OGH vom 19.12.2013, 3Ob240/13k
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.
Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl. Ing. Dr. D***** T*****, vertreten durch Mag. Ralph Kilches, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** P*****, vertreten durch Dr. Herbert Wabnegg, Rechtsanwalt in Wien, wegen Ehescheidung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 45 R 282/13y 55, womit über Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Leopoldstadt vom , GZ 3 C 10/11a 50, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung:
Die Vorinstanzen wiesen die Scheidungsklage mit der Begründung ab, nach hier anzuwendendem italienischen Recht sei die für die Ehescheidung erforderliche Frist nach gerichtlich genehmigter Trennung der Streitteile noch nicht abgelaufen.
Rechtliche Beurteilung
Der Kläger vermag in seinem außerordentlichen Rechtsmittel, mit dem er die Ehescheidung anstrebt, keine Rechtsfragen im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.
Die für die Frage des anzuwendenden Rechts maßgebliche Beurteilung des (letzten gemeinsamen) gewöhnlichen Aufenthalts der Streitteile muss nach den jeweiligen Umständen des konkreten Einzelfalls erfolgen und wirft daher von hier nicht vorliegender krasser Fehlbeurteilung abgesehen keine erhebliche Rechtsfrage auf (vgl 5 Ob 235/03z). Nach den getroffenen Feststellungen fand das Eheleben der Streitteile etwa fünf Jahre hindurch bis zur faktischen Trennung von kurzen gemeinsamen Aufenthalten an anderen Orten, etwa in Wien an jedem zweiten Wochenende in Triest statt. Sowohl das (auch) maßgebliche Dauerelement (vgl 7 Nd 512/85) als auch die spezielle Ausgestaltung des Ehelebens („Triest war der Mittelpunkt des ehelichen Lebens der Streitteile“, vgl Mayr in Rechberger 3 § 76 JN Rz 2 mwN) sprechen für die Beurteilung des Berufungsgerichts.
Die vom Revisionswerber als klärungsbedürftig bezeichnete Frage, ob jemand mehrere gewöhnliche Aufenthalte haben kann, ist in der Rechtsprechung eindeutig (bejahend) beantwortet (6 Ob 180/08a = SZ 2009/69; RIS Justiz RS0046586; vgl RS0046583 zu § 76 JN).
Der in der Revision geforderte Rückgriff auf die Generalklausel des § 1 Abs 1 IPRG (Grundsatz der stärksten Beziehung) kommt nicht in Betracht, weil zwischen dieser Bestimmung und der Regelung des § 18 Abs 1 IPRG keine Konkurrenz besteht. Die Generalklausel dient bloß der Auslegung und Lückenfüllung (RIS Justiz RS0076848).
Die Ausnahmebestimmung des § 20 Abs 2 IPRG (Anwendung des Klägerrechts, hier: österreichischen Rechts, wenn die Scheidung nach dem verwiesenen Recht nicht möglich ist oder kein Anknüpfungspunkt iSd § 18 IPRG vorliegt) kommt nur dann zum Tragen, wenn nach dem behaupteten Sachverhalt eine Scheidung nach dem sonst anzuwendenden Recht grundsätzlich ausgeschlossen ist, nicht aber schon dann, wenn das österreichische Recht leichtere Bedingungen für eine Scheidung vorsieht. Die auch hier maßgebliche dreijährige Wartefrist nach italienischem Recht reicht nicht aus, um § 20 Abs 2 IPRG anzuwenden (7 Ob 2110/96m mwN unter Ablehnung der Vorentscheidung 5 Ob 536/85 = SZ 59/22).
Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass die erst- und berufungsgerichtliche Beweiswürdigung in dritter Instanz nicht mehr angefochten werden kann (RIS Justiz RS0043371) und die Rechtsrüge nur dann gesetzmäßig ausgeführt ist, wenn sie vom festgestellten Sachverhalt ausgeht (RIS Justiz RS0043312).
European Case Law Identifier
ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00240.13K.1219.000