OGH vom 22.02.2017, 3Ob254/16y
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. DI H*****, 2. R*****, 3. G*****, 4. DI R*****, 5. DI H*****, 6. Dr. W*****, 7. D*****, 8. A*****, 9. H*****, 10. H*****, 11. F*****, 12. Dr. G*****, 13. DI H*****, 14. D*****, 15. Dr. P*****, 16. S 17. M*****, 18. N*****, 19. H*****, 20. J*****, 21. U*****, 22. Dr. D*****, 23. W*****, 24. M*****, 25. Dr. G*****, 26. J*****, alle vertreten durch Kapp & Partner Rechtsanwälte GmbH in Graz-Seiersberg, gegen die Verpflichtete I*****, und den Antragsteller Dr. W*****, vertreten durch Clementschitsch-Flucher-Köffler, Rechtsanwälte in Villach, wegen 75.374,75 EUR sA, über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 64/16k-38, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Graz-Ost vom , GZ 241 E 8191/08f-29, mit einer Maßgabe bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Den Betreibenden wurde ua die Rechteexekution gemäß den §§ 331 ff EO durch Pfändung der Gesamtrechte der verpflichteten Partei aus ihrer Erbenstellung in einer näher genannten Verlassenschaft rechtskräftig bewilligt. Sie wurden rechtskräftig ermächtigt, diese Vermögensrechte der Verpflichteten in deren Namen geltend zu machen und die sonst zur Ausübung bzw Nutzbarmachung des gepfändeten Rechts erforderlichen Erklärungen wirksam für die Verpflichtete abzugeben.
Nach rechtskräftiger Einantwortung der Verlassenschaft (ua an den Erbschaftskäufer der Verpflichteten) und Enthebung des Verlassenschaftskurators (in Hinkunft: Einschreiter) stellte dieser im Exekutionsverfahren einen „Erlagsantrag gemäß § 307 Abs 1 EO“ gegen den Erbschaftskäufer als Ersterlagsgegner und die betreibenden Parteien als weitere Erlagsgegner mit der Behauptung, die gepfändete „Forderung“ werde nicht nur von den Betreibenden, sondern auch vom Erbschaftskäufer beansprucht. Wegen der dadurch bedingten unklaren Sach- und Rechtslage seien die Voraussetzungen zum „Erlag nach § 307 Abs 1 EO“ erfüllt.
Das Erstgericht wies den Erlagsantrag mit der Begründung ab, dass der Einschreiter nicht Drittschuldner iSd § 307 Abs 1 EO sei. Hier sei keine Forderung gepfändet worden, sondern das Gesamtrecht der Verpflichteten im Verlassenschaftsverfahren.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Einschreiters mit der Maßgabe keine Folge, dass es den Erlagsantrag nicht ab-, sondern zurückwies. Da das Verlassenschaftsverfahren beendet und der Einschreiter als Verlassenschaftskurator seines Amtes enthoben worden sei, fehle ihm die Antragslegitimation, sodass die angefochtene Entscheidung mit dieser Maßgabe zu „bestätigen“ sei.
Anfechtungsrechtlich liege eine abändernde Entscheidung vor, weil die Neufassung des Spruchs nicht nur der Verdeutlichung der Entscheidung des Erstgerichts diene. Das Rekursgericht habe die Voraussetzungen eines Erlags nach § 307 EO meritorisch schon wegen der von ihm verneinten Antragslegitimation nicht geprüft. Der ordentliche Revisionsrekurs sei nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhänge.
Dagegen richtet sich der „außerordentliche“ Revisionsrekurs der Betreibenden mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass der beantragte Erlag angenommen werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist absolut unzulässig.
1. Eine Ausnahme von der Unbekämpfbarkeit bestätigender Beschlüsse im Exekutionsverfahren (RIS-Justiz RS0002321) ist seit der EO-Novelle 2000 nur noch in den
– hier nicht vorliegenden – Fällen des § 84 Abs 4 und des § 402 Abs 1 letzter Satz EO vorgesehen. In allen anderen Fällen ist im Exekutionsverfahren ein weiterer Rechtszug gegen die zur Gänze bestätigende Rekursentscheidung unzulässig (RIS-Justiz RS0012387 [T13, T 16]; jüngst 3 Ob 196/16v, 3 Ob 233/16k).
2. Auch eine bloße Maßgabebestätigung in Form der Zurückweisung eines in erster Instanz abgewiesenen Antrags ist dann grundsätzlich eine Bestätigung iSd § 528 Abs 2 Z 2 ZPO, wenn die Rechtsfolge beider Varianten unterschiedslos ist (8 Ob 142/10f mwN = RIS-Justiz RS0044215 [T13]; Zechner in Fasching/Konecny² IV/1 § 528 Rz 119), wenn also etwa beide Vorinstanzen inhaltlich eine Formalentscheidung getroffen und übereinstimmend die Parteistellung einer Person verneint haben (7 Ob 689/88 mwN = RIS-Justiz RS0044265 [T1]). Dieser Fall liegt hier vor: Inhaltlich gehen beide Instanzen davon aus, dass es dem Einschreiter an der Legitimation für einen Erlagsantrag nach § 307 EO fehlt. Sie haben somit – wenngleich aus unterschiedlichen Gründen – die Parteistellung des Einschreiters verneint. Diese unterschiedliche Begründung ist nicht wesentlich, weil es lediglich auf den übereinstimmenden Entscheidungswillen der Vorinstanzen, nicht aber auf die Begründung ankommt (8 Ob 19/16a = RIS-Justiz RS0044456 [T12]; 8 Ob 35/15b mwN).
3. Da im Außerstreitverfahren die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses nicht mit § 528 Abs 2 Z 2 ZPO begründet werden kann, bedarf es allerdings eines Eingehens auf die im Revisionsrekurs angestellten Überlegungen, der Erlagsantrag des Einschreiters sei in einen Hinterlegungsantrag nach § 1425 ABGB umzudeuten. Eine derartige Umdeutung scheitert jedoch an der unmissverständlichen Formulierug des Begehrens des Einschreiters in erster Instanz als „Erlagsantrag nach § 307 Abs 1 EO“.
Darüber hinaus ist darauf zu verweisen, dass ein zur Hinterlegung berechtigender Prätendentenstreit nur gegeben ist, wenn mehrere Personen eine bestehende Forderung beanspruchen und trotz zumutbarer Prüfung der Rechtslage nicht feststellbar ist, wem das Recht zusteht (Koziol in KBB4 § 1425 Rz 8 mwN). Dieser Fall liegt hier nicht vor, hat doch die Verpflichtete selbst in erster Instanz jene Urkunden vorgelegt, die die sicherungsweise Abtretung des in diesem Exekutionsverfahren gepfändeten Rechts an die kreditgewährende Bank bescheinigen sollten: Aus diesen von der Verpflichteten vorgelegten Urkunden ergibt sich aber zweifelsfrei die Richtigkeit des Vorbringens der Betreibenden, wonach Gegenstand der sicherungsweisen Abtretung durch die Verpflichtete gerade nicht die hier gepfändete Erbquote von einem Zwölftel, sondern nur das von der Verpflichteten im Erbrechtsstreit (vergeblich) geltend gemachte Erbrecht betreffend die Erbquoten ua der hier betreibenden Parteien war. Unabhängig davon, ob die sicherungsweise Abtretung an die kreditgewährende Bank den Formvorschriften für eine Sicherungszession entsprach, steht somit diese Abtretung in keinem Zusammenhang mit der wirksamen Pfändung der der Verpflichteten tatsächlich zustehenden Erbquote von einem Zwölftel.
4. Der Revisionsrekurs ist daher als jedenfalls unzulässig zurückzuweisen. Der damit nicht im Einklang stehende Zulassungsausspruch des Rekursgerichts gilt als nicht beigesetzt (vgl RIS-Justiz RS0042369). Damit erübrigt sich eine Prüfung der Rechtsmittellegitimation der Revisionsrekurswerber.
Zusatzinformationen
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ECLI: | ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00254.16Y.0222.000 |
Schlagworte: | Exekutionsrecht |
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