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OGH vom 08.09.1999, 7Ob370/98g

OGH vom 08.09.1999, 7Ob370/98g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Tittel, Dr. Huber, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Brigitte K*****, vertreten durch Dr. Edgar Kollmann, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Anton H*****, vertreten durch Dr. Helmut Paul, Rechtsanwalt in Krems, und den Nebenintervenienten Peter P. H*****, vertreten durch Dr. Dietmar Rom, Rechtsanwalt in Wien, wegen S 247.310,60 sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 11 R 22/98f-28, womit das Urteil des Landesgerichtes Krems an der Donau vom , GZ 3 Cg 46/96v-22, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 13.378,86 (darin S 4.459,62 Umsatzsteuer) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Die Klägerin wurde vom Künstler Friedrich S***** im Verfahren 17 Cg 166/93f des Handelsgerichtes Wien urheberrechtlich belangt, weil sie in ihrem gegenüber dem Hunterwasserhaus gelegenen Kaffeehaus in Wien Weinflaschen mit Etiketten, die bearbeitete Ansichten des "Hundertwasserhauses" zeigten, verkaufte. Dies wurde ihr mit einstweiliger Verfügung untersagt. Das Hauptverfahren endete mit einem Vergleich, in dem sich die Klägerin verpflichtete, S 10.000 an karitative Organisationen zu spenden und an den dortigen Kläger einen pauschalierten Kostenersatz von S 50.000 zu leisten.

Mit vorliegender Klage begehrte sie vom Beklagten, dem Lieferanten dieser Weinflaschen der diese mit den strittigen Etiketten versehen hatte, aus dem Titel des Schadenersatzes die ihr durch die anwaltliche Vertretung im Vorprozeß entstandenen Kosten von S 187.310,60 und den Vergleichsbetrag von S 60.000, somit insgesamt S 247.310,60 sA. Der Beklagte sei ihr zum Ersatz dieses Schadens verpflichtet, weil Peter H*****, der die Etiketten entworfen habe, über keine entsprechenden Urheberrechte verfügt habe.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Auftrag an Peter H***** zur Herstellung der Etiketten sei von der Klägerin selbst erteilt worden. Den Beklagten treffe jedenfalls kein Verschulden an deren Verwendung, weil ihm zugesichert worden sei, daß Peter H***** sämtliche Rechte für die Abbildung des "Hundertwasserhauses" auf den Etiketten besitze. Zudem wendete der Beklagte die mangelnde Aktivlegitimation der Klägerin und eine Gegenforderung von S 93.000 kompensando ein.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren mangels eines Verschuldens des Beklagten an der Urheberrechtsverletzung durch die Etiketten ab.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei, weil keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Fage des Regresses aufgrund einer Urheberrechtsverletzung vorliege.

Die Revision ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch (7 Ob 284/98k ua) mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Eine urheberrechtliche Frage ist im Gegensatz zur Ansicht des Berufungsgerichtes hier nicht zu lösen. Entscheidend ist sowohl nach dem Vorbringen der Klägerin im Verfahren erster Instanz als auch nach ihren Ausführungen in den Rechtsmittelschriften, insbesondere in der Revision, ob dem Beklagten ein Verschulden dahin anzulasten ist, daß er vom Fehlen der Berechtigung zur Verwendung der Etiketten Kenntnis hatte oder haben hätte müssen und die Beklagte hievon nicht informiert hat.

§ 87 UrhG erweitert nur den Umfang der Schadenersatzpflicht abweichend von den allgemeinen Vorschriften des ABGB (§ 1324) dahin, daß ohne Rücksicht auf den Verschuldensgrad, also auch bei bloß leicht fahrlässigem Verhalten, stets auch der entgangene Gewinn zu ersetzen ist. Eine Verletzung von Bestimmungen des Urhebergesetzes verpflichtet grundsätzlich nur unter den allgemeinen Voraussetzungen (§§ 1293 ff ABGB) zum Schadenersatz (SZ 61/245 mwN; SZ 66/122). Auch die Haftung des Inhabers eines Unternehmens für Ansprüche auf Schadenersatz nach § 87 UrhG infolge eines Urheberrechtsverstoßes eines von ihm Beauftragten kommt nur in Betracht, wenn dem Unternehmer die Zuwiderhandlung bekannt war oder bekannt sein mußte (SZ 67/115 mwN).

§ 502 Abs 1 ZPO setzt voraus, daß die zu lösende Rechtsfrage über die besonderen Verhältnisse des Einzelfalles hinaus Bedeutung haben muß (JBl 1986, 192 ua). Das ist bei bloßen Ermessensentscheidungen wie insbesondere bei Verschuldensfragen im allgemeinen nicht der Fall (Kodek in Rechberger, ZPO, Rz 4 zu § 502 ZPO mwN). Unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des vorliegenden Falles - war es doch die Klägerin selbst, die mit dem Ansinnen, wie festgestellt etikettierte Weinflaschen anzubieten, an den Beklagten herantrat und den Beklagten mit Peter H***** bekanntmachte - kann in der Ansicht der Vorinstanzen, daß der Beklagte ohne weitere Nachforschungen auf die ihm seitens des Peter H***** gegebene Zusicherung, die Vermarktungsrechte für das "Hundertwasserhaus" innezuhaben, vertrauen durfte, keine krasse Fehlbeurteilung erblickt werden. Eine richtungsweisende Entscheidung dahin, unter welchen besonderen Umständen der Sorgfalts- und Aufklärungspflicht des Verkäufers einer mit einer urheberrechtlich geschützten Abbildung versehenen Ware entsprochen wurde, ist wegen der typischen Einzelfallbezogenheit des vorliegenden Sachverhaltes nicht zu erwarten.

Die in der Revision ausführlich erörterte Frage der Beweislast betreffend das Vorliegen eines Verschuldens des Beklagten stellt sich hier nicht, weil der für die Beurteilung der Verschuldensfrage wesentliche Sachverhalt vollständig aufgeklärt werden konnte.

Auf die §§ 896 ABGB, 89 UrhG hat die Klägerin ihr Begehren nicht gestützt. Sie hat auch ihre Revision nicht in diese Richtung ausgeführt, so daß sich schon deshalb ein Eingehen auf diesen vom Berufungsgericht in Erwägung gezogenen Rechtsgrund erübrigt. Abgesehen davon käme ein Regreßanspruch der Klägerin gegen den beklagten nur hinsichtlich der im Vorprozeß als Schadenersatzzahlung verglichenen S 10.000 infolge der insoweit nach § 89 UrhG bestehenden Solidarverpflichtung gegenüber dem Kläger im Vorprozeß in Betracht.

Auch sonst werden in der Revision keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Die Revision ist daher mangels Vorliegens einer solchen zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Der Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision aus dem Grund des § 502 Abs 1 ZPO in seiner Revisionsbeantwortung hingewiesen. Die verzeichneten Kosten in der Revisionsbeantwortung waren aber insoweit zu kürzen, als der Einheitssatz bloß 50 % und nicht, wie verzeichnet, 200 % beträgt.