OGH vom 21.02.2014, 5Ob231/13a

OGH vom 21.02.2014, 5Ob231/13a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Mag. E***** K*****, vertreten durch Dr. Harald Schwendinger, Dr. Brigitte Piber, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei H***** K*****, vertreten durch Korn Gärtner Rechtsanwälte OG in Salzburg, wegen Einwilligung in Einverleibung (Streitwert 4.500 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Berufungsgericht vom , GZ 22 R 298/13x 31, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Salzburg vom , GZ 13 C 615/11s 27, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten die mit 559,15 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin 93,19 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin ist zu 347/4082 Anteilen Miteigentümerin der Liegenschaft EZ *****, Liegenschaftsadresse *****, womit Wohnungseigentum an der Wohnung W 12 verbunden ist. Zu Gunsten des Beklagten sind an dieser Wohnung ein Fruchtgenussrecht und ein Vorkaufsrecht verbüchert.

Die Klägerin hat mit Dr. R***** B***** über diese Wohnung einen Kaufvertrag unter der auflösenden Bedingung abgeschlossen, dass der Beklagte aufgrund seines Vorkaufsrechts in diesen Kaufvertrag eintritt.

Soweit für diesen Rechtsstreit maßgeblich, enthält dieser Drittkaufvertrag unstrittig folgenden Inhalt:

...

II.

Kaufpreis

Der Kaufpreis wird mit dem Betrag von 70.000 EUR (in Worten Euro siebzigtausend) vereinbart.

Der Betrag ist binnen 14 Tagen nach allseitiger Unterfertigung des Kaufpreises [richtig: des Kaufvertrags] vom Käufer auf das Konto der Verkäuferin, KontoNr. ... zur Überweisung zu bringen. Weiters hat der Käufer binnen 14 Tagen nach allseitiger Unterfertigung des Kaufvertrags die Grunderwerbssteuer ... und die Eintragungsgebühr ... auf das Anderkonto des Vertragsverfassers ... zur Überweisung zu bringen.

Die Vertragsparteien verzichten nach Rechtsbelehrung ausdrücklich auf eine treuhändige Abwicklung der Kaufpreiszahlung ...

Der Vertragserrichter ist zur grundbücherlichen Durchführung des Vertrages berechtigt, sobald ihm die Einzahlung des Kaufpreises von der Verkäuferin bestätigt wird ...

III.

Belastungen

Ob den kaufgegenständlichen ... Anteilen der Liegenschaft ... sind im Grundbuch folgende Belastungen eingetragen:

[ein Pfandrecht über 1.365.200 EUR zu Gunsten der H***** S*****, ein Pfandrecht über 1.514.800 EUR zu Gunsten der L***** S***** sowie ein Pfandrecht über 15.000 EUR zu Gunsten der H*****gesellschaft mit beschränkter Haftung]

Die eingetragenen Geldlasten sind löschungsreif und verpflichtet sich die Verkäuferin, für die Beibringung der erforderlichen Löschungsquittungen zu sorgen.

VIII.

Kosten, Steuern und Gebühren

Die mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Kaufvertrages verbundenen Kosten, öffentlichen Abgaben, Steuern und Gebühren aller Art trägt der Käufer zur Gänze alleine.

IX.

Bevollmächtigung

Die Vertragsteile bevollmächtigen Herrn Dr. W. M. ..., Rechtsanwalt ..., mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung dieses Kaufvertrages ...

Erstmals in der mündlichen Streitverhandlung vom im gegenständlichen Rechtsstreit erlangte der Beklagte durch Überreichung des zitierten Kaufvertrags Kenntnis vom Vorkaufsfall.

Am wurde dem Klagevertreter vom Beklagtenvertreter per Telefax eine Einlösungserklärung des Beklagten übersendet. Der Kaufpreis von 70.000 EUR und die Eintragungsgebühr von 3.220 EUR wurden vom Beklagten auf ein Treuhandkonto des Beklagtenvertreters erlegt.

Die Einlösungserklärung vom , die der Beklagtenvertreter namens des Beklagten abgab, hat auszugsweise folgenden Inhalt:

...

2. Ich erkläre daher hiermit namens des Herrn K*****, dass er von seinem Vorkaufsrecht Gebrauch macht und bereit ist, mit Frau Mag. K***** einen Kaufvertrag abzuschließen, der inhaltlich den Bedingungen des Vertrages mit Herrn Mag. Dr. B***** entspricht.

3. Der im Vertrag vorgesehene Kaufpreis von 70.000 EUR samt der anfallenden Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr, gesamt sohin der Betrag von 73.220 EUR, wurde bei mir auf einem Treuhandkonto erlegt. Ich bin jederzeit berechtigt, den Kaufpreis zu den im Kaufvertrag festgelegten Bedingungen an Frau Mag. K ***** auszufolgen.

4. Ich übermittle einen entsprechend von mir im Auftrag von Herrn K ***** verfassten Kaufvertrag, der zur grundbücherlichen Durchführung des Geschäftes von beiden Seiten notariell beglaubigt unterzeichnet werden sollte.

Der Vertrag gibt im Wesentlichen alle Bedingungen wieder, die auch der Vertrag zwischen Mag. K ***** und Mag. Dr. B***** enthalten hat. Einzige Änderung ist, dass Herr K***** angesichts der bisherigen Vorgeschichte und des anhängigen Gerichtsverfahrens verständlicherweise nicht bereit ist, auf eine Treuhandabwicklung zu verzichten und bereits vorweg den Kaufpreis an die Verkäuferin zu überweisen, bevor nicht seine lastenfreie Eintragung im Grundbuch gewährleistet ist. Ich habe deswegen im Vertragsentwurf eine entsprechende, für Verträge solcher Art übliche Treuhandabwicklung vorgesehen.

5. Wie bei derartigen Vertragsabwicklungen üblich, beauftragt der Käufer, der alleine sämtliche Kosten der Abwicklung übernimmt, den Vertragserrichter mit der grundbücherlichen Durchführung. ...

Der in diesem Sinn abzuschließende Kaufvertragsentwurf lag diesem Schreiben bei und bestätigte der Beklagtenvertreter, dass der vorgesehene Kaufpreis in Höhe von 70.000 EUR samt der anfallenden Grunderwerbssteuer und Eintragungsgebühr, gesamt sohin der Betrag von 73.220 EUR, bei ihm auf einem Treuhandkonto vom Beklagten erlegt wurde.

Im Revisionsverfahren ist nicht mehr strittig, dass die Einlösungserklärung samt Kaufvertragsentwurf innerhalb von 30 Tagen beim damaligen Klagevertreter einlangte.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin die Einwilligung des Beklagten in die Einverleibung der Löschung des zu seinen Gunsten einverleibten Vorkaufsrechts betreffend die Wohnung W 12 im Haus ***** in *****; in eventu begehrt sie die Feststellung des Erlöschens seines Vorkaufsrechts.

Nachdem das Klagebegehren zunächst ausschließlich darauf gestützt war, der Beklagte habe sich trotz Bekanntgabe des beabsichtigten Verkaufs und Übersendung eines Kaufvertrags dazu („mutwillig“) nicht geäußert, weshalb sein Einlösungsrecht erloschen sei, wurde in der mündlichen Streitverhandlung vom das Klagebegehren darauf gestützt, dass weder eine wirksame Einlösungserklärung im Sinn des § 1075 ABGB erfolgt sei noch die Zahlung an einen Treuhänder eine wirkliche Einlösung im Sinn des § 1077 ABGB bewirkt habe. Der Beklagte hätte fristgerecht den Kaufpreis leisten müssen, und zwar so, wie sich der Drittkäufer dazu verpflichtet habe; auch sei der tatsächliche Erlag auf dem Treuhandkonto nicht nachgewiesen.

Im zweiten Rechtsgang wurde noch vorgebracht: Während die Auszahlung des Kaufpreises im Vertrag mit dem Drittkäufer an keinerlei Bedingungen geknüpft gewesen sei, bestehe das Kaufanbot des Beklagten darin, den Kaufpreis binnen 14 Tagen nach allfälliger Unterfertigung auf das Konto eines Treuhänders zu überweisen, wobei Zahlung an die Klägerin erst dann zu erfolgen habe, wenn ein rechtswirksamer Rangordnungsbeschluss und Löschungserklärungen hinsichtlich der im Grundbuch einverleibten Geldlasten bzw zwischenzeitig neu hinzugekommener Lasten übergeben worden sei. Auch sei im Kaufvertragsentwurf des Beklagten eine grundbücherliche Durchführung des Kaufvertrags durch den Beklagtenvertreter vorgesehen, im Kaufvertrag mit dem Drittkäufer hingegen durch den Rechtsvertreter der Klägerin. Derart gravierende Änderungen stellten ein Abgehen von wesentlichen Bedingungen des Kaufvertrags mit dem Drittkäufer und keine bloßen Änderungen unwesentlicher Nebenbestimmungen dar, weshalb keine wirksame Ausübung einer Einlösungserklärung vorliege. Dass der Verzicht auf die Abwicklung des Kaufvertrags mittels Treuhandschaft nur deshalb erfolgt sei, um den Beklagten um sein Vorkaufsrecht zu bringen, sei eine reine Unterstellung. Beim Kaufvertrag mit dem Dritten handle es sich auch keinesfalls um ein Scheingeschäft, was schon daraus hervorgehe, dass der Kaufpreis unmittelbar nach Vertragsunterfertigung an die Verkäuferin überwiesen worden sei.

Der Beklagte bestritt das Klagebegehren und beantragte dessen Abweisung. Er habe eine wirksame Einlösungserklärung abgegeben und dieser entsprechend Zahlung an den Treuhänder bewirkt. Den im Drittvertrag vereinbarten Verzicht auf eine treuhändige Abwicklung des Kaufvertrags habe er nicht übernehmen müssen. Ein derartiger Verzicht sei im Liegenschaftsverkehr derart ungewöhnlich, dass deutlich sei, dass es bei dessen Vereinbarung nur darum gegangen sei, den Beklagten um sein Vorkaufsrecht zu bringen. Jeder durchschnittliche Käufer würde selbstverständlich auf Treuhandabwicklung bestehen. Der Verzicht darauf lege die Annahme eines Scheingeschäfts mit dem Drittkäufer nahe. Mit dem vom Beklagten vorgelegten Vertragsentwurf sei kein Abgehen von wesentlichen Bedingungen des Drittkaufvertrags erfolgt. Der Erlag auf dem Konto des Beklagtenvertreters als Vertragserrichter bewirke im Zusammenhang damit eine „wirkliche Einlösung“. Der Beklagte habe daher sein Vorkaufsrecht korrekt ausgeübt, sodass das Klagebegehren abzuweisen sei.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren (in beiden Rechtsgängen) ab. Es erkannte in rechtlicher Hinsicht, dass der mit der Einlösungserklärung übermittelte Kaufvertragsentwurf in allen wesentlichen Punkten dem mit dem Dritten abgeschlossenen Kaufvertrag entspreche. Durch die abweichenden Nebenbestimmungen, nämlich die Beauftragung des Beklagtenvertreters mit der grundbücherlichen Abwicklung und die Vereinbarung einer treuhändigen Abwicklung, erwachse der Anbotsverpflichteten kein unzumutbarer Nachteil, vielmehr werde ein Vertrag „mit absolut üblichen und gängigen Bestimmungen“ vorgeschlagen. Die im Kaufvertrag mit dem Dritten vereinbarte unübliche Regelung der Kaufpreiszahlung ohne treuhändige Abwicklung habe die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Beklagten bloß unbillig erschwert, vor allem in Hinblick auf den bereits anhängigen Rechtsstreit. Der treuhändige Erlag des Kaufpreises stelle ein reales Zahlungsangebot dar.

Das Erstgericht bejahte daher eine Wirksamkeit der Ausübung seines Vorkaufsrechts durch den Beklagten in Verbindung mit einem realen Zahlungsanbot und eine Bindung der Klägerin daran.

Der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Klägerin gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

§ 1075 ABGB nötige den Berechtigten zwar, im Rahmen der „wirklichen Einlösung“ zur Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts grundsätzlich auch die im bestehenden Vertrag mit dem Dritten enthaltenen Nebenbestimmungen anzubieten, worunter außer den vom Drittkäufer zugesicherten Nebenleistungen auch die übrigen Vertragsbestimmungen wie etwa Zahlungskonditionen, Gefahrtragung, Gewährleistung und die mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags stehenden Kosten, Gebühren und Abgaben aller Art zu verstehen seien. Wenn aber unwesentliche Nebenleistungen für den Berechtigten nicht erfüllbar wären und auch nicht durch den Schätzwert ausgeglichen werden könnten, sei maßgeblich, ob der Verpflichtete den Kaufvertrag mit dem Drittkäufer auch ohne diese Bestimmung abgeschlossen hätte, in welchem Fall die Rechtsprechung die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht verwehre.

Das müsse auch für unwesentliche Nebenbedingungen wie hier die Vereinbarung eines Verzichts auf eine treuhändige Abwicklung der Kaufpreiszahlung gelten. Zahlung des Kaufpreises erst nach Vorliegen von Löschungsquittungen und einer Vorrangsanmerkung, was durch Einschaltung eines Treuhänders in die Vertragsabwicklung ermöglicht werde, sei im Liegenschaftsverkehr üblich. Ein Verzicht darauf liege „außerhalb des vertraglichen Synallagmas“ und behindere die Ausübung des Vorkaufsrechts derart, dass einer derartigen Nebenbedingung im Fall einer Einlösung die Wirksamkeit abgesprochen werden müsse.

Durch den Entfall dieser Nebenbedingung erwüchsen der Klägerin auch keine unzumutbaren Nachteile. Der Beklagte habe daher sein Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt, was zur Klageabweisung zu führen habe.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigt und erklärte die ordentliche Revision für zulässig. Zur Frage, „ob durch das Hinzufügen einer Regelung betreffend die Löschung des Vorkaufsrechts des Beklagten, über die Beauftragung des Beklagtenvertreters als Vertragserrichter mit der grundbücherlichen Abwicklung, der Selbstberechnung und der treuhändigen Vertragsabwicklung die 'wirkliche Einlösung' verhindert wurde“, liege noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vor.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Klägerin wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung des angefochtenen Urteils im Sinne einer Stattgebung des Klagebegehrens; hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht bezeichneten Grund zulässig. Sie ist jedoch nicht berechtigt.

Die behauptete Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO).

Zur Begründung ihres Interesses am Treuhandverzicht hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren nichts vorgebracht, weshalb Feststellungen zu diesem Thema in Beachtung des geltenden Neuerungsverbots mit Recht unterblieben. Nicht erstattetes Vorbringen kann nicht durch bloße Hinweise auf Beweisaufnahmen bzw Beweisergebnisse ersetzt werden (RIS Justiz RS0017844; RS0037915; RS0043157).

Soweit vom Berufungsgericht nicht beseitigte Unklarheiten über den Inhalt des Drittkaufvertrags geltend gemacht werden, konnte dessen unstrittiger Inhalt schon aufgrund der Parteierkärungen zu Beilage ./A in der mündlichen Streitverhandlung vom (ON 7, Seite A: „echt und richtig“) vom Revisionsgericht ergänzend festgestellt werden.

Die übrigen Ausführungen sind der Rechtsrüge zuzuordnen.

Die Rechtsrüge ist nicht berechtigt.

1. Wird ein Vorkaufsrecht wirksam ausgeübt, so entsteht zwischen dem Verpflichteten und dem Berechtigten ein Kaufverhältnis, das jenem mit dem Dritten inhaltlich nachgebildet ist (so ausdrücklich 1 Ob 516/91 SZ 64/24; RIS Justiz RS0020174; F. Bydlinski in Klang IV/2², 847; Aicher in Rummel 3 § 1075 ABGB Rz 9). Der Vorkaufsberechtigte muss daher nicht nur den vollständigen Kaufpreis, der vom Dritten angeboten worden ist, entrichten, sondern zufolge § 1077 ABGB auch die angebotenen „Nebenbedingungen“ vollständig übernehmen. Dazu gehören außer zugesicherten Nebenleistungen auch die übrigen Vertragsbestimmungen wie etwa die über Zahlungskonditionen, Fälligkeiten, die Gefahrtragung, Gewährleistung oder die mit der Errichtung und grundbücherlichen Durchführung des Kaufvertrags verbundenen Kosten, Gebühren und Abgaben aller Art 1 Ob 516/91 SZ 64/24; RIS Justiz RS0020216).

2.1 Die Rechtsprechung verwehrt die Ausübung des Vorkaufsrechts nicht, wenn unwesentliche Nebenleistungen für den Berechtigten nicht erfüllbar sind und auch durch den Schätzwert nicht ausgeglichen werden können, wenn angenommen werden darf, dass der Verpflichtete den Kaufvertrag mit dem Drittkäufer auch ohne diese Bestimmung abgeschlossen hätte. Dann muss der Berechtigte eine solche Nebenleistung nicht übernehmen (SZ 26/293; 1 Ob 516/91 SZ 64/24; 1 Ob 49/00p SZ 73/120; RIS Justiz RS0020190; Aicher in Rummel 3 § 1077 ABGB Rz 5; Apathy in KBB 3 § 1077 ABGB Rz 3).

2.2 Zur Vermeidung einer unbilligen Erschwerung oder Vereitelung der Ausübung des Vorkaufsrechts gilt das auch für Nebenbedingungen (Vertragsklauseln), die dazu dienen, die Ausübung des Vorkaufsrechts zu behindern, ohne dass sie dem Vorkaufsverpflichteten persönliche Vorteile bringen (1 Ob 516/91; 3 Ob 107/00g RdW 2000, 277; 8 Ob 15/01s SZ 74/67 mwN). Gleiches gilt dann, wenn eine Bindung des Vorkaufsberechtigten an Konditionen des mit dem Dritten geschlossenen Verkaufs dazu benutzt wird, durch den Einbau von „Fremdkörpern“ in den Vertrag, die außerhalb der bei gegenseitigen Verträgen zwingenden Abhängigkeit von Leistung und Gegenleistung und/oder sonstigen vertragstypischen Elementen stehen, dem Vorkaufsberechtigten den Erwerb verleiden oder sein Recht ins Leere laufen lassen sollen. Das soll allerdings nicht für Absprachen gelten, die dem Vorkaufsverpflichteten Vorteile bringen. Ganz grundsätzlich darf das Interesse des Verpflichteten, nur nach Maßgabe seiner Vorstellungen verkaufen zu wollen, nicht unberücksichtigt bleiben, sodass auf diesem Wege letztlich nur Tatbestände gezielter Umgehung erfasst werden sollen (vgl H. P. Westermann in Münchener Kommentar zum BGB 6 § 463 BGB Rn 20, 21 zu § 463 BGB mit Hinweis auf Rechtsprechung des BGH bei vergleichbarer dortiger Rechtslage; 1 Ob 516/91; 8 Ob 15/01s).

2.3 Einem Vorkaufsberechtigten wird die Ausübung des Vorkaufsrechts beispielsweise dann verleidet, wenn er durch eine Nebenbedingung des Drittkaufvertrags als wirtschaftlich vernünftig Denkender von der Ausübung seines Rechts abgehalten wird, weil die Liegenschaft noch mit umfassenden Rechten Dritter belastet werden könnte oder noch belastet wurde, etwa durch Einräumung umfangreicher Bestandrechte an Dritte (8 Ob 15/01s unter Hinweis auf BGHZ 34, 200, 205).

3. Die Vorinstanzen haben die im Drittvertrag vereinbarte Fälligkeit der Kaufpreiszahlung binnen 14 Tagen nach Unterfertigung des Kaufvertrags unter gleichzeitigem Verzicht auf eine treuhändige Abwicklung des Kaufvertrags als eine für den Berechtigten derart ungünstige, die Ausübung des Vorkaufsrechts behindernde Nebenvereinbarung gewertet, dass ihr im Fall einer Einlösung die Wirksamkeit gegenüber dem Berechtigten abgesprochen werden müsse.

Richtig ist, dass im gegenständlich zu beurteilenden Fall dem Vorkaufsberechtigten durch die Vereinbarung sofortiger Fälligkeit des Kaufpreises ohne Absicherung eines Erwerbs oder zumindest eines lastenfreien Erwerbs der Liegenschaft eine Position aufgedrängt wird, die ein wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch nicht ohne weiteres auf sich nehmen würde.

4. Ob damit aber ein Tatbestand verwirklicht wurde, der auf eine Verleidung der Ausübung des Vorkaufsrechts abzielt, bedarf einer weiteren Untersuchung.

4.1 Die Vereinbarung im Drittvertrag stellt zunächst eine Abweichung von der allerdings disponiblen (vgl 2 Ob 137/08y JBl 2009, 638 mwN) gesetzlichen Regelung der §§ 1062 und 1052 ABGB dar, wonach bei Kaufverträgen die Leistungen Zug um Zug zu erbringen sind. Bei Liegenschaftskaufverträgen bedeutet das, dass die Kaufpreiszahlung bei Einreichung des Grundbuchgesuchs auf Einverleibung des Eigentumsrechts nachzuweisen ist (1 Ob 630/81 SZ 54/112; RIS Justiz RS0020066 ; Apathy aaO § 1062 ABGB Rz 3).

4.2 Die Einschaltung eines Treuhänders zur Zug um Zug-Abwicklung beim Liegenschaftskauf wird zur wirtschaftlichen Absicherung beider Kaufvertragsparteien und zur Vermeidung einer (ungesicherten) Vorleistung häufig vereinbart (vgl dazu Apathy aaO § 1062 ABGB Rz 3).

Der bloße Verzicht auf eine treuhändige Abwicklung des Kaufvertrags bedeutet aber noch kein Abgehen von der gesetzlichen Zug um Zug Verpflichtung, sodass dieser in den Vordergrund gerückten vertraglichen Nebenbedingung nicht die entscheidende Bedeutung zukommt.

4.3 Entscheidend ist vielmehr, dass im Drittvertrag eine Vorleistungspflicht des Käufers vereinbart wurde, was grundsätzlich im Verhältnis zwischen diesen Vertragspartnern nicht als unzulässig zu qualifizieren wäre (vgl 2 Ob 137/08y). Im Verhältnis zu einem vorkaufsberechtigten Dritten sind sie aber an die Schranken des Gesetzes gebunden, die sich schon aus § 1077 ABGB, aus § 1295 Abs 2 ABGB und aus § 879 ABGB ergeben (RIS Justiz RS0016198; insbes 8 Ob 15/01s).

Infolge der Bindung des Vorkaufsberechtigten an die zwischen den Parteien des Drittvertrags vereinbarte, für den Liegenschaftskauf gänzlich vertragsuntypische Voraus-leistungsverpflichtung ist eine derartige Vereinbarung geeignet, nach den oben dargestellten Kriterien den Verdacht zu begründen, dass damit dem vorkaufsberechtigten Beklagten in Wahrheit die Ausübung seines Rechts verleidet werden sollte. Das gilt jedenfalls dann, wenn ein dem Verpflichteten daraus erwachsender Vorteil weder behauptet noch evident ist, wohingegen dem Berechtigten eine Position aufgedrängt wird, die ein wirtschaftlich vernünftig Denkender nicht eingehen würde.

4.4 Zielt eine entsprechende Gestaltung des Drittkaufvertrags auf die Verleidung der Ausübung des Vorkaufsrechts, ist sie insoweit, hier hinsichtlich der Vorleistungsverpflichtung, als sittenwidrig anzusehen (8 Ob 15/01s mwN). Der Beklagte war daran nicht gebunden, wovon er auch in seiner Einlösungserklärung ausging.

Hinweise, die für eine Gesamtnichtigkeit des Drittvertrags sprächen, bietet der Sachverhalt nicht.

Der Beklagte hat daher eine wirksame Einlösungserklärung abgegeben.

5. „Wirkliche Einlösung“ im Sinn des § 1075 ABGB bedeutet nicht nur, dass der Vorkaufsberechtigte eine fristgerechte Erklärung, sein Vorkaufsrecht auszuüben, abgeben muss. Es bedarf vielmehr auch innerhalb der Einlösungsfrist der Leistung des Kaufpreises, wie ihn der Drittkäufer zu leisten hätte oder zumindest eines möglichst realen Zahlungsangebots (2 Ob 200/07m; 4 Ob 14/08z EvBl 2008/126 je mwN; RIS-Justiz RS0021984; Apathy in KBB³ § 1075 ABGB Rz 1; Aicher in Rummel ³ § 1075 ABGB Rz 1). Die im Schreiben vom namens des Beklagten abgegebene Erklärung stellt ein reales Zahlungsangebot in diesem Sinn dar. Zur Vorausleistung war der Beklagte nicht verpflichtet.

Der Beklagte hat daher wirksam von seinem Einlösungsrecht Gebrauch gemacht, sodass das Begehren auf Löschung seines Vorkaufsrechts nicht berechtigt ist.

Der Revision war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2014:0050OB00231.13A.0221.000