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OGH vom 23.06.1999, 7Ob311/98f

OGH vom 23.06.1999, 7Ob311/98f

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Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Dr. Huber und Hon-Prof. Dr. Danzl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei V*****-Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Dieter Brandstätter, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die beklagte Partei Rudolf Hermann E*****, vertreten durch Dr. Thomas Treichl und Mag. Martin Krumschnabel, Rechtsanwälte in Kufstein, wegen S 93.131,-- sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 3 R 96/98h-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Kufstein vom , GZ 5 C 2330/96t-17, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Urteil insgesamt lautet:

"Die Klageforderung besteht mit S 62.087,33 samt 4 % Zinsen seit zu Recht und mit S 31.043,67 samt 7 % Zinsen seit und 3 % Zinsen aus S 62.087,33 nicht zu Recht.

Die eingewendete Gegenforderung besteht nicht zu Recht.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 62.087,33 samt 4 % Zinsen seit binnen 14 Tagen zu zahlen.

Das Mehrbegehren von S 31.043,67 samt 7 % Zinsen seit und 3 % Zinsen aus S 62.087,33 seit wird abgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen insgesamt S 24.457,76 (darin enthalten S 2.425,23 USt und S 9.906,-- Barauslagen) an Prozeßkosten zu ersetzen."

Text

Entscheidungsgründe:

Der Beklagte verschuldete am gegen 23 Uhr als Lenker eines PKWs der Sonja H*****, die als Beifahrerin mitfuhr, einen Verkehrsunfall, bei dem der sein Fahrrad schiebende Christian A***** niedergestoßen wurde. Der PKW war bei der klagenden Partei haftpflichtversichert. Die Unfallstelle liegt im Ortsgebiet von K***** im Bereich der Kreuzung der nach E***** führenden Bundesstraße mit der nach K***** führenden Bundesstraße. Zum Unfallszeitpunkt war es dunkel. Es regnete sehr stark. Die Kreuzung selbst war durch die künstliche Beleuchtung ausgeleuchtet. Infolge des starken Regens spiegelte die Asphaltfahrbahn. Der Beklagte hatte am PKW das Abblendlicht eingeschaltet. Er fuhr in Richtung E***** und beschleunigte vor der Kreuzung auf 60 bis 70 km/h.

Christian A***** schob zu dieser Zeit sein unbeleuchtetes Fahrrad auf der (vom Beklagten aus gesehen von rechts kommenden) nach K***** führenden Bundesstraße, die gegenüber der vom Beklagten befahrenen Bundesstraße durch das Vorschriftszeichen "Querverkehr hat Vorrang" benachrangt ist, in Richtung Kreuzung. Er trug einen schwarzen Anzug und einen schwarzen Mantel. Bei Annäherung an die Einmündungslinie sah er den herannahenden PKW. Er nahm an, daß dieser noch ausreichend weit entfernt sei und begann zügig die etwa 8 m breite Fahrbahn zu überqueren. Vom Überschreiten der Einmündungslinie bis zum Unfall hielt er eine Geschwindigkeit von ca 8 km/h ein. Als Christian A***** begann, die Fahrbahn zu überqueren, war der vom Beklagten gelenkte PKW rund 45 m von der Unfallstelle entfernt. Bis zum Unfall verstrichen ab diesem Zeitpunkt etwa 2,5 Sekunden.

Die gegenseitige Sicht betrug über 100 m. Der Beklagte nahm aber Christian A***** vor dem Unfall nicht wahr. Der von ihm gelenkte PKW stieß mit dem linken vorderen Eck gegen das Hinterrad des Fahrrades. Dadurch kam Christian A***** zu Sturz. Beim Anstoß befand sich die linke PKW-Seite - ebenso wie das Hinterrad des Fahrrades - etwa in Fahrbahnmitte.

Aufgrund der erzielbaren Bremsverzögerung von 5,5 m/sec2 hätte der Beklagte bei sofortiger Bremsung (unter Berücksichtigung eines Auffälligkeitswertes und einer Sekunde Reaktionszeit) rund eine Sekunde vor dem Unfall und in einer Entfernung von rund 18 m von der Unfallstelle eine Bremswirkung erzielen können. Bei einem Bremsweg von 18 m hätte er seine Geschwindigkeit auf etwa 40 km/h verringern können und wäre 0,23 Sekunden später an der Unfallstelle eingetroffen. Das Fahrrad wäre bei einer Schiebegeschwindigkeit von 8 km/h rund 51 cm weiter vorne gewesen. Bei sofortiger Bremsung wäre der Unfall daher entweder ganz unterblieben oder das Fahrrad nur mehr leicht gestreift worden. Die Unfallsfolgen wären jedenfalls geringer gewesen.

Sowohl der Beklagte als auch Christian A***** waren alkoholisiert. Der Beklagte hatte in der Zeit von 17 Uhr bis 22,45 Uhr mindestens fünf halbe Liter Bier getrunken. Beim Unfall betrug sein Blutalkoholgehalt jedenfalls über 0,8 %o. Er wurde rechtskräftig wegen des Vergehens der fahrlässigen leichten Körperverletzung nach § 88 Abs 1 und Abs 3 (§ 81 Z 2) StGB verurteilt.

Nach dem Unfall gaben der Beklagte und Sonja H*****, der die Alkoholisierung des Beklagten bekannt war, gegenüber den erhebenden Gendarmeriebeamten an, daß Sonja H***** den PKW gelenkt habe. Erst einige Tage nach dem Unfall gab Sonja H***** zu, daß der Beklagte den PKW gelenkt hatte.

Durch den Unfall erlitt Christian A***** eine Gehirnerschütterung, Abschürfungen an beiden Händen und am Hinterkopf, eine Prellung und Abschürfung am linken Knie, eine massive Prellung mit Bluterguß am rechten Oberschenkel und an der linken Gesäßseite sowie eine Prellung an der Schulter. Dadurch litt er einen Tag an schweren Schmerzen, 10 bis 12 Tagen an mittelstarken und 4 bis 5 Wochen an leichten (jeweils komprimierten) Schmerzen.

Aufgrund der ihr gegenüber erhobenen Ansprüche des Christian A***** beauftragte die klagende Partei einen Sachverständigen mit der Begutachtung der von Christian A***** erlittenen Verletzungen. Die hiefür aufgelaufenen Gebühren betrugen S 8.776.

Die klagende Partei ersetzte der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter S 2.343 an Heilungskosten.

Beim Unfall wurde ein Anzug des Christian A*****, den er im Frühjahr 1995 um rund S 2.600 gekauft hatte, total beschädigt. Für den ebenfalls beschädigten Mantel hatte er im November 1994 S 3.600 bezahlt. Des weiteren wurden ein Hut, ein Hemd und eine Krawatte (jeweils gebraucht) im Neupreis von S 1.400 beschädigt. Das Alter dieser Kleidungsstücke kann nicht festgestellt werden. Eine Uhr des Christian A***** im Wert von etwa S 1.800 war beim Unfall verlorengegangen. Sein Fahrrad im Wert von rund S 2.000 wurde durch den Unfall ebenfalls unbrauchbar.

Anfang September 1996 zahlte die klagende Partei an Christian A***** S 11.000 für dessen Sachschäden, S 65.000 an Schmerzengeld und S 6.012 an Kosten des Rechtsvertreters des Christian A*****.

Die Reparaturkosten für den PKW der Sonja H***** betrugen S 28.561,80. Sie hat ihre diesbezügliche Forderung gegen Christian A***** an den Beklagten abgetreten. Es kann nicht festgestellt werden, daß diese Abtretung bereits vor Zahlung der Schadenersatzansprüche des Christian A***** durch die klagende Partei und vor dem Zugang des Schreibens vom an den Beklagten, mit dem die klagende Partei den Beklagten zur Erstattung von S 93.131 aufforderte, erfolgte. Weiters kann nicht festgestellt werden, ob Christian A***** von dieser Abtretung jemals verständigt wurde. Offensichtlich hat Sonja H***** ihre Ansprüche gegen Christian A***** an den Beklagten erst im Verlauf des gegenständlichen Verfahrens zum Zweck der Kompensation mit der Klageforderung abgetreten.

Sonja H***** und der Beklagte erstatteten im April 1996 eine Schadensmeldung an die klagende Partei. Der klagenden Partei wurde aber nicht mitgeteilt, daß Sonja H***** ihre Reparaturkostenforderung an den Beklagten abgetreten habe oder daß diese gegen die Ansprüche des Christian A***** aufgerechnet würden. Ob dem Beklagten oder Sonja H***** vor der Schadensliquidierung seitens der klagenden Partei mitgeteilt wurde, daß die klagende Partei beabsichtige, Christian A***** vollen Schadenersatz zu leisten, kann nicht festgestellt werden.

Die klagende Partei begehrte die von ihr an Christian A*****, an dessen Rechtsanwalt, an den medizinischen Sachverständigen und an die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter erbrachten Leistungen in Höhe von insgesamt S 93.131 sA, die im Weg der Legalzession auf sie übergegangen seien. Der Beklagte habe den Unfall allein verschuldet. Er habe gegen die Obliegenheiten gemäß Art 9.2.2 (Alkoholklausel) und Art 9.3.4 (Aufklärungsobliegenheit) der Allgemeinen Bedingungen für die Kraftfahrzeughaftpflichtversicherung (ABKH/BV 7/95) verstoßen, sodaß der Beklagte regreßpflichtig sei.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Nicht er, sondern Christian A***** habe den Unfall allein verschuldet. Der Beklagte sei weder alkoholisiert gewesen noch habe er Aufklärungspflichten verletzt. Der tatsächliche Schaden des Christian A***** sei im übrigen wesentlich geringer gewesen als die hiefür seitens der klagenden Partei beglichenen Beträge. Weiters wendete der Beklagte eine Gegenforderung von S 28.561,80aufrechnungsweise ein und behauptete, Sonja H***** habe ihm ihre Reparaturkostenforderung gegen Christian A***** abgetreten.

Das Erstgericht erkannte die Klageforderung als mit S 24.201,87 zu Recht bestehend, die Gegenforderung als mit S 19.041,20 zu Recht bestehend und verpflichtete den Beklagten zur Zahlung von S 5.160,47 samt 4 % Zinsen seit . Das Mehrbegehren von S 87.970,53 samt 7 % Zinsen seit und ein weiteres Zinsenbegehren von 3 % Zinsen aus S 5.160,47 seit wies es ab. Das Erstgericht ging von einer Verschuldensteilung am Unfall von 2 : 1 zu Lasten des Christian A***** aus. Der Höhe nach sei ein Schmerzengeld von S 60.000 angemessen gewesen. Für das Fahrrad habe dem Christian A***** ein Ersatz von S 2.000 und für seine sonstigen Sachschäden ein Ersatz von S 7.000 gebührt. Hievon stünden der klagenden Partei im Regreßweg im Hinblick auf das Mitverschulden des Beklagten von einem Drittel insgesamt S 23.000 zu, wozu noch ein Drittel der an die Krankenversicherung geleisteten Beiträge komme. Zur Gegenforderung führte das Erstgericht aus, daß Sonja H***** ebenfalls ihre Aufklärungspflicht gegenüber der klagenden Partei verletzt habe, weshalb sie für den Regreßanspruch der klagenden Partei solidarisch mit dem Beklagten hafte. Aufgrund dieses Solidarschuldverhältnisses könne der Beklagte die ihm abgetretene Reparaturkostenforderung der Sonja H***** gegenüber der klagenden Partei im Umfang der dem Mitverschulden des Christian A***** entsprechenden Quote aufrechnungsweise einwenden, auch wenn die Abtretung nach dem Zeitpunkt des Eintrittes der Legalzession erfolgt sei. Die von der klagenden Partei beglichenen Anwalts- und Sachverständigenkosten wären in einem allfälligen von Christian A***** angestrengten Haftpflichtprozeß wegen des beinahe vollständigen Unterliegens des Christian A***** von diesem selbst zu tragen gewesen. Sie seien daher nicht im klaren und überwiegenden Interesse des Versicherten aufgewendet worden und deshalb von ihm nicht zu ersetzen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Es billigte insbesondere die Verschuldensteilung des Erstgerichtes und führte hiezu aus, daß nach der Rechtsprechung eine Person, die ein Fahrrad schiebe, nicht als Fußgänger, sondern als Radfahrer zu werten sei. Christian A***** habe daher den Vorrang des Beklagten verletzt. Weiters sei zu berücksichtigen, daß das Fahrrad des Christian A***** trotz der ungünstigen Sichtverhältnisse unbeleuchtet gewesen und Christian A***** ebenfalls alkoholisiert gewesen sei. Dem Mitversicherten stünden alle Einwände gegen den regreßberechtigten Versicherer aus dem Haftpflichtverhältnis zu, weshalb das Erstgericht die Regreßansprüche zutreffend gekürzt habe. Auch beim Einwand der Gegenforderung handle es sich um einen Einwand aus dem Haftpflichtversicherungsverhältnis. Infolge der Abtretung sei der Beklagte legitimiert, den betreffenden Betrag im Regreßprozeß als Gegenforderung geltend zu machen. Die Revision sei zulässig, weil zur Frage der hier erhobenen Gegenforderung keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und teilweise berechtigt.

Nach ständiger Rechtsprechung steht das Regreßrecht nach § 24 Abs 4 KHVG (§ 158 f VersVG) dem Versicherer bei der Versicherung für fremde Rechnung auch gegen den Versicherten, also auch gegen den mitversicherten Lenker (und nicht nur gegen den in dieser Bestimmung ausdrücklich angeführten Versicherungsnehmer) zu (SZ 52/195 ua). Durch die im § 24 Abs 4 KHVG festgesetzte Legalzession erfährt der übergangene Schadenersatzanspruch des Geschädigten gegen den Versicherungsnehmer (oder Mitversicherten) keine inhaltliche Änderung (VR 1989/145). Dem Versicherungsnehmer stehen zumindest alle Einwendungen dem Grunde nach gegen den regreßberechtigten Versicherer aus dem Haftpflichtverhältnis zur Verfügung, insbesondere der Einwand des Mitverschuldens des Unfallsgegners (ZVR 1987/46 ua).

Trifft demnach den geschädigten Christian A***** ein Mitverschulden am Unfall, so ist der Regreßanspruch der klagenden Partei entsprechend zu kürzen.

Die klagende Partei macht insoweit in ihrer Revision zutreffend geltend, daß die Vorinstanzen die Mitverschuldensquote des Beklagten zu niedrig angesetzt haben.

Der Umstand, daß das Fahrrad des Christian A***** unbeleuchtet war, stellt im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanzen keinen Verstoß gegen Verkehrsvorschriften dar, weil § 60 Abs 3 StVG Fahrräder, die geschoben werden, von der Beleuchtungspflicht für auf der Fahrbahn befindliche Fahrzeuge ausnimmt.

Dem Christian A***** ist auch keine Verletzung des Vorranges des Beklagten im Sinn des § 19 Abs 4 StVO anzulasten. § 65 Abs 1 idF der 20. StVO-Novelle bestimmt nunmehr ausdrücklich, daß derjenige, der ein Fahrrad schiebt, nicht als Radfahrer gilt. Diese Klarstellung erfolgte nach den Gesetzesmaterialien (713 BlgNR 20. GP) deshalb, weil bislang strittig gewesen sei, ob jemand, der ein Fahrrad schiebe, ein Radfahrer sei. Es erscheine nicht angebracht, zwischen einem "Fußgänger" und einem "Fußgänger, der zusätzlich ein Fahrrad neben sich herschiebt", einen Unterschied zu machen.

Die Bestimmung trat zwar erst am und somit nach dem Zeitpunkt des Unfalles in Kraft (§ 103 Abs 2c StVO). Dessenungeachtet stellt die nunmehr geäußerte Auffassung des Gesetzgebers zu dieser bestimmten Frage ein Auslegungskriterium gegen die in der älteren Judikatur vertretene Rechtsauffassung, daß derjenige, der ein Fahrrad schiebt, ein Radfahrer im Sinn der StVO sei (ZVR 1969/78 ua), dar (vgl 1 Ob 591/93). Unter dem Gesichtspunkt der legistischen Klarstellung durch § 65 Abs 1 StVO idF der 20. StVO-Novelle war daher Christian A***** beim Überqueren der Fahrbahn nicht als Radfahrer anzusehen. Die für Fahrzeuge (nicht auch für Fußgänger) geltenden Vorrangregeln des § 19 StVO sind daher hier nicht anzuwenden. Die ein Fahrrad schiebende Person hat vielmehr die Verhaltensvorschriften für Fußgänger zu beachten. Christian A***** hat demnach nicht einen Verstoß gegen § 19 Abs 4 StVO, sondern einen Verstoß gegen § 76 Abs 4 lit a StVO zu verantworten, weil er die Fahrbahn trotz des herannahenden, vom Beklagten gelenkten PKW betreten hat.

Dieser Verstoß fällt im vorliegenden Fall entsprechend ins Gewicht, weil sich der PKW schon so weit der Kreuzung genähert hatte, daß ein gefahrloses Überqueren der Fahrbahn selbst bei Unterstellung, der PKW-Lenker werde prompt mit einer Bremsung reagieren, kaum mehr möglich war und weil zudem äußerst ungünstige Witterungs- und Sichtverhältnisse herrschten. Ein Fußgänger muß, insbesondere bei Dunkelheit und bei Regen, vor dem Überqueren der Fahrbahn die Verkehrslage besonders sorgfältig prüfen und eher ungünstig beurteilen (ZVR 1985/107).

Diesem Fehlverhalten steht die Geschwindigkeitsüberschreitung des Beklagten, die infolge seines nicht unbeträchtlichen Alkoholkonsums vor Fahrtantritt und im Hinblick auf die besonders schlechten Fahrbedingungen besonders schwer wiegt, seine Alkoholisierung sowie sein Aufmerksamkeitsfehler gegenüber. Unter Berücksichtigung all dieser Umstände erscheint selbst bei Berücksichtigung der auch bei Christian A***** vorliegenden Alkoholisierung eine Verschuldensteilung von 2 : 1 zu Lasten des Beklagten angemessen.

Wie der erkennende Senat bereits zu 7 Ob 34/90 (= VR 1991/245) ausgeführt hat, ist zwar im Regreßprozeß beim "kranken" Versicherungsverhältnis dem beklagten Versicherungsnehmer (Versicherten) zwar auch eine Bestreitung der Höhe des vom Versicherer ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers mit dem Dritten verglichenen Betrages nicht grundsätzlich verwehrt. Es muß jedoch nur geprüft werden, ob der Vergleichsabschluß mit dem Geschädigten vertretbar war oder nicht (insoweit zustimmend auch Migsch in RdW 1992, 300/304, der die Auffassung teilt, daß Erwägungen über die Angemessenheit der Vergleichssumme anzustellen sind und hiezu auf die analoge Anwendung des § 273 ZPO verweist). Im Hinblick auf die von Christian A***** erlittenen Verletzungen und dessen Schmerzperioden, die der klagenden Partei aufgrund des von ihr eingeholten Sachverständigengutachtens bekannt waren, war das an ihn geleistete Schmerzengeld von S 65.000 noch im angemessenen Bereich, weicht es doch nicht wesentlich von dem vom Erstgericht im vorliegenden Prozeß als zutreffend befundenen Betrag ab. Dies gilt ebenso für die vom Christian A***** erlittenen Sachschäden, die das Erstgericht im Sinn des § 273 ZPO mit insgesamt S 9.000 (einschließlich Fahrrad) als angemessen ansah, während die klagende Partei hiefür insgesamt S 11.000 zahlte. Auch hier zeigt ein Vergleich der Beträge, daß die Schadenersatzzahlungen der klagenden Partei an Christian A***** der Höhe nach durchaus vertretbar waren. Deshalb ist die Regreßforderung der klagenden Partei im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanzen auf der Basis der tatsächlich ausbezahlten und nicht auf jener der vom Erstgericht nach richterlichem Ermessen ausgemittelten Beträge zu bemessen.

Neben dem Regreß nach § 24 Abs 4 KHVG stehen dem Versicherer auch sogenannte Regulierungskosten aus dem Rechtsgrund des § 1037 ABGB zu (VersE 1325 ua). Hiezu zählen im vorliegenden Fall, wie die Vorinstanzen insoweit richtig erkannt haben, die von der klagenden Partei aufgewendeten Sachverständigengebühren und die von ihr beglichenen Anwaltskosten des Christian A*****. Diese Beträge sind im Umfang der Mitverschuldensquote des Beklagten als in seinem Interesse aufgewendet anzusehen.

Die vom Beklagten eingewendete Gegenforderung ist im Gegensatz zur Ansicht der Vorinstanzen mangels des Erfordernisses der Gegenseitigkeit unberechtigt.

Den Vorinstanzen ist zwar dahin beizupflichten, daß der klagenden Partei der Regreßanspruch nach § 74 KHVG nicht nur gegen den hier beklagten Lenker, sondern auch gegen die Versicherungsnehmerin Sonja H***** zusteht, weil auch diese ihre Aufklärungsobliegenheit durch ihre unrichtigen Angaben über den Fahrzeuglenker im Unfallszeitpunkt verletzt hat.

Bei passiver Korrealität kann aber ein Gesamtschuldner nicht mit den übrigen Mitschuldnern zustehenden Forderungen aufrechnen (SZ 56/151). Die bloße Solidarhaftung des Beklagten gibt ihm demnach noch nicht das Recht zur Aufrechnung mit einer Forderung der Fahrzeughalterin gegen den sie seinerseits schädigenden Unfallsbeteiligten Christian A*****. Es ist zwar zulässig, daß einer von mehreren Ersatzpflichtigen, der selbst nicht geklagt ist, dem beklagten Mitschuldner seine eigene Schadenersatzforderung gegen den seinerseits geschädigten Kläger zur Kompensation im Prozeß abtritt. Die Zession von Forderungen des Halters gegen den Geschädigten an den allein beklagten Lenker, um diesen die aufrechnungsweise Einwendung der Forderungen im Rechtsstreit gegen den Geschädigten - dem hier zufolge der Legalzession die klagende Partei als Haftpflichtversicherer der Fahrzeughalterin gleichzusetzen ist - zu ermöglichen, ist nach der Rechtsprechung nicht sittenwidrig (SZ 55/137; JBl 1984, 378). Die im vorliegenden Fall zur Begründung der Gegenforderung geltend gemachte Zession bietet jedoch deshalb keine Aufrechnungsmöglichkeit, weil das Erfordernis der Gegenseitigkeit nicht erfüllt ist. Da durch die (Legal-)Zession die Rechtsposition des Schuldners (hier: des Beklagten) nicht verschlechtert werden darf (§ 1394 ABGB), behält er gemäß § 1396 ABGB alle Einwendungen gegen den Zedenten (hier: gegen Christian A*****). Diese müssen allerdings vor der Abtretung bereits entstanden sein (§ 1442 ABGB). Der Schuldner kann demnach mit Forderungen aufrechnen, die ihm zur Zeit der Abtretung bereits entstanden waren (SZ 56/190; 3 Ob 520/93 ua). Nach den Feststellungen des Erstgerichtes ist aber nicht erwiesen, daß Sonja H***** ihre Schadenersatzforderung gegen Christian A***** an den Beklagten bereits vor der Zahlung der klagenden Partei an den Beklagten abgetreten hat. Vielmehr meinte das Erstgericht, daß die Abtretung erst im Zuge des gegenständlichen Verfahrens erfolgte. Damit ist zu Lasten des für die Gegenforderung beweispflichtigen Beklagten davon auszugehen, daß ihm die abgetretene Schadenersatzforderung jedenfalls erst nach dem Forderungserwerb der klagenden Partei gegen ihn durch Legalzession und somit nach dem gemäß § 1442 ABGB für die Aufrechnung maßgebenden Zeitpunkt entstanden ist. Hat der Schuldner die Gegenforderung seinerseits durch Zession erworben, dann müßte diese vor der Abtretung der Hauptforderung erfolgt sein, um dem Schuldner damit die Aufrechnung zu ermöglichen (7 Ob 313/97y). Die vom Beklagten dem Klageanspruch entgegengehaltene Forderung ist daher nicht mit der Klageforderung aufrechenbar.

Zusammengefaßt stehen der klagenden Partei somit jeweils 2/3 der von ihr beglichenen Beträge (S 65.000 an Schmerzengeld, S 11.000 an Sachschäden, S 6.112 an Anwaltskosten, S 8.776 an Sachverständigengebühren und S 2.343 an Heilungskostenersatz) und somit 2/3 des von ihr bgehrten Betrages von S 93.131 zu. Daraus resultiert ein zuzuerkennender Betrag von S 62.087,33.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen waren in diesem Sinne abzuändern, wobei die begehrten Zinsen entsprechend der insoweit unbekämpften Entscheidung des Erstgerichtes auf das gesetzliche Ausmaß zu reduzieren waren.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten erster Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1 ZPO, jene über die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens auf die §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Die klagende Partei ist in allen Instanzen mit etwa 2/3 ihres Begehrens durchgedrungen, sodaß ihr 1/3 der Verfahrenskosten und 2/3 der Barauslagen zustehen. Der Schriftsatz vom war nicht zu honorieren, weil er zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung nicht notwendig war.