten Partei und die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 220/00p-105, womit infolge Berufung der klagenden Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom , GZ 15 Cg 117/96z-94, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Entscheidung vom , 4 Ob 59/01g, wird in ihrer Kostenentscheidung dahin berichtigt, dass diese nunmehr zu lauten hat:
"Die erstbeklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 35.260,45 S (darin 5.876,74 S USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Text
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung der Kostenentscheidung ersichtlicher Entscheidungswille des Senats war es, die Erstbeklagte zum Ersatz der gesamten Kosten der Revisionsbeantwortung des Klägers zu verpflichten; ein dabei unterlaufener Schreibfehler war als offenbare Unrichtigkeit gem § 419 Abs 1 ZPO zu berichtigen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2001:0040OB00059.01G.0403.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
XAAAD-61657