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OGH vom 29.03.2006, 3Ob22/06s

OGH vom 29.03.2006, 3Ob22/06s

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schiemer als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Zechner, Dr. Prückner, Dr. Sailer und Dr. Jensik als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Susanne S*****, vertreten durch Dr. Josef Klaunzer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider die verpflichtete Partei Hubert L*****, wegen 57.742,76 EUR sA, infolge Revisionsrekurses der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom , GZ 1 R 433/05s-9, womit infolge Rekurses der Drittschuldnerin Renate L*****, vertreten durch Dr. Gerhard Mitteregger, Rechtsanwalt in Innsbruck, der Exekutionsbewilligungsbeschluss des Bezirksgerichts Innsbruck vom , GZ 23 E 3426/05t-4, abgeändert und der Exekutionsantrag der betreibenden Partei teilweise abgewiesen wurde, den Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben. Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass der Rekurs der Drittschuldnerin zurückgewiesen und der Exekutionsbewilligungsbeschluss des Erstgerichts wiederhergestellt wird.

Die Drittschuldnerin hat der betreibenden Partei die mit 1.813,32 EUR (darin 302,22 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung:

Der Verpflichtete ist gemeinsam mit seiner (nun geschiedenen) Ehegattin Eigentümer von gemäß § 13 WEG 2002 verbundenen Anteilen an einem Liegenschaftsanteil, mit dem Wohnungseigentum verbunden ist. Zur Hereinbringung der titelmäßigen Geldforderung von 57.742,76 EUR samt Zinsen und Kosten beantragte die Betreibende die Forderungsexekution gemäß § 294 EO durch Pfändung und Überweisung zur Einziehung von Forderungen des Verpflichteten gegenüber vier im Exekutionsantrag bezeichneten Drittschuldnern sowie die Exekution „durch Pfändung und Verkauf des dem Verpflichteten gegenüber Renate L*****, zustehenden Anspruchs auf Übertragung des Eigentums an ihren Miteigentumsanteilen an EZ 256 GB ***** samt Wohnungseigentum an W 1 (BLN 11) und 8/411 samt Wohnungseigentum an G 4 (BLN 13) aufgrund nachehelicher Aufteilung". Dem Verpflichteten möge aufgetragen werden, sich jeglicher Verfügung über diesen Übertragungsanspruch zu enthalten. Renate L***** möge untersagt werden, an den Verpflichteten zu leisten und dem Verfügungsverbot zuwiderlaufende Verfügungen zu treffen.

Das Erstgericht bewilligte (unangefochten) die beantragten Forderungsexekutionen gemäß § 294 EO und bewilligte ferner auch die beantragte Exekution durch Pfändung des Anspruchs auf Eigentumsübertragung und behielt sich weiters unter Hinweis auf § 331 Abs 2 EO die Entscheidung über den Verwertungsantrag („Verkauf") vor. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Drittschuldnerin (der geschiedenen Ehegattin des Verpflichteten) Folge und wies den nach § 331 EO zu beurteilenden Exekutionsantrag betreffend das Ehegattenwohnungseigentum ab. Es stellte aufgrund der vorgelegten Urkunden fest, dass die Ehe des Verpflichteten mit der Drittschuldnerin mit dem rechtskräftigen Urteil vom des Bezirksgerichts Innsbruck geschieden worden sei und die Ehegatten Mit- und Wohnungseigentümer des im Exekutionsantrag angeführten Wohnungseigentums seien. Der Anspruch auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse sei gemäß § 330 EO der Pfändung entzogen. Auf einzelne Gegenstände des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der Ersparnisse könne jedoch unter Beachtung der Rechte des Ehegatten Exekution geführt werden. Wenn aufgrund eines nur gegen einen Ehegatten gerichteten Exekutionstitels Exekution geführt werde, sei § 13 Abs 3 WEG 2002 zu beachten. Danach dürften Mindestanteile von Ehegatten bei begründetem Wohnungseigentum nur gemeinsam der Zwangsversteigerung unterzogen werden. Die Exekution in das im Ehegattenwohnungseigentum stehende Objekt sei nur auf den gesamten verbundenen Anteil und ausschließlich durch Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. Wenn sich der Exekutionsantrag nur auf den Anteil eines der Ehegatten (bzw eines Eigentümerpartners) richte, sei der Antrag abzuweisen. Schon mangels Behauptung der Betreibenden, der Anspruch des Verpflichteten bezüglich der Miteigentumsanteile der Rechtsmittelwerberin gründe sich auf Vertrag oder Richterspruch, stehe dem Exekutionsantrag der Betreibenden bezüglich der Miteigentumsanteile der Grundsatz der ausschließlich gemeinsamen Verwertung des Wohnungseigentums entgegen.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil sich die Rekursentscheidung an der oberstgerichtlichen Judikatur orientiere.

Mit ihrem Revisionsrekurs beantragt die Betreibende die Abänderung dahin, dass die Exekutionsbewilligung des Erstgerichts wiederhergestellt werde.

Dem Verpflichteten und der Drittschuldnerin wurde Gelegenheit gegeben, zum Revisionsrekurs eine Revisionsrekursbeantwortung (vgl zur notwendigen Einräumung des rechtlichen Gehörs 3 Ob 162/03z, 163/03x = SZ 2004/26; 3 Ob 92/03f) zu erstatten. Die Drittschuldnerin beantragt, den Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen, hilfsweise, dem Rechtsmittel nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs ist - weil die Entscheidung des Rekursgerichts von der oberstgerichtlichen Rsp abweicht - zulässig und auch berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 13 Abs 3 WEG 2002 idgF (gleichlautend früher § 9 Abs 2 WEG alt) werden durch das gemeinsame Wohnungseigentum der Partner ihre Anteile am Mindestanteil so verbunden, dass sie, solange die Eigentümerpartnerschaft besteht, nicht getrennt und nur gemeinsam beschränkt, belastet, veräußert oder der Zwangsvollstreckung unterworfen werden dürfen. Die Zwangsvollstreckung aufgrund eines Exekutionstitels, der bloß gegen einen der Partner besteht, ist nur im Weg des mit der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu verbindenden Antrags auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums zulässig. Die Besonderheit der Bestimmung des WEG liegt darin, dass die Zwangsversteigerung des Anteils eines Ehegatten am Mindestanteil und an dem damit verbundenen gemeinsamen Ehegattenwohnungseigentum unzulässig ist. Wenn ein Anspruch nur gegen einen Ehegatten betrieben wird, ist der Anspruch auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums zu pfänden. Damit muss zwingend der Antrag auf Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils und des damit verbundenen gemeinsamen Wohnungseigentums verbunden werden. Wird nur einer dieser Anträge gestellt, ist der Exekutionsantrag abzuweisen (SZ 65/66). Zutreffend verweist die Revisionsrekurswerberin aber darauf, dass sie keinen auf den Miteigentumsanteil des Verpflichteten (verbunden mit Ehegattenwohnungseigentum) gerichteten Exekutionsantrag, sondern den Antrag auf Pfändung des Anspruchs des Verpflichteten auf Übertragung des Eigentums an dem Miteigentumsanteil der Drittschuldnerin (Ehegattin des Verpflichteten) gestellt hat. Eine solche Exekutionsführung nach den §§ 331 ff EO ist jedoch nach der Entscheidung 3 Ob 59/90 = MietSlg 42/18 = EvBl 1990/132 = WoBl 1991/16 (zust Call) zulässig. Aus der Begründung dieser Entscheidung ist zusammenfassend Folgendes hervorzuheben:

Die Beschränkung der Exekutionsführung durch § 9 Abs 2 WEG alt (nunmehr: § 13 Abs 3 WEG 2002) steht der Exekutionsführung nach den §§ 331 ff EO auf das Vermögensrecht des verpflichteten Ehegatten dann nicht entgegen, wenn dieser bereits den Anspruch auf Übertragung des Eigentums am halben Mindestanteil des anderen durch Vertrag oder allenfalls auch durch richterliche Entscheidung im Verfahren zur nachehelichen Aufteilung des Vermögens (§§ 81 ff EheG) erworben hat. Das Gesetz sieht für die Zwangsvollstreckung in gemeinsames Wohnungseigentum von Ehegatten, wenn nur gegen einen von ihnen ein Exekutionstitel vorliegt, nur die eine Vollstreckungsart der Pfändung des Anspruchs auf Aufhebung des gemeinsamen Wohnungseigentums und Zwangsversteigerung des gesamten Mindestanteils unter der Voraussetzung vor, dass auf das gemeinsame Wohnungseigentum Exekution geführt wird. Nur die gesonderte Verwertung der Anteile der Ehegatten am Mindestanteil ist unzulässig. Wenn aber zur Hereinbringung vollstreckbarer Geldforderungen auf den gesamten Mindestanteil jede Art der Realexekution stattfinden kann, so ist es der betreibenden Partei auch erlaubt, im Wege der Exekution nach den §§ 331 ff EO die Vereinigung der geteilten Mindestanteile durch Pfändung und Verwertung des darauf gerichteten vermögensrechtlichen Anspruchs des Verpflichteten als Vorbereitung zu der erst dann zulässigen exekutiven Einverleibung des Pfandrechts auf den gesamten Mindestanteil zu erwirken. Wenn wegen schon erfolgter Übergabe der unbeweglichen Sache die Exekution nach den §§ 325 und 328 Abs 1 EO versagt, kann der dem Verpflichteten zustehende materiellrechtliche Anspruch nach den §§ 331 ff EO in Exekution gezogen werden. Die Verwertung erfolgt durch Ermächtigung der betreibenden Partei nach § 333 EO zur Geltendmachung des Gesamtrechts, also auch des Anspruchs auf bücherliche Einverleibung des Eigentums. Mit dem Gesuch um Eigentumseinverleibung kann der Gläubiger dann den Antrag auf Bewilligung der zwangsweisen Pfandrechtsbegründung zur Hereinbringung seiner Geldforderung auf den gesamten Mindestanteil verbinden. Es besteht kein Anlass, von dieser Begründung und dem Ergebnis der Vorentscheidung abzugehen. Wenn der Verpflichtete einen vermögensrechtlichen Anspruch auf Übertragung des Miteigentumsanteils samt Wohnungseigentum seiner Gattin hat, bedeutete die Verweigerung einer Exekutionsführung auf diesen Anspruch aus dem Grund des § 13 Abs 3 WEG 2002 einen sachlich nicht gerechtfertigten Wertungswiderspruch zur Zulässigkeit der Exekutionsführung nach den §§ 331 ff EO auf materiellrechtliche Eigentumsverschaffungsansprüche des Verpflichteten (RIS-Justiz RS0004248).

Einer Wiederherstellung der erstinstanzlichen Exekutionsbewilligung steht auch nicht entgegen, dass im Exekutionsantrag unscharf nur die Verwertung durch „Verkauf" beantragt wurde. Der Betreibende kann sich einen Verwertungsantrag vorbehalten. Ein unzutreffend gestellter Verwertungsantrag macht den zulässigen Pfändungsantrag nicht unwirksam, schadet also nicht (SZ 57/30; Oberhammer in Angst, EO, § 331 Rz 9). Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts fehlt es auch nicht an den erforderlichen Angaben der Betreibenden über den zu pfändenden Anspruch des Verpflichteten. Der Hinweis „aufgrund nachehelicher Aufteilung" spezifiziert die Forderung in ausreichender Form, kann doch kein Zweifel daran bestehen, dass ein Eigentumsübertragungsanspruch entweder aufgrund eines Vergleichs der Eheleute oder aufgrund eines gerichtlichen Beschlusses im Aufteilungsverfahren von der Betreibenden behauptet wird. Das Bewilligungsgericht hat gemäß § 3 Abs 2 EO von den Angaben des Betreibenden auszugehen und nicht zu prüfen, ob die zu pfändende Forderung dem Verpflichteten wirklich zusteht (RIS-Justiz RS0000085). Abschließend ist noch auf die im Revisionsrekurs relevierte Frage der Rekurslegitimation der Drittschuldnerin (Ehegattin des Verpflichteten) einzugehen. Es trifft zu, dass nach stRsp der Dritte, dem iSd § 331 Abs 1 EO das gerichtliche Verbot zu leisten, zugestellt wurde, sich durch die Erhebung eines Rechtsmittels nur zur Wehr setzen kann, wenn ihn die Exekutionsbewilligung gesetzwidrig belastet oder wenn ihm ungerechtfertigte Aufträge erteilt wurden oder aber auch, wenn die Exekutionsbewilligung gesetzwidrig erfolgt ist (RIS-Justiz RS0003998; vgl für den Drittschuldner nach § 294 EO RIS-Justiz RS0004201). Eine gesetzwidrige Belastung der Drittschuldnerin durch die Exekutionsbewilligung liegt hier aus den schon erläuterten Gründen nicht vor, sodass die Entscheidung des Erstgerichts aus dem Grund der fehlenden Rekurslegitimation der an die zweite Instanz rekurrierenden Dritten wiederherzustellen ist. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 EO iVm §§ 50 Abs und 41 ZPO. Im Exekutionsverfahren können auch andere Beteiligte kostenersatzpflichtig werden, wenn durch ihr Einschreiten ein Zwischenstreit entsteht (RIS-Justiz RS0002177). Hier ist die Drittschuldnerin im Zwischenstreit mit der Betreibenden unterlegen und daher zum Ersatz der Kosten des Revisionsrekursverfahrens zu verhalten (3 Ob 264/01x).