OGH vom 29.08.1994, 1Ob551/94
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Hofmann als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Karolina P*****, 2. Anna P***** und 3. Rosa P*****, vertreten durch Dr. Gottfried Waibel, Rechtsanwalt in Dornbirn, wider die beklagte Partei Ottilia H*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Winkler, Rechtsanwalt in Bregenz, wegen Anfechtung und Abgabe einer Willenserklärung infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch als Berufungsgerichtes vom , GZ 1 b R 282/93-38, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Dornbirn vom , GZ 2 C 648/91-32, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt und beschlossen:
Spruch
I. Der Revision wird Folge gegeben.
II. Das Klagebegehren, der von Frieda Klocker-Peter mit der beklagten Partei (geboren am ) am und am geschlossene Schenkungsvertrag über einen Sechzehntel-Anteil an den Liegenschaften EZ 701 mit den Grundstücken 4865, 4866, 4893/1, 4893/2, 4894 und .623, EZ 2433 mit den Grundstücken 5661 und 5662 und EZ 2524 je KG Hohenems mit dem Grundstück 4891 sei unwirksam, die beklagte Partei willige hiemit ein, daß auf diesem Sechzehntel-Anteil an den vorgenannten Liegenschaften das Eigentumsrecht für die Klägerinnen je zu einem Drittel einverleibt werde, wird abgewiesen.
Die Entscheidung über die Kosten aller drei Instanzen bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
III. Im übrigen (also im Ausspruch über das Klagebegehren betreffend die Anfechtung des Schenkungsvertrages zwischen den Streitteilen vom 14. und über je einen weiteren Sechzehntel-Anteil an den zu II. angeführten Liegenschaften und im Kostenpunkt) werden die Urteile der Vorinstanzen aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung in diesem Umfang zurückverwiesen.
Die Kosten der Rechtsmittelverfahren sind soweit weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerinnen und die Beklagte sind Geschwister. Ersteren fiel nach dem Tod ihrer Mutter im Jahre 1942 gemeinsam mit dem am verstorbenen Bruder deren Grundbesitz zu, wogegen die übrigen Geschwister mit Beträgen von je S 5.000 abgefunden wurden.
Nach dem Tod des Bruders der Streitteile erbten die Klägerinnen je ein Drittel dessen Viertel-Anteils an sechs Liegenschaften in ihrer Heimatgemeinde.
Die streitverfangenen Grundstücke werden als „Heimat“, die übrigen im Eigentum der Geschwister stehenden Liegenschaften „in den Auen“ bezeichnet. Vor den hier maßgeblichen Grundbuchseintragungen waren die Klägerinnen je zu einem Drittel Eigentümerinnen von fünf Liegenschaften und je zu einem Zwölftel Miteigentümerinnen der restlichen Liegenschaft.
Mit Vertrag vom 14., 18. und schenkten die Klägerinnen vier Schwestern, darunter der Beklagten, jenen Viertel-Anteil an den Liegenschaften, den sie von ihrem Bruder geerbt hatten. Für die Beklagte wurde aufgrund dieses Schenkungsvertrages unter anderem das Eigentum an den drei streitverfangenen Liegenschaften („Heimat“) zu je drei Achtundvierzigstel-Anteilen einverleibt. Der gleiche Miteigentumsanteil fiel auch den drei anderen Schwestern zu, der Miteigentumsanteil der Klägerinnen minderte sich dadurch auf je einen Viertel-Anteil.
Jene Schwester, die die Schenkung der Klägerinnen veranlaßt hatte, schenkte der Beklagten ihren Sechzehntel-Anteil an den Liegenschaften mit Vertrag vom und .
Die Klägerinnen begehrten, soweit dies für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung ist, die Aufhebung der Schenkungsverträge vom 14., 18. und sowie vom und und die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung der Einverleibung des Eigentums der Klägerinnen auf deren Achtel-Anteil an den Liegenschaften „Heimat“ und brachten hiezu vor, sie hätten lediglich ihre Anteile an den Liegenschaften „in den Auen“ verschenken wollen, nicht jedoch auch die Anteile an der „Heimat“. Sie seien bei Abschluß des Schenkungsvertrags auch nicht geschäftsfähig gewesen, jedenfalls sei ihr Auffassungs- und Konzentrationsvermögen herabgesetzt und ihre Sinnesorgane seien reduziert gewesen. Das Rechtsgeschäft sei nicht bestimmt und verständlich erklärt worden.
Die Beklagte wendete ein, Gegenstand der Schenkung seien nach dem übereinstimmenden Willen alle Grundstücke aus dem Nachlaß des gemeinsamen Bruders gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es stellte - über den schon eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus - fest, die Mutter und der Bruder der Klägerinnen hätten diesen die Liegenschaften deshalb hinterlassen, weil sie auf dem Hof geblieben seien. Die Grundstücke „in den Auen“ bildeten eine große zusammenhängende Grundfläche. Die Beklagte und eine andere Schwester hätten sich durch die Schenkung an eine weitere Schwester benachteiligt gefühlt; beide seien daher der Meinung gewesen, daß sie den Anteil des vorverstorbenen Bruders zu erhalten hätten. Um diese „Ungerechtigkeit“ zu beseitigen, habe die Schwester der Beklagten mit den Klägerinnen - eine von diesen habe sie eine zeitlang gepflegt - ein Gespräch geführt, um sie zu der angestrebten Schenkung des vom Bruder geerbten Anteils an den Liegenschaften zu bewegen. Die Klägerinnen seien aber nur zur Schenkung des Anteils „in den Auen“ bereit gewesen. Dennoch habe sie der Beklagten berichtet, die Klägerinnen würden den gesamten Anteil des Bruders weiterschenken. Hierüber informierte die Beklagte ihren Sohn, einen Rechtsanwalt, der einen entsprechenden Schenkungsvertrag verfaßt habe, ohne mit den Klägerinnen vorher Rücksprache zu pflegen. Er habe den Legalisator gebeten, den Vertrag von den Klägerinnen wegen deren schlechten Gesundheitszustand in deren Haus unterfertigen zu lassen. Das sei auch am geschehen. Gegenwärtig seien neben dem Legalisator die Klägerinnen, die Beklagte und deren Schwester gewesen, die die Gespräche geführt habe. Der Legalisator habe den Klägerinnen den Inhalt des Vertrags nicht auseinandergesetzt, sondern lediglich mitgeteilt, es handle sich um den Schenkungsvertrag, und die Grundstücksnummern „heruntergelesen“. Den Klägerinnen sei deshalb nicht klar gewesen, daß sich darunter auch die „Heimat“ befunden habe. Von der Schenkung der Schwester an die Beklagte seien die Klägerinnen nicht in Kenntnis gesetzt worden; erst aus einem finanzbehördlichen Bescheid hätten sie erfahren, daß diese nun zu einem Viertel Miteigentümerin sei.
Die Klägerinnen seien trotz ihres hohen Alters und des altersbedingten Abbaus in der Lage, das Wesen der Schenkung zu erfassen, Voraussetzung sei jedoch, daß ihnen „juristische Vertragswerke klar, deutlich, mit lauter Stimme, ausführlich und wiederholt erklärt“ würden. Gerade das habe der Legalisator aber bei der Vertragsunterfertigung nicht getan.
Rechtlich meinte das Erstgericht, den Klägerinnen habe bei Unterfertigung des Vertrags am die „Einwilligung in den Vertrag“ gefehlt. Auch seien die Klägerinnen lediglich bereit gewesen, ihre Anteile an den Grundstücken „in den Auen“ zu verschenken; bei Unterfertigung des Schenkungsvertrags sei ihnen nicht klar gewesen, daß sie neben diesen auch ihr „Heimathaus“ verschenkten.
Das Gericht zweiter Instanz bestätigte dieses Urteil (mit Ausnahme eines Grundstücks, um das die Klägerinnen ihr Begehren schon in erster Instanz eingeschränkt hatten) und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und führte in Erledigung der Rechtsrüge aus, da sich die Klägerinnen lediglich bereit erklärt hätten, ihre Anteile an den Grundstücken „in den Auen“ zu verschenken, hätten sie davon ausgehen können, daß der schriftliche Schenkungsvertrag nichts anderes vorsehe. Tatsächlich sei ihnen die Abweichung nicht bewußt geworden. Den Klägerinnen sei nicht genau erklärt worden, was sie unterschreiben, sondern man habe ihnen lediglich mitgeteilt, daß es sich um einen Schenkungsvertrag handle, und die Grundstücksnummern „heruntergelesen“. Ihnen sei nicht klar gewesen, daß sie neben den Grundstücken „in den Auen“ auch die „Heimat“ verschenkten. Sie seien daher zu Recht davon ausgegangen, Gegenstand des schriftlichen Schenkungsvertrags sei nur das mündlich Vereinbarte, nämlich die Schenkung der Liegenschaften „in den Auen“ gewesen. Die schriftliche Erklärung sei anfechtbar, wenn die Vorstellung des Unterschreibenden mit dem Inhalt der Urkunde nicht übereinstimme. Der Erklärungsirrtum der Klägerinnen sei daher beachtlich. Der Irrtum sei jedenfalls von der Beklagten bzw von einer Person veranlaßt worden, für die sie einzustehenden habe. Es handle sich auch um einen wesentlichen Irrtum im Sinne des § 871 ABGB. Für den Erwerb von Liegenschaften sei sowohl ein gültiger Erwerbstitel als auch die Eintragung in das Grundbuch als einzige in Betracht kommende Erwerbsart erforderlich. Da der schriftliche Schenkungsvertrag wegen des Erklärungsirrtums keinen Erwerbstitel darstelle, habe die Beklagte weder Eigentümerin des ihr von den Klägerinnen geschenkten noch des von der Schwester weitergeschenkten Anteils werden können. Vertragsgegenstand sei nur das, was wirklich gewollt war. Die Klägerinnen hätten jedoch lediglich die Grundstücke „in den Auen“ verschenken wollen. Sofern die Beklagte offenbar einen anderen Willen gehabt habe, liege Dissens vor, sodaß der Schenkungsvertrag unwirksam sei. Die Einverleibung des Eigentums für die Schwester ändere nichts daran, daß weder diese noch die Beklagte Eigentümerin hätte werden können, weil die Einverleibung ohne Rechtstitel kein Eigentum verschaffe. Die Unwirksamkeit des Titels wirke sich nicht nur auf den unmittelbaren Vertragspartner, sondern auch auf den Rechtsnachfolger aus. Im übrigen werde der Geschenknehmer vom Erwerb im Vertrauen auf den Grundbuchstand ausgenommen.
Die Revision der Beklagten ist im Ergebnis berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
A. Zur Schenkung durch die Schwester der Streitteile:
Die Klägerinnen haben ihr Begehren zwar auf alle in Betracht kommenden Rechtsgründe gestützt und unter diesen List, Irreführung und Irrtum sowie (groben) Undank besonders hervorgehoben, nach den Feststellungen des Erstgerichtes - die Klägerinnen seien lediglich bereit gewesen und hätten das auch zugesagt, der Beklagten und den übrigen Schwestern Anteile an den Liegenschaften „in den Auen“ zu schenken, jene Schwester, die sie um die Schenkung angegangen habe, sei indessen davon ausgegangen, daß ihnen die Klägerinnen die gesamte Erbschaft nach ihrem Bruder schenken wollten (Ersturteil, S. 15) - kommt aber wohl nur mehr Irrtum in Betracht; auch die Klägerinnen verfolgen in ihrer Revisionsbeantwortung keinen anderen Rechtsgrund mehr.
Sie verlangen die Rückabwicklung ihrer Schenkung, soweit die Beklagte nunmehr Eigentümerin der von ihnen geschenkten Liegenschaftsanteile ist, obwohl der Beklagten die klageweise zurückgeforderten Liegenschaftsanteile jeweils zur Hälfte von jener Schwester geschenkt wurden, die die streitverfangene Schenkung initiiert hatte und dabei in gleicher Weise wie die Beklagte (und zwei weitere Schwestern) bedacht worden war. Die Klägerinnen haben den Schenkungsvertrag, soweit er diese Schwester betrifft, bisher nicht angefochten, ihrem Vorbringen in erster Instanz kann nicht einmal entnommen werden, daß sie den Irrtum dieser gegenüber wenigstens außergerichtlich geltend gemacht hätten.
Es ist aber Sache des vom Irrtum betroffenen Vertragsteils, den Willensmangel geltend zu machen; solange er von dem ihm gesetzlich an die Hand gegebenen Gestaltungsrecht keinen Gebrauch macht, bleibt der Vertrag aufrecht (SZ 54/7 uva). Die Anfechtung wegen Irrtums ist stets gegen den Vertragspartner (bzw dessen Gesamtrechtsnachfolger) zu richten; das gilt selbst dann, wenn der Vertragspartner die Rechte aus dem Vertrag an einen Dritten übertragen hat (vgl nur etwa Mayer-Maly in MünchK2 § 143 Rz 16 bzw Palandt-Heinrichs, BGB53 § 143 Anm 4 mwN). Wenngleich dieser Rechtssatz im Gesetz - anders als in § 143 Abs 2 BGB - nicht ausdrücklich ausgesprochen ist, kann es doch nicht zweifelhaft sein, daß sich die mit der Anfechtung (bzw Vertragskorrektur) verbundene Rechtsgestaltung (Aufhebung bzw Umgestaltung) auf den Vertrag beschränkt, der unter Irrtum zustande gekommen ist. Hat der Vertragspartner seine Rechte aus dem Vertrag - im besonderen, wie hier, das aufgrund des Vertrags erworbene Eigentumsrecht - an Dritte weiterveräußert, so kann der vom Willenmangel Betroffene die Sache dem Dritten erst nach erfolgreicher Anfechtung des Vertrags mit seinem Partner abfordern, sofern dieser das Eigentum nicht nach den Bestimmungen über den Erwerb vom Nichtberechtigten (etwa im Vertrauen auf den Grundbuchstand, durch Ersitzung usw.) originär erworben hat. Da die Anfechtung wegen Irrtums zur Aufhebung des Vertrags ex tunc führt, fällt, sofern aufgrund des angefochtenen Vertrags eine Sache übereignet wurde, mit der Anfechtung der Titel mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt der Übereignung weg, sodaß diese - als kausales Geschäft - damit ungültig wird; diese dingliche Wirkung der Irrtumsanfechtung hat zur Folge, daß Eigentümer nach wie vor jener ist, der die Sache aufgrund des angefochtenen Vertrags übereignen wollte (Koziol-Welser, Grundriß9 I 122 mwN). Daraus folgt aber umgekehrt, daß der Vertrag solange einen zureichenden Rechtsgrund für die Übereignung bildet, als er nicht dem Vertragspartner gegenüber aufgehoben wurde. Demgemäß hat die Schwester der Streitteile, die die Klägerinnen zur Schenkung veranlaßte, die ihr geschenkten Liegenschaftsanteile der Beklagten aufgrund des zwischen diesen zustande gekommenen Schenkungsvertrags wirksam übereignet; diese Übereignung hält dem Begehren der Klägerinnen auf Einwilligung in die Einverleibung des Eigentumsrechts auf einem Sechzehntel-Anteil an den genannten Liegenschaften daher stand: Die Klägerinnen haben den Schenkungsvertrag mit der Schwester der Streitteile dieser gegenüber nicht angefochten; den Schenkungsvertrag zwischen dieser und der Beklagten anzufechten, entbehren sie hingegen der Sachlegitimation, ganz abgesehen davon, daß sie diesen Vertrag berührende Anfechtungsgründe im gesamten Verfahren nicht ins Treffen geführt haben. Ist aber die Übereignung von der Schwester an die Beklagte wirksam, weil sie auf einem (bis jetzt jedenfalls) wirksamen Titel beruht, ist auch die Berufung auf die Entscheidung in JBl 1990, 314, verfehlt, steht doch der Grundbuchstand mit der (derzeitigen) materiellen Rechtslage in Einklang.
In diesem Umfang ist das Klagebegehren daher in Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen abzuweisen.
B. Zur Schenkung durch die Klägerinnen:
Das Erstgericht stellte hiezu fest (Ersturteil, S. 8 ff und 15), die Schwester der Streitteile habe die Klägerinnen zur Schenkung deren Erbteile nach ihrem Bruder an sie, die Beklagte und zwei weitere Schwestern bewegen wollen, die Klägerinnen hätten sich jedoch lediglich zur Schenkung der Grundstücke „in den Auen“ bereit erklärt, wogegen die Schwester der Streitteile davon ausgegangen sei, daß die Klägerinnen das gesamte Erbe nach ihrem Bruder zu schenken bereit seien. Sie habe deshalb die Beklagte von der Bereitschaft der Klägerinnen verständigt, und diese habe daraufhin ihren Sohn, einen Rechtsanwalt, veranlaßt, einen entsprechenden verbücherungsfähigen Schenkungsvertrag auszuarbeiten. Der Legalisator habe den Klägerinnen den Vertrag mit dem Bemerken, es handle sich um einen Schenkungsvertrag, und nach Verlesung der Grundstücksnummern zur Fertigung vorgelegt, denen daher nicht klar gewesen sei, daß sie neben den Grundstücken „in den Auen“ auch ihre „Heimat“ verschenkten.
Das Gericht zweiter Instanz erkannte zwar die in diesem Geschehen darin, daß die Klägerinnen den ihrem Schenkungswillen nicht entsprechenden Vertragsentwurf ungelesen unterfertigten, gelegene irrtumsrechtliche Problematik, hat sie aber - wie noch darzustellen sein wird - in Abweichung von der erstinstanzlichen Sachverhaltsgrundlage gelöst, obwohl es trotz Beweisrüge keine Beweiswiederholung durchgeführt hatte:
Vorauszuschicken ist, daß der Schenkungsvertrag erst mit der Unterfertigung der schriftlichen Vertragsurkunde, in der die zur Wirksamkeit mangels Notariatsakts (§ 1 Abs 1 lit d NZwG) unerläßliche außerbücherliche Übergabe beurkundet ist, zustandekam; die mündlichen Vertragsgespräche mit der Schwester der Streitteile endeten, soweit nicht ohnedies ein Dissens vorlag (Ersturteil, S. 15), lediglich in der Zusicherung einer Schenkung durch die Klägerinnen, an die sie mangels Formwirksamkeit (§ 943 ABGB) noch nicht gebunden waren.
Ist der Inhalt einer Vertragsurkunde anders, als ihn sich der Unterzeichnende vorgestellt hat, so ist nach herrschender Auffassung (SZ 58/183; JBl 1982, 197; ZAS 1973/29 ua; Koziol-Welser aaO; Rummel in Rummel, ABGB2 § 871 Rz 8) zu unterscheiden: Hatte der Unterfertigende eine klare Vorstellung vom Urkundeninhalt, war er also überzeugt, daß darin das mündlich Abgemachte festgeschrieben sei, so unterlag er damit einem Erklärungsirrtum, der ihn bei Zutreffen der übrigen Voraussetzungen zur Anfechtung berechtigt. Hatte er dagegen keine genaue Vorstellung vom Inhalt des Schriftstücks, nahm er den (fremdbestimmten) Inhalt also bewußt in Kauf, so bleibt ihm die Irrtumsanfechtung - abgesehen vom hier nicht ins Treffen geführten Fall ungewöhnlicher Klauseln (vgl dazu aber Rummel aaO) - verwehrt. Das Berufungsgericht unterstellte das irrtumsrechtlich relevante Verhalten der Klägerinnen der ersteren Alternative, weil sie „zu Recht davon“ ausgegangen seien, Gegenstand des schriftlichen Schenkungsvertrags sei nur das mündlich Vereinbarte, also die Schenkung der Grundstücke „in den Auen“. Mit Recht rügt die Beklagte diese Feststellung, die das Gericht zweiter Instanz ohne Beweiswiederholung abweichend von der erstinstanzlichen Sachverhaltsgrundlage getroffen hat: Das Erstgericht stellte zunächst summarisch fest, den Klägerinnen sei „nicht klar“ gewesen, daß sie auch ihre „Heimat“ verschenkten (S. 10), traf aber dann - die Persönlichkeit der einzelnen Klägerinnen beleuchtend - fest (S. 11 ff), die Erstklägerin habe den Vertragsinhalt „zu wenig genau gekannt“ und ebenso wie die Zweitklägerin mangels genauer Erläuterungen nicht „genügend erfaßt“; der von einem Zentralinsult und in dessen Gefolge von einer neurotischen Depression und einem organischen Psychosyndrom betroffenen Drittklägerin müßten „ebenso wie den beiden übrigen Klägerinnen“ juristische Vertragswerke deutlich, mit lauter Stimme, ausführlich und wiederholt erklärt werden, was aber anläßlich der Vertragsunterfertigung nicht geschehen sei. Von welchen Vorstellungen die Klägerinnen bestimmt waren, als sie unterschrieben, kann daher den erstinstanzlichen Feststellungen gerade nicht mit der gebotenen Deutlichkeit entnommen werden.
Das Berufungsgericht ist deshalb gerade von jenen erstinstanzlichen Feststellungen, die für die Beurteilung des behaupteten Irrtums von ausschlaggebender Bedeutung sind, ohne Beweiswiederholung abgegangen; darin liegt eine Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes und damit ein Mangel des Berufungsverfahrens, dem das Gewicht einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechts im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukommt (SZ 57/142 ua). Da aber auch die dargestellten erstinstanzlichen Feststellungen zu einer verläßlichen Beurteilung der streitentscheidenden Frage, ob den Klägerinnen trotz unbesehener Unterfertigung der Vertragsurkunde das Recht zur Anfechtung des Schenkungsvertrags mit der Beklagten wegen Irrtums zuzubilligen ist, nicht ausreichen, bedarf es einer Verbreiterung der Sachverhaltsgrundlage in erster Instanz, sodaß die Rechtssache unter Aufhebung beider vorinstanzlichen Entscheidungen an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen ist.
Im fortgesetzten Verfahren wird das Erstgericht auch die im folgenden erörterten rechtlichen Gesichtspunkte zu beachten haben: Die Klägerinnen haben zwar behauptet, sie seien bei Vertragsabschluß einem wesentlichen (Erklärungs-)Irrtum unterlegen, sie haben aber nicht vorgebracht, daß wenigstens eine der Voraussetzungen des § 871 ABGB vorliege. Das Gericht zweiter Instanz hat wohl unterstellt, daß der Irrtum von der Beklagten bzw von einer Person, für die sie einzustehen habe, veranlaßt worden sei, läßt indessen für diese Schlußfolgerung jedwede Begründung vermissen.
Vorerst ist zu prüfen, ob § 871 ABGB auch auf unentgeltliche Geschäfte unter Lebenden anzuwenden ist. Vorauszuschicken ist, daß der von den Klägerinnen behauptete Irrtum - die Vorstellung, daß die Vertragsurkunde nur die Schenkung der Grundstücke „in den Auen“ zum Inhalt habe - ein Erklärungsirrtum ist, der jedenfalls dort beachtlich ist, wo auch der Motivirrtum von Bedeutung ist. Die ältere Lehre (Strohal in GrünhutsZ 9, 90; Pfersche, Die Irrtumslehre des österreichischen Privatrechts (1891), 231 f; Pisko in Klang1 II/2, 356; Ehrenzweig2 II/1, 231 f; Gschnitzer in Klang2 , IV/1, 332) erblickt im dritten Satz des § 901 ABGB eine Gesamtverweisung auf die Irrtumsregeln des Testamentsrechts (§§ 570 ff ABGB), sodaß unentgeltliche Verträge wegen Geschäfts- bzw des ihm gleichgestellten Motivirrtums nach § 572 ABGB - und daher ohne die Voraussetzungen des § 871 ABGB - anfechtbar seien. Sei schon die Anfechtung wegen Motivirrtums an keine weitere Voraussetzung gebunden, so müsse das umso mehr beim Geschäftsirrtum gelten.
Auch die Rechtsprechung scheint sich diese Auffassung zu eigen gemacht zu haben, ohne daß dies immer mit der gebotenen Deutlichkeit zum Ausdruck gebracht worden wäre: In SZ 12/232 wird ein Kalkulationsirrtum als Motivirrtum beurteilt, der bei unentgeltlichen Geschäften die Anfechtung ohne jede weitere Voraussetzung trage; den einer solchen Zuwendung anhaftenden Geschäftsirrtum scheint diese Entscheidung dagegen offensichtlich § 871 ABGB zu unterstellen. In EvBl 1955/289 wurde die Anfechtbarkeit eines Erbverzichtsvertrags wegen eines Motivirrtums bejaht; es sei unbeachtlich, ob dem Anfechtungsgegner das ausschließliche Motiv bekannt sei oder nicht. In SZ 40/27 wird ganz allgemein ausgeführt, bei unentgeltlichen Geschäften sei die „Willenstheorie“ maßgeblich, es komme daher darauf an, was der Erklärende wolle und nicht, was er tatsächlich erkläre. Nach SZ 48/9 rechtfertigt der Motivirrtum die Anfechtung, ohne daß der andere Teil das Motiv anerkannt oder dem gar zugestimmt habe. In JBl 1989, 446 findet sich der Hinweis, der im näher zitierten Schrifttum vertretenen Auffassung, daß Voraussetzung der Anfechtung lediglich die Kausalität des Irrtums (Beweggrundes) sei, könne „höchstens“ dort gefolgt werden, wo kein weiteres wesentliches Motiv übrig bleibe.
In Arb 7268 band der Oberste Gerichtshof die Anfechtung des unentgeltlichen Verzichts wegen Irrtums dagegen doch an die Voraussetzungen des § 871 ABGB.
Nach neuerer Auffassung müssen dagegen beim Motivirrtum - und damit auch beim Geschäftsirrtum - als Grund der Anfechtung eines unentgeltlichen Vertrags die Voraussetzungen des § 871 Abs 1 ABGB erfüllt sein. Kerschner (Irrtumsanfechtung insbesondere beim unentgeltlichen Geschäft (1984), 109 ff) führt in diesem Zusammenhang aus:
§ 871 ABGB differenziere nicht zwischen entgeltlichen und unentgeltlichen Rechtsgeschäften. Erst die §§ 917 ff ABGB gälten laut Überschrift nur für entgeltliche Verträge. Wo die freigiebigen Verträge anders beurteilt werden sollen, sei es jeweils gesondert angeordnet. Der Geschäftsirrtum bei unentgeltlichen Verträgen bleibe weiterhin in § 871 ABGB geregelt. Auch die historische Interpretation lasse darüber keinen Zweifel, seien doch bei den Beratungen gerade Schenkungsfälle als Demonstrationsbeispiele verwendet worden. Die Erweiterung der Anfechtbarkeit unentgeltlicher Rechtsgeschäfte sei daher unter diesem Gesichtspunkt zu verstehen, wenngleich der Gesetzgeber eine Besserstellung des unentgeltlich Zuwendenden habe bezwecken wollen, da er auch den Motivirrtum für beachtlich erklärt habe. Daß aber § 901 ABGB nicht auch die Geschäftsirrtumsfälle habe erfassen sollen, ergebe die systematische Interpretation. Einerseits sei diese Gesetzesstelle selbst mit „Bewegungsgrund“ überschrieben, andererseits sei sie im Abschnitt über „Nebenbestimmungen bei Verträgen“ eingereiht. Die herrschende Auffassung sei darin abzulehnen, daß mit der Formulierung „die bei den letzten Anordnungen gegebenen Vorschriften“ in § 901 dritter Satz ABGB ein Gesamtverweis auf das testamentarische Irrtumsrecht gewollt sei, sodaß auch der Geschäftsirrtum nach § 570 zu beurteilen sei. Bei der Abgrenzung des § 572 ABGB dürfe der systematische Bezug des § 901 ABGB nicht vernachlässigt werden. Daß damit nicht die Regeln über die Bedingungen erfaßt seien, ergebe sich aus § 897 ABGB, der schon allgemein, also auch für unentgeltliche Verträge, auf das Erbrecht verweise. In § 901 ABGB sei ausdrücklich auch der Endzweck, das Gegenstück zum Beweggrund, mitgeregelt. Dieser sei gerade bei unentgeltlichen Geschäften über eine Auflagenerteilung erfaßbar. Auch historisch sei die Gleichsetzung des Endzwecks mit dem, was man heute als Auflage verstehe, völlig eindeutig. Mit der Abänderung des § 572 ABGB gegenüber dem Urentwurf könne daher nur die gegenüber dem ursprünglich alleinigen Verweis auf die Motivirrtumsregelung zusätzliche Anwendung der Vorschriften über die Auflage im Erbrecht beabsichtigt gewesen sein. Auch wenn man § 570 ABGB vom Verweis als nicht erfaßt erachte, bleibe § 901 letzter Satz ABGB daher sinnvoll. Der Verweis auf § 572 ABGB bewirke zur Regelung des Geschäftsirrtums einen Wertungswiderspruch: Der Motivirrtum wäre ohne weiteres beachtlich, der Geschäftsirrtum nur bei Zutreffen der Voraussetzungen des § 871 ABGB. Bei der Auflösung dieses Widerspruchs dürfe der Unterschied zwischen der letztwilligen Verfügung und dem Rechtsgeschäft unter Lebenden nicht unberücksichtigt bleiben. Entscheidend bleibe für die Bereinigung des Wertungswiderspruchs die Interessenlage der Beteiligten. Diese spreche klar für den gegenüber der herrschenden Auffassung gegenteiligen Größenschluß: Wenn schon beim Geschäftsirrtum Vertrauenschutz gelte, müsse dies umso mehr für den Motivirrtum gelten. Die herrschende Auffassung verkenne einerseits die unterschiedliche Vertrauenslage bei letztwilligen Erklärungen und Verträgen unter Lebenden und leite aus Normen wie den § 901 und § 915 ABGB, die den unentgeltlich Erwerbenden benachteiligen, die Berechtigung zu weiteren Benachteiligungen ab, ohne zu fragen, ob nicht mit den klaren gesetzlichen Anordnungen der unterschiedlichen Interessenlage ohnehin genügend entsprochen sei. Das Prinzip, den weniger Geschützten auch des letzten Schutzes zu entkleiden, müsse dort seine Grenze finden, wo die Vertragsnatur in ihrer Substanz betroffen sei. Durch die dritte Teilnovelle seien die Anfechtungsmöglichkeiten des Irrenden beträchtlich erweitert worden. Im Ergebnis sei daher auch bei den unentgeltlichen Verträgen die Vertrauenstheorie gültig, wenngleich abgeschwächt und modifiziert durch die allgemeine Beachtlichkeit des Motivirrtums gegenüber den Verkehrsgeschäften.
Diesen Ausführungen pflichtet Apathy (in Schwimann, ABGB, § 901 Rz 3) bei; auch Rummel (aaO § 901 Rz 9), der noch in JBl 1976, 628, bemerkt hat, sei der Irrtum (bei der Schenkung) wesentlich und kausal, so komme es auf die Voraussetzungen des § 871 ABGB nicht an, hält sie für beachtliche Argumente.
Nach eingehender Prüfung der für und gegen die Meinung Kerschners sprechenden Argumente vermag sich auch der erkennende Senat dessen Schlußfolgerungen nicht mehr zu verschließen: Zwar wird das Vertrauen des Empfängers bei unentgeltlichen Geschäften ganz allgemein schwächer geschützt, doch darf bei der Anwendung dieses Grundsatzes, der vom Gesetz ohnedies durch die Beachtlichkeit des Motivirrtums und in der Auslegungsregel des § 915 erster Satz ABGB gebührend berücksichtigt wird, nicht über das Ziel geschossen werden: Auch der Beschenkte vertraut auf die Rechtsbeständigkeit des Schenkungsvertrags, wenn er angesichts der Zuwendung weitere Verfügungen trifft oder Abschlußgelegenheiten fahren läßt, die er ohne diese Zuwendung nicht oder doch nicht so getroffen bzw ausgelassen hätte; von solchen Dispositionen (oder deren Unterlassung) wird nicht selten nicht nur der Vermögenszuwachs, sondern auch das übrige Vermögen des Beschenkten betroffen. Kann ein dem Beschenkten bis dahin völlig verborgener Beweggrund vom Geschenkgeber erfolgreich ins Treffen geführt werden, kann in Wahrheit der in § 946 ABGB verankerte Grundsatz der Unwiderruflichkeit der Schenkung unterlaufen werden, ohne daß die strengen Voraussetzungen für den groben Undank (§ 948 ABGB) unter Beweis gestellt werden müßten.
Da sich der Geschenkgeber erfahrungsgemäß nicht selten nur in einer Gefühlsaufwallung oder deshalb, weil er dem Beschenkten die Bitte nicht abschlagen will, zu Zuwendungen bestimmen läßt, die, hätte er deren Folgen bedacht, vielleicht unterblieben oder doch geringer ausgefallen wären, ist angemessener Übereilungsschutz angezeigt, den der Gesetzgeber aber ohnedies durch strenge Formvorschriften eingeführt hat. Demgegenüber wollten die Gesetzesverfasser aber auch dem Beschenkten entsprechenden Schutz angedeihen lassen, was Zeiller (Comm 3/1, 165) so zum Ausdruck bringt: Das Gesetz sorge dafür, daß Schenkungen nicht übereilt erfolgen. Sind sie aber mit Überlegung geschehen, so erregten sie Erwartungen, in denen der Beschenkte, der danach oft wichtige Vorkehrungen treffe, nicht getäuscht werden solle. Schenkungen seien daher in der Regel unwiderruflich. Bezeichnenderweise finden sich in den Materialien zu § 871 ABGB daher auch gerade Schenkungsfälle als Beispiele (Ofner, Prot II 13 f).
Diese Erwägungen im Verein mit den übrigen interpretativen Argumenten Kerschners lassen den erkennenden Senat den Schlußfolgerungen dieses Autors beitreten: Auch für die unentgeltlichen Verträge ist die Vertrauenstheorie maßgeblich; den Verkehrsgeschäften gegenüber wird sie aber durch die allgemeine Beachtlichkeit des Motivirrtums abgeschwächt.
Die Klägerinnen können demnach, soweit sie den behaupteten Erklärungsirrtum überhaupt unter Beweis zu stellen vermögen, den Schenkungsvertrag mit der Beklagten nur dann mit Erfolg anfechten, wenn zumindest eine der Voraussetzungen für dessen Beachtlichkeit in § 871 ABGB erfüllt ist. Dieser Beweis wäre nach der erstinstanzlichen Sachverhaltsgrundlage indessen erbracht:
Die Schwester der Streitteile hat nach den erstinstanzlichen Feststellungen die Aufnahme des gesamten Erbteils des Bruders der Streitteile als Gegenstand der Schenkung in die Vertragsurkunde verursacht, obwohl sich die Klägerinnen bloß zur Schenkung ihrer Anteile „in den Auen“ bereit erklärt hatten (Ersturteil, S. 9). War die Schwester auch davon „ausgegangen“ (Ersturteil, S. 15), daß die Klägerinnen den gesamten Erbteil verschenken wollten, so könnte die entsprechende Benachrichtigung der Beklagten somit doch nur auf eine Fehlbeurteilung der von den Klägerinnen geäußerten Schenkungsabsicht zurückzuführen sein, sodaß diese Schwester der Klägerinnen damit deren allfällige unrichtige Vorstellung, der Inhalt der Urkunde gebe deren erklärte Absicht wieder, zweifelsohne adäquat verursacht, demnach den darin liegenden Erklärungsirrtum der Klägerinnen im Sinne des § 871 erster Fall ABGB veranlaßt hätte. Aus denselben Erwägungen hätte der Schwester der Streitteile aber auch ein solcher Irrtum bei entsprechender Sorgfalt auffallen müssen. Ob auch die rechtzeitige Aufklärung des Irrtums, die nach der aktenkundigen Sachlage keineswegs ausgeschlossen erscheint, anzunehmen und den Klägerinnen die Redintegration (Anfechtung gegen Ersatz des Vertrauensschadens) zuzubilligen wäre (vgl die durchaus beachtenswerten Ausführungen Kerschners aaO S. 128 ff unter Berufung auf Ehrenzweig I/12, 234, und Bydlinski, Privatautonomie, 179 ff), muß deshalb nicht mehr geprüft werden.
Soweit aber die Veranlassung des Irrtums nur der Schwester der Streitteile zur Last fällt oder der Irrtum der Klägerinnen bloß ihr hätte auffallen müssen, ist ferner noch die Frage zu prüfen, ob sie der Beklagten als Hilfsperson bei der Anbahnung bzw beim Abschluß des Schenkungsvertrages zwischen den Streitteilen zuzurechnen ist. Werden die Irrtumsregeln in den §§ 870 bis 876 ABGB auch auf unentgeltliche Verträge angewendet, so ist folgerichtig auch § 875 ABGB zu beachten (vgl Kerschner aaO 131). Mit Iro (in JBl 1982, 470 ff und 510 ff, insbesondere 514 ff) ist die Veranlassung des Irrtums des Vertragspartners nur dann zuzurechnen, wenn die Erklärung des Gehilfen, die dazu führte, erkennbar zu seinem Aufgabenbereich beim Zustandekommen des Vertrags gehörte; für die sorglose Verkennung der Fehlvorstellung des Vertragspartners hat der Geschäftsherr nur dann einzustehen, wenn die Tätigkeit des Gehilfen typischerweise hiezu die Möglichkeit gewährt. Daß beides auf die Schwester der Streitteile zutrifft, kann nicht fraglich sein, hat sie doch die Klägerinnen nach den erstinstanzlichen Feststellungen gerade deshalb aufgesucht, um sie zur Schenkung des Erbteils des Bruders an sie und ihre Schwestern zu bewegen, weil sie und die Beklagte der Ansicht waren, dieses Vermögen gebühre ihnen, und sie das (vermeintliche) Ergebnis auch sorglos der Beklagten bekanntgab, damit diese ihren Sohn zur Verfassung einer entsprechenden Vertragsurkunde veranlassen sollte. Daraus kann nur der Schluß gezogen werden, daß die Schwester der Streitteile nicht nur für sich handelte, sondern, soweit sie Interessen der Beklagten wahrnahm, auch für diese als Verhandlungsführerin, mindestens aber als Empfangsbotin tätig war, sodaß der Beklagten das Verhalten ihrer Schwester so zuzurechnen ist, als ob sie selbst gehandelt hätte (SZ 54/88 uva).
Zusammenfassend ist daher festzuhalten, daß das Erstgericht im fortgesetzten Verfahren im dargelegten Sinn zu ermitteln haben wird, ob die Klägerinnen bei Unterfertigung der Vertragsurkunde einem (Erklärungs-)Irrtum unterlagen, weil sie - wie sie behauptet haben - davon überzeugt waren, die nicht gelesene Urkunde gebe nur ihre der Schwester der Streitteile bekanntgegebene (eingeschränkte) Schenkungsabsicht wieder. Würde danach ein solcher Erklärungsirrtum festgestellt werden, erwiese sich die Irrtumsanfechtung - soweit diese den Schenkungsvertrag zwischen den Streitteilen betrifft - als erfolgreich, obwohl sie, abgesehen von der Beachtlichkeit eines hier nicht zu erörternden Motivirrtums, den Regeln der §§ 870 bis 875 ABGB zu unterwerfen ist, weil die Schwester der Streitteile beim Zustandekommen des Schenkungsvertrages als Gehilfin der Beklagten zuzurechnen ist und den Erklärungsirrtum nicht nur veranlaßt hätte, sondern ihr dieser auch jedenfalls hätte auffallen müssen.
Demgemäß ist der Revision Folge zu geben; das Klagebegehren ist mittels Teilurteils abzuweisen, soweit die Klägerinnen die Schenkung der Schwester der Streitteile an die Beklagte anfechten. Im übrigen sind die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben; das Erstgericht wird in diesem Umfang das Verfahren im aufgezeigten Sinn zu ergänzen und danach neuerlich zu entscheiden haben.
Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 und 2 iVm § 392 Abs 2 ZPO.