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OGH vom 12.04.2011, 4Ob53/11i

OGH vom 12.04.2011, 4Ob53/11i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende sowie die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei U***** AG, *****, vertreten durch Mag. Claudia Lecher Tedeschi, Rechtsanwältin in Dornbirn, gegen die beklagte Partei H***** L*****, vertreten durch Dr. Arnold Trojer, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 89.229,13 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 235/10s 16, womit das Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom , GZ 4 Cg 29/10b 12, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen gaben der nach Zwangsversteigerung von als Kreditsicherheit dienenden Liegenschaften der Beklagten aushaftenden Kreditrestforderung statt. Die Restforderung umfasste auch 7.350,60 EUR Honorar für ein von der Klägerin im Zwangsversteigerungsverfahren mit der Bewerbung der Liegenschaft betrautes Immobilienbüro. Die Gegenforderung der Beklagten von 54.000 EUR erachteten sie hingegen als unberechtigt. Die Beklagte hatte dazu ausgeführt, die Klägerin habe einen Freihandverkauf mit mehr Erlös in dieser Höhe vereitelt.

Die Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO geltend, es fehle Rechtsprechung zur Frage, ob die kreditgewährende Bank aufgrund gesetzlicher Sorgfaltspflichten oder vertraglicher Vereinbarung verpflichtet sei, dem Kreditnehmer in angemessener Frist einen Freihandverkauf der Pfandliegenschaft anstelle der Zwangsversteigerung zu ermöglichen.

Rechtliche Beurteilung

Eine gesetzliche Verpflichtung, wonach die eine titulierte Kreditforderung betreibende Bank eine bewilligte Zwangsversteigerung der verpfändeten Liegenschaft aufzuschieben hätte, um dem Verpflichteten einen Freihandverkauf zu ermöglichen, behauptet die Beklagte nicht, sie ist auch nicht ersichtlich. Die erwähnte Aufschiebungsnorm (§ 45a EO) ermöglicht die kurzfristige Aufschiebung eines Zwangsversteigerungsverfahrens auf Antrag oder mit Zustimmung der betreibenden Partei, enthält aber keine Verpflichtung der betreibenden Partei.

Dem festgestellten Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass eine Aufschiebung des Zwangsversteigerungsverfahrens tatsächlich einen höheren Verwertungserlös als die durchgeführte Zwangsversteigerung erbracht hätte. Das Verfahren bis zur Rechtskraft des Exekutionstitels nach Fälligstellung der Kreditforderung sowie das Zwangsversteigerungverfahren bis zur Versteigerungstagsatzung schaffen einen Zeitraum, der vom Kreditschuldner/Pfandschuldner zur Käufersuche genützt werden kann. Dass die von der Beklagten bzw von ihren Vertretern unternommenen Verkaufsbemühungen an der Klägerin, etwa an von ihr gesetzten zeitlichen Beschränkungen gescheitert wären, steht nicht fest. Bestehen und Ausmaß allfälliger vertraglicher Schutz und Sorgfaltspflichten der Pfandgläubigerin brauchen daher nicht weiter untersucht zu werden.

Die Vereinbarung eines Freihandverkaufs zwischen den Streitteilen vermochten die Vorinstanzen nicht festzustellen, die von der Klägerin hiefür gesetzten Bedingungen (Vertragserklärungen, Bonitätsnachweise) wurden nicht erfüllt. Es fehlen daher von vornherein jegliche Anhaltspunkte für ein rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten der Klägerin, welches die compensando eingewendete Schadenersatzforderung rechtfertigen könnte.

Weiters moniert die Beklagte fehlende Rechtsprechung zur Frage, ob der Kreditnehmer die Kosten eines von der betreibenden Bank im Rahmen der Zwangsversteigerung beigezogenen Immobilienbüros tragen müsse, wenn dessen Leistungen nicht zur Erzielung eines höheren Meistbots beigetragen hätten und der Kreditnehmer diese Leistungen selbst hätte erbringen können.

Grundlage des Aufwandersatzes für das von der Klägerin zur Bewerbung der zu versteigernden Liegenschaft beigezogenen Immobilienbüros ist die dem Kreditvertrag der Streitteile zugrunde liegende Klausel, wonach der Kreditnehmer „alle aufgrund der Geschäftsbeziehung mit ihm entstehenden notwendigen und nützlichen Aufwendungen, Auslagen, Spesen und Kosten, insbesondere Stempel und Rechtsgebühren, Steuern, Porti, Kosten für Versicherung, Rechtsvertretung, Betreibung und Einbringung“ ... „Verwertung oder Freigabe von Sicherheiten“ zu tragen hat. Die generelle Unwirksamkeit dieser Vertragsklausel behauptet die Beklagte nicht, sie beruft sich (nur) darauf, dass die Beiziehung des Immobilienbüros weder notwendig noch nützlich, sondern zu teuer und überdies erfolglos gewesen wäre.

Zum unmittelbar vergleichbaren Aufwandersatzanspruch des Gewaltgebers nach § 1014 ABGB hat der Oberste Gerichtshof ausgesprochen, dass es darauf ankommt, ob der Machthaber bei pflichtgemäßer Sorgfalt die Aufwendung zu diesem Zeitpunkt für die von ihm geschuldete Geschäftsbesorgung erforderlich und zweckmäßig halten durfte (5 Ob 268/08k). Auf den tatsächlichen Erfolg kommt es somit nicht an, sondern ist bei der Beurteilung, ob der getätigte Aufwand notwendig oder nützlich war, auf den Zeitpunkt der Aufwendung abzustellen (1 Ob 78/02f = SZ 2002/58; RIS Justiz RS0116446).

Ob der gemachte Aufwand für den zur Interessentenwerbung beigezogenen Immobilienmakler zum Zeitpunkt der Beiziehung als notwendig und nützlich anzusehen ist, lässt sich nur nach den Umständen des konkreten Falls beurteilen. Die Bejahung von Notwendigkeit und Nützlichkeit durch das Berufungsgericht bildet im Hinblick auf das Interesse beider Streitteile an der Erzielung eines möglichst hohen Versteigerungserlöses, wofür die Gewinnung möglichst vieler Interessenten erforderlich ist, und die tatsächliche Erstellung einer Interessentenliste sowie das Mitbieten eines vom Makler gewonnenen Interessenten bei der Versteigerungstagsatzung keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung. Dass die Einschaltung des Immobilienbüros im konkreten Fall von vornherein als nutzlos erkennbar gewesen wäre, etwa weil zu erwarten gewesen wäre, dass daraus kein über das Honorar hinausgehender Mehrerlös erzielt werden könnte, behauptete weder die Beklagte noch bot das Verfahren hiefür Anhaltspunkte.

Dass das Berufungsgericht bei der Beurteilung der Höhe des Maklerhonorars als angemessen bloß einen Betrag von 3.750 EUR (anstelle richtig 7.350 EUR) nannte, beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler (Ziffernsturz).

Mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.