OGH vom 05.12.1995, 4Ob593/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen des Antragstellers (und Antragsgegners) Erwin S*****, vertreten durch Prof.Dr.Alfred Haslinger und andere Rechtsanwälte in Linz, wider die Antragsgegner (und Antragsteller) 1. Michael A*****, 2. Alexander B*****, 3. Helmut E*****, 4. Walter E*****, 5. Johann F*****, 6. Heinrich G*****, 7. Franz G*****, 8. August K*****, 9*****ring Nr. 1,
10. Johann N*****, 11. Johann S 12. Gerhard S 13. Helmut S 14. Franz S 15. Dr.Karl Heinz T 16. Rupert V*****, 17. Franz W*****, 18. Franz W*****, und 19. Ernst W*****, sämtliche vertreten durch Dr.Reinhard Selendi Rechtsanwalt in Wels, wegen Ersatz von Wildschäden (Streitwert S 73.563 sA; Revisionsrekursinteresse S 67.803), infolge Revisionsrekurses der Antragsgegner (und Antragsteller) gegen den Beschluß des Landesgerichtes Wels als Rekursgericht vom , GZ 22 R 299/95-28, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Wels vom , GZ 1 Nc 45/94-21, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Antragsgegner sind zur ungeteilten Hand schuldig, dem Antragsteller die mit S 7.306,56 bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin S 1.217,76 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung:
Der Antragsteller und Antragsgegner (im folgenden kurz: Antragsteller) betreibt in G***** eine Landwirtschaft. Im Jahre 1993 umfaßte sein Betrieb etwa 57 oder 58 ha. Davon waren 9 ha Wald; daneben hatte er Anbauflächen für Weizen mit 18 ha, 6 bis 7 ha Mais, 2 ha Gerste, 3 ha Pferdebohnen, 4 ha Sojabohnen, 2 bis 3 ha Gurken, 1 ha Klee, 6 bis 7 ha Zucker- und Futterrüben. Auf 12.496 m2 hatte er - 1993 erstmals - Karfiol angebaut. Die Karfiol-Anbaufläche ist 300 bis 500 m vom Haus entfernt und liegt außerhalb des Dorfgebietes von G*****. Bisher hatte der Antragsteller eine fünfjährige Fruchtfolge geübt. Vor dem Bepflanzen der Felder mit Karfiol hatte er sich nicht an die Jägerschaft gewandt und selbst keinen Schutzzaun gemacht. Er hatte gar nicht gewußt, daß die Hasen so auf den Karfiol gehen würden. Tatsächlich erlitt er Schäden am Karfiol durch Hasenverbiß. Die geschädigten Flächen fallen in das Gebiet der Jagdgesellschaft Gunskirchen, deren Mitglieder die Antragsgegner und Antragsteller (im folgenden kurz: Antragsgegner) sind.
Bereit am kam es zu einem Hasenverbiß. Da der Antragsteller nur einen ziemlich wirkungslosen Weichgeflechtzaun zur Hand hatte, kam es am trotz dieses Zaunes neuerlich zu einem massiven Hasenverbiß an den Karfiolpflanzen. Erst am wurde - von den Antragsgegnern - ein Drahtzaun zur effektiven Sicherung des Karfiolfeldes errichtet. Damals war bereits ein Schaden in beträchtlicher Höhe entstanden. Franz K*****, ein Bediensteter der Bezirksbauernkammer W*****, erstellte nach genauem Auszählen der geschädigten und abgefressenen Karfiolpflanzen folgendes Bild der Schädigung:
Schädigungsgrad Geschädigte Fläche Entschädigungsbetrag
3.800 m2 20 % 760 m2 S 10.260
1.500 m2 50 % 750 m2 S 10.125
1.760 m2 100 % 1.760 m2 S 23.760
136 m2 45 % 61 m2 S 823
3.300 m2 50 % 1.650 m2 S 22.275
Gesamtsumme: S 67.243
Bei der Ermittlung dieses Entschädigungsbetrages legte Franz K***** einen sogenannten Deckungskostenbeitrag von S 13,50 je m2 zugrunde. Dieser entspricht etwa dem Nettoertrag und wird so errechnet, daß von den Gesamtkosten im Rahmen einer besonderen landwirtschaftlichen Kostenrechnung die variablen Kosten wie Saatgut, Pflanzmaterial, Arbeit, Düngung, Wildzaunaufstellung abgezogen werden. Der Differenzbetrag ist dann der Deckungskostenbeitrag.
Der Antragsteller hat einen Vertrag mit einer Gemüsefabrik und erhält danach S 5 je Kilo Karfiol. Pro m2 sind 6 bis 8 kg Karfiol zu erwarten. Es kann aber auch Jahre geben, in denen sich ein Nullertrag ergibt. Karfiol hat eine Sonderstellung, weil er finanziell ertragreicher als anderer Anbau ist.
Die Kosten des ab dem verwendeten Drahtzaunes beliefen sich auf S 9.158 an Materialkosten. Für das Aufstellen des Zaunes wurden 72 Arbeitsstunden aufgewendet. Gegenüber Franz K***** bewertete der Antragsteller die Kosten einer Arbeitsstunde mit S 80.
Ein Teil der abgefressenen Pflanzen konnte wiederbeschafft, neues Pflanzgut konnte ausgebracht werden. Das waren 800 Stück zu je S 0,70 = (einschließlich Verpflanzkosten) S 560.
In Fachkreisen ist bekannt, daß Gemüse eine Spezialität ist, die auch den Tieren gut schmeckt; Tiere werden dadurch angelockt. Jährlich richtet Wild an Freilandgemüse Schäden in Millionenhöhe an. Karfiol ist eine von rund zehn in Oberösterreich kultivierten Kohlgemüsearten neben Kraut, Chinakohl, Broccoli usw.
Schon bald nach dem Ersten Weltkrieg hatte sich im Eferdinger Becken ein Trend zum Gemüsebau ergeben. Im Raum G***** wird Gemüse selten angebaut. Der Gemüsebau erstreckt sich allerdings vom Eferdinger Becken bis in den Raum W*****. Im Eferdinger Becken sieht man sehr oft, daß Zäune gegen Wildverbiß aufgestellt werden. Bei den Karfiolkulturen schützen manche Landwirte die Pflanzen, andere schützen sie nicht. Vor allem wird in jenen Betrieben umzäunt, bei denen der Gemüseanbau im Vordergrund steht. Zum Teil wird der Schutz im Einvernehmen mit Jagdpächtern oder Jagdbesitzern angebracht, die die Schutzgeflechte zur Verfügung stellen. Das wird im Eferdinger Becken von Gemeinde zu Gemeinde unterschiedlich gehandhabt. Im Raum G***** hat der Landwirt W***** schon in der Vergangenheit Felder umzäunt.
Mangels gütlicher Einigung über den zu ersetzenden Wildschaden wandte sich der Antragsteller am an den Obmann der Jagd- und Wildschadenskommission G***** wegen einer Entscheidung über seinen Anspruch auf Ersatz des Wildschadens. Diese Kommission verpflichtete mit Bescheid vom die Jagdgesellschaft G***** zur Zahlung einer Entschädigung von S 17.501,60 an den Antragsteller; außerdem sollte die (von den Jägern) errichtete Einfriedung in den Besitz des Antragstellers übergehen. Der Bescheid wurde der Jagdgesellschaft G***** am und dem Antragsteller am zugestellt.
Innerhalb der vierwöchigen Frist des § 66 Abs 1 oö Jagdgesetz idF LGBl 1990/2 wandten sich die Parteien an das Erstgericht. Der Antragsteller begehrt Ersatz seines Schadens in der Höhe von S 73.563 sA (1 Nc 48/94t), die Antragsgegner begehren, den Entschädigungsantrag zur Gänze abzuweisen (1 Nc 45/94x). Nach Meinung des Antragstellers handle es sich bei der Anbaufläche des Karfiols nicht um einen Gemüsegarten im Sinne des § 67 oö JagdG LGBl 1964/32; vielmehr liege ein Feldgemüseanbau vor. Ein Schutz durch Einzäunung sei dabei weder üblich noch zumutbar. Außerdem hätten ihn die Kläger bei der Aufstellung des Plastikzauns nicht dahin gewarnt, daß der Zaun untauglich sei.
Die Antragsgegner meinten hingegen, daß die Anpflanzung von Karfiol eine Sonderkultur sei, die unter § 67 oö JagdG falle. Der Antragsteller hätte daher für entsprechenden Schutz der Anpflanzung, insbesondere für eine Einzäunung, sorgen müssen. Da er solche Schutzmaßnahmen unterlassen habe, stehe ihm kein Ersatzanspruch zu. Außerdem sei der geltend gemachte Betrag überhöht.
Das Erstgericht wies den Antrag des Antragstellers auf Festsetzung einer Entschädigung ab. Unter den Begriff "Gemüsegärten" im Sinn des § 67 Abs 1 oö JagdG fielen grundsätzlich erwerbswirtschaftlich genutzte Flächen. Bei Gemüse, das den Tieren besonders gut schmecke, komme es nicht auf die Gartengestaltung, sondern die Art der Bepflanzung an. § 67 oö JagdG sei daher hier anzuwenden. Unter Berücksichtigung des beim Karfiolanbau erzielbaren Ertrags sei dem Antragsteller das Aufstellen eines Zaunes, der mehrere Jahre genützt werden könne und nur rund S 10.000 koste, zumutbar gewesen. Die rechtzeitige Einzäunung der Karfiol-Anbaufläche hätte den Wildverbiß verhindert.
Das Rekursgericht erkannte die Antragsgegner - unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 5.760 - zur ungeteilten Hand schuldig, dem Antragsteller als Ersatz für Wildschaden S 67.803 zu zahlen; werde die Entschädigung nicht binnen 14 Tagen nach Eintritt der Rechtskraft geleistet, hätten die Antragsgegner außerdem noch 4 % Zinsen vom Tage der Zustellung der Entscheidung an zu zahlen. Es sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Unter einem Gemüsegarten werde gewöhnlich eine mehr oder weniger große Grundfläche verstanden, auf der ständig Gemüse angebaut wird. Wesentliches Merkmal einer gärtnerischen Nutzung sei die besondere Intensität der Bewirtschaftung und Bodennutzung. Bei derartigen Flächen, die sich ebenso wie Obstgärten und Baumschulen durch einen gegenüber normaler landwirtschaftlicher Nutzung in der Regel erhöhten Ertrag auszeichnen, sei es dem Eigentümer zumutbar, besondere Vorkehrungen zum Schutz der Anpflanzungen zu treffen. Das treffe insbesondere auch deshalb zu, weil bei derartigen Kulturen der Anbau im allgemeinen ständig oder zumindest über viele Jahre immer auf denselben Flächen erfolge oder - wie bei Obstgärten - die Bäume jahrelang am selben Platz stünden. Der Schutz derartiger Flächen durch Einzäunung sei daher relativ leicht und ohne großen Aufwand möglich. Anders sei es jedoch im Falle des Feldgemüseanbaus. Dabei nähmen die Grundflächen am üblichen Wechsel landwirtschaftlicher Fruchtfolge teil. Trotz des auch beim Feldgemüseanbau gegenüber dem Anbau anderer Feldfrüchte höheren Ertrags liege hiebei das für eine gärtnerische Nutzung wesentliche Merkmal der besonderen Intensität der Bewirtschaftung und Bodennutzung nicht vor. Im vorliegenden Fall bebaue der Antragsteller seine Anbauflächen in fünfjähriger Fruchtfolge, wobei er Karfiol nur auf einer Fläche von rund einem Hektar bei einer Gesamtanbaufläche von rund 49 ha (ohne Wald) pflanze. Bei einem solchen Feldgemüseanbau wären Schutznahmen (zB durch Einzäunen) mit wesentlich höherem Aufwand als bei gärtnerischer Bodennutzung oder bei Baumschulen verbunden. § 67 Abs 1 oö JagdG komme daher hier nicht zur Anwendung. Die Antragsgegner hätten deshalb dem Antragsteller den Wildschaden von S 67.803 zu ersetzen. Die Antragsgegner hafteten als Mitglieder der Jagdgesellschaft zur ungeteilten Hand. Der Zinsenausspruch gründe sich auf § 77 Abs 1 oö JagdG iVm § 33 Abs 2 EisbEG.
Rechtliche Beurteilung
Der gegen diesen Beschluß erhobene Revisionsrekurs der Antragsgegner ist zwar entgegen der Meinung des Antragstellers zulässig, weil - soweit überblickbar - Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Auslegung des § 67 oö JagdG oder einer inhaltsgleichen Bestimmung eines anderen Landesjagdgesetzes fehlt; er ist aber nicht berechtigt.
Die Antragsgegner halten unter Berufung auf die Rechtsprechung des VwGH auch in dritter Instanz an ihrer Rechtsauffassung fest, daß die Karfiolanbaufläche des Antragsstellers unter den Begriff des Gemüsegartens im Sinn des § 67 Abs 1 oö JagdG falle. Dazu hat der erkennende Senat erwogen:
Nach § 65 Abs 1 oö JagdG hat der Jagdausübungsberechtigte mangels besonderer Vereinbarungen allen entstandenen Jagd- und Wildschaden in dem in diesem Gesetz bestimmten Ausmaß zu ersetzen. Eine Mehrheit von Jagdausübungsberechtigten haftet für solche Schäden zur ungeteilten Hand (§ 65 Abs 4 des Gesetzes). Dabei umfaßt der Wildschaden den innerhalb des Jagdgebietes von jagdbaren Tieren an Grund und Boden und an den noch nicht eingebrachten Erzeugnissen verursachten Schaden (§ 65 Abs 3 des Gesetzes). Damit sieht das oberösterreichische Jagdgesetz gleich den anderen österreichischen Landesjagdgesetzen eine verschuldensunabhängige Schadenersatzpflicht der Jagdausübungsberechtigten vor (Binder, Jagdrecht 100). Die solcherart geregelte Haftung für Wildschäden beruht auf zwei Gedanken: erstens spielt das Moment der Gefährlichkeit der Tiere eine Rolle; zweitens wurde dem Grundeigentümer oder Nutzungsberechtigten die Abwehr des Schadens durch Tötung der Tiere genommen, so daß ihm als Ausgleich für das Verbot derartiger Maßnahmen ein Ersatzanspruch gegeben wird (Koziol, Haftpflichtrecht2 II 413).
§ 67 oö JagdG enthält allerdings eine Sonderregelung gegenüber § 65
Abs 1 desselben Gesetzes. § 67 Abs 1 oö JagdG ordnet an, daß
Wildschäden in Obst-, Gemüse- und Ziergärten, in Baumschulen und an
einzelstehenden jungen Bäumen (nur) dann zu ersetzen sind, wenn
dargetan ist, daß der Schaden erfolgte, obgleich zum Schutze der
geschädigten Objekte solche Vorkehrungen vom Besitzer getroffen
waren, wodurch ein ordentlicher Landwirt derlei Gegenstände zu
schützen pflegt.
Fehlt es an solchen Vorkehrungen des Grundbesitzers, dann kommt es
nicht zu einer Schadensteilung entsprechend § 1304 ABGB, sondern zum
gänzlichen Entfall des Ersatzanspruches. Der Grund für diese Regelung
dürfte darin liegen, daß die Gründe für die Haftung des
Jagdausübungsberechtigten für weitaus schwächer angesehen werden als die Mangelhaftigkeit des Verhaltens des Geschädigten (Koziol aaO).
Im vorliegenden Fall kommt es daher entscheidend darauf an, ob die vom Wildschaden befallene Karfiolanbaufläche des Antragstellers als "Gemüsegarten" anzusehen ist.
Der Verwaltungsgerichtshof, der vor der Einführung der gerichtlichen Zuständigkeit zur Entscheidung über Wildschäden (§ 66 Abs 1 oö JagdG idF LGBl 1990/2) in diesen Belangen zuständig war, hat ausgesprochen, daß § 67 Abs 1 oö JagdG im ersten Halbsatz mit dem Begriff "Obst- und Gemüsegärten" allgemein auf Kulturen abstelle, in denen Obst und Gemüse hervorgebracht werde; es komme für die Auslegung dieser Begriffe nicht auf die Größe der damit bebauten Fläche an, so daß auch große Grundstücke darunter fallen; eine Heranziehung von Lexika oder Enzyklopädien für die Auslegung des Begriffes "Gärten" sei nicht zielführend. Unter dem Begriff der Gärten im Sinne dieser Gesetzesstelle seien jedenfalls erwerbswirtschaftlich genutzte Grundflächen zu verstehen (VwSlg 10.157; 10.664).
In einer Entscheidung zu §§ 29, 49 Abs 1 BewG sprach der VwGH aus, daß die Frage, ob ein gärtnerischer Betrieb vorliege und wie die Abgrenzung zwischen einem gärtnerischen Betrieb und einem landwirtschaftlichen Betrieb vorzunehmen ist, nach der Verkehrsauffassung zu beurteilen sei. Wesentliches Merkmal für eine gärtnerische Nutzung sei die besondere Intensität der Bewirtschaftung und Bodennutzung, der gegenüber die Bedeutung von Grund und Boden als dem hauptsächlichen Produktionsfaktor zurücktritt. Das Vorhandensein von Einrichtungen, die eine solche gesteigerte Bodenbewirtschaftung ermöglichen (zB Glas- und Gewächshäuser, Mist- und Frühbeete, Überwinterungsräume, Bewässerungs- und Entwässerungsanlagen, Heizvorrichtungen usw), werde in der Regel auf das Vorliegen eines gärtnerischen Betriebes hindeuten. Es liege aber kein gärtnerischer Betrieb vor, wenn die Grundflächen an dem üblichen Wechsel landwirtschaftlicher Fruchtfolge teilnähmen (ÖJZ 1985, 530 VwGH (F) 238).
Der erkennende Senat vermag sich der in VwSlg 10.557 und 10.664 (A) vertretenen Rechtsansicht nicht anzuschließen. Auszugehen ist davon, daß die Jagdausübungsberechtigten gemäß § 65 oö JagdG dem Grundbesitzer gegenüber unabhängig von eigenem Verschulden für jeden Wildschaden haften. § 67 oö JagdG schafft davon eine Ausnahme. Schon deshalb ist eine erweiternde Interpretation dieser Bestimmung abzulehnen. Sowohl die Wortinterpretation als auch die Auslegung nach dem offenbaren Gesetzeszweck führen zu dem vom Rekursgericht gefundenen Ergebnis:
Da das oö JagdG keine Definition des Begriffs "Garten" enthält, ist der allgemeine Sprachgebrauch maßgebend. Unter "Garten" versteht man in der deutschen Sprache ein mit Zaun, Hecke oder Mauer umgrenztes Landstück, das intensiv bestellt, jedoch nicht erwerbswirtschaftlich genutzt wird; je nach Anlage und Aufgabe unterscheidet man zwischen Nutzgarten (Obst- und Gemüsegarten), Ziergarten und wissenschaftlichen Gärten (Meyers Enzyklopädisches Lexikon, Band 9, 699, linke Spalte; ähnlich Duden, Bedeutungswörterbuch2, Bd 10, 277 rechte Spalte; Duden, Das große Wörterbuch der deutschen Sprache2, Bd 3, 1214 rechte Spalte, wonach Garten ein kleineres begrenztes Stück Land am und um das Haus zur Anpflanzung von Obst, Gemüse, Blumen o.ä. sei; Brockhaus/Wahrig, Deutsches Wörterbuch, Bd 3, 53 rechte Spalte:
"abgegrenztes Gelände zum Kleinanbau von Nutz- und Zierpflanzen). Die Auffassung, daß jede Anpflanzung von Gemüse (oder Obst) unter § 67 Abs 1 oö JagdG falle, insbesondere daß es nur darauf ankomme, daß es sich dabei um wertvolle Pflanzen handle (Binder aaO 104), geht über den äußersten Wortsinn des Begriffes "Gemüsegarten" hinaus; dieser äußerste Wortsinn bildet aber die Grenze für die Auslegung (JBl 1992, 699 [Pichler]; Koziol/Welser, Grundriß10 I 20).
Solche Flächen pflegt der Besitzer in aller Regel so abzusichern, daß (ua) Wild nicht eindringen kann. Vernachlässigt er solche Vorkehrungen - unterläßt er etwa erforderliche Ausbesserungen am schadhaft gewordenen Zaun udgl. - dann soll er nach dem offenbaren Zweck des Gesetzes die Jagdausübungsberechtigten im Fall von Wildschäden nicht in Anspruch nehmen können. Anderes hat nach § 67 Abs 1 oö JagdG und vergleichbaren Bestimmungen anderer Landesgesetze - wie zB § 75 Abs 3 Krnt JagdG 1978 LGBl Nr. 76; § 55 Abs 3 Tir JagdG 1983 LGBl Nr. 60, § 105 Abs 1 nö JagdG LGBl 6500 - dann zu gelten, wenn trotz der üblichen und zumutbaren Vorkehrungen ein Wildschaden entstanden ist.
Selbst wenn man aber unter den Begriff des Gemüsegartens im Sinn des § 67 Abs 1 oö JagdG auch die gärtnerisch genutzte Fläche rechnen wollte, wäre für die Antragsgegner nichts zu gewinnen. Der Antragsteller betreibt ja keinen gärtnerischen, sondern einen landwirtschaftlichen Betrieb. Dafür spricht - im Sinn der zitierten Definition des VwGH - vor allem auch der Umstand, daß die nur mit Karfiol bebauten Grundflächen festgestelltermaßen an dem üblichen Wechsel landwirtschaftlicher Fruchtfolge teilnehmen. Gerade daraus aber, daß der Antragsteller nach einigen Jahren die zuletzt mit Karfiol bebaute Fläche auch anderweitig nutzen, sie dann allenfalls mit Getreide bepflanzen will, folgt, daß er eben keinen "Gemüsegarten" unterhält, der üblicherweise eingezäunt wird. Mag eine Fläche von 1,2 ha gerade noch mit wirtschaftlich vertretbaren Mitteln einzuzäunen sein, so wäre eine solche Maßnahme bei einem - durchaus realistischen - Gemüseanbau auf einer noch größeren Fläche völlig unzumutbar. Dem Gesetzgeber kann nicht die Absicht unterstellt werden, solche Vorkehrungen der Landwirte zu verlangen.
Der Sinn der Ausnahmevorschrift des § 67 Abs 1 oö JagdG kann nur darin liegen, daß in den dort aufgezählten Fällen, in welchen der Besitzer von sich aus normalerweise Schutzmaßnahmen ergreift, seine Nachlässigkeit zur Entlastung des Jagdberechtigten führen soll.
Mit Recht hat daher das Gericht zweiter Instanz die Haftung der Jagdaussübungsberechtigten bejaht. Gegen die Höhe der zuerkannten Entschädigung wendet sich das Rechtsmittel der Antragsgegner nicht.
Diese Erwägungen führen zur Bestätigung des angefochtenen Beschlusses.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsrekursverfahrens gründet sich auf § 77 Abs 1 oö JagdG iVm § 44 EisbEG (SZ 59/229).