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OGH vom 11.02.2009, 7Ob278/08w

OGH vom 11.02.2009, 7Ob278/08w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Sachwalterschaftssache des DI Dr. Lutz E*****, geboren am *****, vertreten durch Dr. Wilhelm Klade, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 42 R 223/08t, 426/08w-140, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Favoriten vom und , GZ 1 P 33/05y-111 und 123, infolge Rekurses des Betroffenen bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

1.) Der Revisionsrekurs wird, soweit er sich (als außerordentliches Rechtsmittel) gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichts vom , GZ 1 P 33/05y-111, richtet, mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

2.) Im Übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben.

Der Beschluss des Erstgerichts vom , GZ 1 P 33/05y-123 und der angefochtene Beschluss des Rekursgerichts, soweit er diesen erstgerichtlichen Beschluss bestätigt, werden aufgehoben. Die Sachwalterschaftssache wird zur Ergänzung des Verfahrens und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

3.) Der Schriftsatz des Betroffenen vom („außerordentlicher Revisionsrekurs") wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Das Sachwalterschaftsverfahren wurde über Anregung des Bezirksgerichts Favoriten, bei dem der Betroffene zu 28 C 100/04a eine Oppositionsklage eingebracht und den Eindruck erweckt hatte, nicht prozessfähig zu sein, eröffnet. Nach Erstanhörung des Betroffenen wurde diesem Rechtsanwalt Dr. Christian B***** als Verfahrenssachwalter und als vorläufiger Sachwalter bestellt. Infolge entsprechender Mitteilungen unter anderem der Staatsanwaltschaft Wien, des Verfassungsgerichtshofs und verschiedener Gerichte wurde die einstweilige Sachwalterschaft um die Vertretung in den betreffenden weiteren Verfahren, an denen der Betroffene beteiligt ist, erweitert. Der zum psychiatrischen Sachverständigen bestellte Univ.-Prof. Dr. Karl D***** teilte dem Erstgericht mit, dass die Erstattung eines Gutachtens nicht möglich sei, weil der Betroffene Ladungen keine Folge leiste. Daraufhin wurde er vom Erstgericht mit der Erstellung eines „Aktengutachtens" beauftragt. Er erstattete - ohne mit dem Betroffenen persönlichen Kontakt gehabt zu haben - ein schriftliches Gutachten folgenden wesentlichen Inhalts: Beim Betroffenen liege eine schwerwiegende psychiatrische Krankheit in Form einer wahnhaften Störung vor, die seine Realitätseinschätzung hochgradig beeinträchtige. Der Betroffene sei aufgrund dieser Erkrankung nicht in der Lage, die Tragweite von ihm angestrengter Gerichtsverfahren zu erkennen und sich realitätsadäquat zu verhalten. Aus psychiatrischer Sicht sei daher zumindest für den Themenkreis Einleitung von Verfahren und Vertretung vor Gerichten und Behörden eine Unterstützung durch einen Sachwalter erforderlich.

Aufgrund weiterer Anregungen von vom Betroffenen angerufenen Gerichten wurde der Wirkungsbereich des einstweiligen Sachwalters mit Beschlüssen des Erstgerichts vom und auf diese Verfahren und sodann mit Beschluss vom auf alle gerichtlichen Verfahren erweitert. Dem gegen die betreffenden Beschlüsse vom Betroffenen erhobenen Rekurs wurde mit Beschluss des Rekursgerichts vom keine Folge gegeben. In der Folge erhob der Betroffene mehrfach Amtshaftungsklagen, erstattete Nichtigkeitsanzeige zu Beschlüssen des Oberlandesgerichts Wien in Strafsachen sowie eine Reihe weiterer Strafanträge und Anzeigen. Allein im Jahr 2007 wurden vom Betroffenen sieben Nc-Verfahren anhängig gemacht, sechs Strafanzeigen bei der Staatsanwaltschaft Wien und eine Strafanzeige bei der Oberstaatsanwaltschaft Wien erstattet und zehn weitere Verfahren eingeleitet. Im April 2007 war der Betroffene an 75 Gerichtsverfahren beteiligt.

Mit Schreiben des unabhängigen Finanzsenats, Außenstelle Wien, vom wurde dem Erstgericht mitgeteilt, dass die Zustellung einer Berufungsentscheidung in einer Abgabensache an den Betroffenen nicht durchgeführt habe werden können, weil sich dieser von seiner Adresse in ***** W***** als ortsabwesend abgemeldet habe, wobei jedoch vermutet werde, dass er tatsächlich nicht ortsabwesend sei. Die Ausweitung der Betrauung des Einzelsachwalters auf die Besorgung von Angelegenheiten betreffend Verfahren vor Verwaltungsbehörden im Allgemeinen und im Besonderen vor Abgabenbehörden werde daher angeregt. In weiterer Folge versuchte das Erstgericht mehrfach, den Betroffenen an der erwähnten Adresse zu laden. Sämtliche Ladungen kamen mit dem Vermerk „Empfänger ortsabwesend" zurück. So auch die Ladung des Betroffenen zu einer Verhandlung am . In dieser Verhandlung wurde mit dem Vertreter des einstweiligen Sachwalters und dem zwischenzeitig beigezogenen psychiatrischen Sachverständigen Univ.-Doz. Dr. M***** das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Univ.-Prof. Dr. D***** erörtert. Der Sachverständige führte dazu aus, dass derartige Krankheitsbilder meist chronifiziert seien.

Mit Beschluss vom erweiterte das Erstgericht unter Hinweis auf das Ersuchen des unabhängigen Finanzsenats Wien und die Vielzahl der vom Betroffenen angestrengten Verfahren, deren Tragweite vom Betroffenen nicht erkannt werden könne, den Wirkungskreis des einstweiligen Sachwalters auf die Vertretung des Betroffenen gegenüber Gerichten, Verwaltungsbehörden und Sozialversicherungsträgern. Der Betroffene entziehe sich dem Sachwalterbestellungsverfahren und melde sich regelmäßig als „ortsabwesend".

In der ebenfalls in Abwesenheit des Betroffenen, dessen Ladung neuerlich wegen (angeblicher) Ortsabwesenheit fehlschlug, durchgeführten Verhandlung am führte der Sachverständige Dr. M***** aus, es sei aus der Aktenlage ersichtlich, dass sich das Krankheitsgeschehen beim Betroffenen, der sich jeder Kontaktaufnahme entziehe, verstärkt habe und chronifiziert sei.

Mit Beschluss vom bestellte das Erstgericht daraufhin den einstweiligen Sachwalter Dr. B***** gemäß § 268 ABGB zum Sachwalter für folgende Angelegenheiten: Vertretung vor Gerichten, Behörden und Sozialversicherungsträgern. Weiters wurde angeordnet, dass der Betroffene seinen letzten Willen nur mündlich vor Gericht oder einem Notar erklären könne. Aufgrund des schriftlichen und im Rahmen einer mündlichen Verhandlung erörterten Sachverständigengutachtens stehe fest, dass beim Betroffenen eine schwerwiegende wahnhafte Störung vorliege, die tiefgreifend die Realitätseinschätzung und die rationale Handlungsfähigkeit beeinträchtige. Aufgrund dieser Erkrankung sei der Betroffene durch Antragstellungen bei mehreren Gerichten und Verwaltungsbehörden auffällig geworden, wobei seine Ausführungen nicht nachvollziehbar seien. Die Erkrankung verstärke sich, der Betroffene sei daher nicht in der Lage, die von ihm beantragten Verfahren richtig zu beurteilen und zu überblicken. Gleichzeitig versuche der Betroffene, sich gerichtlichen Verfahren zu entziehen. Zustellungen mit Rückschein an ihn seien erfolglos geblieben. Zum Krankheitsbild gehöre, dass der Betroffene Ladungen kaum nachkomme. Der aus den Ausführungen des Sachverständigen gewonnene Eindruck entspreche auch jenem anlässlich der Erstanhörung. Die Krankheit, die sich verstärkt habe und intensiv auftrete, erkläre das Verhalten des Betroffenen, sich gerichtlichen Ladungen zu entziehen und gleichzeitig bei anderen Behörden in anderen gerichtlichen Verfahren Anträge zu stellen. Der Betroffene sei daher nicht in der Lage, die betreffenden Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich zu besorgen, weshalb für ihn gemäß § 268 Abs 3 Z 2 ABGB ein Sachwalter zu bestellen sei. Aufgrund der Verfahrensergebnisse sei zum Schutz des Betroffenen auch eine Einschränkung der Testierfähigkeit gemäß § 568 ABGB anzuordnen gewesen.

Das sowohl hinsichtlich des Beschlusses vom als auch des Beschlusses vom vom Betroffenen angerufene Rekursgericht gab beiden Rekursen nicht Folge. Vom Betroffenen werde zu Unrecht bemängelt, dass die Bestellung des Sachwalters ohne seine persönliche Beiziehung am Verfahren erfolgt sei. Das Erstgericht habe dem Betroffenen nämlich oftmals die Möglichkeit gegeben, sich am Verfahren zu beteiligen und ihn mit zahlreichen Ladungen aufgefordert, sich der Untersuchung durch den Sachverständigen zu unterziehen und an Verhandlungen teilzunehmen. Dies habe der Betroffene verweigert. Das Erstgericht habe unter Berücksichtigung des Verhaltens des Betroffenen, das sich mit dem vom Sachverständigen erhobenen Krankheitsbild völlig decke, davon ausgehen können, dass sich der Betroffene weiterhin beharrlich und ernsthaft weigern werde, am Verfahren mitzuwirken und sich insbesondere einer persönlichen Befundaufnahme durch den Sachverständigen zu unterziehen. Diese Auffassung werde durch die eigenen Ausführungen des Betroffenen im Rekurs bestätigt, in dem unter anderem ausgeführt werde, dass er sich mit seiner Ortsabwesenheitserklärung ab „dem ständigen Termindruck entzogen" habe. Am habe er zu Protokoll gegeben, dass er unter der angegebenen Adresse (offenbar ***** W*****) selbstverständlich erreichbar sei. Er habe den Postauftrag „zu seinem Schutz und zum Schutz derer, die die Rsa- und Rsb-Briefe absenden", erteilt, weil er erfahrungsgemäß gezwungen sei, „auf nahezu jeden Rsa- und Rsb-Brief Anzeige zu erstatten und weitere Strafverfahren zu verfolgen". Das Erstgericht sei unter Berücksichtigung all dieser Umstände nicht verpflichtet gewesen, weitere Maßnahmen, etwa den Versuch der Verhandlung unter Beiziehung des Sachverständigen in der Wohnung des Betroffenen, zu der es sich wohl nur unter Anwendung von entsprechenden Zwangsmaßnahmen Zutritt verschaffen hätte können, zu treffen. Die in dem vergleichbar gelagerten Fall 4 Ob 611/87 vom Obersten Gerichtshof dargelegten Grundsätze könnten auch nach der Reform des Außerstreitrechts herangezogen werden. Dem Betroffenen müsse stets die Möglichkeit geboten werden, am Verfahren teilzunehmen. Das Erstgericht sei demnach zutreffend zu dem Ergebnis gelangt, dass das Verfahren spruchreif sei. Unter Beachtung der Bestimmungen des § 268 Abs 1 und 3 ABGB idF des Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 (SWRÄG) sei die Bestellung eines endgültigen Sachwalters zur Regelung des genannten Kreises von Angelegenheiten insgesamt nicht zu bemängeln. Gegen den Betroffenen seien weiterhin eine Vielzahl von Gerichts- und Verwaltungsverfahren anhängig. Insbesondere auch aus den Rekursen des Betroffenen selbst gehe zwingend hervor, dass dieser auch in Zukunft bestrebt sein werde, weitere Verfahren einzuleiten. Es bestehe daher die Gefahr eines Nachteils, und zwar der Tragung erheblicher Kosten. Sowohl die Ausdehnung des Wirkungskreises des einstweiligen Sachwalters als auch die Bestellung eines endgültigen Sachwalters sei daher zu Recht erfolgt.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen die Entscheidung betreffend den Beschluss vom nicht zulässig, hingegen gegen die Entscheidung betreffend den Beschluss vom zulässig sei, da sich der Oberste Gerichtshof seit der geänderten Rechtslage durch das neue Außerstreitgesetz und das SWRÄG 2006 noch nicht mit dem Themenkomplex der Sachwalterbestellung aufgrund eines wegen der beharrlichen Weigerung des Betroffenen an der Teilnahme am Verfahren eingeholten „Aktengutachtens" ohne persönliche Untersuchung des Betroffenen befasst habe.

Gegen die Entscheidungen des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs des Betroffenen, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend macht und beantragt, den angefochtenen Beschluss dahin abzuändern, dass die Beschlüsse der Vorinstanzen aufgehoben und das Verfahren eingestellt werde. Hilfsweise wird der Antrag gestellt, den Beschluss des Rekursgerichts aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und Verfahrensergänzung an dieses zurückzuverweisen.

Der Sachwalter hat sich zum Revisionsrekurs nicht geäußert.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist, soweit die Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses vom bekämpft wird (insofern ist das Rechtsmittel als außerordentliches anzusehen, weil der Revisionsrekurs gegen diese Entscheidung nicht zugelassen wurde), unzulässig. Hingegen ist der die Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses vom betreffende Revisionsrekurs zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags (Zurückweisung zweckmäßigerweise jedoch an das Erstgericht) berechtigt.

1.) Zum Revisionsrekurs gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichts vom :

Warum (auch) der die Erweiterung der einstweiligen Sachwalterschaft durch das Erstgericht mit Beschluss vom bestätigende Beschluss des Rekursgerichts von einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG abhängen und daher entgegen dem Ausspruch des Rekursgerichts zulässig sein soll, wird im Revisionsrekurs nicht ausgeführt. Die Frage, ob es das Wohl des Betroffenen im Sinn des § 120 AußStrG erfordert, ihm zur Besorgung (sonstiger) dringender Angelegenheiten für die Dauer des Verfahrens einen einstweiligen Sachwalter zu bestellen, kann regelmäßig nur anhand der jeweiligen Umstände des konkreten Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0117006). Auch entzieht sich die Frage, in welchem Umfang aufgrund einer festgestellten Behinderung ein Sachwalter zu bestellen ist, zufolge der Einzelfallbezogenheit generellen Aussagen (RIS-Justiz RS0106744). Diese Fragen stellen daher keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG dar, es sei denn, das Rekursgericht hätte die Rechtslage in einer Weise verkannt, dass aus Gründen der Rechtssicherheit eine Korrektur durch den Obersten Gerichtshof notwendig wäre. Eine derartige Fehlbeurteilung liegt hier aber nicht vor (§ 71 Abs 3 AußStrG).

2.) Zum Revisionsrekurs gegen die Bestätigung des Beschlusses des Erstgerichts vom :

Der Revisionsrekurswerber macht im Wesentlichen geltend, das Unterbleiben seiner persönlichen Befragung durch den Richter und den Sachverständigen verstoße gegen grundlegende Verfahrensvorschriften. Das Erstgericht habe gar nicht den Versuch unternommen, eine mündliche Verhandlung gemäß § 121 Abs 3 AußStrG „an dem Ort durchzuführen, an dem sich die betroffene Person befindet". Sein rechtliches Gehör sei verletzt worden, weil der Sachwalterbeschluss gefällt worden sei, ohne dass ein Sachverständiger ihn begutachtet habe.

Diese ausdrücklich eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens und - weil eine Verletzung des rechtlichen Gehörs behauptet wird - auch eine Nichtigkeit aufzeigenden Ausführungen sind im Wesentlichen berechtigt:

Die Verletzung rechtlichen Gehörs kann im Außerstreitverfahren auch dann im Revisionsrekurs geltend gemacht werden, wenn sie vom Rekursgericht verneint wurde (RIS-Justiz RS0121265; RS0007232 [T17]). Verletzt wird das verfassungsrechtlich in Art 6 Abs 1 EMRK verbürgte und in § 15 AußStrG auch für das Außerstreitverfahren ausdrücklich statuierte rechtliche Gehör nicht nur dann, wenn einer Partei die Möglichkeit, sich im Verfahren zu äußern, überhaupt genommen wird, sondern auch dann, wenn einer gerichtlichen Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrundegelegt werden, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (RIS-Justiz RS0074920; RS0005915; vgl RS0042216).

Eine vom Revisionsrekurswerber behauptete „Verletzung grundlegender Verfahrensvorschriften" ist schon deshalb gegeben, weil der Betroffene entgegen § 121 Abs 2 AußStrG zu den mündlichen Verhandlungen nicht wirksam geladen wurde. Nur wenn feststeht, dass der Betroffene gänzlich unfähig ist, der Verhandlung zu folgen oder sein Wohl bei Anwesenheit in der Verhandlung gefährdet wäre, ist von einer Ladung abzusehen. Beides ist hier nicht in Betracht zu ziehen. Demnach bestand die Verpflichtung, den Betroffenen zu den Verhandlungen am und am zu laden. Dies hat das Erstgericht ja auch, allerdings vergeblich, versucht: Die Ladungen wurden jeweils mit dem Hinweis retourniert, dass der Betroffene ortsabwesend sei. Dass der Erstrichter nicht zuletzt aufgrund der schriftlichen Äußerungen des Betroffenen selbst zur Überzeugung gelangte, die vom Betroffenen gegenüber der Post abgegebene Erklärung, bis ortsabwesend zu sein, habe nicht den Tatsachen entsprochen, ändert nichts daran, dass die Ladungen am Postweg gescheitert sind. Um der Verpflichtung nach § 121 Abs 2 AußStrG nachkommen zu können, wäre, da Zustellungen gemäß § 88 Abs 1 ZPO iVm § 24 AußStrG in aller Regel durch die Post durchzuführen sind, die zuständige Poststelle um Überprüfung der Richtigkeit der Meldung der Ortsabwesenheit zu ersuchen gewesen. Um weitere Verfahrensverzögerungen zu vermeiden, wäre aber im Sinn des § 88 Abs 1 Z 2 ZPO auch eine Zustellung durch einen Gerichtsbediensteten in Betracht gekommen. Schon weil der Betroffene also nicht wirksam geladen wurde, ist der vorliegende Fall mit dem zu 4 Ob 611/87 entschiedenen nicht vergleichbar.

Ohne die betroffene Person kann nach § 121 Abs 3 AußStrG nur dann verhandelt werden, wenn deren Erscheinen vor Gericht unmöglich, untunlich oder ihrem Wohl abträglich ist und die mündliche Verhandlung auch nicht an dem Ort durchgeführt werden kann, an dem sich die betroffene Person befindet. Liegt keine dieser (wohl mit Hilfe eines Sachverständigen zu prüfenden) Voraussetzungen vor, ist kein Fall des § 121 Abs 3 AußStrG gegeben. Diese Bestimmung regelt nicht, was zu geschehen hat, wenn die betroffene Person aus anderen als den in Abs 3 Satz 1 angeführten Gründen, also etwa mutwillig, nicht zur mündlichen Verhandlung erscheint (Zankl/Mondel in Rechberger, AußStrG § 121 Rz 2). Das nicht nach Abs 3 leg cit zu rechtfertigende Fernbleiben einer ordnungsgemäß geladenen betroffenen Person kann jedenfalls nicht mit dem Hinweis abgetan werden, sie habe es selbst zu vertreten, wenn sie sich der Mitwirkung an der Verhandlung und damit einer Befragung durch Gericht und Sachverständige entziehe. Um die Entscheidung, ob einer betroffenen Person ein Sachwalter zu bestellen ist, entsprechend den gesetzlich vorgesehenen Kriterien verlässlich treffen zu können, ist vielmehr in einem solchen Fall ein Vorgehen analog § 118 Abs 2 Satz 1 AußStrG in aller Regel unumgänglich (vgl Zankl/Mondel aaO; vgl auch schon 1 Ob 523/93 RZ 1994/55 mwN); die betroffene Person ist also mit der nötigen Schonung vorzuführen (s auch § 31 Abs 5 iVm § 79 Abs 2 Z 3 AußStrG). Von den Umständen des konkreten Falls hängt es ab, ob eine betroffene Person, die - wie hier der Revisionsrekurswerber - jede Mitwirkung am Sachwalterbestellungsverfahren verweigert, auch schon zuvor dem medizinischen Sachverständigen vorgeführt werden muss, falls ihre unmittelbare (auch körperliche) Untersuchung für eine Begutachtung notwendig (vgl neuerlich 1 Ob 523/93) und eine Befundaufnahme im Rahmen der mündlichen Verhandlung nicht möglich oder nicht tunlich ist (vgl EFSlg 116.110). Im konkreten Fall wird jeweils (allenfalls mit sachverständiger Unterstützung) auch zu entscheiden sein, ob es im Sinn eines schonenderen Vorgehens zum Wohl der betroffenen Person angezeigt ist, anstelle einer Vorführung zur Verhandlung bei Gericht an dem Ort zu verhandeln, an dem sich der Betroffene aufhält, und sich allenfalls dort zwangsweise (§ 79 AußStrG) Zutritt zu verschaffen.

Die Ansicht der Vorinstanzen, dass eine betroffene Person, die sich - wie hier - dem Sachwalterbestellungsverfahren zu entziehen sucht, ohne Vorliegen der in § 121 Abs 3 AußStrG genannten Gründe zu der nach § 121 Abs 1 AußStrG zwingend durchzuführenden Verhandlung (und allenfalls auch zu der erforderlichen ärztlichen Untersuchung) nicht stellig gemacht werden müsse, kann demnach grundsätzlich nicht geteilt werden. Zu bedenken ist dabei auch, dass die Weigerung, am Sachwalterbestellungsverfahren mitzuwirken, gerade auch Ausfluss jener psychischen Erkrankung sein kann, die die Bestellung des Sachwalters allenfalls notwendig macht. Nur wenn die betroffene Person nicht vor Gericht erscheinen kann, ihr Erscheinen untunlich oder ihrem Wohl abträglich ist und diesem Umstand auch nicht durch eine Verhandlung am Wohnsitz des Betroffenen abzuhelfen ist, kann unter den weiteren Voraussetzungen des § 121 Abs 3 zweiter Satz AußStrG, nämlich dass bereits eine Erstanhörung und eine Begutachtung durch einen Sachverständigen stattgefunden haben, auch ohne den Betroffenen verhandelt werden.

Sofern man die Verletzung der Verfahrensvorschriften als Verletzung des rechtlichen Gehörs qualifiziert, sind die Entscheidungen der Vorinstanzen nichtig; jedenfalls liegt aber ein Mangel vor, der eine nach den Bestimmungen des § 121 AußStrG ordnungsgemäße Sachwalterbestellung verhinderte. Dies macht die Aufhebung der Entscheidungen der Vorinstanzen und den Auftrag an das Erstgericht notwendig, nach einer im aufgezeigten Sinn durchzuführenden Verfahrensergänzung (wobei auch auf die im Revisionsrekurs noch relevierte Frage, ob die gerichtliche Anordnung der Einschränkung der Testierfähigkeit iSd § 568 ABGB tatsächlich notwendig ist, Bedacht zu nehmen sein wird) neuerlich zu entscheiden.

3.) Zur Zurückweisung des vom Betroffenen selbst verfassten „außerordentlichen Revisionsrekurses":

Der Betroffene hat, wie er ausdrücklich betonte, in der Befürchtung und für den Fall, dass seinem Antrag auf Gewährung der Verfahrenshilfe keine Folge gegeben werde, zunächst auch selbst einen „außerordentlichen Revisionsrekurs" verfasst. Darin weist er ausdrücklich darauf hin, belehrt worden zu sein, dass Anwaltspflicht bestehe. Deshalb und weil von dem ihm zum Verfahrenshelfer bestellten Rechtsanwalt inzwischen anstelle des „außerordentlichen Revisionsrekurses" ein gesetzmäßig ausgeführter Revisionsrekurs eingebracht wurde (zur Zulässigkeit eines solchen „Austauschs" vor Erteilung eines Verbesserungsauftrags vgl Gitschthaler in Rechberger3 §§ 84-85 Rz 15 und G. Kodek in Fasching/Konecny II/2 §§ 84, 85 Rz 141), ist das Unterbleiben eines Auftrags, den von ihm selbst verfassten Schriftsatz durch Unterfertigung durch einen Rechtsanwalt zu verbessern, nicht zu beanstanden. Der nicht von einem Anwalt unterfertigte „außerordentliche Revisionsrekurs" ist unzulässig und muss, da er nicht ausdrücklich zurückgezogen wurde, zurückgewiesen werden.