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OGH 21.02.2014, 5Ob21/14w

OGH 21.02.2014, 5Ob21/14w

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers J***** G*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Albrecht, öffentlicher Notar in Neumarkt, wegen Anmerkung der Herrenlosigkeit ob EZ 483 GB *****, aus Anlass des Revisionsrekurses der Marktgemeinde T*****, vertreten durch Dr. Walter Mayrbäurl, öffentlicher Notar in Thalgau, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , AZ 53 R 262/13f, mit dem der Rekurs der Marktgemeinde T***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Thalgau vom , TZ 2077/2013, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Akten werden dem Erstgericht zurückgestellt.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1.1. Nach § 1 Abs 1 Satz 1 ERV können alle Eingaben und Beilagen von Eingaben an Gerichte und Staatsanwaltschaften nach Maßgabe der §§ 5, 8a, 9, 10 und 10a ERV elektronisch eingebracht werden. Gemäß § 5 Abs 1 ERV müssen elektronisch eingebrachte Eingaben und elektronisch zuzustellende Erledigungen sowie Beilagen der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs 2 ERV entsprechen. Eingaben und Erledigungen können grundsätzlich auch als PDF-Anhang entsprechend der Schnittstellenbeschreibung nach § 5 Abs 2 ERV übermittelt werden.

1.2. Nach § 5 Abs 2 ERV hat das Bundesministerium für Justiz eine Beschreibung über die Art der Datenübermittlung, der vollständigen Datenstruktur, der zulässigen Beilagenformate, einschließlich der Regeln über die Feldinhalte und den höchstzulässigen Umfang für alle elektronischen Eingabe- und Erledigungsarten (Schnittstellenbeschreibung) auf der Website „www.edikte.justiz.gv.at“ bekannt zu machen. Darüber hinaus haben die Übermittlungsstellen allfällige Spezifikationen der von ihnen angebotenen Zusatzdienste auf ihrer Website zu veröffentlichen.

1.3. Gemäß § 10 Abs 1 Satz 1 ERV können auch Eingaben und Beilagen im Grundbuchverfahren elektronisch eingebracht werden.

2. Nach § 89c Abs 5 Z 1 GOG idF BGBl I 2012/26 sind Rechtsanwälte und Notare - nach Maßgabe der technischen Möglichkeiten - zur Teilnahme am Elektronischen Rechtsverkehr verpflichtet. Ein Verstoß gegen diese Bestimmung ist wie ein Formmangel zu behandeln, der zu verbessern ist (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26). Für Eingaben eines Rechtsanwalts oder Notars ab dem maßgeblichen Stichtag (§ 98 Abs 15 Z 1 GOG), die - wie hier der Revisionsrekurs der Marktgemeinde - auf dem Postweg und nicht im Elektronischen Rechtsverkehr eingebracht werden, ist demnach ein Verbesserungsverfahren durchzuführen. Die bisherige Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0124215; RS0124335; RS0124555), die in der nicht auf elektronischem Weg eingebrachten Eingabe keinen die geschäftsordnungsgemäße Behandlung hindernden Formmangel erkannte und von einem folgenlosen Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift ausging, kann infolge Änderung der Rechtslage für solche Eingaben seit nicht mehr aufrecht erhalten werden. In gewollter Abkehr von dieser Judikatur müssen die im neu gefassten § 89c Abs 5 GOG idF BGBl I 2012/26 genannten ERV-Teilnehmer/innen in Hinkunft den Elektronischen Rechtsverkehr zwingend verwenden (ErläutRV 1676 BlgNR 24. GP 3). Das gesetzwidrige Absehen von der Nutzung des Elektronischen Rechtsverkehrs durch zur Nutzung Verpflichtete soll - als Verletzung einer zwingend einzuhaltenden Formvorschrift (§ 89c Abs 6 GOG idF BGBl I 2012/26) - zu einem Verbesserungsverfahren und bei einem Ausbleiben der Verbesserung zur Zurückweisung der Eingabe führen (JAB 1699 BlgNR 24. GP 1; RIS-Justiz RS0128266).

3. Die Rechtsmittelwerberin hat vorliegend den Revisionsrekurs nicht im Elektronischen Rechtsverkehrs eingebracht. Dies wäre im Lichte der zuvor beschriebenen Rechtslage nur dann zulässig, wenn dafür die technischen Möglichkeiten fehlten. Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden:

3.1. Nach den „Neuerungen im Grundbuch ERV“ (Dateiname: GB_NeuerungenERV.doc Dok-Version: 1.5 vom ; http://www.edikte.justiz.gv.at/edikte/km/kmhlp
05.nsf/all/gbneu!OpenDocument) wurden „aus Gründen der Übersichtlichkeit“ (...) für die GB-Version 1.5 gegenüber der in Produktion befindlichen GB-ERV-Version 2.0v unter 4.1.2 näher aufgelistete Strukturelemente aus den Schemadateien entfernt, darunter auch die (auch bislang nicht freigeschaltet gewesene) „Folgeeingabe/Rekurs, Folgeeingabe/
Zurückziehung“. Daraus folgt zunächst, dass im Grundbuchverfahren eine gesonderte Struktur für die Einbringung eines Rechtsmittels nicht zur Verfügung steht.

3.2. ERV-technisch sind Rechtsmittel im Grundbuchverfahren allerdings keine Folgeanträge (keine Eingabe unter der bisherigen TZ); vielmehr sind Rechtsmittel als „sonstige/sonstige Neueintragung“ (neue TZ) erforderlichenfalls verbunden mit einem in einem GOG-Archiv zu hinterlegenden PDF-Anhang einzubringen.

3.3. Es mag zwar zutreffen, dass der ERV-Grundbuch eine eigene Anwendung bildet und nicht als Bestandteil des ERV-Verfahrensautomation Justiz (VJ) anzusehen ist; im vorliegenden Kontext geht es allerdings ausschließlich um die Einhaltung des § 89c Abs 5 GOG, welche Bestimmung nicht zwischen einzelnen ERV-Anwendungen unterscheidet. Solange daher für ein Rechtsmittel in Grundbuchsachen keine gesonderte Struktur zur Verfügung steht, welche gemäß § 10 Abs 3 ERV 2006 zwingend einzuhalten wäre, wird dem § 89c Abs 5 GOG auch dadurch entsprochen, dass das Rechtsmittel im ERV-Verfahrensautomation Justiz (VJ) als „sonstige Ersteingabe“ mit PDF-Anhang unter Bezugnahme auf die TZ des Erstgerichts eingebracht wird.

4. Demnach sind die Akten dem Erstgericht zurückzustellen, welches die Rechtsmittelwerberin gemäß § 75 Abs 2 AußStrG iVm § 10 Abs 4 AußStrG - § 82a GBG gilt nur das verfahrenseinleitende Grundbuchgesuch - unter Setzung einer angemessenen Frist zur Einbringung ihres Revisionsrekurses im Elektronischen Rechtsverkehr (im Sinn des Punktes 3.2. bzw 3.3.) aufzufordern haben wird. Wird die gesetzte Frist eingehalten, so gilt das Anbringen als zum ursprünglichen Zeitpunkt eingebracht (§ 10 Abs 5 Satz 1 AußStrG; zur ERV-Verbesserung im Grundbuchverfahren 5 Ob 80/13w; 5 Ob 78/13a; 5 Ob 53/13z; 5 Ob 47/13t uva).

Entscheidungstext

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers J***** G*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Albrecht, öffentlicher Notar in Neumarkt, wegen Einverleibung der Herrenlosigkeit ob der EZ 483 GB *****, über den Revisionsrekurs der Marktgemeinde T*****, vertreten durch Dr. Walter Mayrbäurl, öffentlicher Notar in Thalgau, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom , AZ 53 R 262/13f, mit dem der Rekurs der Marktgemeinde T***** gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Thalgau vom , TZ 2077/2013, zurückgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Ob der Liegenschaft EZ 483 KG *****, bestehend aus dem Grundstück 583/12 „Sonst (Straßen)“ mit einer Fläche von 1.175 m² ist das Alleineigentum des Antragstellers einverleibt. Dieses Grundstück ist aus der Teilung und Abschreibung des Grundstücks 583/3 zu einer neugebildeten EZ hervorgegangen. Am war im C-Blatt der EZ 483 die Dienstbarkeit der elektrischen Hochspannungsleitung und die Dienstbarkeit des Gehens und Fahrens zu Gunsten des abgeschriebenen Grundstücks 583/3 einverleibt.

Der Antragsteller begehrte mit seinem beim Erstgericht am eingelangten Gesuch unter Berufung auf seine notariell beglaubigte Erklärung vom die Eintragung der Herrenlosigkeit ob der EZ 483.

Die Erklärung vom hat auszugsweise folgenden Wortlaut:

„[...]

[Der Antragsteller] ist Alleineigentümer der EZ 483 Grundbuch [...], in der das Grundstück 583/12 vorgetragen ist. [Der Antragsteller] gibt hiermit sein Eigentum an diesem Grundstück auf und erklärt dieses für herrenlos.

[...]

[Der Antragsteller] erteilte seine Einwilligung, dass bei der Liegenschaft im Grundbuch [...] EZ 483 nachstehende Grundbuchshandlung vollzogen wird:

Die Einverleibung der Herrenlosigkeit.“

Das Erstgericht bewilligte das Gesuch.

Gegen diesen Beschluss erhob die Marktgemeinde T***** Rekurs, den das Gericht zweiter Instanz zurückwies. Neben dem (mit seinem Begehren gescheiterten) Antragsteller sei im Regelfall nur derjenige zum Rekurs legitimiert, der geltend machen könne, durch die bekämpfte Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt worden zu sein. Die Rekurswerberin betone, dass es sich bei dem Grundstück 583/12 um eine Privatstraße mit öffentlichem Recht handle und für die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen und Wege keine Grundsteuer zu entrichten sei. Dass bei Herrenlosigkeit einer Liegenschaft ein wirtschaftlicher Eigentümer nicht eruierbar sei, und daher ein Rechtsträger fehle, gegen den ein Bescheid erlassen werden könne, stehe der Preisgabe unbeweglicher Sachen nicht entgegen. Aus dem Grundsteuergesetz könne eine Legitimation der Rechtsmittelwerberin daher nicht abgeleitet werden, zumal dieses keine öffentlich-rechtlichen Schutzvorschriften enthalte, die die Dereliktion einer Liegenschaft untersagen würden. Ob sich aus dem Salzburger Landesstraßengesetz eine Rechtsmittellegitimation ergeben könnte und inwieweit der einschreitenden Gemeinde daraus eine Parteistellung zukäme, müsse nicht untersucht werden, weil die Rekurswerberin ausdrücklich betont habe, sich nicht auf eine Behördeneigenschaft nach dem Salzburger Landesstraßengesetz zu berufen.

Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Rekurslegitimation einer Gemeinde im Lichte des Grundsteuergesetzes betreffend einen Beschluss auf Eintragung der Herrenlosigkeit einer Liegenschaft fehle.

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der Rechtsprechung (5 Ob 126/98k NZ 1999, 166; RIS-Justiz RS0110725) und der herrschenden Lehre (Klang in Klang² II 256; Spielbüchler in Rummel, ABGB³ § 387 Rz 1; Klicka/Reidinger in Schwimann/Kodek, ABGB4 II § 387 Rz 1; Eccher in KBB³ § 387 Rz 1; Mader in Kletečka/Schauer, ABGB-ON 1.01 § 387 Rz 1; Höller in Kodek, Grundbuchsrecht § 4 GBG Rz 62 ff; Hoyer, Verbücherung und Dereliktion einer Liegenschaft, NZ 1999, 161 f) besteht die Möglichkeit der Preisgabe unbeweglicher Sachen und deren Aneignung. Bei verbücherten Liegenschaften muss nach den das österreichische Sachenrecht beherrschenden Grundsätzen (§ 444 ABGB) die Preisgabe des Eigentums im öffentlichen Buch eingetragen werden, was durch die Einverleibung der Herrenlosigkeit bewirkt wird (5 Ob 126/98k; RIS-Justiz RS0110726; auf die Einverleibung der Löschung des letztgenannten Eigentümers abstellend: Hoyer aaO). Auf die damit im Zusammenhang stehenden Fragen muss aus Anlass des Revisionsrekurses jedoch nicht näher eingegangen werden.

2. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass auch einer Behörde Rechtsmittellegitimation in Grundbuchsachen zukommen kann. So wurde die Rechtsmittellegitimation der Agrarbehörde bejaht, soweit diese mit ihrem Rechtsmittel die Einhaltung einschlägiger bundes- und/oder landesgesetzlicher Flurverfassungsbestimmungen gewährleisten will (RIS-Justiz RS0116135; RS0058963 [T4]; RS0006663 [T2]; RS0006805 [T1]; RS0006710 [T27]). Auch ist anerkannt, dass die Gemeinde im Grundbuchverfahren als Baubehörde erster Instanz rekurslegitimiert ist (1 Ob 67/54 SZ 27/30; RIS-Justiz RS0006691). Öffentliche Interessen können daher die Rechtsmittellegitimation im Grundbuchverfahren verschaffen (5 Ob 56/92: Abwehr von Grundbuchseintragungen, die unter Verletzung des § 31 Abs 3 StadtErnG bewilligt wurden).

3.1 Die einschreitende Gemeinde beruft sich auf diese Rechtsprechung und leitet ihre Rechtsmittellegitimation aus ihrer Eigenschaft als Abgabenbehörde ab. Dazu macht sie geltend, dass die Aufgabe seines Eigentumsrechts durch den Antragsteller dem Wegfall der Widmung der Privatstraße zum allgemeinen Verkehr gleichzuhalten sei, woraus sich das Wiederaufleben der Grundsteuerpflicht hinsichtlich dieses Grundstücks ergebe. Die Durchsetzung der Abgabenpflicht könne ihr nicht durch Aberkennung der Rekurslegitimation entzogen werden.

3.2 Nach § 1 Abs 1 Salzburger Landes-
straßengesetz 1972 (LStG 1972), LGBl 1972/119 idgF, sind die Bestimmungen dieses Gesetzes unter anderem auf dem öffentlichen Verkehr dienende Privatstraßen anzuwenden (lit d). Eine Privatstraße dient nach § 40 Abs 1 LStG 1972 dann dem öffentlichen Verkehr, wenn sie nicht durch äußere Kennzeichen (Abschrankungen, ausdrückliches Benützungsverbot usw) diesen Verkehr ausschließt. Eine solche Ausschließung darf soweit nicht erfolgen, als a) die Privatstraße durch den Grundeigentümer für den allgemeinen Verkehr dauernd gewidmet wurde, b) die Privatstraße in zumindest 20-jähriger Übung aufgrund eines dringenden Verkehrsbedürfnisses allgemein und ungehindert benutzt wurde.

3.3 Die Grundsteuer zählt nach § 14 Abs 1 iVm Abs 2 Finanzausgleichsgesetz 2008 (FAG 2008), BGBl 2007/103, zu den ausschließlichen Gemeindeabgaben. Nach § 2 Z 9 lit a Grundsteuergesetz 1955 (GrStG 1955), BGBl 1955/149 idgF, ist für die dem öffentlichen Verkehr dienenden Straßen, Wege, Plätze, Brücken, künstlichen Wasserläufe, Häfen und Schienenwege, einschließlich der Seitengräben, Böschungen, Schutzstreifen, Schneedämme und der zwischen den Gleisen oder Fahrbahnen liegenden Geländestreifen, keine Grundsteuer zu entrichten. Der Befreiungstatbestand des § 2 Abs 9 GrStG 1955 gilt unabhängig von den Eigentumsverhältnissen, weswegen auch die in Privatbesitz befindlichen Straßen, soweit sie dem öffentlichen Verkehr dienen, von der Entrichtung der Grundsteuer befreit sind ( AZ 08 6005/1-IV/8/04 [FINDOK-Erlass]).

4.1 Im Grundbuch ist das fragliche Grundstück Nr 583/12 als „Sonst (Straße)“ ausgewiesen. Diese Bezeichnung ist allerdings nur die Angabe der Benützungsart (entsprechend § 10 Abs 1 VermG samt Anhang zum VermG; siehe dazu auch Höller in Kodek, Grundbuchsrecht 1.01 § 2 GBG Rz 16), aus der aber nicht darauf geschlossen werden kann, dass das Grundstück eine Privatstraße ist, die dem öffentlichen Verkehr dient. Das ist gemäß § 40 Abs 1 LStG 1972 nur der Fall, wenn der öffentliche Verkehr nicht durch äußere Kennzeichen ausgeschlossen ist. Ob das zutrifft, wurde von der Rechtsmittelwerberin im Grundbuchverfahren nicht nachgewiesen.

4.2 Damit fehlt es schon an dem für das Grundbuchverfahren erforderlichen urkundlichen Nachweis, ob die betreffende Eigenschaft des Grundstücks 583/12 als eine dem öffentlichen Verkehr dienende Privatstraße tatsächlich gegeben ist (vgl 5 Ob 116/11m NZ 2012, 253 [Hoyer]). Folglich ist auch der von der Revisionswerberin zur Begründung ihrer Rekurslegitimation behauptete Wegfall der Widmung als Privatstraße und damit zusammenhängend die von ihr relevierte Änderung der Erhaltungspflicht für das Grundbuchverfahren nicht ausgewiesen. Ob damit allenfalls öffentliche Interessen angesprochen werden, deren Durchsetzung der einschreitenden Gemeinde obliegen, kann daher dahingestellt bleiben. Die Behauptung, die Dereliktionserklärung des Antragstellers diene der Entledigung von unliebsamen Verpflichtungen und damit zusammenhängend die Frage einer allfälligen Sittenwidrigkeit der Dereliktionserklärung kann im Grundbuchverfahren als einem reinen Urkundenverfahren nicht geklärt werden (vgl 5 Ob 102/08y: Sittenwidrigkeit eines Vertrags).

5. Schuldner der Grundsteuer ist nach § 9 Abs 1 Z 1 Satz 1 GrStG 1955 der Eigentümer oder, wenn der Steuergegenstand ein grundstückgleiches Recht ist, der Berechtigte. Gehört der Steuergegenstand mehreren, so sind sie Gemeinschuldner (§ 9 Abs 2 GrStG 1955). Ein öffentlich-rechtliches Verbot, das der Dereliktion von Liegenschaften entgegenstünde, kann daraus nicht abgeleitet werden. Zwar wurde die Dereliktion von Miteigentumsanteilen unter anderem mit der Begründung für unzulässig erkannt, weil die auf die Liegenschaft entfallenden Lasten von den übrigen Miteigentümern - die sich gegen die Dereliktion nicht zur Wehr setzen können - getragen werden müssten, und dazu beispielhaft auf die Gesamtschuldnerhaftung der Miteigentümer für die Grundsteuer nach § 9 Abs 2 GrStG 1955 verwiesen (5 Ob 105/11v SZ 2011/108). Auf diese Entscheidung kann sich die einschreitende Gemeinde zur Begründung ihrer Legitimation aber nicht berufen. Dass der Eigentümer einer Liegenschaft mit der Aufgabe seines Rechts nicht mehr Steuerschuldner im Sinne des § 9 Abs 1 Z 1 GrStG 1955 ist, und mit der Preisgabe bis zur Aneignung des Grundstücks durch einen Dritten kein Schuldner der Grundsteuer vorhanden sein mag, betrifft aus Sicht der sich auf ihre Eigenschaft als Abgabenbehörde berufenden Gemeinde rein wirtschaftliche Interessen, die aber keine Rechtsmittellegitimation verschaffen (RIS-Justiz RS0006497 [T2, T7 und T28]). Schon deshalb können die von der Revisionsrekurswerberin angestrengten Überlegungen zum Wegfall des Steuerbefreiungstatbestands nach § 2 Z 9 lit a GrStG 1955 infolge der Preisgabe des Eigentums durch den Antragsteller bzw dem dadurch nach ihrer Ansicht bewirkten Wiederaufleben der Grundsteuerpflicht eine Rechtsmittellegitimation nicht begründen. Diese Überlegungen sind in sich auch nicht schlüssig, bezweckt die einschreitende Gemeinde mit ihrem Revisionsrekursantrag - wie schon mit ihrem Rekursantrag - doch die Abweisung des Antrags auf grundbücherliche Eintragung der Dereliktion, was nach ihrem Vorbringen gerade dazu führen würde, dass der Befreiungstatbestand des § 2 Abs 9 GrStG 1955 weiterhin zum Tragen käme. Die Durchsetzung einer Abgabenpflicht für das Grundstück 583/12, wie sie sie zur Begründung ihrer Rechtsmittellegitimation geltend macht, wäre damit gerade nicht erreicht.

6. Auch sonstige Rechtsgrundlagen, die die Parteistellung und damit die Rechtsmittellegitimation der Revisionsrekurswerberin begründen könnten, sind nicht zu erkennen. Da das Rekursgericht das Rechtsmittel der einschreitenden Gemeinde damit zu Recht zurückgewiesen hat, ist auch dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

Zusatzinformationen


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Rechtsgebiet
Zivilrecht
Schlagworte
Grundbuchsrecht
ECLI
ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00021.14W.0221.000
Datenquelle

Fundstelle(n):
XAAAD-60646