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OGH vom 10.11.2009, 5Ob222/09x

OGH vom 10.11.2009, 5Ob222/09x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Floßmann als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen/Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hurch, Dr. Höllwerth, Dr. Roch und Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin R***** A*****gesellschaft mbH, *****, vertreten durch Dr. Oskar Rauchenwald, öffentlicher Notar in Friesach, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts in der EZ 649 Grundbuch *****, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Klagenfurt als Rekursgericht vom , AZ 3 R 186/09a, womit der Beschluss des Bezirksgerichts St. Veit/Glan vom , TZ 1613/09, bestätigt wurde, nachstehenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts erweist sich der Revisionsrekurs als nicht zulässig.

Das ist wie folgt kurz zu begründen:

Elfriede E*****, geboren am , ist bücherliche Eigentümerin von 1298/100000 Miteigentumsanteilen an der Liegenschaft EZ 649 GB *****, mit welchen Anteilen Wohnungseigentum an der im Haus ***** gelegenen Wohnung W 5 untrennbar verbunden ist. Am 16./ wurde zwischen ihr und der Antragstellerin ein Kaufvertrag über dieses Objekt abgeschlossen. Die Eigentümerin war dabei von Dr. Maria W***** laut notarieller Vorsorgevollmacht vom vertreten.

Eine Verbücherung dieses Kaufvertrags scheiterte daran, dass die Wirksamkeit der notariellen Vorsorgevollmacht nicht nachgewiesen wurde. Daraufhin erteilte die Liegenschaftseigentümerin mit Notariatsakt vom Gertrude P***** und Dr. Maria W***** unter der Bezeichnung „Vorsorgevollmacht" jeweils eine allgemeine und unbeschränkte Vollmacht gemäß § 1008 ABGB darunter ausdrücklich auch zur Verfügung über Liegenschaften durch Verkauf, Schenkung und Belastung.

Im zweiten Punkt dieses Notariatsakts, überschrieben mit „Vorsorgefall" erklärt die Vollmachtsgeberin, dass diese Vollmacht auch für den Fall erteilt wird, dass die Vollmachtsgeberin die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Geschäftsfähigkeit oder Einsichts- und Urteilsfähigkeit oder ihre Äußerungsfähigkeit verliert (Vorsorgefall).

Am 22. und unterfertigten Dr. Maria W***** für die Liegenschaftseigentümerin und ein Vertreter der Antragstellerin als Käuferin einen „Zusatz zum Kaufvertrag vom 16. und " und hielten darin übereinstimmend fest, dass dem Kaufvertrag die „Vorsorgevollmacht" vom zugrundegelegt wird.

Mit dem verfahrenseinleitenden Antrag begehrt die Antragstellerin aufgrund des Kaufvertrags vom 16. und und des Zusatzes dazu vom 22. und sowie der Vorsorgevollmacht vom die Einverleibung des Eigentumsrechts hinsichtlich der oben bezeichneten Miteigentumsanteile.

Das Erstgericht wies das Begehren mit der Begründung ab, dass

1. der Nachweis des Eintritts des Vorsorgefalls nicht erbracht sei,

2. die Unterschriften auf dem Zusatz zum Kaufvertrag entgegen § 31 Abs 1 GBG nicht gerichtlich oder notariell beglaubigt seien und

3. die Negativbestätigung der Grundverkehrsbehörde nicht mit einer Rechtskraftklausel versehen sei.

Einem dagegen von der Antragstellerin erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge. Zwar liege der erste vom Erstgericht herangezogene Abweisungsgrund nicht vor, weil nach dem Inhalt der Vollmacht diese nicht nur bei Eintritt des Vorsorgefalls gelten, sondern sogleich wirksam sein sollte. Allerdings fehle dem Zusatz zum Kaufvertrag die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschriften der Parteien, wie sie nach § 31 Abs 1 GBG für die Einverleibung erforderlich sei. Eine solche Beglaubigung sei schon deshalb zu fordern, weil die vorgelegten Urkunden insgesamt Anlass zu Zweifeln im Sinn des § 94 Abs 1 Z 2 GBG gäben, weil sich die Vertreterin der Verkäuferin im Kaufvertrag auf eine nicht vorgelegte notarielle Vorsorgevollmacht berufen habe, dem Kaufvertrag nachträglich jedoch im Zusatz vom 22./ die Vorsorgevollmacht vom zugrundegelegt worden sei.

Nach höchstgerichtlicher Rechtsprechung bedürfe eine Negativbestätigung nach § 18 K-GVG einer Rechtskraftbestätigung, weshalb auch dieser Abweisungsgrund vorliege.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zu den Erfordernissen einer gültigen Vorsorgevollmacht nach § 284f ABGB im Grundbuchsverfahren vorliege.

Rechtliche Beurteilung

Dem entgegen erweist sich die vom Rekursgericht als erheblich im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG bezeichnete Rechtsfrage als nicht entscheidungswesentlich. Die darüber hinaus aufgeworfene Frage der Notwendigkeit der Vorlage einer Rechtskraftbestätigung ist durch die Rechtsprechung des erkennenden Senats bereits geklärt.

Das Rekursgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass die Liegenschaftseigentümerin trotz der Bezeichnung des Notariatsakts als „Vorsorgevollmacht" damit eine allgemeine Vollmacht im Sinn des § 1008 ABGB erteilt hat, worin auch ausdrücklich die Berechtigung enthalten ist, über die der Vollmachtgeberin gehörigen Liegenschaften in jedweder Art zu verfügen, diese insbesondere zu verkaufen, zu verschenken und zu belasten.

Es bedarf daher keines Eingehens auf die Voraussetzungen der Wirksamkeit einer Vorsorgevollmacht, weder allgemein noch im Grundbuchsverfahren.

Hinsichtlich des zweiten von den Vorinstanzen herangezogenen Abweisungsgrundes ist davon auszugehen, dass für den Zeitpunkt des Kaufvertragsabschlusses (16./) eine Vertretungsbefugnis der für die Verkäuferin handelnden Vollmachtnehmerin entweder nicht gegeben oder jedenfalls nicht urkundlich nachgewiesen war, sondern erst später durch die Vollmacht vom begründet wurde. Nur auf deren Wirksamkeit gründet sich der gegenständliche Grundbuchsantrag. Unterstellt man die ursprüngliche Unwirksamkeit des Kaufvertrags mangels Vertretungsmacht der Vollmachtnehmerin (vgl RIS-Justiz RS0019586; RS0105992; RS0019506), bewirkte der „Zusatz zum Kaufvertrag vom " die Genehmigung vollmachtslosen Handelns durch die (Schein-)Vertreterin, der im Nachhinein Vollmacht erteilt wurde (vgl 5 Ob 117/09f).

Vollmachtsloses Handeln führt im Privatrecht grundsätzlich zur Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts (vgl RIS-Justiz RS0019586; RS0105992 ua). Damit war der Nachtrag erforderlich, um den zunächst unwirksamen Vertrag überhaupt in Wirksamkeit zu setzen. Damit ist er aber essentieller Teil der Titelurkunde und bedarf daher wie diese (§ 31 Abs 1 GBG) auch des Nachweises der Echtheit der Unterschrift der Parteien des Titelgeschäfts durch gerichtliche oder notarielle Beglaubigung (5 Ob 146/64 = RPflSlgG 727; zur Abgrenzung: 5 Ob 36/07s).

Auch der weiters vom Rekursgericht erkannte Abweisungsgrund ist von höchstgerichtlicher Rechtsprechung gedeckt und wirft daher keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG auf. Die in § 20 K-GVG als Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Eintragung (gemäß § 8 GBG: Einverleibungen und Vormerkungen [vgl 5 Ob 113/93]) bezeichneten Voraussetzungen, insbesondere die einer Negativbestätigung samt Nachweis ihrer Rechtskraft hat der erkennende Senat in der Entscheidung 5 Ob 169/07z bereits geklärt (vgl zum Nö GVG: 5 Ob 2107/96f; allgemein: RIS-Justiz RS0099943). Es genügt dazu jeder Nachweis, etwa eine gesonderte Behördenerklärung, in der bestätigt wird, dass der konkrete Genehmigungsbescheid keinem die Rechtskraft hemmenden Rechtszug mehr unterliegt (5 Ob 58/07a = NZ 2008/701 [Hoyer]; 5 Ob 118/08a).

Durch den Hinweis der Revisionsrekurswerberin auf die vom Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom GZ 2000/02/0104 vertretene Ansicht zur Rechtsqualität der Negativbestätigung nach § 18 K-GVG (diese Ansicht abl: Schneider Österreichisches Grundverkehrsrecht Anm 3 zu § 18 K-GVG; ders, Zur Rechtsnatur grundverkehrsbehördlicher Negativbestätigungen, NZ 2004, 33 ff) wird idZ keine Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG aufgezeigt. Die Leitfunktion des Obersten Gerichtshofs erstreckt sich (nur) auf die seiner Rechtsprechung unterliegenden Rechtsfragen nach österreichischem Recht; soweit darunter (Vor-)Fragen des Verwaltungsrechts fallen, muss deren Lösung mit der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs nicht übereinstimmen (vgl 17 Ob 42/08p mwN).

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG iVm § 126 GBG war das Rechtsmittel der Antragstellerin zurückzuweisen.