OGH vom 19.11.2002, 4Ob52/02d
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel als weitere Richter in der Pflegschaftssache des am ***** geborenen Philipp H*****, vertreten durch die Mutter Dr. Emma H*****, diese vertreten durch Dr. Reinhard Tögl, Rechtsanwalt in Graz, infolge Revisionsrekurses des Vaters Dr. Gerhard H*****, vertreten durch Dr. Helmut Klement und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Leoben als Rekursgericht vom , GZ 3 R 4/02y-33, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Kindberg vom , GZ P 59/01m-30, bestätigt wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss insgesamt wie folgt zu lauten hat:
Dr. Gerhard H***** ist verpflichtet, dem mj Philipp H***** für die Zeit vom bis einen monatlichen Unterhalt von 550,20- EUR und ab bis auf weiteres, längstens aber bis zur Selbsterhaltungsfähigkeit des Kindes, einen monatlichen Unterhalt von 601,07 EUR zu zahlen.
Das Mehrbegehren, den Vater für die Zeit vom bis zur Zahlung von weiteren 321,87 EUR und beginnend mit zur Zahlung von weiteren 271 EUR zu verpflichten, wird abgewiesen.
Begründung:
Text
Die eheliche Lebensgemeinschaft der Eltern des Minderjährigen ist seit Ende 2001 aufgehoben. Das Kind lebt bei der Mutter. Die Mutter erzielt ein durchschnittliches monatliches Nettoeinkommen von 24.000 S; der Vater verdient durchschnittlich 63.160 S monatlich. Er hat bis Ende November 2001 monatlich 2.187 S für das von der Mutter und dem Kind bewohnte Haus gezahlt. Mit Vergleich vom hat sich der Vater verpflichtet, der Mutter beginnend mit einen monatlichen Unterhalt von 4.100 S zu zahlen.
Die Mutter beantragt, den Unterhalt für das Kind beginnend mit mit 12.000 S monatlich festzusetzen. Der Vater sei aufgrund seines Einkommens als Narkosearzt in der Anlage, einen Unterhalt in der Höhe des zweieinhalbfachen Regelbedarfs zu leisten.
Der Vater wandte ein, dass sich der Geldunterhalt mit 7.660 S monatlich errechne. Nach der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1285/00, sei dieser Betrag jedoch um 15 % zu kürzen. Es ergebe sich daher ein Unterhalt von 6.511 S monatlich.
Das Erstgericht verpflichtete den Vater, für den Zeitraum vom bis 9.200 S monatlich und ab 9.900 S monatlich an Unterhalt zu zahlen; das Mehrbegehren wies es ab. Der Regelbedarf für ein Kind dieser Altersstufe liege bei rund 3.960 S monatlich; der 13 Jahre alte Minderjährige habe Anspruch auf Unterhalt in Höhe des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs. Für den Zeitraum vom bis seien für den vom Vater geleisteten Naturalunterhalt 700 S monatlich abzuziehen. Eine Kürzung des Unterhalts aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs komme nicht in Betracht. § 12a FLAG sei weiterhin im Sinne der bisherigen Rechtsprechung auszulegen.
Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluss und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Nach ständiger Rechtsprechung habe die Familienbeihilfe zur Gänze dem Haushalt zuzukommen, in dem das Kind betreut wird. Für eine teleologische Reduktion des § 12a FLAG sei kein Raum. Von dieser Rechtsprechung sei nicht abzugehen, weil die Leistungen für den Unterhaltsberechtigten keinesfalls zu schmälern seien.
Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters. Er ficht die Entscheidung des Rekursgerichts insoweit an, als der Unterhalt mit mehr als 6.511 S (= 473,17 EUR) monatlich bemessen wird. Der Vater macht geltend, dass § 12a FLAG im Sinne des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs vom , B 1285/00, auszulegen sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Oberste Gerichtshof hat gemäß Art 89 Abs 2 B-VG (Art 140 B-VG) aus Anlass bei ihm anhängiger Revisionsrekurse beim Verfassungsgerichtshof beantragt, § 12a FLAG 1967 idF BGBl 1977/646 als verfassungswidrig aufzuheben. Mit Erkenntnis vom hat der Verfassungsgerichtshof in § 12a FLAG die Wortfolge “und mindert nicht dessen Unterhaltsanspruch” als verfassungswidrig aufgehoben und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden ist und frühere gesetzliche Bestimmungen nicht wieder in Wirksamkeit treten. Der Verfassungsgerichtshof hat seine schon im Erkenntnis vom vertretene Auffassung bekräftigt, dass nicht nur die Absetzbeträge (Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag), sondern auch die Familienbeihilfe der steuerlichen Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen zu dienen habe.
Bei verfassungskonformer Auslegung der hier maßgeblichen Rechtslage ist damit bei der Unterhaltsbemessung für Kinder bei getrennter Haushaltsführung darauf Bedacht zu nehmen, dass die Familienbeihilfe nicht (nur) der Abgeltung von Betreuungsleistungen dient, sondern, soweit notwendig, die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen bewirken soll. Nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs muss der Geldunterhaltspflichtige für die Hälfte des von ihm gezahlten Unterhalts steuerlich entlastet werden. Dabei ist der jeweilige Grenzsteuersatz maßgebend, der jedoch jeweils um etwa 20 % abzusenken ist, weil das Einkommen typischerweise auch steuerlich begünstigte oder steuerfreie Einkünfte umfasst und die steuerliche Entlastung die Leistungsfähigkeit des Geldunterhaltspflichtigen erhöht. Bei einem Grenzsteuersatz von 50 % gelangt man damit zu einem Steuersatz von 40 %; bei einem Grenzsteuersatz von 41 % - wenn die vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Absenkung proportional fortgeschrieben wird - zu einem Steuersatz von 33 % und bei einem Grenzsteuersatz von 31 % zu einem Steuersatz von 25 % (s Gitschthaler, Familienbeihilfe und deren Anrechnung auf Kindesunterhaltsansprüche, JBl 2003 [in Druck]).
Für ein proportionales Fortschreiben der vom Verfassungsgerichtshof vorgegebenen Absenkung spricht, dass die Berechnung damit nachvollziehbar wird und für die Anwendung anderer Sätze überzeugende Argumente fehlen. So kann Zorn (Kindesunterhalt und Verfassungsrecht, SWK 2001, S 799 [803 f]) seinen Vorschlag, die jeweiligen Grenzsteuersätze auf 40 %, 34 % bzw 28 % abzusenken, nur damit begründen, dass ihm die zur Absenkung führenden Erwägungen (niedrigerer Steuersatz für bestimmte Einkunftsarten und Steigerung der Leistungsfähigkeit durch die steuerliche Entlastung) durch die von ihm vorgeschlagenen Sätze hinreichend berücksichtigt erschienen.
Der nach den Vorgaben des Verfassungsgerichtshofs abgesenkte Steuersatz ist mit dem halben Unterhaltsbetrag zu multiplizieren; um den sich daraus ergebenden Betrag ist der Geldunterhaltspflichtige steuerlich zu entlasten. Bei der Berechnung der notwendigen steuerlichen Entlastung ist darauf Bedacht zu nehmen, ob der Unterhaltsbeitrag zur Gänze im höchsten Einkommensteil Deckung findet oder ob für einen (ins Gewicht fallenden) Teilbetrag der nächstniedrigere Grenzsteuersatz maßgebend ist. Die Entlastung wird einerseits durch den beim Geldunterhaltspflichtigen berücksichtigten Unterhaltsabsetz- betrag (§ 33 Abs 4 lit 3b EStG) bewirkt, andererseits sind dazu, soweit der Unterhaltsabsetzbetrag nicht ausreicht, die dem das Kind betreuenden Elternteil zufließenden Transferleistungen - Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 lit 3a EStG) und Familienbeihilfe - heranzuziehen, indem der Unterhaltsbeitrag entsprechend gekürzt wird.
Der Verfassungsgerichtshof stellt klar, dass die Familienbeihilfe nicht zur Gänze dem Geldunterhaltspflichtigen zugute kommen soll. Er verweist darauf, dass die Familienbeihilfe ihrem Zweck nach für jenen Haushalt bestimmt ist, in dem das Kind betreut wird. Sie sei aber soweit auf die Geldunterhaltsverpflichtung des nicht haushaltszugehörigen Elternteils anzurechnen, als sie auf Grund der jüngeren Entwicklung der Familienbesteuerung die Funktion einer Abgeltung der steuerlichen Mehrbelastung von Unterhaltsverpflichtungen zu übernehmen hat. Nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofs ist die Familienbeihilfe also in dem Ausmaß für die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen heranzuziehen, in dem dies jeweils notwendig ist.
Nach den im Erkenntnis zu B 1285/00 aufgestellten Grundsätzen sind höchstens 40 % des halben Unterhaltsbeitrags (= 20 % des ganzen Unterhaltsbeitrags) steuerlich zu entlasten. Nach der Rechtsprechung zur Begrenzung des Unterhalts mit dem Zwei- bis Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs bei überdurchschnittlichem Einkommen des Unterhaltspflichtigen (s Stabentheiner in Rummel, ABGB³ § 140 Rz 5d; Schwimann/Schwimann, ABGB² § 140 Rz 26; Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 252ff, jeweils mwN; 4 Ob 1512/90 = ÖA 1990/109; 6 Ob 563/90 = SZ 63/88 uva) wird, wie die nachfolgende Rechnung zeigt, selbst bei einer Unterhaltsleistung im Ausmaß des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs der über 19-Jährigen nicht die gesamte Familienbeihilfe für die steuerliche Entlastung aufgebraucht. Der Regelbedarf beträgt für über 19-Jährige derzeit 434 EUR (www.amtsvormund.at); der Unterhaltsbeitrag in Höhe des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs beläuft sich damit auf 1.085 EUR. Das ergibt eine notwendige steuerliche Entlastung von 217 EUR (40 % des halben oder 20 % des ganzen Unterhaltsbeitrags). Dem stehen der Unterhaltsabsetzbetrag von 25,50 EUR (§ 33 Abs 4 lit 3b EStG), der Kinderabsetzbetrag von 50,90 EUR (§ 33 Abs 4 lit 3a EStG) und die Familienbeihilfe von 145,40 EUR (§ 8 Abs 2 FLAG) gegenüber, so dass nach der Anrechnung von Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag (zusammen 76,40 EUR) auf den zu entlastenden Betrag von 217 EUR von der Familienbeihilfe ein Teilbetrag von 140,60 EUR für die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen verwendet werden muss. Damit verbleibt von der Familienbeihilfe ein Betrag von 4,8 EUR für den Elternteil, in dessen Haushalt das Kind betreut wird. Wird diese Rechnung für ein Kind unter 3 Jahren angestellt, so ist derzeit von einem Regelbedarf von 155 EUR auszugehen. Das ergibt einen Unterhaltsbeitrag von 387,5 EUR, von dem 77,5 EUR (20 % des ganzen und 40 % des halben Unterhaltsbeitrags) steuerlich zu entlasten sind. Dem stehen der Unterhaltsabsetzbetrag von 25,50 EUR und der Kinderabsetzbetrag von 50,90 EUR gegenüber. Die Familienbeihilfe beträgt für ein Kind dieses Alters 105,40 EUR (§ 8 Abs 2 FLAG). Sie wird in diesem Fall nur zu einem ganz geringen Teil (1,1 EUR) für die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen herangezogen, weil Unterhaltsabsetzbetrag und Kinderabsetzbetrag zusammen bereits 76,40 EUR ergeben und damit den zu entlastenden Betrag (77,50 EUR) fast erreichen.
Die Frage, ob eine Anrechnung der Familienbeihilfe mit deren Funktion vereinbar ist, Betreuungsleistungen abzugelten, ist damit zwar entschärft, muss aber dennoch beantwortet werden, weil es - wie das Rechenbeispiel zum Unterhaltsbeitrag für über 19-Jährige zeigt - bei Unterhaltsbeiträgen für ältere Kinder zu einer weitgehenden Anrechnung der Familienbeihilfe kommt und in Zukunft, wenn zwar die Regelbedarfssätze steigen, die Absetzbeträge und/oder die Familienbeihilfe aber nicht im selben Maß erhöht werden sollten, die Familienbeihilfe bei hohem Einkommen des Unterhaltspflichtigen und älteren Kindern auch zur Gänze aufgebraucht werden kann. Die Frage der Vereinbarkeit stellt sich nur bei der Familienbeihilfe, weil der Kinderabsetzbetrag (§ 33 Abs 4 Z 3a EStG) von vornherein für die steuerliche Entlastung bestimmt ist (s Zorn aaO S 800 mwN).
Verliert die Familienbeihilfe auch bei steigendem Alter des Kindes ihre Zweckwidmung als Betreuungshilfe nicht zur Gänze (s Zorn aaO S 800), so steht dies an sich ihrer gänzlichen Verwendung für die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen entgegen. Zur Gänze für die steuerliche Entlastung des Unterhaltspflichtigen wird die Familienbeihilfe aber derzeit - wie oben dargelegt - selbst bei den über 19-Jährigen zustehenden Unterhaltsbeiträgen bei (weit) überdurchschnittlichem Einkommen des Geldunterhaltspflichtigen nicht aufgebraucht. Soweit gegen eine weitgehende Verwendung der Familienbeihilfe für die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen eingewandt wird, dass auch der den Naturalunterhalt reichende Elternteil steuerlich zu entlasten sei (Holzner, Familienbeihilfe und Unterhalt, ÖJZ 2002, 444 [450]), ist darauf zu verweisen, dass der den Naturalunterhalt reichende Elternteil diesen nicht aus eigenen Mitteln finanziert, sondern dass ihm dafür der Geldunterhalt zur Verfügung steht. Was bleibt, ist seine Betreuungsleistung; diese wird aber mit zunehmendem Alter des Kindes regelmäßig geringer und bei hohen Unterhaltsbeiträgen - wie dem Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs bei über 19-Jährigen - auch durch den Unterhaltsbeitrag mit abgegolten. Solange das Kind noch schulpflichtig ist und daher noch einer intensiveren Betreuung bedarf, wird - wie die im vorliegenden Fall vorzunehmende Berechnung zeigen wird - selbst bei einem Unterhaltsbeitrag in zweieinhalbfacher Höhe des Regelbedarfs nur wenig mehr als die Hälfte der Familienbeihilfe für die steuerliche Entlastung des Unterhaltspflichtigen verbraucht. Das spricht dagegen, einen bestimmten Teil der Familienbeihilfe von vornherein anrechnungsfrei zu stellen (s Gitschthaler aaO JBl 2003 [in Druck]).
Im vorliegenden Fall ist das Nettoeinkommen des Vaters mit 63.160 S (= 4.590,02 EUR) monatlich festgestellt. Damit übersteigt das Jahresbruttoeinkommen jedenfalls 50.870 EUR, so dass der Grenzsteuersatz von 50 % gilt (§ 33 Abs 1 EStG), und somit, wie oben dargelegt, für die steuerliche Entlastung ein abgesenkter Steuersatz von 40 % maßgebend ist. Das Erstgericht hat den laufenden Unterhalt mit 9.900 S (= 719,46 EUR) festgesetzt und sich dabei am Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs orientiert.
Damit hat das Erstgericht im Sinne der schon oben erwähnten ständigen Rechtsprechung angesichts des überdurchschnittlichen Einkommens des Geldunterhaltspflichtigen die Prozentkomponente nicht voll ausgeschöpft. Nach der Prozentwertmethode berechnet würde sich ein Unterhaltsbeitrag von rund 872,07 EUR (= 12.000 S) monatlich ergeben (20 % des monatlichen Nettoeinkommens abzüglich 1 % für die Sorgepflicht für die Ehefrau, die angesichts eines Unterhaltsbeitrags von 4.100 S [= 297,96 EUR] mit 1 % angemessen berücksichtigt erscheint; zu den Prozentsätzen s Stabentheiner aaO § 140 Rz 5c). Damit stellt sich die Frage, ob die Transferleistungen für die steuerliche Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen heranzuziehen sind, wenn er ohnehin weniger an Unterhalt zahlt als er zu zahlen hätte, würde der Unterhalt auch bei hohen Einkommen allein nach der Prozentwertmethode berechnet.
Gitschthaler (aaO JBl 2003 [in Druck]) spricht sich dafür aus, den Geldunterhaltspflichtigen in diesen Fällen nur dann steuerlich zu entlasten, wenn und soweit die steuerliche Entlastung den Differenzbetrag zwischen dem Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs und dem bei Ausschöpfung der Prozentkomponente sich ergebenden Betrag übersteigt. Er begründet dies damit, dass andernfalls das Kind, das ohnehin nicht seinen ganzen Unterhalt erhalte, nochmals beschränkt würde. Die Steuerentlastung werde ohnehin schon durch den Unterhaltsstopp antizipiert.
Dem ist entgegenzuhalten, dass der Unterhaltsstopp bei überdurchschnittlichem Einkommen des Unterhaltspflichtigen nicht den dem Kind zustehenden Unterhalt schmälert, sondern dass damit die Funktion des Unterhalts berücksichtigt wird, die - an den Lebensverhältnissen des Unterhaltspflichtigen orientierten - Lebensbedürfnisse des Kindes zu decken (4 Ob 1152/90 = ÖA 1990/109 uva). Dies wird mit einem Unterhaltsbeitrag in Höhe des Zweieinhalbfachen des Regelbedarfs jedenfalls erreicht, so dass das Kind mit einem Unterhalt in dieser Höhe den ihm zustehenden Unterhalt erhält. Der Geldunterhaltspflichtige hat auch in diesem Fall Anspruch darauf, durch entsprechende Berücksichtigung der Transferzahlungen steuerlich entlastet zu werden.
Im vorliegenden Fall kommt der Mutter die Familienbeihilfe von 123,60 EUR (§ 8 Abs 2 FLAG) und der Kinderabsetzbetrag von 50,90 EUR (§ 33 Abs 4 lit 3a EStG) zu; beim Vater wird der Unterhaltsabsetzbetrag von 25,50 EUR berücksichtigt (§ 33 Abs 4 lit 3b EStG) Das Erstgericht hat den Unterhalt des Kindes vom bis mit 9.200 S 668,59 EUR) monatlich und ab mit 9.900 S 719,46 EUR) festgesetzt. Der Differenzbetrag von 700 S entspricht dem vom Vater geleisteten Naturalunterhalt; für die steuerliche Entlastung ist daher der Unterhaltsbeitrag von 719,46 EUR maßgebend.
Beim hier anzuwendenden, auf 40 % abgesenkten Grenzsteuersatz von 50 % beträgt die notwendige steuerliche Entlastung des halben Unterhaltsbeitrags 143,89 EUR. Dieser Betrag ist um den beim Vater berücksichtigten Unterhaltsabsetzbetrag von 25,50 EUR zu vermindern, so dass ein Betrag von 118,39 EUR verbleibt. Für die steuerliche Entlastung des Vaters stehen die der Mutter zufließenden Transferleistungen, und zwar der Kinderabsetzbetrag von 50,90 EUR und die Familienbeihilfe von 123,60 EUR, zur Verfügung. Nach Abzug des von vornherein für die steuerliche Entlastung bestimmten Kinderabsetzbetrags verbleiben 67,49 EUR. Dieser Betrag ist gegen die Familienbeihilfe zu verrechnen. Selbst wenn daher der Unterhaltsbeitrag um die für die steuerliche Entlastung des Vaters notwendigen 118,39 EUR gekürzt wird, verbleiben der Mutter von der Familienbeihilfe noch 56,11 EUR als Abgeltung ihrer Betreuungsleistung. Diese erscheint damit bei einem 13-Jährigen angemessen berücksichtigt.
Die steuerliche Entlastung des Vaters durch Verrechnung des steuerfrei zu stellenden Teils seines Unterhaltsbeitrags auch mit der Familienbeihilfe ist auch für den Zeitraum vor der Teilaufhebung des § 12a FLAG durch den Verfassungsgerichtshof vorzunehmen. Der Verfassungsgerichtshof hat in seinem aufhebenden Erkenntnis ausgesprochen, dass die Zivilgerichte schon nach seinem Erkenntnis zu B 1285/00 berechtigt gewesen seien, die Familienbeihilfe im verfassungsrechtlich gebotenen Ausmaß auf die Unterhaltsverpflichtung des Geldunterhaltspflichtigen anzurechnen. Der Verfassungsgerichtshof habe deshalb davon abgesehen, eine Frist für das Außerkrafttreten der aufgehobenen Wortfolge zu bestimmen, und ausgesprochen, dass die aufgehobene Wortfolge nicht mehr anzuwenden sei.
Dem Revisionsrekurs war teilweise Folge zu geben.