OGH 19.12.2001, 7Ob299/01y
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Baumann, Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Dominik R*****, geboren am , und der mj. Pia R*****, geboren am , letztere vertreten durch ihre Mutter Christa R*****, diese vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, aus Anlass des Revisionsrekurses der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom , GZ 6 R 239/01s-45, womit infolge Rekurses des Vaters Josef R*****, vertreten durch Dr. Leopold Specht, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom , GZ 1 P 1647/95b-41, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die Akten werden dem Erstgericht vorerst unerledigt mit dem Auftrag rückgeleitet, den Erstanstragsteller (und Rechtsmittelwerber) Dominik R***** unter Setzung einer Frist aufzufordern, sich dahin zu erklären, ob er den von seiner Mutter auch in seinem Namen eingebrachten Revisionsrekurs genehmigt.
Hernach sind die Akten wiederum dem Obersten Gerichtshof umgehend vorzulegen.
Text
Begründung:
Dominik und Pia R***** entstammen der geschiedenen Ehe ihrer Eltern. Der Sohn ist am , die Tochter am geboren, der Sohn sohin seit dem volljährig (Inkrafttreten des KindRÄG 2001 BGBl I 2000/135 gemäß dessen Art XVIII § 1 Abs 1 iVm § 21 ABGB idF Art I Z 1 leg cit; Hopf/Weitzenböck, Schwerpunkte des Kindschaftsrechts-Änderungsgesetzes 2001, ÖJZ 2001, 485 [530]). Beide Kinder leben bei ihrer Mutter, der auch die Obsorge zugesprochen ist. Am - sohin während der Minderjährigkeit beider Kinder - beantragte die Mutter die Erhöhung der bis dahin mit S 3.700,-- je Kind festgesetzten Unterhaltsverpflichtung des Vaters um je S 1.000,--, sohin S 4.700,-- monatlich ab (ON 29). Das Erstgericht entschied mit Beschluss vom im Sinne dieses Antrages (ON 41). Über Rekurs des Vaters, dem das Rekursgericht mit Beschluss vom teilweise Folge gab, wurde dieser ab nur zu einer Unterhaltserhöhung von S 500,-- je Kind, sohin monatlich je S 4.200,-- zu Handen der Mutter verpflichtet (ON 45). Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zunächst für nicht zulässig erklärt, über Antrag der Kinder, vertreten durch ihre Mutter, diese wiederum vertreten durch den aus dem Kopf dieser Entscheidung ersichtlichen Rechtsanwalt, datiert mit gemäß § 14a Abs 1 AußStrG der Ausspruch mit weiterem Beschluss des Rekursgerichtes vom dahin abgeändert, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt wurde.
Rechtliche Beurteilung
Bevor über dieses Rechtsmittel meritorisch entschieden werden kann, war jedoch vorab noch der aus dem Spruch ersichtliche Auftrag zu erteilen. Dies aus folgenden Erwägungen:
Selbständige Unterhalts-(erhöhungs-)ansprüche minderjähriger Kinder gegen ihren Vater sind grundsätzlich im Verfahren außer Streitsachen geltend zu machen (7 Ob 164/00v; Gitschthaler, Unterhaltsrecht [2001], Rz 428 mwN); über einen solchen Antrag ist auch dann im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden, wenn dieser zur Zeit der Minderjährigkeit des Kindes gestellt und der Minderjährige inzwischen volljährig geworden ist (Gitschthaler, aaO Rz 429; Stabentheiner in Rummel, ABGB3 Rz 16 zu § 140; 7 Ob 216/99m). Hieran hat sich auch durch das bereits genannte KindRÄG 2001 nichts geändert (1 Ob 97/01y). Da der Unterhaltserhöhungsantrag zur Zeit der Minderjährigkeit des inzwischen volljährig gewordenen unterhaltsberechtigten Sohnes gestellt wurde, ist darüber sowie über das in diesem Zusammenhang erhobene Rechtsmittel (weiterhin) im außerstreitigen Verfahren zu entscheiden.
Allerdings wurde der Genannte durch seine (vormals obsorgeberechtigte) Mutter selbstredend nur bis zum Zeitpunkt der Volljährigkeit vertreten (§§ 144, 154, 154a ABGB). Nach dem Eintritt der Volljährigkeit kann der Unterhaltsbemessungsbeschluss allerdings nur mehr durch das volljährig gewordene Kind selbst angefochten werden (7 Ob 1610/92; Gitschthaler, aaO Rz 432; RIS-Justiz RS0006802). Daraus folgt, dass sich eine Vertretung desselben durch die Mutter nicht mehr auf das Gesetz stützen kann, sondern diese nur mehr als gewillkürte Machthaberin für ihren Sohn auftreten könnte. Im Verfahren außer Streitsachen besteht grundsätzlich keine Anwaltspflicht (§ 5 AußStrG), auch nicht im Rechtsmittelverfahren (Mayr/Fucik, Verfahren außer Streitsachen2 Rz 1 zu § 5). Das Einschreiten der Mutter samt Bevollmächtigung des laut Rubrum des Rechtsmittelschriftsatzes für sie als gesetzlicher Vertreterin beider (offenbar vermeintlich als weiterhin minderjährig behandelten) Kinder einschreitenden Rechtsanwalts bedarf daher einer Sanierung durch den volljährig gewordenen Sohn dahin, ob er auch das in seinem Namen und für ihn eingebrachte Rechtmittel genehmigt; dies ist auch im Rechtsmittelverfahren von Amts wegen zu veranlassen (vgl § 37 Abs 1 ZPO, welche Bestimmung sinngemäß auch im Verfahren außer Streitsachen gilt: Mayr/Fucik, aaO Rz 3 mwN).
Das Erstgericht wird daher den volljährig gewordenen Antragsteller dazu in geeigneter Weise zu befragen haben, ob er das Rechtsmittel und die hierin enthaltenen Anträge und Erklärungen auch für sich gelten zu lassen erklärt. Nach Genehmigung (oder auch Nichtgenehmigung) wird der Revisionsrekurs mit den zurückgestellten Akten neuerlich umgehend dem Obersten Gerichtshof vorzulegen sein.
Entscheidungstext
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Kalivoda und Dr. Neumayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des Dominik R*****, geboren am , und der mj. Pia R*****, geboren am , Letztere vertreten durch ihre Mutter Christa R*****, diese vertreten durch Dr. Gerhard Holzinger, Rechtsanwalt in Braunau am Inn, über den Revisionsrekurs der Kinder gegen den Beschluss des Landesgerichtes Ried im Innkreis als Rekursgericht vom , GZ 6 R 239/01s-45, womit infolge Rekurses des Vaters Josef R*****, vertreten durch Dr. Leopold Specht, Rechtsanwalt in Wien, der Beschluss des Bezirksgerichtes Braunau am Inn vom , GZ 1 P 1647/95b-41, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.
Der Beschluss des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.
Text
Begründung:
Der inzwischen volljährige Dominik (geboren am ) und seine noch minderjährige Schwester Pia (geboren am ) enstammen der geschiedenen Ehe ihrer Eltern; das Mädchen lebt im Haushalt der Mutter, der auch die Obsorge zugesprochen ist.
Am beantragte die Mutter (als gesetzliche Vertreterin auch ihres damals noch minderjährigen Sohnes) die Erhöhung der bis dahin mit S 3.700 je Kind festgesetzten Unterhaltsverpflichtung des Vaters um je S 1.000 auf je S 4.700 monatlich ab (ON 29). Bereits mit Beschluss des Landesgerichtes Krems vom (bestätigt mit Beschluss des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom , 3 R 136/99p) war über das Vermögen des Vaters, der als Bundesheerbeamter und Gastwirt tätig (gewesen) ist, das Konkursverfahren eröffnet und Rechtsanwalt Dr. Wolfgang Winiwarter zum Masseverwalter bestellt worden. Mit Beschluss des Konkursgerichtes vom wurde dieses Konkursverfahren nach Verteilung gemäß § 139 KO zwischenzeitlich wiederum aufgehoben und wurden alle die freie Verfügung des Gemeinschuldners beschränkenden Maßnahmen ebenfalls aufgehoben.
Das Erstgericht entschied im Sinne des Erhöhungsantrages. Es ging dabei davon aus, dass der Vater als Bundesheerbeamter von November 1999 bis Oktober 2000 unter anteiliger Berücksichtigung der Sonderzahlungen durchschnittlich monatlich (gerundet) S 25.600 verdient habe; für 2001 sei keine wesentliche Änderung dieses Einkommensniveaus zu erkennen. Weitere Sorgepflichten bestünden nicht. Verluste aus seiner nebenberuflichen Tätigkeit als Gastwirt dürften nicht zu Lasten der Unterhaltsberechtigten gehen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Vaters teilweise Folge und verpflichtete ihn ab nur zu einer Unterhaltserhöhung von S 500 je Kind, sohin monatlich je S 4.200. Das Gericht zweiter Instanz führte aus, dass im Hinblick auf die Konkurseröffnung gemäß § 5 Abs 1 und 2 KO seither auch die Bedürfnisse der Unterhaltsberechtigten nur mehr insoweit zu befriedigen seien, als sie einer bescheidenen Lebensführung entsprächen. Als Maßstab sei der Richtsatz für pensionsberechtigte Halbwaisen heranzuziehen, sohin S 4.200 für Kinder im Alter der beiden Antragsteller (§ 6 Abs 2 Z 3 UVG). Der ordentliche Revisionsrekurs wurde zunächst für nicht zulässig erklärt, über Antrag der Kinder, vertreten durch ihre Mutter, gemäß § 14a Abs 1 AußStrG der Ausspruch mit weiterem Beschluss des Rekursgerichtes vom jedoch dahin abgeändert, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt wurde; dies mit der Begründung, dass dem Rekursgericht (angesichts zweier scheinbar unterschiedlicher oberstgerichtlicher Entscheidungen) “nicht eindeutig” erscheine, ob in jedem Fall einer Konkurseröffnung der Unterhalt mit dem bescheidenen Unterhalt gemäß dem Richtsatz für pensionsberechtigte Halbwaisen zu limitieren sei.
Über Veranlassung des Obersten Gerichtshofes (Beschluss vom ) hat der inzwischen volljährig gewordene Sohn dem Pflegschaftsgericht gegenüber schriftlich mitgeteilt, dass er sich dem von seiner Mutter eingebrachten Revisionsrekurs anschließe und diesen genehmige.
Rechtliche Beurteilung
Das Rechtsmittel, in dem unter Geltendmachung unrichtiger rechtlicher Beurteilung der Antrag gestellt wird, die bekämpfte Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung des Beschlusses des Erstgerichtes abzuändern (hilfsweise wird auch ein Aufhebungsantrag gestellt), ist zulässig und auch berechtigt.
Vorauszuschicken ist, dass auch während eines anhängigen Konkursverfahrens gesetzliche Unterhaltsan- sprüche gegen einen Gemeinschuldner erhoben werden können; dies gilt auch für deren Erhöhung (Gitschthaler, Unterhaltsrecht Rz 475 und 665 mwN). Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in den Entscheidungen 2 Ob 202/98i, 7 Ob 330/99a und 1 Ob 139/01z (unter Hinweis auf seine ständige Rechtsprechung) ausgesprochen, dass die Unterhaltsbemessungsgrundlage eines unterhaltspflichtigen Vaters und Gemeinschuldners durch die Konkurseröffnung jedenfalls dann keine Änderung erfährt, wenn dieser weiter Einkünfte aus unselbständiger Tätigkeit erzielt, sodass für die Zeit nach Konkurseröffnung insoweit von einer unveränderten Bemessungsgrundlage auszugehen ist; eine konkrete Minderung der Leistungsfähigkeit wäre vom Gemeinschuldner zu behaupten und zu beweisen. Konkursrechtliche Maßnahmen nach § 5 Abs 1 und 2 KO haben auf die Festsetzung der (gesetzlichen) Unterhaltsverpflichtung keinen Einfluss. Auf die Einbringlichkeit des Unterhalts kommt es bei der Unterhaltsbemessung nicht an (RIS-Justiz RS0113298). Aufgrund der Tatsache, dass mehrere Senate in kurzen Abständen zum selben Ergebnis gekommen sind, kann damit auch von einer einheitlichen und ständigen Rechtsprechung zu dieser Frage ausgegangen werden. Auch im Schrifttum wurde diese Judikatur unkritisch übernommen (Gitschthaler, aaO Rz 15 und 232 ff; Schwimann, Unterhaltsrecht2 48, 71; vgl auch Buchegger in Bartsch/Pollak/Buchegger, Österr Insolvenzrecht I4 Rz 6 ff zu § 5 KO; Schubert in Konecny/Schubert, Kommentar zu den Insolvenzgesetzen, Rz 8 zu § 5).
Davon ist auch im vorliegenden Fall auszugehen. Abgesehen davon, dass das Konkursverfahren zwischenzeitlich wiederum aufgehoben ist und daher die vom Rekursgericht vertretene Bedachtnahme auf § 5 KO jedenfalls seither wiederum in Wegfall geraten ist, liegt auch der vom Rekursgericht vermeinte Widerspruch zur Entscheidung 1 Ob 191/01x nicht vor, weil es dort (ausschließlich) um die Beurteilung der Erhöhung von Unterhaltsvorschüssen nach dem UVG gegenüber einem in Konkurs verfallenen Transportunternehmer ging, der auch - anders als die in den zitierten Entscheidungen (und auch im vorliegenden Fall) zu beurteilenden Unterhaltssachen - nicht auch über Bezüge aus unselbständiger Tätigkeit verfügte.
Damit erweist sich aber die vom Rekursgericht gegenüber dem Antragsvorbringen vorgenommene Kürzung als verfehlt. Dass die vom Erstgericht zugrunde gelegte Unterhaltsbemessungsgrundlage (ausgehend jedenfalls von seinem Beamtenbezug) unrichtig sei, hat der Vater in seinem Rekurs nicht behauptet, sondern diesbezüglich bloß auf das Konkursverfahren samt daraus resultierenden Pfändungen verwiesen, weshalb er in seiner Lebensführung “stark eingeschränkt” sei. Dass die daraus resultierenden Schuldenbelastungen jedoch bei der Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage (ebenfalls) nicht zu berücksichtigen sind, entspricht gleichfalls der ständigen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0110022 und RS0115448; ebenso EFSlg
92.425 bis 92.428). Seine im Verfahren erster Instanz aufgestellte Behauptung des Bestehens weiterer zu berücksichtigender Sorgepflichten (ON 34) blieb unbewiesen. Die zugesprochenen Beträge für die beiden fast gleichaltrigen Kinder entsprechen dem Regelbedarf und auch der Rechtsprechung nach der Prozentsatzmethode (vgl Gitschthaler, aaO Rz 248 ff).
In Stattgebung des Rechtsmittels war daher die Entscheidung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Zusatzinformationen
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Rechtsgebiet | Zivilrecht |
ECLI | ECLI:AT:OGH0002:2001:0070OB00299.01Y.1219.000 |
Datenquelle |
Fundstelle(n):
ZAAAD-56760