zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
OGH vom 22.06.1993, 1Ob514/93

OGH vom 22.06.1993, 1Ob514/93

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schlosser, Dr. Schiemer, Dr. Gerstenecker und Dr. Rohrer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Franz I*****, vertreten durch Dr. Peter Rosenthal, Rechtsanwalt in Salzburg, wider die beklagte Partei Wolfgang P*****, vertreten durch DDr. Gunter Peyrl, Rechtsanwalt in Freistadt, wegen S 2,219.033,57 s.A., infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgerichtes vom , GZ 6 R 120/92-69, womit infolge Berufung beider Parteien das Urteil des Kreisgerichtes Wels vom , GZ 3 Cg 276/89-57, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung

I. zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision der beklagten Partei wird teilweise Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil, das in seinem das Teilbegehren von S 1,280.000,-- s.A. abweisenden Teil als unangefochten unberührt bleibt, wird in seinem stattgebenden Teil in Ansehung des Zuspruches von S 416.533,57 samt 9 % Zinsen aus S 299.033,57 und 4 % Zinsen aus S 117.500,-- je seit bestätigt und im übrigen dahin abgeändert, daß das Klagebegehren hinsichtlich eines weiteren Teilbetrages von S 405.000,-- samt 4 % Zinsen seit abgewiesen wird;

II. beschlossen:

Darüber hinaus wird das angefochtene Urteil in seinem stattgebenden Teil hinsichtlich eines Betrages von S 117.500,-- samt 4 % Zinsen seit aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfang an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger war seit Geschäftsführer der am in Konkurs verfallenen P***** Gesellschaft mbH. Der Beklagte war bis Jänner 1986 deren Angestellter und in dieser Funktion für den technischen Bereich des Unternehmens verantwortlich. Da sich die Gesellschaft in Liquiditätsschwierigkeiten befand, gewährte die D***** Beteiligungs Gesellschaft mbH dieser im Mai 1985 mehrere Darlehen im Gesamtbetrag von S 2,000.000,--, zu deren Besicherung der Kläger schließlich einen Wechsel über S 1,900.000,-- akzeptierte. Als Asher D***** Österreich verlassen mußte, fanden Gespräche über die Rückführung des Betrages statt. Es kam zum Abschluß einer Vereinbarung, wonach der Kläger als Geschäftsführer der P***** Gesellschaft mbH den Erhalt eines Darlehens in der Höhe von S 1,920.000,-- von Asher D***** bestätigte. In einem Zusatz zu dieser Vereinbarung übernahmen der Kläger, seine Gattin und der Beklagte für diese Verbindlichkeit zur ungeteilten Hand die Haftung als Bürgen und Zahler.

In einem weiteren, nur mehr mit dem Kläger und seiner Gattin vereinbarten Zusatz räumte der Darlehensgeber Asher D***** diesen beiden Personen unter anderem das Recht ein, die Forderung gegen Bezahlung des Schillingbetrages im Gegenwert von DM 100.000,-- bis spätestens zu erwerben (Beilage F). Innerhalb der vereinbarten Frist wurden vom Kläger S 705.000,-- erlegt. Die D***** Beteiligungs Gesellschaft mbH bestätigte daraufhin dem Kläger und seiner Gattin, daß letztere die Forderung im Nennwert von S 1,920.000,-- gegen die P***** Gesellschaft mbH um den vereinbarten Kaufpreis von S 705.000,-- erworben haben (Beilage A).

Der Kläger hatte Forderungen gegen den Beklagten aus der Ablöse eines PKW sowie aus der Rückzahlung von Kreditverbindlichkeiten des Beklagten, für die sich der Kläger verbürgt hatte. Am fertigte der Beklagte das Forderungsanerkenntnis Beilage D, womit er anerkannte, dem Kläger und seiner Gattin „aus hergegebenen Geldern, Sachgegenständen und Bürgschaftszahlungen einen Betrag von S 299.033,57 zu schulden“. Weiters verpflichtete sich der Beklagte, dem Kläger und seiner Gattin „den weiteren Vermögensschaden...in Form von 9 % Zinsen zu vergüten, da diese selbst Kredite dieser Größenordnung zu bedienen haben“.

Mit seiner Klage vom begehrt der Kläger, den Beklagten zur Zahlung der Summe des eingelösten sowie des dem Beklagten kreditierten Betrages von insgesamt S 2,219.033,57 schuldig zu erkennen. Der Beklagte sei technischer Leiter des Unternehmens und „de facto“ Geschäftsführer gewesen. Der Beklagte habe gegebene Zusagen nicht erfüllt und seine Verpflichtungen gegenüber dem Unternehmen nicht eingehalten, sodaß bei Banken zur Fortführung des Unternehmens Kredite haben aufgenommen werden müssen. Der Kläger habe deshalb Haftungen für weit mehr als S 2,000.000,-- übernommen. Über Vermittlung des Beklagten habe das Darlehen des Asher D***** erlangt werden können. Die Bürgschaft dafür habe der Kläger nur unter der Voraussetzung übernommen, daß der Beklagte persönlich und unmittelbar für den gesamten Betrag von S 1,920.000,-- hafte, weil der Kläger selbst schon gegenüber den Banken alle Haftungen übernommen gehabt habe. Letztlich sei gegen Bezahlung des Gegenwertes von DM 100.000,-- die Forderung des Asher D***** an den Kläger abgetreten worden. Die geschiedene Gattin des Klägers habe ihre Regreßansprüche gegenüber dem Beklagten dem Kläger zediert. Hilfsweise stützte der Kläger seine Forderung darauf, daß der Beklagte ihm als Gesellschafter der P***** Gesellschaft mbH dadurch einen Schaden zugefügt habe, daß er dem Unternehmen Sachgegenstände entnommen und durch dolose Betriebsführung dessen Illiquidität herbeigeführt habe.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Er habe keinerlei Haftungen übernommen und sei an der P***** Gesellschaft mbH weder beteiligt noch als deren Geschäftsführer bestellt gewesen. Die Forderungsabtretung durch die Gattin des Klägers werde bestritten; die Forderungseinlösung durch den Kläger und seine Gattin sei ein Scheingeschäft mit dem offenbaren Zweck, den Beklagten zu schädigen, gewesen.

Das Gericht erster Instanz erkannte den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 769.033,57 samt 9 % Zinsen aus S 299.033,57 und 4 % Zinsen aus S 470.000,-- je seit schuldig und wies das Mehrbegehren von S 1,450.000,-- s.A. ab. Es traf im wesentlichen die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, der Kläger und seine Gattin hätten die Forderung von S 1,920.000,-- durch Zahlung eines Betrages von S 705.000,-- eingelöst. In der zwischen dem Kläger und seiner Gattin einerseits und Asher D***** andererseits getroffenen Vereinbarung sei eine Änderung der Hauptschuld zu sehen, die auch die Haftung des Beklagten als Bürgen mindere. Damit ergebe sich, da sich nach § 896 ABGB der Rückersatzanspruch im Zweifel nach Köpfen bestimme, ein Anspruch des Klägers und seiner Gattin von je S 235.000,--. Dem Kläger stehe daher infolge der Forderungsabtretung durch die Gattin ein Betrag von insgesamt S 470.000,-- zuzüglich des anerkannten Betrages von S 299.033,57 zu. Für die hilfsweise geltend gemachten Schadenersatzansprüche des Klägers hätten sich im Beweisverfahren keine Anhaltspunkte ergeben.

Das Gericht zweiter Instanz änderte infolge Berufungen beider Parteien das angefochtene Urteil dahin ab, daß es unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 1,280.000,-- s.A. den Beklagten zur Zahlung eines Betrages von S 939.033,57 samt 9 % Zinsen aus S 299.033,57 und 4 % Zinsen aus S 640.000,-- je seit schuldig erkannte. Das Verfahren habe keinen Anhaltspunkt für eine Reduktion der Hauptschuld ergeben. Es sei daher die Gesamtverbindlichkeit von S 1,920.000,-- zwischen dem Kläger, seiner Gattin und dem Beklagten nach Köpfen zu teilen, sodaß der Kläger ein Drittel der Forderung, d.s. S 640.000,--, zuzüglich des anerkannten Betrages von S 299.033,57 beanspruchen könne.

Dagegen richtet sich die Revision des Beklagten, die zulässig und teilweise berechtigt ist.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 1358 ABGB tritt, wer eine fremde Schuld bezahlt, für die er persönlich oder mit bestimmten Vermögensstücken haftet, in die Rechte des Gläubigers ein und ist befugt, von dem Schuldner den Ersatz der bezahlten Schuld zu fordern. Haben für den nämlichen ganzen Betrag mehrere Personen Bürgschaft geleistet, so haftet gemäß § 1359 ABGB jede für den ganzen Betrag. Hat aber eine von ihnen die ganze Schuld abgetragen, so gebührt ihr gleich dem Mitschuldner (§ 896 ABGB) das Recht des Rückersatzes gegen die übrigen. Der Zahlende kann dabei entweder die gemäß § 1358 ABGB eingelöste Bürgschaftsverpflichtung des Mitbürgen oder den Ausgleichsanspruch nach § 896 ABGB geltend machen (SZ 57/29). Die Geltendmachung des nach § 1358 ABGB übergegangenen Sicherungsmittels kann aber nicht zu einem höheren Betrag führen als der sich aus §§ 896, 1359 ABGB ergebende Ausgleichsanspruch. Der Höhe nach sind beide Ansprüche immer ident (SZ 9/94; SZ 60/266). Während bei der entgeltlichen (und unentgeltlichen) Vertragszession (§§ 1392 ff ABGB) der Übernehmer Anspruch auf den vollen Nennwert der Forderung hat, und zwar auch dann, wenn er sie um einen geringeren Betrag erworben hat (Wolff in Klang2 VI 309; Ehrenzweig2 II/1, 265; JBl. 1979, 91), kann der Zahler im Falle der Legalzession des § 1358 ABGB nur den Ersatz der gezahlten Schuld fordern, also nicht mehr beanspruchen, als er selbst gezahlt hat (Ohmeyer, Klang in Klang2 VI/230; Ehrenzweig II/1, 124; SZ 48/101; EvBl. 1992/100). Der in Anspruch genommene Mitbürge kann seine Rechtsstellung im Ausgleichsverhältnis auch nicht dadurch verbessern, daß er sich die Rechte des Gläubigers vertraglich übertragen läßt. Für den Umfang seines Rückgriffsrechtes ist es unerheblich, ob die Rechte des Gläubigers auf ihn kraft Gesetzes oder kraft Vertrages übergegangen sind (Pecher in Münch.Komm2 § 774 BGB Rdz 21; RGZ 117, 1).

Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz ist daher nicht der Nennwert der Forderung für den nach Kopfteilen vorzunehmenden Rückersatz von Bedeutung, sondern vielmehr der vom Kläger und seiner Gattin tatsächlich entrichtete Betrag von S 705.000,--.

Gemäß §§ 1359, 896 ABGB bestimmt sich der Rückgriff primär nach dem im Innenverhältnis bestehenden „besonderen Verhältnis“, welches sich durch Vertrag oder aus den Umständen ergeben kann. Derartige das Aufteilungsverhältnis beeinflussende Umstände können auf geschäftlichen oder verwandtschaftlichen Beziehungen der Beteiligten beruhen (Pecher in Münch.Komm2 § 774 BGB Rdz 22) aber auch auf einem Arbeitsverhältnis (SZ 39/25). Häufig hat einer der Sicherungsgeber ein unmittelbares eigenes Interesse am gesicherten Kredit, ist wirtschaftlich vielleicht selbst Empfänger oder Nutznießer des Darlehens, das dem Hauptschuldner gewährt worden ist. So steht etwa der verbürgende Hauptaktionär einer AG dem Risiko näher als ein mitbürgender Angestellter, der seinen Arbeitsplatz erhalten wollte. In einem derartigen Fall muß der einlösende Sicherungsgeber das Ausfallrisiko allein tragen, sofern nicht abweichende Abreden zwischen den Sicherungsgebern getroffen worden sind (Schlechtriem, Ausgleich zwischen mehreren Sicherern fremder Schuld in FS Caemmerer 1026). Die Beweislast für einen nicht kopfteiligen Ausgleich trifft denjenigen, der sich auf eine besondere Regelung beruft (Pecher aaO § 774 BGB Rdz 22). Da der Beklagte keine in diese Richtung zielenden Behauptungen aufgestellt hat, muß eine Prüfung des Sachverhalts an Hand der dargestellten Rechtsgrundsätze unterbleiben. Mangels entsprechenden Sachvorbringens mußte auch eine Überprüfung an Hand der Bestimmungen des Kautionsschutzgesetzes (BGBl. Nr. 229/1937) entfallen. Es ist daher von einem Rückersatzanspruch nach Kopfteilen auszugehen.

Wer Rückgriff nehmen will, muß die Schuld, oder zumindest mehr als den auf ihn entfallenden Teil (SZ 42/172; EvBl. 1976/178), aus dem Seinigen abgetragen haben, d.h. er muß seiner wirtschaftlichen Disposition unterliegende eigene Mittel für die Zahlung verwendet haben oder diese muß zumindest auf seine Rechnung erfolgt sein (SZ 54/12; Gamerith in Rummel ABGB2 § 896 Rdz 4). Beide Vorinstanzen sind unbestrittenermaßen davon ausgegangen, daß die Ehegatten Zahlung je zur Hälfte geleistet haben. Der Kläger hat daher um S 117.500,-- mehr geleistet als der auf ihn von S 705.000,-- entfallende 1/3-Anteil von S 235.000,--. Selbst wenn die Zahlung der Ehegatten nicht in diesem Verhältnis erfolgt sein sollte, ändert das nichts daran, daß mangels Nachweises besonderer Aufteilungsverhältnisse durch den Kläger der Ersatzanspruch zu gleichen Teilen besteht und daher der Beklagte vom Kläger, der nach seinem Vorbringen für sich und seine Gattin einschreitet, insgesamt nicht mehr als mit einem Drittel des tatsächlich bezahlten Betrages, somit S 235.000,-- in Anspruch genommen werden kann.

Der Kläger hat sich aber darauf berufen, daß seine geschiedene Gattin ihm ihren Rückersatzanspruch zediert habe. Auch nach den Feststellungen des Erstgerichtes („....frühere Gattin“) war im Zeitpunkt der Abtretung die Ehe nicht mehr aufrecht, sodaß mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 lit. b NZwG keine Notariatsaktspflicht bestand. Allerdings ist die Abtretung als kausales Erfüllungsgeschäft nur dann wirksam, wenn sie auf einem gültigen Rechtsgrund beruht (SZ 57/174; EvBl. 1957/319). Feststellungen über den Rechtsgrund wurden aber von den Vorinstanzen nicht getroffen. Auch der Kläger hat diesbezüglich keine Behauptungen aufgestellt. Mag er dazu auch von vornherein nicht verpflichtet gewesen sein, so hatte er dies doch dann zu tun und die dafür erforderlichen Beweise zu erbringen, sobald der Beklagte die Wirksamkeit der Abtretung wegen Fehlens eines tauglichen Titels bestritt (RdW 1983, 105). Eine, wenngleich allgemein gehaltene, jedoch in diesem Sinne ausreichende Bestreitung hat der Beklagte aber erhoben (S. 2 des Protokolls vom = AS 104).

Beiden Instanzen kann hingegen darin zugestimmt werden, daß das Forderungsanerkenntnis Beilage D auch den Anspruch auf Ersatz von 9 % Zinsen seit umfaßt. Die Fälligkeit dieser aus Kapital und Zinsen bestehenden Schuld wurde gemäß §§ 1417, 904 ABGB durch die Klagsbehändigung bewirkt, wobei selbst nach dem knappen Inhalt der Klage für den Beklagten jedenfalls erkennbar gewesen sein muß, was von ihm begehrt wurde.

Die Urteile der Vorinstanzen waren daher insoweit aufzuheben, als es der Klärung des Rechtsgrundes der vom Kläger behaupteten Zession der Forderung der geschiedenen Gattin, somit hinsichtlich eines Teilbetrages von S 117.500,-- bedurfte. Darüber hinaus war im Sinne vorstehender Rechtsausführungen über das Klagebegehren durch Teilurteil abzusprechen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 52 Abs. 2 ZPO.