OGH vom 22.03.2000, 3Ob233/99g
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Angst als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, Dr. Pimmer, Dr. Zechner und Dr. Sailer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Matthäus B*****, vertreten durch Dr. Franz Hitzenbichler und Mag. Ludwig Vogl, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei Veronika B*****, vertreten durch Dr. Raimund Danner, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes Salzburg als Rekursgericht vom , GZ 21 R 181/99k-17, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Abtenau vom , GZ C 110/98v-12, aufgehoben wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Rekurs wird Folge gegeben.
Der angefochtene Beschluss wird aufgehoben und dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung über die Berufung der klagenden Partei aufgetragen.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind wie weitere Kosten des Berufungsverfahrens zu behandeln.
Text
Begründung:
Die Streitteile leben in aufrechter Ehe, ein Scheidungsverfahren ist derzeit unterbrochen. In diesem Verfahren hatten die Parteien in der Tagsatzung vom über den einstweiligen Unterhalt der Beklagten und einer minderjährigen Tochter der Streitteile einen Vergleich geschlossen, wonach sich der nunmehrige Kläger unter anderem verpflichtete, der Beklagten - neben weiteren Kosten - monatlich im Vorhinein S 6.500 zu bezahlen. Mit Beschluss des Erstgerichtes vom wurde der Beklagten zur Hereinbringung von Unterhaltsrückständen sowie zur Sicherung künftiger Unterhaltsforderungen von monatlich S 6.500 (seit S 4.500) die Exekution bewilligt. Dagegen hatte der Kläger zu C 53/96 des Erstgerichtes eine Oppositionsklage eingebracht, die noch anhängig ist.
Mit der vorliegenden, am eingebrachten Oppositionsklage macht der Kläger gegen denselben Anspruch weitere Einwendungen geltend: Die Beklagte sei ausgebildete Verkäuferin und sowohl vor der Eheschließung als auch während der Ehe beruflich tätig gewesen. Sie sei aufgrund ihrer beruflichen Ausbildung und der Selbsterhaltungsfähigkeit der ehelichen Kinder, die die Pflichtschule absolviert hätten, durchaus in der Lage, einer Beschäftigung nachzugehen und für ihren Unterhalt selbst zu sorgen. Sie sei weiters Hälfteeigentümerin der Liegenschaft, auf der sich die Ehewohnung befinde, sowie einer weiteren Liegenschaft, welche geldlastenfrei sei. Eine Belastung oder Verwertung dieser Liegenschaft sei jederzeit zumutbar. Darüber hinaus habe die Beklagte aus der Veräußerung eines Waldgrundstückes vom einen Verkaufserlös von mehr als S 370.000 erzielt. Auch könne sie zum Teil über die Pensionskonten ihrer Eltern verfügen und erhalte laufend Zahlungen von ihrer Mutter. Demnach sei die Unterhaltspflicht erloschen.
Die Beklagte beantragte die Zurückweisung, in eventu die Abweisung des Klagebegehrens und wandte im Wesentlichen ein, dass die neuerliche Klage aufgrund des bereits anhängigen Oppositionsprozesses zurückzuweisen sei. Die Tatsache, dass sie Hälfteigentümerin der "ehelichen Liegenschaft" sei, sowie die Veräußerung des Waldgrundstückes am sei dem Kläger bereits bei Einbringung der ersten Oppositionsklage bekannt gewesen, weshalb es sich im Hinblick auf die dafür geltende Eventualmaxime um präkludiertes Vorbringen handle. Inwieweit sie freiwillige Zuwendungen durch ihre Mutter erhalte, sei für die Unterhaltsfrage und somit auch für den gegenständlichen Rechtsstreit unerheblich. Sie führe seit der Geburt der mj. Tochter eine Hausfrauenehe und sei daher schon aus diesem Grund nicht verpflichtet, einer Beschäftigung nachzugehen. Die Tochter sei nicht selbsterhaltungsfähig und lebe nach wie vor in ihrem Haushalt. Im Übrigen wäre der Einwand des Eintritts der Selbsterhaltungsfähigkeit der Tochter im bereits anhängigen Oppositionsprozess zu erheben gewesen. Die tatsächlichen Verhältnisse hätten sich seit Abschluss des Vergleiches über die Leistung des vorläufigen Unterhaltes nicht geändert.
Das Erstgericht wies die Klage ab.
Der Erstrichter verlas lediglich zwei Grundbuchsabschriften und stellte über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im Wesentlichen noch fest:
Die mj. Tochter der Streitteile ist zur Zeit als Bürokauffraulehrling im zweiten Lehrjahr beschäftigt. Der Kläger hat seit dem aufgrund eines Beschlusses des Erstgerichtes für die Minderjährige an Unterhalt monatlich S 1.560 zu bezahlen. Das zweite eheliche Kind ist bereits seit Jahren selbsterhaltungsfähig. Im Scheidungsverfahren haben die Parteien, die seit verheiratet sind, außer Streit gestellt, dass die Beklagte seit 1982 nicht mehr berufstätig ist.
Die Parteien sind aufgrund des Schenkungsvertrages vom sowie des Ehepaktes vom selben Tag je zur Hälfte Eigentümer einer Liegenschaft samt einem darauf errichteten und von den Parteien in getrennten Wohnungen bewohnten Haus. Ihr Eigentumsrecht wurde im Jahr 1977 einverleibt.
Die Beklagte ist weiters seit 1993 Hälfteeigentümerin einer geldlastenfreien Liegenschaft mit einem Haus. Am hat sie ein Waldgrundstück veräußert und dabei einen Verkaufserlös erzielt.
In rechtlicher Hinsicht hob das Erstgericht hervor, dass gemäß § 35 Abs 1 EO die Einwendungen auf Tatsachen beruhen müssten, die erst nach Entstehung des dem Exekutionsverfahren zugrunde liegenden Exekutionstitels eingetreten seien. Die Beklagte sei jedoch bereits zum Zeitpunkt des Vergleiches vom Hälfteeigentümerin der genannten Liegenschaften gewesen. Diese Tatsachen könnten daher keinen Oppositionsgrund bilden. Im Hinblick auf die Eventualmaxime des § 35 Abs 3 EO hätte die Veräußerung eines Waldgrundstückes am bereits mit der Oppositionsklage zu C 53/96, die am eingebracht wurde, geltend gemacht werden müssen. Versäumte Einwendungen könnten nicht in einer zweiten Klag nachgeholt werden (Heller/Berger/Stix 420). Auch die weiteren Einwendungen, die Beklagte müsse einer ganztägigen Beschäftigung nachgehen und verfüge über Zuwendungen ihrer Eltern, müssten im bereits anhängigen Oppositionsstreit C 53/96 geltend gemacht werden. Eine gesonderte Oppositionsklage wegen solcher Umstände, die im ersten anhängigen Oppositionsstreit noch geltend gemacht werden könnten, sei ausgeschlossen. Darüber hinaus sei nach der Rechtsprechung zu § 94 Abs 2 ABGB die Ehefrau nach Aufhebung des gemeinsamen Haushaltes - außer bei missbräuchlicher Beanspruchung von Unterhalt - nicht verpflichtet, nunmehr einer zur Deckung ihrer Bedürfnisse ausreichenden Beschäftigung nachzugehen. Der Kläger habe schließlich die notwendige Behauptung, die Zuwendung ihrer Eltern sei in der Absicht geleistet worden, ihn, den Unterhaltspflichtigen, zu entlasten, nicht aufgestellt.
Aus Anlass der Berufung des Klägers gegen dieses Urteil hob das Berufungsgericht mit dem angefochtenen Beschluss das Ersturteil sowie das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück.
Wie das Erstgericht zutreffend erkannt habe, verpflichte die Eventualmaxime des § 35 Abs 3 EO den Kläger, bekannte Einwendungen schon in der Klage geltend zu machen, und schließe die sukzessive Verwendung in immer neuen Rechtsstreiten in fortgesetzter Verzögerung des Exekutionsverfahrens aus. Nur Einwendungen, die bei Erhebung der Klage noch nicht vorhanden waren, seien von dieser Vorschrift nicht betroffen, solche Tatbestände könnten als Begründungsergänzung der ursprünglichen Klage verwendet werden. Eine gesonderte Oppositionsklage wegen solcher Umstände, die im ersten anhängigen Oppositionsstreit noch geltend gemacht werden können, sei ausgeschlossen (vgl JBl 1961, 366; RPflSlg 1974/86). Nicht von der Eventualmaxime erfasst würden Einwendungen gegen den Anspruch, die während des Oppositionsprozesses (also zwischen Gerichtsanhängigkeit und Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz) entstanden seien (vgl SZ 49/4 = EvBl 1976/184; SZ 53/111 = RPflSlg E 1981/64). Weiters könnten Einwendungen, die zwar schon bei der Klagserhebung bestanden hätten, dem Kläger aber erst während des Prozesses bekannt geworden seien, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vorgebracht werden. Dagegen könnten Einwendungen gegen den Anspruch, die erst, nachdem der Oppositionsprozess in erster Instanz geschlossen wurde, entstanden seien, wegen des im Berufungsverfahren geltenden Neuerungsverbotes nur mit einer neuen Oppositionsklage geltend gemacht werden (vgl Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 352; Deixler-Hübner, Die Eventualmaxime im Oppositionsverfahren, ÖJZ 1995, 170 [177]).
Unter Bedachtnahme auf diese in Lehre und Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zur sogenannten Eventualmaxime sei jedoch davon auszugehen, dass der Kläger in seiner vorliegenden Oppositionsklage keine Oppositionsgründe vorgebracht habe, die er mit einer neuen Oppositionsklage geltend machen könnte. Vielmehr sei er mit seinem Vorbringen, soweit dieses nicht überhaupt, wie vom Erstgericht zutreffend dargelegt worden sei, auf Umstände gestützt werde, die bereits vor Schaffung des Exekutionstitels eingetreten seien, und soweit es daher nicht bereits in dem zu C 53/96 des Erstgerichtes geführten Oppositionsstreits im Hinblick auf die Eventualmaxime präkludiert sei, darauf verwiesen, das Vorbringen in dem anhängigen Oppositionsstreit zu erstatten. Nach den unbekämpften Feststellungen des Erstgerichtes befinde sich dieser Oppositionsprozess (im zweiten Verfahrensgang) noch im Stadium der Beweisaufnahme, weshalb der Kläger grundsätzlich die Möglichkeit habe, bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz mit den dargelegten Einschränkungen ein neues Vorbringen zu erstatten, wobei im gegenständlichen Verfahren nicht zu erörtern sei, wie weit dieses neue Vorbringen im Hinblick auf die Eventualmaxime überhaupt zulässigerweise im ersten Oppositionsprozess erstattet werden könne. Im vorliegenden Verfahren stehe jedenfalls schon aus logischen Gründen, weil eben im ersten Oppositionsprozess die mündliche Verhandlung noch nicht geschlossen worden sei, fest, dass die vom Kläger in der vorliegenden Klage vorgebrachten Einwendungen gegen den Anspruch begrifflich nicht solche sein könnten, die erst nach Schluss der Verhandlung erster Instanz im Oppositionsprozess zu C 53/96 des Erstgerichtes entstanden seien. Im Übrigen würde dem Verpflichteten die Möglichkeit eingeräumt werden, die sogenannte Eventualmaxime zu unterlaufen, wenn er Einwendungen, die er bereits in der ersten Oppositionsklage hätte geltend machen können, für weitere Oppositionsklagen verwenden könnte.
Dies bedeute im vorliegenden Fall, dass die vorliegende Oppositionsklage schon vom Erstgericht wegen des Prozesshindernisses der Streitanhängigkeit zurückgewiesen hätte werden müssen, weil das (neue) Vorbringen an der Identität des Streitgegenstands und des Rechtsschutzzieles nicht zu ändern vermöge (vgl Rechberger in Rechberger, ZPO Rz 15 vor § 226; Rz 10 zu § 233). Gemäß § 240 Abs 3 ZPO sei unter anderem die Streitanhängigkeit jederzeit von Amts wegen zu berücksichtigen (vgl SZ 19/74), wobei die Nichtbeachtung des Prozesshindernisses der Streitanhängigkeit die Nichtigkeit des Verfahrens begründe. Aus Anlass der vorliegenden Berufung sei daher das angefochtene Urteil samt dem vorangegangenen Verfahren als nichtig aufzuheben und die Klage nach § 478 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Mit seinem gegen diesen Beschluss gerichteten Rekurs begehrt der Kläger in erster Linie die Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht, in eventu die Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
Die Beklagte erstattete eine Rekursbeantwortung.
Der Rekurs, der nach § 519 Abs 1 Z 1 ohne Rücksicht auf die Höhe des Streitwertes und das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig ist, ist berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Völlig zu Recht wendet sich zunächst der Rekurswerber gegen die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, das erstinstanzliche Verfahren samt Urteil leide an der (im § 477 ZPO nicht angeführten) Nichtigkeit wegen Streitanhängigkeit. Der Entscheidung des Berufungsgerichtes scheint die Auffassung zugrunde zu liegen, bis zum Schluss der mündlichen Streitverhandlung über eine Oppositionsklage müsse jedwede weitere Klage bereits am Prozesshindernis der Streitanhängigkeit scheitern - dies unabhängig von den in der neuen Klage geltend gemachten Einwendungen. Tatsächlich könnte die vom Berufungsgericht zitierte Lehrmeinung von Rechberger (ebenso nunmehr in Rechberger, ZPO2 Rz 15 vor § 226 und Rz 10 zu § 233) ebenso wie diejenige von Fasching (Zivilprozessrecht2 Rz 1157 ff) darauf hindeuten. Dem kann aber in dieser generellen Form keineswegs gefolgt werden. Zum einen verneint Fasching (aao Rz 1166) zu Recht die Identität des Streitgegenstandes zweier Ehescheidungsklagen wegen Ehebruchs der Frau an verschiedenen Tagen, selbst wenn der Ehebruchspartner derselbe sein sollte. Bei beiden Klagen geht es daher um den Tatbestand derselben Rechtsnorm (lediglich zu verschiedenen Zeitpunkten verwirklicht). Hielte man sich streng an die allgemeine Formulierung in Rz 1157, müsste hier Streitanhängigkeit angenommen werden. Auch Rechberger (aaO Rz 11) zitiert zahlreiche Beispiele aus der Rechtsprechung (ohne sie zu kritisieren), darunter auch Entscheidungen, nach denen etwa zwischen Scheidungsklagen, die sich wenigstens teilweise auf einen anderen Sachverhalt stützen, keine Streitanhängigkeit besteht (auf den Sonderfall der Identität von auf § 55 Abs 1 und Abs 3 EheG gestützten Scheidungsklagen nach der E JBl 1998, 651 = EvBl 1998/134 ist im gegebenen Zusammenhang nicht näher einzugehen). Auch für Kündigungen zum gleichen Kündigungstermin, die sich auf verschiedene Kündigungstatbestände stützen, wird (zu Recht) in der Judikatur (Nachweise aaO) keine Streitanhängigkeit angenommen. Nichts anderes kann aber für zwei Oppositionsklagen gelten, welche auf (zumindest teilweise), abweichende Sachverhalte gestützt werden. Nun haben die Vorinstanzen keine Feststellungen darüber getroffen, welche Einwendungen der Kläger in seiner noch anhängigen Oppositionsklage zu C 53/96h des Erstgerichtes geltend gemacht hat. Zwar ergibt sich aus der Entscheidung des Obersten Gerichtshofs im ersten Rechtsgang dieses Prozesses (3 Ob 48/97y, insoweit nicht veröffentlicht in EvBl 1997/161, 798), dass dieser in seiner Klage das gänzliche Erlöschen des Unterhaltsanspruchs auf Rechtsmissbrauch wegen eines ehebrecherischen Verhältnisses der Beklagten gestützt hat. Dennoch ist dem erkennenden Senat wegen der Möglichkeit einer Klagsänderung eine abschließende Beurteilung mangels Feststellungen über den weiteren Verfahrensverlauf nicht möglich. Festzuhalten ist aber, dass nach ständiger Rechtsprechung einer zweiten Klage nach § 35 EO, auch wenn aufgrund desselben Exekutionstitels eine andere Exekution geführt werden sollte, die Einrede der Streitanhängigkeit nur dann entgegenstünde, wenn die zweite Oppositionsklage sich auf dieselben Einwendungen stützte wie die erste. Die letztgenannte Einschränkung, die sich aus dem jedenfalls auch in der herrschenden Rechtsprechung angewendeten zweigliedrigen Streitgegenstandsbegriff ergibt (Nachweise bei Rechberger aaO Rz 15 vor § 226), fehlt allerdings im Leitsatz zu RIS-Justiz RS001645 ebenso wie im Leitsatz bei Angst/Jakusch/Pimmer, EO13 § 35 E 258), ebenso jüngst in der Entscheidung 3 Ob 12/98m. Sowohl in dem letztgenannten Fall als auch in den den vorher bezogenen Entscheidungen SZ 11/173, SZ 26/1, JBl 1951, 115, RZ 1974, 46 und JBl 1983, 91 vorangegangenen Verfahren wurde jeweils der gleiche rechtserzeugende Sachverhalt geltend gemacht wie im jeweils zuerst anhängig gemachten Oppositionsprozess. Auch Heller/Berger/Stix (EO4 411) und Dullinger (in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO-Komm Rz 87 zu § 35) beschränken zu Recht die Streitanhängigkeit auf zwei Oppositionsverfahren aus denselben rechtserzeugenden Tatsachen. Demnach wird schon mangels entsprechender Feststellungen die Berufungsentscheidung aufzuheben sein. Das Berufungsgericht wird in der Folge zu prüfen haben, ob tatsächlich die vorliegende Oppositionsklage auf dieselben rechtserzeugenden Tatsachen gestützt wird wie das Vorverfahren, welches nach den Feststellungen der Vorinstanzen noch anhängig ist. Nur bei Bejahung dieser Frage könnte es erneut zu einer Klagszurückweisung kommen.
Aufgrund seiner vom erkennenden Senat nicht gebilligten Rechtsansicht, das Verfahren erster Instanz und das darüber ergangene Urteil sei nichtig, hat sich das Berufungsgericht mit den in der Berufung geltend gemachten Berufungsgründen, insbesondere auch mit der behaupteten Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz, nicht befasst. Daraus folgt, dass für den Fall, dass keine Streitanhängigkeit vorliegt, das Berufungsgericht die Berufung zu behandeln haben wird.
Zu Unrecht wendet sich allerdings der Kläger gegen die Rechtsansicht der Vorinstanzen, aus § 35 EO sei abzuleiten, dass eine gesonderte Oppositionsklage wegen solcher Umstände, die im ersten anhängigen Oppositionsstreit noch geltend gemacht werden können, ausgeschlossen sei. Allerdings weist der Rekurswerber zu Recht darauf hin, dass die vom Rekursgericht zitierte Entscheidung JBl 1961, 366 nur bei Einbringung der ersten Oppositionsklage "versäumte" Einwendungen behandelt und nicht auf die Frage eingeht, was gelten soll, wenn im Laufe des Oppositionsstreits neue Tatsachen entstehen bzw bekannt werden. Wie der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung klarstellte, konnte es im zugrunde liegenden (zweiten) Prozess nur um Einwendungen gehen, die sowohl vor der ersten Klage entstanden als auch der klagenden Partei bekannt gewesen waren. Die zweite Entscheidung, die in der Rekursentscheidung angeführt wird (RPflSlgE 1974/86), enthält (jedenfalls im veröffentlichten Teil) keine Aussage zum vorliegenden Problem. Richtig ist auch, dass Heller/Berger/Stix (aaO 420) ausdrücklich (ebenso wie das LGZ Wien in EFSlg 60.949) dem Verpflichteten die Wahlmöglichkeit geben wollen, neue Oppositionsgründe entweder im Oppositionsprozess nachträglich einzuwenden oder sie zum Gegenstand einer neuen Klage zu machen. Dem ist aber nicht zu folgen:
Nach nunmehr einhelliger Meinung (Nachweise zuletzt bei Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO-Komm Rz 82 zu § 35) schließt die Eventualmaxime die nachträgliche Geltendmachung von Einwendungen, die erst während des (ersten) Oppositionsverfahrens entstanden sind, nicht aus. Ebenso können (Nachweise bei Deixler-Hübner, Die Eventualmaxime im Oppositionsverfahren, 173; Dullinger aaO Rz 82) entgegen Heller/Berger/Stix (EO4 419) auch dem Kläger erst später bekannt gewordene Einwendungen noch vorgebracht werden. Dies gilt jedenfalls für Klagsausdehnungen im ersten Oppositionsprozess. Darüber hinaus wird es auch zulässig sein müssen, eine neue Oppositionsklage in der Zeit zwischen Schluss der mündlichen Streitverhandlung erster Instanz und Eintritt der Rechtskraft jenes Beschlusses einzubringen, mit dem das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Rechtssache an die erste Instanz zurückverwiesen wird. Falls der Aufhebungsbeschluss ein neues Vorbringen nicht mehr zulässt, wird auch noch während des zweiten Rechtsganges eine neue Oppositionsklage jedenfalls möglich sein. Heller/Berger/Stix, EO4 420, die - wie bereits gesagt - entgegen der Entscheidung SZ 18/222 dem Verpflichteten die Wahl frei stellen, ob er eine Klagsänderung vornimmt oder eine neue Oppositionsklage einbringt, ist jedenfalls darin zuzustimmen, dass, wie dargelegt, eine Zurückweisung der später erhobenen Oppositionsklage weder wegen Streitanhängigkeit noch wegen entschiedener Streitsache möglich ist.
Berücksichtigt man den Zweck der Eventualmaxime, einerseits das Verfahren zu konzentrieren und andererseits Prozessverschleppungen hintanzuhalten (Nachweise bei Dullinger aaO Rz 82), dann ist jedoch entgegen Heller/Berger/Stix an der schon in SZ 18/222 vertretenen Auffassung festzuhalten und einer neuen Oppositionsklage, die sich auf Tatsachen stützt, die auch durch Klagsausdehnung im ersten Oppositionsverfahren geltend gemacht werden können, der Erfolg zu versagen, dient doch nach herrschender Auffassung (Nachweise bei Deixler-Hübner, Eventualmaxime, ÖJZ 1995, 176) § 35 Abs 3 EO auch der Präklusion für nachfolgende Oppositionsverfahren. Auch Deixler-Hübner (die allerdings § 35 Abs 1 EO heranzieht) vertritt zu Recht die Ansicht, die klagende Partei könne sich in einem neuen Oppositionsverfahren nicht auf Tatsachen stützen, die schon im vorangehenden Prozess nach § 35 EO hätten geltend gemacht werden können (ÖJZ 1995, 176: ebenso offenbar Dullinger aaO Rz 87);
Rechberger/Simotta, Exekutionsverfahren2 Rz 352 und Buchegger in Holzhammer, Zwangsvollstreckungsrecht4, 151). Geschieht solches dennoch, ist die zweite Klage abzuweisen (SZ 18/222; JBl 1960, 366;
Heller/Berger/Stix, EO4 420). Dem gegenüber kann nicht mit Recht eingewendet werden, dass nach § 235 Abs 2 ZPO eine Klagsänderung nach Eintritt der Streitanhängigkeit der Zustimmung des Gegners bedarf, mit welcher der Oppositionskläger nicht unbedingt rechnen kann. Nach § 235 Abs 3 ZPO unterliegt ja eine Klagsänderung der kritischen Prüfung des Prozessrichters. Für den Fall, dass die Geltendmachung der neuen Einwendungen im Verfahren erster Instanz scheitert, ist dem Verpflichteten allerdings die sofortige Einbringung einer neuen Klage nach § 35 EO zuzubilligen. Verlangte man von ihm nämlich, vorerst ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung der Klagsänderung zu erheben, würde gerade der mit der Pflicht zur Klagsänderung angestrebte Beschleunigungseffekt vereitelt.