OGH vom 18.07.2002, 3Ob37/01i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtsache der klagenden Partei Madeleine R*****, vertreten durch Mag. Christoph Rupp, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Attila M*****, vertreten durch Dr. Michael Bereis, Rechtsanwalt in Wien, wegen Duldung einer Exekution (Streitwert 140.000 S = 10.174,20 EUR; hier: Anmerkung der Klage), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 11 R 163/00x-7, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom , GZ 18 Cg 145/00a-2, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.
Die zweitinstanzliche Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts mit der Einschränkung, dass es statt "... Liegenschaft EZ ..." richtig "... Liegenschaftshälfte EZ ..." zu heißen hat, wiederhergestellt wird.
Die Parteien haben die Kosten des Rechtsmittelverfahrens selbst zu tragen.
Die auf Grund dieser Entscheidung notwendigen Anordnungen und Verfügungen obliegen dem Erstgericht.
Text
Begründung:
Die Klägerin hat eine seit vollstreckbare Forderung von 500.000 S gegen ihren geschiedenen Ehegatten, der Erbe seiner am verstorbenen Mutter war, die ihrerseits "außerbücherliche" Eigentümerin der Liegenschaft EZ 229 GB ***** war; bücherlicher Eigentümer war noch ihr verstorbener Ehegatte. Der geschiedene Ehegatte der Klägerin verkaufte mit notariellem Erbschaftskaufvertag vom (im Folgenden nur Kaufvertrag) die Erbschaft um 500.000 S an den Beklagten, seinen Sohn aus erster Ehe. Auf Grund des zwischen dem Beklagten und seinem Onkel (Bruder des geschiedenen Ehegatten der Klägerin) geschlossenen Erbübereinkommens vom stellte das Verlassenschaftsgericht die Einantwortungsurkunde vom aus, womit der Beklagte und sein Onkel je "außerbücherliche" Hälfteigentümer der Liegenschaft EZ 229 wurden. Der Beklagte verkaufte seine Liegenschaftshälfte an seinen Onkel, der nun bücherlicher Eigentümer der gesamten Liegenschaft EZ 229 ist. Die Klägerin begehrte mit ihrer Klage vom vom Beklagten zur Hereinbringung von 140.000 S die Duldung der Exekution in das aus der Verlassenschaft nach der Mutter des geschiedenen Ehegatten der Klägerin zustehende Anwartschaftsrecht auf den Erwerb des bücherlichen Miteigentums an der Liegenschaft. Sie ficht den Kaufvertrag gemäß §§ 2 und 3 iVm §§ 4 und 7 AnfO an. Da der Beklagte zwar auf Grund der Einantwortung Hälfteeigentümer dieser Liegenschaft, aber dieses Recht noch nicht im Grundbuch einverleibt sei, verbleibe nur die Exekution gemäß §§ 331 ff EO auf das dargestellte Anwartschaftsrecht. Da jedoch künftig Exekution in die Liegenschaft geführt werden solle, werde gemäß § 20 AnfO die Anmerkung der Anfechtungsklage ob dieser Liegenschaft begehrt, die nach der Rsp (JBl 1987, 329) auch dann vorzunehmen sei, wenn der Anfechtungsgegner kraft Einantwortung Liegenschaftseigentümer geworden, aber das Eigentumsrecht noch nicht im Grundbuch einverleibt sei.
Das Erstgericht bewilligte die Anmerkung der Klage auf der "dem Beklagten durch Einantwortung vom gehörigen Liegenschaft EZ 229 und ersuchte das Bezirksgericht Leonfelden um den Vollzug. Dieses lehnte mit Beschluss vom TZ 1054/00 den Vollzug im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass ein grundbücherlicher Eigentumsübergang auf den Beklagten noch nicht erfolgt, sondern noch ein anderer Eigentümer (verstorbener Ehegatte der verstorbenen Mutter des geschiedenen Ehegatten der Klägerin) dieser Liegenschaft eingetragen sei. Das Landesgericht Linz als Rekursgericht hob mit Beschluss vom den erstgerichtlichen Beschluss ersatzlos auf und trug dem Erstgericht den Vollzug der vom Prozessgericht angeordneten Klageanmerkung auf. Den gegen die "Vollzugsanordnung" des Grundbuchsgerichts vom TZ 1550/00 gerichteten Rekurs des Onkels des Beklagten wies das Rekursgericht mit Beschluss vom zurück. Das Rekursgericht wies mit dem angefochtenen Beschluss den Antrag der Klägerin auf Anmerkung der Anfechtungsklage ab. Die Anmerkung der Anfechtungsklage nach § 20 AnfO sei eine besondere Form der Streitanmerkung. Sie sei nicht auf die Fälle beschränkt, in denen das Urteilsbegehren auf Anfechtung einer grundbücherlichen Eintragung gerichtet ist. Nach der "vereinzelt gebliebenen" Entscheidung des Obersten Gerichtshofs 5 Ob 5/86 (JBl 1987, 329), sei die Anmerkung der Anfechtungsklage, wenn der Anfechtungsgegner kraft Einantwortung Liegenschaftseigentümer geworden, aber als solcher noch nicht im Grundbuch einverleibt sei, zulässig. In dieser Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof ausgeführt, dass die Bewilligung der Klageanmerkung auf Grund der Einantwortungsurkunde zugleich mit der Vormerkung des Eigentumsrechts des Anfechtungsgegners einhergehe. Jede andere Entscheidung würde die dem Anfechtungskläger eingeräumte Möglichkeit der Anmerkung nach § 20 AnfO vom Belieben des Anfechtungsgegners abhängig machen, ob er das ihm zustehende dingliche Recht (deklaratorisch) verbüchern lasse oder nicht. Dem sei jedoch zu erwidern, dass eine Streitanmerkung nur gegen den erwirkt werden könne, dessen Recht bereits im Grundbuch eingetragen sei. Im Grundbuch sei der Beklagte nicht als Eigentümer eingetragen gewesen. Eine Einantwortungsurkunde sei nur dem Prozessgericht vorgelegen. Eine Vormerkung des Eigentumsrechts eines Erben durch eine zukünftige Pfandgläubigerin scheine mit den Vorschriften des Grundbuchsrechts nicht vereinbar. Im Exekutionsverfahren auf eine in einem öffentlichen Buch eingetragene Liegenschaft gälten die allgemeinen Bestimmungen des § 7 Abs 1 EO mit der Maßgabe, dass nur der als Verpflichteter in Frage komme, der im Grundbuch als Eigentümer aufscheine. Die §§ 21 und 94 GBG verhinderten im Grundbuchsverkehr jede Bedachtnahme auf die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse, solange sie nicht im Grundbuch ihren Niederschlag gefunden hätten. Eine bücherliche Eintragung gegen den Erben sei daher unzulässig, auch wenn er bereits nach "materiellem Recht" Liegenschaftseigentümer sei.
Rechtliche Beurteilung
Der von der zweiten Instanz im Hinblick "auf die aufgezeigten widersprüchlichen Entscheidungen" des Obersten Gerichtshofs zugelassene Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt.
Gemäß § 20 AnfO kann der Anfechtungsberechtigte beim Prozessgericht um die Anmerkung der Klage bei den bücherlichen Einlagen ansuchen, bei denen die Durchführung des Anfechtungsanspruchs Eintragungen erfordert (Abs 1). Diese Anmerkung hat zur Folge, dass das Urteil über die Anfechtungsklage auch gegen Personen wirkt, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben (Abs 2). Die Regelungen entsprechen denen des § 43 Abs 3 und 4 KO, die ihrerseits dem § 61 GBG (Streitanmerkung) nachgebildet ist. Die Klageanmerkung nach § 20 AnfO stellt eine besondere Form der Streitanmerkung dar (SZ 66/149 = ÖBA 1994, 480; 6 Ob 263/01x), schafft für die im Fall des Obsiegens im Anfechtungsprozess vorzunehmenden bücherlichen Eintragungen keine Rangordnung iSd § 53 GBG, sondern schließen bloß den guten Glauben der Personen aus, die nach der Anmerkung bücherliche Rechte erworben haben (SZ 52/47 = EvBl 1979/142 u.a.; RIS-Justiz RS0050390; vgl auch König, Die Anfechtung nach der Konkursordnung2 Rz 443 mwN in FN 181; Feil, KO3 § 43 Rz 28 mwN). Die Anmerkung soll somit die Wirksamkeit des über die Anfechtungsklage ergangenen Urteils gegenüber späteren Rechtserwerbern sichern (6 Ob 263/01x).
Voraussetzung für die Anmerkung ist, dass die Leistung (Verpflichtung) des Anfechtungsgegners eine grundbücherliche Eintragung "erheischt" (SZ 53/6 = EvBl 1980/128 mwN u.a.; RIS-Justiz RS0050402; vgl zu § 43 KO auch König aaO mwN; Feil, KO3 § 43 Rz 26 mwN). Dies ist dann der Fall, wenn die Befriedigung des Anfechtungsgläubigers - wie auch hier - aus der Liegenschaft gesucht wird, die dem Anfechtungsgegner durch einen anfechtbaren Vorgang überlassen wurde. König (aaO) führt dazu aus, die Anmerkung sei nicht auf jene Fälle beschränkt, in denen das Klagebegehren selbst auf Anfechtung einer bücherlichen Eintragung gerichtet sei: Dies sei insbesondere für die Anfechtung nach der AnfO von Bedeutung, weil dort dem Leistungsanspruch durch die Höhe der Befriedigung suchenden Forderung von vornherein ein festes Maß gesetzt sei. Sei etwa eine Liegenschaft schenkungsweise, aber anfechtbar überlassen worden, so werde bei der Einzelanfechtung regelmäßig nur die Duldung der Zwangsvollstreckung in diese Liegenschaft zugunsten und bis zur Höhe der Forderung des Anzufechtenden zu begehren sein. Dies gelte jedoch dann nicht, wenn - anders als hier - die betreffende Liegenschaft von der anfechtbaren Rechtshandlung selbst nicht betroffen sei, sondern nur als ein mögliches Exekutionsobjekt zur seinerzeitigen Durchsetzung des geltend gemachten Anfechtungsanspruchs dienen könne (vgl Koziol/Bollenberger in Buchegger, Österr. Insolvenzrecht4 § 43 KO Rz 21 mwN).
Obwohl die Klageanmerkung nur für die "bücherlichen Einlagen"
vorgesehen ist, hat der Oberste Gerichtshof in der E 5 Ob 5/86 = JBl
1987, 329 = NZ 1986, 290 (zust Hofmeister in NZ 1986, 298 f) die
Auffassung vertreten, das Prozessgericht - wie übrigens dann auch das Buchgericht - sei an die rechtskräftige Einantwortung und den durch diese bedingten Übergang des Eigentumsrechts an der Liegenschaft gebunden, die Anmerkung der Anfechtungsklage sei auch dann zu bewillligen, wenn der Anfechtungsgegner kraft Einantwortung Liegenschaftseigentümer geworden, aber als solcher noch nicht im Grundbuch einverleibt sei. Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts ist die E 5 Ob 5/86 = JBl 1987, 329 = NZ 1986, 290 (zust Hofmeister in NZ 1986, 298 f) nicht als "vereinzelt" anzusehen; zu einem vergleichbaren Sachverhalt gibt es keine andere, sie etwa ablehnende Entscheidung des Obersten Gerichtshofs. Die vor dieser Entscheidung ergangene Entscheidung SZ 57/177 betrifft keine Anmerkung nach § 20 AnfO, sondern den in einem Exekutionsverfahren gestellten Antrag auf (vorgängige) Einverleibung des Eigentumsrechts des eingeantworteten Erben und sodann auf weitere Einverleibung eines Pfandrechts sowie auf Bewilligung der Zwangsversteigerung dieser Liegenschaft. Im Gegensatz zu anderen Eigentumserwerbstiteln (wie Kaufvertrag, Schenkungsvertrag, Tauschvertrag etc) bei denen es des Modus' der Einverleibung zum konstitutiven Eigentumserwerb bedarf, fallen beim Liegenschaftserwerb durch Einantwortung Titel und Modus zusammen, sodass die nachträgliche Einverleibung (Eintragung) des Eigentumsrechts des eingeantworteten Erben nur deklaratorisch wirkt (Spielbüchler in Rummel3 § 436 ABGB Rz 4 mwN; Hintereggger in Schwimann2, § 436 ABGB Rz 4). Das Übergehen dieser Rechtstatsache würde die dem Anfechtungsgläubiger ausdrücklich eingeräumte Möglichkeit der Klageanmerkung nach § 20 AnfO vom Belieben des Anfechtungsgegners abhängig machen, ob er das ihm zustehende dingliche Recht (deklaratorisch) verbüchern lässt oder nicht. Ein derartiges Auslegungsergebnis kann - wiederum iS der Entscheidung JBl 1987, 329 - wegen des eindeutigen Zwecks des § 20 AnfO nicht als der Absicht des Gesetzgebers entsprechend angesehen werden. Die Auffassung dieser Entscheidung teilt auch der erkennende Senat. Gerade der vorliegende Fall zeigt auf Grund des bisher bekannten Ablaufs aller Rechtsverfügungen im Zusammenhang mit der umstrittenen Liegenschaftshälfte, wie notwendig und richtig eine Anmerkung der Anfechtungsklage zum Schutz der Rechte des Anfechtungsgläubigers ist. Die Prüfung der Frage, ob ein bescheinigter Anspruch vollstreckbar ist und ob die formellen Voraussetzungen zur Einbringung der Anfechtungsklage vorliegen, muss der Entscheidung im Anfechtungsprozess vorbehalten bleiben (SZ 67/226). Aus den dargelegten Erwägungen ist dem Revisionsrekurs mit der Einschränkung Folge zu geben, dass die Anmerkung der Anfechtungsklage bei der dem Beklagten durch Einantwortung gehörigen Liegenschaftshälfte (anderes hat die Klägerin nie behauptet) vorzunehmen ist.
Im Verfahren über die Klageanmerkung nach § 20AnfO findet ein Kostenersatz nicht statt (SZ 53/6; vgl auch RIS-Justiz RS0060516, RS0060701).
Die auf Grund dieser Entscheidung erforderlichen Anordnungen und Verfügungen obliegen gemäß § 527 Abs 1 ZPO dem Erstgericht.