OGH vom 17.07.2014, 4Ob51/14z

OGH vom 17.07.2014, 4Ob51/14z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** AG, *****, vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. Amhof Dr. Damian GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei H***** AG, *****, vertreten durch die Kosch Partner Rechtsanwälte GmbH, Niederlassung Wien, und den Nebenintervenienten auf Seiten der beklagten Partei Dr. S***** R*****, als Insolvenzverwalter im Konkursverfahren über das Vermögen der A***** GmbH, wegen 2.454.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 147/13z 33, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen wiesen die auf eine Bankgarantie gestützte Klage im Wesentlichen mit der Begründung der fehlenden Aktivlegitimation der Klägerin ab. Mangels Modus sei keine wirksame Abtretung der Rechte des Bauherrn aus der Erfüllungsgarantie an die Klägerin erfolgt.

Das Berufungsgericht erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Die Klägerin macht in der Zulassungsbeschwerde ihrer außerordentlichen Revision Verfahrensmängel durch vorgreifende Beweiswürdigung sowie unrichtige rechtliche Beurteilung geltend. Das Berufungsgericht habe zu Unrecht die Vorausverständigung nicht als tauglichen Modus für die Übertragung der sicherungsweise abgetretenen Forderung qualifiziert und auch einen Anspruch nach § 1295 Abs 2 ABGB und ex delicto ausgeschlossen.

Rechtliche Beurteilung

Damit zeigt die Klägerin jedoch keine im Sinn von § 502 Abs 1 ZPO erheblichen Rechtsfragen auf:

1. Abgesehen davon, dass es zur in dritter Instanz nicht überprüfbaren. Beweiswürdigung gehört, wenn das Berufungsgericht der Ansicht ist, dass weitere Beweise an dem festgestellten Sachverhalt nichts ändern können (RIS Justiz RS0043099), ist eine vorgreifende Beweiswürdigung im vorliegenden Fall gar nicht erfolgt, weil die Vorinstanzen die beantragten Beweismittel nicht von vornherein vorgreifend als unglaubwürdig beurteilten. Vielmehr hat die Klägerin keinen rechtlich relevanten Sachverhalt vorgebracht, aus dem sich ein von den vorgelegten Urkunden abweichender übereinstimmender Parteiwille ergeben könnte.

2.1. Die Wirksamkeit einer Sicherungszession hängt von der Beachtung der für eine Pfandrechtsbegründung hinreichenden Publizitätsakte ab (RIS Justiz RS0011386). Ein tauglicher Modus für die Übertragung von sicherungsweise abgetretenen Forderungen ist im Allgemeinen die Drittschuldnerverständigung (vgl 6 Ob 116/05k mwN). Die Sicherungsabtretung wird dann im Zeitpunkt des Zugangs der Verständigung an den übernommenen Schuldner wirksam ( Wiesinger , Sicherungszession und Drittschuldnerverständigung, ÖJZ 2009/44 mwN).

2.2. Eine Abtretung zukünftiger Forderungen ist rechtswirksam, wenn diese ausreichend individualisiert sind. Dies ist im Einzelfall zu prüfen (vgl RIS Justiz RS0032798), wobei der Auslegung von Urkunden in der Regel krasse Fehlbeurteilungen ausgenommen keine über den Einzelfall hinausgehende und damit revisible Bedeutung zukommt (RIS Justiz RS0043415 [T4]). Bei einer sicherungsweisen Abtretung künftiger Forderungen kommt eine Vorausverständigung des Zessus jedenfalls insofern in Betracht, als Forderungen aus einer eindeutig identifizierbaren Geschäftsbeziehung gegen einen bereits individualisierten Geschäftspartner betroffen sind (6 Ob 319/01g).

2.3. Die Klägerin erachtet die Übersendung der Abtretungsurkunde an die Beklagte vom (samt Bestätigung der Beklagten auf dem Gegenbrief) betreffend die Anzahlungsgarantie aus 2005 bzw 2006 mit dem Hinweis auf die Abtretung aller Rechte aus dem der Anzahlungsgarantie zugrunde liegenden Rechtsverhältnis aus dem Generalunternehmervertrag als tauglichen Modus (Vorausverständigung) für die sicherungsweise Zession der Ansprüche aus der Erfüllungsgarantie vom .

2.4. Die Vorinstanzen sahen darin keine für die Beklagte verständliche Information über die Abtretung der Erfüllungsgarantie an die Klägerin, zumal sich aus den Schreiben nur die Abtretung der Ansprüche aus der rund zwei Jahre davor gestellten Anzahlungsgarantie und der dieser zugrunde liegenden Ansprüche aus dem Generalunternehmervertrag ergäben, nicht aber erkennbar gewesen sei, dass damit der Klägerin auch künftige Garantieansprüche aus noch gar nicht existenten Garantieverträgen abgetreten werden. Die Beklagte habe diesbezüglich auch keine Nachforschungspflicht getroffen, weil sie noch nicht Garantin der Erfüllungsgarantie gewesen sei. Der gegenständlichen Sicherungszession der Ansprüche aus der Erfüllungsgarantie fehle daher der für ihre Gültigkeit erforderliche Modus.

2.5. Diese Beurteilung ist vertretbar, gehen doch Ansprüche aus einer Bankgarantie nicht automatisch mit der Zession der gesicherten Forderung auf den Zessionar über, weil es sich aufgrund der Abstraktheit der Garantie nicht um ein Nebenrecht dieser Forderung handelt und es daher einer gesonderten Übertragung bedarf (vgl Apathy/Iro/Koziol , Österreichisches Bankvertragsrecht V 2 , Rz 3/116; Schinnerer/ Avancini , Bankverträge II 3 294). So wäre auch die Abtretung der Rechte aus der Bankgarantie ohne gleichzeitige Abtretung der Forderung aus dem Grundgeschäft grundsätzlich möglich (vgl 8 Ob 5/12m = RIS Justiz RS0016987).

2.6. Aus der von der Klägerin zitierten Entscheidung 10 Ob 321/02g ist für ihren Standpunkt nichts zu gewinnen, da dort nur ausgesprochen wurde, dass auch künftige, der Höhe nach unbestimmte Forderungen abgetreten werden können, sofern sie ausreichend individualisiert werden. Im vorliegenden Fall fehlt es jedoch gerade an dieser Individualisierung, bestand doch zum Zeitpunkt der Verständigung der Beklagten noch gar keine Erfüllungsgarantie.

3. Soweit sich die Klägerin eventualiter auch auf deliktische Ansprüche, insbesondere auf § 1295 Abs 2 ABGB stützt, scheitert ihr Anspruch schon an der nachvollziehbaren Dartuung eines rechtsmissbräuchlichen Handelns der Beklagten. Es ist nicht zu beanstanden, dass das Berufungsgericht den Verzicht des Bauherrn auf den Garantiebetrag bei zweimonatiger Garantieverlängerung nicht als einen der Beklagten zurechenbaren Rechtsmissbrauch qualifizierte.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00051.14Z.0717.000