OGH vom 18.02.2010, 6Ob24/10p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ. Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. F***** S*****, vertreten durch Rechtsanwälte Grassner Lenz Thewanger Partner in Linz, gegen die beklagte Partei C***** AG, *****, vertreten durch Dr. Michael Drexel, Rechtsanwalt in Graz, wegen 54.600 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 163/09v 16, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionswerberin zeigt keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf.
Von den in § 871 ABGB genannten Anfechtungsvoraussetzungen hat das Berufungsgericht jene in Betracht gezogen, dass der Irrtum des Klägers bei Unterfertigung des Auftrags zum Ankauf des Wertpapiers auf dem von der Beklagten verwendeten Formular am (der vom Mitarbeiter der Anlageberatungsgesellschaft geschriebene ISIN Code des Wertpapiers stimmt nicht mit dem gewollten und mit vollständigem Wortlaut angeführten Wertpapier überein) den Mitarbeitern der Beklagten „aus den Umständen offenbar" hätte auffallen müssen. Offenbar auffallen muss ein Irrtum, wenn er bei verkehrsüblicher Sorgfalt erkennbar gewesen wäre oder der Partner wenigstens Verdacht hätte schöpfen müssen (RIS Justiz RS0053188; RS0016215). Die stets nach den Umständen des Einzelfalls vorzunehmende Beurteilung, ob dem Vertragspartner der dem anderen Teil unterlaufene Irrtum auffallen musste (RIS Justiz RS0016211), ist vom Berufungsgericht nicht unrichtig vorgenommen worden, hätten die Mitarbeiter der Beklagten doch bei einem Vergleich des ISIN Code mit dem daneben stehenden Namen des Wertpapiers wenigstens den Verdacht auf das Vorliegen eines Irrtums schöpfen müssen.
Die Revisionswerberin übersieht, dass nach Rechtsprechung und Lehre § 875 ABGB nicht für Personen gilt, deren sich ein Teil im Rahmen der Verhandlungen als Gehilfen bedient, diese sind nicht Dritte im Sinn dieser Bestimmung (6 Ob 109/09m mwN). Dabei ist nicht Voraussetzung, dass der Mittelsmann Stellvertreter des Gegners ist; vielmehr ist jeder, der im Auftrag des Gegners handelt und maßgeblich am Zustandekommen des Geschäfts mitgewirkt hat, im Rahmen der Irrtumsanfechtung als Gehilfe des Gegners anzusehen, sofern die Erklärung des Gehilfen zu seinem Aufgabenbereich gehört (6 Ob 109/09m mwN). Dass im Anlassfall die Anlageberatungsgesellschaft bei der Vermittlung im Auftrag der Beklagten tätig wurde, ergibt sich daraus, dass sie mit den Formularen „Konto und Depoteröffnungsantrag" und „Investmentangaben/Fondskäufe" ausgestattet wurde (vgl RIS Justiz RS0013980; RS0014806). Der Geschäftsherr hat in diesen Fällen die Anfechtung hinzunehmen, auch wenn er von der Irreführung nichts wusste (6 Ob 109/09m mwN). In diesem Sinn wurde ein Vermögensberater, der sowohl die Anlage als auch den Bankkredit vermittelt, der Bank zugerechnet (4 Ob 586/95). Dass ein Verhandlungsgehilfe in vertraglichen Beziehungen zu beiden Vertragsteilen steht, schließt die Zurechnung seines Verhaltens an einen Vertragsteil nicht aus. So hat der Oberste Gerichtshof das Verhalten eines vom Beklagten beigezogenen Vermögensberaters, der den Beklagten Kreditunterlagen unterschreiben ließ und diese an die Bank weiterleitete, zu der der Beklagte keinen direkten Kontakt hatte, als Verhandlungsgehilfen der Bank qualifiziert (4 Ob 586/95). Die Frage, ob eine Überprüfungspflicht der Abwicklungsbank bei von konzessionierten Wertpapierdienstleistern übermittelten Formularen besteht, ist nicht präjudiziell