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OGH vom 19.05.2009, 3Ob35/09g

OGH vom 19.05.2009, 3Ob35/09g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** GmbH, *****, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Bruckmüller Zeitler Rechtsanwälte GmbH in Linz, gegen die beklagte Partei P***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Edwin A. Payr, Rechtsanwalt in Graz, wegen 24.062,50 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 146/08k-21, womit über Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 42 Cg 35/07d-14, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Dem Rekurs wird dahin Folge gegeben, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen, und zwar für das Berufungsverfahrens 2.330,28 EUR (darin 388,38 EUR USt) und für das Rekursverfahren 1.400,04 EUR (darin 233,34 EUR USt).

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei ist ein internationales Personaldienstleistungsunternehmen mit Sitz in Deutschland. Die beklagte Partei war bei der Errichtung einer Klinik in Kärnten im Jahr 2006 Auftragnehmerin der Trockenbauarbeiten. Sie vergab diese Arbeiten (zumindest zum Teil) mit Subunternehmerwerkvertrag an eine GmbH, die ihrerseits von der klagenden Partei zur Verfügung gestellte Arbeiter einsetzte.

Am erörterten der Geschäftsführer der klagenden Partei und der Bauleiter der beklagten Partei auf der Baustelle den aufgrund des Termindrucks bei diesem Bauvorhaben erhöhten Bedarf der beklagten Partei an Arbeitern und die Möglichkeit deren direkter Zurverfügungstellung durch die klagende Partei. Der Bauleiter wies darauf hin, dass die beklagte Partei nicht auf Stunden-, sondern auf Einheits- bzw Quadratmeterbasis abrechne, was einem direkten Vertragsverhältnis zwischen den Streitteilen entgegenstünde. Vereinbarungsgemäß übermittelte die klagende Partei der beklagten Partei noch am selben Tag einen Mustervertrag samt den Allgemeinen Geschäftsbedingungen per E-Mail zur Information. Dieser Mustervertrag enthielt die Firmen der Streitteile, nicht aber die zu überlassenden Arbeitnehmer und die Vergütung. Die beklagte Partei reagierte nicht auf diesen Mustervertrag. Der Geschäftsführer der klagenden Partei kontaktierte darüber hinaus auch den Geschäftsführer der beklagten Partei, der den Bedarf an Arbeitern, aber auch die Notwendigkeit der Abrechnung nach Einheits- bzw Quadratmeterpreisen bestätigte. Eine Personaldisponentin der klagenden Partei bot dem Bauleiter der beklagten Partei telefonisch fünf für den Trockenbau geeignete Arbeiter an. Der Bauleiter der beklagten Partei forderte sie anlässlich des Telefonats auf, die Arbeiter auf die Baustelle zu schicken, die beklagte Partei brauche dringend Leute. Dass der Bauleiter die Personalvermittlerin bei dieser Gelegenheit ausdrücklich darauf hingewiesen hätte, dass die Überlassung dieser Arbeiter über das Vertragsverhältnis mit der Subunternehmergesellschaft laufen müsse, kann nicht festgestellt werden. Nach Abschluss der entsprechenden Arbeitsverträge stellte die klagende Partei der beklagten Partei daraufhin in der Zeit vom bis die fünf Montagefachhelfer ... zur Verfügung. Der Vorarbeiter der beklagten Partei war deren weisungsberechtigter und verantwortlicher Ansprechpartner, der nach jeder Arbeitswoche deren Tätigkeitsnachweise - ab über Aufforderung des Bauleiters der beklagten Partei mit dem Vermerk „nur für Lohnverrechnung" - unterfertigte. Jeder Tätigkeitsnachweis wies im Feld „Kundendaten" die Firma der beklagten Partei auf. Die Arbeiter verrichteten im genannten Zeitraum jeweils 175,5 Arbeitsstunden.

Am übermittelte die klagende Partei der beklagten Partei einen die Namen der fünf Arbeiter enthaltenden und eine Vergütung von 25 EUR zuzüglich gesetzlicher Mehrwertsteuer pro Stunde vorsehenden, von ihr bereits unterschriebenen Arbeitnehmerüberlassungsvertrag samt ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Mit dem Hinweis auf das Fehlen seines Vertragsverhältnisses verweigerte die beklagte Partei die Unterfertigung dieses Vertrags. Die von der klagenden Partei am auf Basis der Tätigkeitsnachweise und eines Stundensatzes von 25 EUR gelegten Rechnungen mit einer Zahlungsfrist bis retournierte die beklagte Partei mit demselben Argument.

Die von der beklagten Partei mit den Trockenbauarbeiten beauftragte GmbH stellte ihre Arbeiten Ende September 2006 aufgrund von Differenzen und einer Zahlungseinstellung durch die beklagte Partei ein. Ab diesem Zeitpunkt hat diese GmbH - mit Ausnahme einzelner Regiestunden - keinerlei Arbeiten mehr im Rahmen des Bauvorhabens verrichtet bzw durch Arbeitskräfte der klagenden Partei verrichten lassen.

Die klagende Partei begehrt die Zahlung von 24.062,50 EUR samt Zinsen aufgrund eines mündlich, zumindest aber schlüssig zustandegekommenen Arbeitskräfteüberlassungsvertrags. Es sei jedenfalls die beklagte Partei als alleinige Leistungsempfängerin aus dem Titel der Bereicherung zur Zahlung des in Rechnung gestellten Betrags verpflichtet.

Die beklagte Partei wendete ein, es sei kein Vertragsverhältnis zustandegekommen. Die klagende Partei habe lediglich Leistungen für eine GmbH als ihre Subunternehmerin erbracht. Da diese offensichtlich ihre Verpflichtungen gegenüber der klagenden Partei nicht erfüllt habe, versuche diese, eine Vertragsbeziehung zwischen den Streitteilen zu konstruieren. Für den Fall, dass ihre Leistungspflicht festgestellt werde, wende sie eine Gegenforderung von 25.000 EUR für Kosten der Ersatzvornahme und Mängelverbesserung wegen mangelhafter Leistungserbringung durch die Arbeiter der klagenden Partei ein.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren, abgesehen von einem Teil des Zinsenbegehrens mit Urteil statt. Ausgehend von den eingangs wiedergegebenen Feststellungen gelangte das Erstgericht zur Auffassung, es sei zwischen den Streitteilen ein Arbeitskräfteüberlassungsvertrag schlüssig zustandege- kommen. Mangels gegenteiliger Vereinbarung habe der Beschäftiger, die beklagte Partei, dem Arbeitskräfteüberlasser, der klagenden Partei, ein angemessenes Entgelt zu leisten. Der verrechnete Betrag sei angemessen. Der Entgeltsanspruch des Überlassers sei vom Arbeitsergebnis unabhängig, er hafte nicht für allenfalls schlechte Arbeitsleistungen der zur Verfügung gestellten Arbeitnehmer.

Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der beklagten Partei gegen den stattgebenden Teil des erstgerichtlichen Urteils, worin sie auf ihre in erster Instanz erhobenen Gegenforderung nicht mehr zurückkam, dahin Folge, dass es jenes Urteil aufhob und die Rechtssache im Umfang der Aufhebung zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Prozessgericht erster Instanz zurückverwies.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht übernahm die in der Berufung bekämpften Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts als Ergebnis einer nachvollziehbaren Beweiswürdigung. In Behandlung der Rechtsrüge der beklagten Partei legte das Gericht zweiter Instanz ausführlich dar, weshalb mangels behaupteter oder im Beweisverfahren hervorgekommener Rechtswahl gemäß § 35 Abs 1, § 50 Abs 2 IPRG und § 4 Abs 2 EVÜ deutsches Sachrecht auf das behauptete Arbeitskräfteüberlassungsverhältnis anzuwenden sei. Dies führe zum Gesetz zur Regelung der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in der Fassung der Bekanntmachung vom (dBGBl I 158), zuletzt geändert durch Art 233 der Verordnung vom (dBGBl I 2407) ([Arbeitnehmerüberlassungsgesetz] dAÜG).

Nach § 12 Abs 1 dAÜG bedürfe der Vertrag zwischen dem Verleiher und dem Entleiher der Schriftform. Diese Formvorschrift sei hier nicht eingehalten worden, gemäß Art 9 Abs 2 EVÜ genüge aber die mildere Formvorschrift des österreichischen bürgerlichen Rechts. Dieses kenne für Arbeitskräfteüberlassungsverträge keine Formvorschrift. Der Vertrag könne auch schlüssig zustandekommen (RIS-Justiz RS0014531, [insb T 3 = 7 Ob 304/02k]). Auch nach dem im Übrigen weiter anwendbaren deutschen Sachrecht wäre zwischen den Parteien ein schlüssiger Arbeitnehmerüberlassungsvertrag zustandegekommen, falls die erforderliche Erlaubnis nach § 1 (§ 9 Z 1) dAÜG vorgelegen wäre. Auf das Fehlen einer solchen Erlaubnis habe sich aber die beklagte Partei nicht berufen.

Allerdings sei gemäß § 1b dAÜG die gewerbsmäßige Arbeitnehmerüberlassung in Betrieben des Baugewerbes für Arbeiten, die üblicherweise von Arbeitern verrichtet werden, unzulässig. Dies betreffe nach einer angeführten Entscheidung des deutschen Bundesgerichtshofs (BGH) nur die Betriebe des sogenannten Bauhauptgewerbes. Dazu gehörten auch Trocken- und Montagebauarbeiten. Es sei daher die Überlassung von Arbeitnehmern im vorliegenden Fall grundsätzlich unzulässig gewesen. Es könne aber noch nicht beurteilt werden, ob ein Ausnahmetatbestand nach lit a leg cit vorliege.

Nach Ansicht des Berufungssenats handle es sich beim Verbot des § 1b dAÜG wegen seiner arbeitsmarktpolitischen Ausrichtung und der Zielsetzung des Schutzes der Leiharbeiter sowie wegen der Strafdrohung gegenüber beiden Teilen um ein beiderseitiges Verbotsgesetz, das die konkrete zwischen den Streitteilen schlüssig zustandegekommene Vereinbarung der Arbeitnehmerüberlassung unwirksam mache. Das würde nur dann nicht gelten, wenn die klagende Partei im fortgesetzten Verfahren das Vorliegen eines Ausnahmetatbestands von § 1b dAÜG nachweisen könnte.

Für den Fall der Annahme eines vertraglichen Anspruchs werde sich die Höhe der Gegenleistung analog § 612 Abs 2 BGB nach der üblichen Vergütung richten. Bei Unwirksamkeit der vertraglichen Vereinbarung hätte die klagende Partei einen ebenfalls nach deutschem Sachrecht zu beurteilenden Bereicherungsanspruch auf Wertersatz für die von den überlassenen Arbeitskräften geleisteten Dienste oder für die von der beklagten Partei insofern ersparten Aufwendungen. Die vom Berufungsgericht aufgeworfenen völlig neuen Gesichtspunkte der rechtlichen Beurteilung der Streitsache bedingten die Aufhebung und Zurückverweisung der Rechtssache an das Prozessgericht erster Instanz, weil den Parteien Gelegenheit gegeben werden müsse, dazu allenfalls ergänzendes Vorbringen zu erstatten und Beweisanträge zu stellen.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof sei aus folgenden Erwägungen zulässig:

Zwar sehe es der Oberste Gerichtshof nicht als seine Aufgabe an, einen Beitrag zur Auslegung ausländischen Rechts zu leisten. Es stelle sich im konkreten Fall aber die Frage, ob allenfalls inländische Normen, die neben dem Schutz in- und ausländischer Arbeitnehmer auch (gesamt-)wirtschaftlichen Interessen dienten, wie § 16 Abs 3 und 4 des österreichischen Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG), zu berücksichtigen seien. In der Entscheidung 9 Ob 83/01y habe nämlich das Höchstgericht bei einem zwischen einem ungarischen Arbeitskräfteüberlasser und einem österreichischen Beschäftiger im Jahr 1992 vor Inkrafttreten des EVÜ abgeschlossenen Rahmenvertrag und einer Überlassung eines ungarischen Arbeitnehmers im Jahr 1998 österreichisches Recht angewendet. Er habe das Rechtsgeschäft wegen Verstoßes gegen § 16 Abs 4 AÜG als absolut nichtig beurteilt und daran die Folge geknüpft, dass dem ausländischen Arbeitskräfteüberlasser auch kein bereicherungsrechtlicher Anspruch gegenüber dem inländischen Beschäftiger zustünde. Im Hinblick auf die zunehmende Bedeutung der Überlassung von Arbeitskräften, insbesondere auch im grenzüberschreitenden Verkehr, sei daher der Rekurs zuzulassen.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs der klagenden Partei ist zulässig und auch berechtigt.

Während sich die beklagte Partei am Verfahren dritter Instanz nicht beteiligte, macht die klagende Partei zu Recht geltend, dass das Berufungsgericht zwar richtigerweise das dAÜG auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet, jedoch entgegen der Anwendung dieses Rechts in dessen ursprünglichem Geltungsbereich auch § 1b leg cit ungeachtet des für jenes Gesetz geltenden Territorialitätsprinzips angewendet habe. Der räumliche Geltungsbereich des deutschen Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes erstrecke sich ausschließlich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland. Gerade auch zu § 1b erster Satz dieses Gesetzes werde in der deutschen Literatur hervorgehoben, dass die Verbotsbestimmungen nur auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschränkt sei.

Der Rekurs ist aus den soeben dargelegten Erwägungen zulässig und auch im Sinne der Wiederherstellung des Ersturteils berechtigt.

Nach § 3 IPRG ist maßgebliches fremdes Recht wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich anzuwenden. Wenn auch in erster Linie die durch die herrschende Rechtsprechung geprägte Anwendungspraxis im Ursprungsland maßgeblich ist, ist dann der herrschenden (überwiegenden) fremden Lehre zu folgen, wenn jene keine eindeutige Antwort ergibt (Verschraegen in Rummel3 § 3 IPRG Rz 3 mwN). Es ist daher nach § 4 IPRG das fremde Recht (und die Anwendungspraxis dazu) von Amts wegen zu ermitteln.

Dass es sich beim Arbeitskräfte- überlassungsvertrag um einen selbständig nach Art 3, 4 EVÜ anzuknüpfenden Vertrag sui generis handelt, entspricht auch der einhelligen Lehre (Heiss in Heiss/Czernich, EVÜ Art 6 Rz 15 mwN).

Ebenso wie das IPRG sich grundsätzlich auf die Regelung von Privatrechtsfragen beschränkt (§ 1 Abs 1 IPRG;Verschraegen in Rummel3 Vor § 1 IPRG Rz 4), gilt dasselbe in der Regel auch für das EVÜ, wie aus dessen Art 8 bis 10 abgeleitet werden kann. Ausnahmen davon sieht Art 7 EVÜ vor. Nach dessen Art 2 berührt das Übereinkommen nicht die Anwendung der zwingenden Normen des Gerichtsstaats. Nach Art 7 Abs 1 EVÜ kann den zwingenden Bestimmungen des Rechts eines anderen als dem, dessen Recht nach dem EVÜ für anwendbar erklärt wird, Wirkung verliehen werden, wenn der Sachverhalt eine enge Bindung mit jenem Staat aufweist.

Die genannten zwingenden Bestimmungen werden als „Eingriffsnormen" bezeichnet (Verschraegen aaO Art 7 EVÜ Rz 1; Heiss aaO Art 7 Rz 2 f). Charakteristisch ist für Eingriffsnormen deren vom öffentlichen Interesse getragener ordnungspolitischer Gehalt, der über die Rechtssicherheit hinausgehende, spezifisch staatliche Lenkungsziele verfolgt (3 Ob 230/05b = SZ 2006/41 mwN). Bei den Regeln des österreichischen Arbeitskräfteüberlassungsgesetzes (AÜG) handelt es sich zumindest überwiegend um Eingriffsnormen (Drs in Resch, Grenzüberschreitender Personaleinsatz 54). Als solche Eingriffsnorm wird auch § 16 Abs 3 ff AÜG zu beurteilen sein, wonach die Überlassung von Arbeitskräften vom Ausland nach Österreich nur zulässig ist, wenn ausnahmsweise eine Bewilligung erteilt wurde. Die Bestimmungen wurden vom Obersten Gerichtshof - ohne Behandlung internationalprivatrechtlicher Fragen - ohne weiteres als anwendbar angesehen, als ein ungarisches Unternehmen ausländische Arbeitskräfte zwecks Arbeitsleistung einer inländischen beklagten Partei zur Verfügung stellte (9 Ob 83/01y = SZ 74/77). Für den vorliegenden Fall ist diese Bewilligungspflicht aber nicht relevant, weil § 16 AÜG auf Überlassungen innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), also auch im Verhältnis der Parteien dieses Verfahrens, nicht anzuwenden ist (§ 16a AÜG).

Man könnte allerdings wie die zweite Instanz fragen, ob im Rahmen des Art 7 Abs 1 EVÜ den bestehenden deutschen Eingriffsnormen Wirkung zu verleihen ist, auch wenn hier der Vertrag ohnehin dem deutschen Privatrecht unterliegt. Die vertragsschließenden Staaten des EVÜ gingen, wie sich aus der Formulierung der zitierten Vertragsbestimmung ergibt, offenbar davon aus, dass jedenfalls auch die zwingenden Bestimmungen des Vertragsstatuts anzuwenden seien (Heiss aaO Art 7 Rz 35; ähnlich Verschraegen aaO Art 7 EVÜ Rz 26). Nach Art 7 Abs 1 zweiter Satz sind bei der Entscheidung, ob den zwingenden Bestimmungen Wirkung zu verleihen ist, die Natur und der Gegenstand derselben sowie die Folgen zu berücksichtigen, die sich aus ihrer Anwendung und ihrer Nichtanwendung ergeben würden.

Voraussetzung für eine solche Wirkungsverleihung wäre aber jedenfalls, dass es sich auch tatsächlich um international zwingende Normen handelt, dass sie also, was gegebenenfalls durch Auslegung zu ermitteln ist, internationalen Geltungswillen aufweisen (Verschraegen aaO Rz 5 mwN).

Ebenso wie das österreichische AÜG Geltung für die Überlassung von Arbeitskräften ins Ausland beansprucht (Schindler in ZellKomm § 1 AÜG Rz 30: „selbstverständlich"), ergibt sich dasselbe für das dAÜG aus dessen § 1 Abs 3 Z 3, wonach es - bestimmte Ausnahmebestimmungen ausgenommen - auf die Arbeitnehmerüberlassung in das Ausland nicht anzuwenden ist, wenn der Leiharbeitnehmer in ein auf der Grundlage zwischenstaatlicher Vereinbarungen begründetes deutsch-ausländisches Gemeinschaftsunternehmen verliehen wird, an dem der Verleiher beteiligt ist. Daraus folgt, dass das Gesetz in derartigen Fällen großteils Geltung beansprucht, soweit eben nicht die Überlassung an ein derartiges Gemeinschaftsunternehmen erfolgt.

Zu prüfen wäre demnach, ob entgegen der Ansicht der zweiten Instanz, wie von der klagenden Partei geltend gemacht wird, § 1b erster Satz dAÜG (Einschränkungen der gewerbsmäßigen Arbeitnehmerüberlassung in Betriebe des Baugewerbes) für die Überlassung von Arbeitskräften durch ein deutsches Unternehmen an ein österreichisches nicht gelten soll.

Dabei handelt es sich offensichtlich um eine öffentlich-rechtliche Verbotsnorm, deren Verletzung nach § 16 Abs 1 Z 1b dAÜG auch eine Ordnungswidrigkeit bedeutet, die mit einer Geldbuße geahndet werden kann. Für derartige Normen gilt grundsätzlich das Territorialitätsprinzip. Es handelt sich um eine gewerberechtliche Vorschrift. Solche Normen sind demnach immer dann anzuwenden, wenn die Arbeitnehmerüberlassung einen Bezug zum Staatsgebiet des die Vorschrift erlassenden Staats hat. Für die grenzüberschreitende gewerbsmäßige Überlassung von Leiharbeitnehmern aus einem Staat in einem anderen bedeutet das, dass an sich die gewerberechtlichen Zulässigkeitsvoraussetzungen beider beteiligter Staaten erfüllt sein müssen (RiederervonPaar in Schüren, AÜG3 Einleitung Rz 614 mwN der deutschen Rsp und Lehre). Voraussetzung für die Anwendung dieser deutschen öffentlich-rechtlichen Verbotsnorm wäre allerdings, wie dargelegt, dass diese auch für Sachverhalte wie den vorliegenden Geltung beanspruchte. Offenbar soll aber damit lediglich der deutsche Arbeitsmarkt, besonders gegen illegale Praktiken und vor einem Abbau der „Normalbeschäftigung" in Baugewerbe, geschützt werden (Waas in Thüsing, AÜG § 1b Rz 6). Ungeachtet des grundsätzlichen Geltungswillens des dAÜG auch für die Überlassung von Arbeitskräften ins Ausland gilt dies also gerade nicht für das Verbot des § 1b erster Satz dAÜG. Zwar gibt es, soweit ersichtlich, keine einschlägige Entscheidung deutscher Gerichte hiezu, es entspricht dies aber der ganz überwiegenden Meinung der deutschen Lehre: So wird die Auffassung vertreten, dass § 1b erster Satz leg cit nicht eingreife, wenn ein Arbeitnehmer von einem Verleiher mit Sitz im Inland gewerbsmäßig an Betriebe im Ausland verliehen wird (Waas aaO Rz 28). Nicht erfasst würden demzufolge die Fälle, in denen Verleiher mit Sitz im Inland gewerbsmäßig Arbeiter an Betriebe des Baugewerbes in anderen europäischen und außereuropäischen Staaten verleihen (Hamann in Schüren, AÜG3 § 1b Rz 58 mwN). Das Verbot des § 1b dAÜG [sei] gemäß dem territorialen Geltungsbereich des AÜG auf Überlassung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und in die Bundesrepublik hinein beschränkt (Lorenz in Däubler/Hjort/Hummel/Wolmerath, Arbeitsrecht Handkommentar [2008] Rz 5 zu § 1b AÜG).

Die Auslegung des § 1b dAÜG wie in seinem ursprünglichen Geltungsbereich (§ 3 IPRG) ergibt somit, dass das sektorale Verbot der Arbeitnehmerüberlassung im Bereich des Baugewerbes nicht gilt, wenn wie im vorliegenden Fall von einem deutschen Verleiher an einen österreichischen Entleiher Arbeitskräfte „aus Deutschland heraus" überlassen werden. Entgegen der Ansicht der zweiten Instanz kommt es demnach auch nicht darauf an, ob im vorliegenden Fall allenfalls eine der in § 1b dAÜG geregelten Ausnahmen vom Überlassungsverbot dessen ersten Satzes vorläge (laut Berufungsgericht „nach lit a leg cit").

Auf Fragen eines allfälligen bereicherungsrechtlichen Anspruchs ist daher nicht mehr einzugehen, haben doch die Streitteile nach der im Übrigen zutreffenden Rechtsansicht des Berufungsgerichts einen Arbeitskräfteüberlassungsvertrag geschlossen, der auch erfüllt wurde. Damit hat aber das Erstgericht zu Recht den Entgeltanspruch der klagenden Partei als berechtigt angesehen, sodass nach § 519 Abs 2 ZPO sogleich dessen Urteil wiederherzustellen ist.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Ein Fehler bei der Berechnung der Umsatzsteuer in der Berufungsbeantwortung ist zugunsten der klagenden Partei zu korrigieren.