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OGH vom 07.07.2017, 6Ob165/16g

OGH vom 07.07.2017, 6Ob165/16g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der i***** GmbH, FN *****, mit dem Sitz in Wien, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft und ihres Geschäftsführers H*****, beide vertreten durch Dr. Berthold Riedl, öffentlicher Notar in Wiener Neustadt, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom , GZ 28 R 162/16y-11, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom , GZ 73 Fr 18990/15t-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass der Beschluss des Erstgerichts zu lauten hat:

„Bei der i***** GmbH, FN ***** wird folgende Eintragung in das Firmenbuch bewilligt:

Einbringungsvertrag vom

Einbringung des nicht protokollierten Einzelunternehmens des Gesellschafters H*****, geboren am *****, im Standort ***** (i*****).“

Text

Begründung:

Die rechtsmittelwerbende Gesellschaft mbH wurde vom Zweitrevisionsrekurswerber am errichtet und ist seit im Firmenbuch eingetragen. Die vom Alleingesellschafter, der auch der Geschäftsführer der Gesellschaft ist, bar zu leistende Stammeinlage von 35.000 EUR wurde zur Hälfte eingezahlt.

Mit Antrag vom beantragte der Geschäftsführer die Eintragung der Einbringung seines nicht protokollierten Einzelunternehmens aufgrund des „Sacheinlagevertrags“ vom , mit dem er sein Unternehmen mit allen Aktiven und Passiven unter Verzicht auf die Liquidation aufgrund der Einbringungsbilanz vom gemäß Art III UmgründungssteuerG (UmgrStG) in die Gesellschaft ohne Gewährung von neuen Anteilen eingebracht habe. Er legte den in Notariatsaktsform geschlossenen Sacheinlagevertrag vor, dem die Einbringungsbilanz des Einzelunternehmens zum angeschlossen ist. Darin wurde unter anderem vereinbart, dass ab dem Stichtag für die Übertragung des eingebrachten Unternehmens () alle in der Einbringungsbilanz angeführten Aktiven und Passiven als der übernehmenden Gesellschaft übergeben gelten und auch jene Aktiven und Passiven, Rechte und Pflichten, die mangels Bilanzierungsfähigkeit in der Einbringungsbilanz nicht erfasst sind, jedoch zum Unternehmen gehören. Ferner bestätigte der Alleingesellschafter, dass das eingebrachte Vermögen sowohl am als auch am Tag der Einbringung einen positiven Verkehrswert aufweist. In der in „unternehmensrechtlich“ und „steuerrechtlich“ gegliederten Einbringungsbilanz stimmen die unter Aktiva und Passiva erfassten Posten der beiden rechtlichen Kategorien betraglich überein. Darin sind unter den Aktiva ein „Kassenbestand und Guthaben bei Kreditinstituten“ in Höhe von 26.638,67 EUR und auf der Passivseite unter Einbringungskapital das Kapitalkonto mit 4.539,10 EUR sowie unter den Verbindlichkeiten nach „Verbindlichkeiten aus Lieferungen und Leistungen“ und „sonstigen Verbindlichkeiten“ als letzter Posten „Vorsorge gemäß § 16 (5) Z 1 UmgrStG (tatsächl. Entn.) 17.093,25 EUR“ angegeben. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten scheinen in der Einbringungsbilanz nicht auf.

Das Erstgericht forderte den Antragsteller auf, eine öffentlich beglaubigte Erklärung vorzulegen, aus der sich ergibt, ob aus Anlass der Einbringung aus dem Gesellschaftsvermögen Gegenleistungen an den einbringenden Gesellschafter erbracht wurden und ob das Stammkapital auch unter Berücksichtigung des Einbringungsvorgangs erhalten bleibt („verdeckte Sachgründung“).

Der Antragsteller antwortete, dass der positive Wert des zu übertragenden Vermögens aus der Einbringungsbilanz zu erkennen sei (Kapitalkonto). Er übermittelte eine Stellungnahme einer Steuerberatungskanzlei betreffend den positiven Wert des übertragenen Vermögens, worin auf das in der Einbringungsbilanz ausgewiesene positive Einbringungkapital hingewiesen und ausgeführt wird, dass die Saldenliste des zu übertragenden Unternehmens für den Zeitraum 1. 4. bis per einen Gewinn von 154.116,97 EUR ausweist. Ferner führte er aus, dem Einbringungsvertrag sei nicht zu entnehmen, dass Gegenleistungen aus dem Gesellschaftsvermögen zu erbringen seien. Es erübrige sich daher die gewünschte Erklärung des Alleingesellschafters und Geschäftsführers.

Mit Zwischenerledigung vom teilte das Erstgericht dem Antragsteller mit, dass ein Nachweis des positiven Verkehrswerts nicht gefordert worden sei. Hingegen sei die allfällige Umgehung von Sachgründungsvorschriften in Anbetracht der offenkundigen Zeitnähe von Neugründung und Einbringung zu prüfen. Eine verdeckte Sacheinlage könne dann vorliegen, wenn eine Gesellschaft zunächst bar gegründet, sodann gegen Verzicht auf die Gewährung von Anteilen eine Sache eingebracht werde und durch bare oder unbare Entnahmen ein (allfälliger) Mittelrückfluss an den Erbringer erfolge. Zu diesem Punkt finde sich im Einbringungsvertrag ungeachtet dessen, dass in der Bilanz Barentnahmen von 17.093,25 EUR aufschienen, keine Klarstellung, sodass eine entsprechende öffentlich beglaubigte Erklärung des Geschäftsführers (oder auch ein vom Gericht allenfalls einzuholendes Gutachten) für eine Eintragung unabdingbar erforderlich sei.

Der Antragsteller antwortete, dass der Einbringende im Sacheinlagevertrag alles Erforderliche in öffentlicher Form erklärt habe und das eingebrachte Vermögen ungeachtet der gesetzlich zulässigen Entnahme positiv sei. Weitere Erklärungen seien entbehrlich.

Das Erstgericht wies den Eintragungsantrag ab. Im Einbringungsvertrag werde nicht auf die getätigten Barentnahmen Bezug genommen. Bestehe zwischen der Einbringung eines Betriebs bei gleichzeitiger barer oder unbarer Entnahme ein zeitlicher Zusammenhang mit der unmittelbar davor stattgefundenen Bargründung der übernehmenden Gesellschaft, werde der Tatbestand der verschleierten Sacheinlage verwirklicht, weil die der Gesellschaft aus Anlass der Gründung zugeführten Barmittel an den einbringenden Gesellschafter, der zugleich Gründer der GmbH sei, zurückfließen würden. Um auszuschließen, dass tatsächlich ein Mittelrückfluss erfolgte, sei eine entsprechende klarstellende Erklärung des Antragstellers gefordert worden. Da dies abgelehnt worden sei, seien weitere Erhebungsschritte nicht sinnvoll.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung. Eine verdeckte Sacheinlage liege dann vor, wenn formell eine Bareinlage festgesetzt werde, der Einlagebetrag materiell jedoch für die Vergütung einer Sachleistung der Gesellschaften verwendet werde und im wirtschaftlichen Ergebnis der Gesellschaft nicht als Bareinlage zufließe. Bei einem Vorgehen der Beteiligten nach § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG verminderten die Entnahmen das Einbringungskapital. Barentnahmen würden in der Regel zeitnah vor dem Abschluss des Einbringungsvertrags getätigt. Der einbringende Einzelunternehmer entziehe damit seinem Unternehmen Liquidität. Bestehe ein zeitlicher Zusammenhang mit der Bargründung der GmbH, könne der Tatbestand der verschleierten Sacheinlage verwirklicht sein, weil die der Gesellschaft aus Anlass der Gründung zugeführten Barmittel an den einbringenden Gesellschafter, der zugleich Gründer der GmbH sei, zumindest teilweise zurückfließen. Barentnahmen könnten auch fremdfinanziert werden, indem etwa der Kontokorrentrahmen des Einzelunternehmens ausgeschöpft werde. In der Einbringungsbilanz, die einen Stichtag vor der Entnahme (und damit auch vor der Kontoüberziehung) habe, sei gleichwohl nur die Barentnahme ausgewiesen. Aus der Eintragungsbilanz sei daher nicht ersichtlich, ob die Barentnahme aus vorhandener Liquidität des Einzelunternehmens getätigt worden sei oder ob diese fremdfinanziert sei. Im Extremfall könne sich damit hinter einer in der Einbringungsbilanz ausgewiesenen Barentnahme zur Zeit des Abschlusses des Einbringungsvertrags bereits zur Gänze eine Kreditverbindlichkeit des eingebrachten Betriebs verbergen. Auf diese Weise könne der einbringende Gesellschafter auch die Barmittel zur Gründung der GmbH finanzieren. Da die Vermögensgegenstände der GmbH bei einem rückbezogenen Einbringungsstichtag rückwirkend übertragen würden, würden auch die zwischen dem Einbringungsstichtag und dem Abschluss des Einbringungsvertrags begründeten Verbindlichkeiten (auch jene zur Bedienung der Barentnahme) an die Gesellschaft übertragen. Auf den Errichtungszeitpunkt der GmbH bezogen würde dies im vorliegenden Fall bedeuten, dass die bar geleistete Einlage von 17.500 EUR umgehend nahezu zur Gänze als Haftungskapital für den dafür aufgenommenen Kredit herangezogen würde und auf diesem Weg ein Mittelrückfluss an den Gesellschafter erfolgte. Damit werde aber die Umgehung der Sachgründungsvorschriften evident, weil im wirtschaftlichen Ergebnis die GmbH keine (ausreichende) frei verfügbare Bareinlage erhalten hätte. Würden daher Barentnahmen getätigt, sei zu verlangen, dass im Einzelunternehmen nicht kreditfinanzierte Barmittel zumindest in dieser Höhe vorhanden sind und die Entnahmen aus vorhandener betrieblicher Liquidität erfolgten. Das Erstgericht habe die Verbesserungsaufträge zu Recht erteilt.

Das Rekursgericht sprach aus, der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil der Frage, ob durch Barentnahmen (§ 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG) im zeitlichen Zusammenhang mit der Bargründung der übernehmenden GmbH der Tatbestand der verschleierten Sacheinlage verwirklicht werden könne, erhebliche Bedeutung zukomme und eine Auseinandersetzung damit in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig. Er ist auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerber machen geltend, das Rekursgericht nehme zu Unrecht an, die in der Einbringungsbilanz ausgewiesene Barentnahme gehe zu Lasten des Stammkapitals der übernehmenden Gesellschaft. Laut Einbringungsbilanz habe das eingebrachte Einzelunternehmen liquide Mittel von 26.638,67 EUR. Es sei daher unschwer zu erkennen, dass die bare Entnahme aus diesen liquiden Mitteln finanziert werden könne. Verbindlichkeiten gegenüber Kreditinstituten seien in der Einbringungsbilanz nicht ausgewiesen, sodass die Annahme des Rekursgerichts „denkunmöglich“ sei.

1. Einbringungen nach Art III §§ 12 ff UmgrStG unterliegen der Eintragungspflicht nach § 3 Z 15 FBG (6 Ob 132/08t; 6 Ob 81/02h mwN). Das Firmenbuchgericht hat zu prüfen (§ 15 FBG iVm § 16 Abs 1 AußStrG), ob die Eintragung gegen zwingende unternehmensrechtliche Normen verstößt, insbesondere ob der Gläubigerschutz beeinträchtigt erscheint (RIS-Justiz RS0115147).

2. Die materielle Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts in tatsächlicher Hinsicht darf nicht überspannt werden. Die Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung findet eine natürliche Grenze, sobald Anhaltspunkte für eine weitere Aufklärungsbedürftigkeit fehlen (RIS-Justiz RS0029344). In der Regel ist die Prüfungspflicht des Firmenbuchgerichts daher auf eine Plausibilitätsprüfung dahin beschränkt, ob die begehrte Eintragung schlüssig dargelegt und nach der Lebens- und Praxiserfahrung des Entscheidungsorgans glaubwürdig ist (RIS-Justiz RS0061530 [T7]). Eine Ermittlungspflicht greift erst dann ein, wenn konkrete Anhaltspunkte oder ein begründeter Verdacht dafür sprechen, dass die Anmeldung nicht den Tatsachen oder der Wahrheit entspricht (vgl Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 15 ff; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB§ 15 FBG Rz 41). Auf bloße Vermutungen hin von den Anmeldenden den Nachweis für die Richtigkeit der Anmeldung zu fordern, wäre mit unerträglichen Verfahrensverzögerungen verbunden und eine Überspannung der Prüfungspflicht (vgl 6 Ob 36/85; Kodek in Kodek/Nowotny/Umfahrer, FBG § 15 Rz 20; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB§ 15 FBG Rz 41 je mwN).

3. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs werden unter dem Begriff „verdeckte Sacheinlage“ Bareinlagen verstanden, die mit einem Rechtsgeschäft zwischen der Kapitalgesellschaft und dem einlegenden Gesellschafter in zeitlicher und sachlicher Hinsicht derart gekoppelt sind, dass – unter Umgehung der Sachgründungvorschriften – wirtschaftlich der Erfolg einer Sacheinlage erreicht wird, etwa weil die Barmittel umgehend als Entgelt für eine Leistung des Gesellschafters an diesen zurückfließen (RIS-Justiz RS0114160). Dies hat zur Folge, dass die außerhalb des Gesellschaftsvertrags (und ohne Einhaltung der Sacheinlagevorschriften) getroffene Sacheinlagevereinbarung der Gesellschaft gegenüber unwirksam ist und der Gesellschafter nicht von seiner (Bar-)Einlagepflicht befreit wird (6 Ob 132/00f; 6 Ob 81/02h).

4. Zur Frage, ob der Tatbestand der verdeckten Sacheinlage eine Abrede zwischen den Beteiligten über die Rückzahlung der bar geleisteten Einlage im Zug einer Sacheinbringung erfordert, (die bei einem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang zwischen der Einlagenleistung und dem Austauschgeschäft widerleglich vermutet wird [vgl zB Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 6 Rz 24 mwN; Zollner in Gruber/Harrer, GmbHG § 6 Rz 52 mwN; Taufner, Die verdeckte Sacheinlage, 24 ff]) hat der Oberste Gerichtshof bislang nicht ausdrücklich Stellung genommen. Ausführungen dazu, ob aus der vom Obersten Gerichtshof gebrauchten Umschreibung des Begriffs zu schließen ist, dass auf das Tatbestandsmerkmal der Verwendungsabrede verzichtet wird (so Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 6 Rz 24; vgl aber Mädel/Nowotny, Einbringung und verdeckte [verschleierte] Sacheinlage im GmbH-Recht, in FS Wiesner 274), sind zur Entscheidung des Falls nicht notwendig.

5.1. Der Alleingesellschafter der GmbH hat sein Einzelunternehmen gegen Verzicht auf die Gewährung von Anteilen eingebracht.

5.2. § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG lautet:

„Abweichend von § 14 Abs 2 ('Die Einkünfte des Einbringenden sind hinsichtlich des einzubringenden Vermögens so zu ermitteln, als ob der Vermögensübergang mit Ablauf des Einbringungsstichtages erfolgt wäre')“ kann bei der Einbringung von Betrieben, Teilbetrieben oder Mitunternehmeranteilen das nach § 14 Abs 1 anzusetzende Vermögen, sofern die Voraussetzungen des § 12 gewahrt bleiben, in folgender Weise verändert werden:

1. Entnahmen und Einlagen, die in der Zeit zwischen dem Einbringungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags getätigt werden, können anstelle der Erfassung als Verrechnungsforderung oder -verbindlichkeit gegenüber der übernehmenden Körperschaft zurückbezogen werden. Diese Vorgänge gelten als mit Ablauf des Einbringungsstichtags getätigt, wenn sie in der Einbringungsbilanz durch den Ansatz einer Passivpost für Entnahmen oder einer Aktivpost für Einlagen berücksichtigt werden.“

Dem § 14 Abs 2 UmgrStG liegt die Vorstellung zugrunde, dass das Einbringungsvermögen grundsätzlich in jenem Umfang und in jener Zusammensetzung übergeht, die zum Einbringungsstichtag gegeben sind und dass daher im Rückwirkungszeitraum vorgenommene Entnahmen und Einlagen keine Veränderung des Einbringungsvermögens bewirken. Dies gilt insbesondere auch für Vermögensverschiebungen zwischen dem Privatvermögen und dem Betriebsvermögen von Einzelunternehmen. § 16 Abs 5 UmgrStG ermöglicht jedoch die auf den Einbringungsstichtag rückbezogene Veränderung des Einbringungsvermögens. Dies kann durch die Rückbeziehung von Einlagen und Entnahmen, die im Rückwirkungszeitraum getätigt wurden, bewirkt werden (Z 1). Weiters kann aus Anlass der Einbringung rückwirkend auf den Einbringungsstichtag eine Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem Einbringenden begründet werden (Z 2). Diese Maßnahmen dienen – neben den in Z 3, 4 und 5 des § 16 Abs 5 UmgrStG eröffneten, hier nicht relevanten Möglichkeiten – der rückwirkenden Gestaltung des Einbringungsvermögens. Einlagen und Entnahmen im Rückwirkungszeitraum (in der Zeit zwischen dem Einbringungsstichtag und dem Tag des Abschlusses des Einbringungsvertrags) wären, wenn die Beteiligten nicht nach § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG vorgehen, ohne Auswirkungen auf den Umfang des Einbringungsvermögens; eine Entnahme wäre als Darlehen der Körperschaft an den Einbringenden zu behandeln und führte zu einer Einbuchung einer Verrechnungsforderung der Körperschaft gegenüber dem Einbringenden. Bei einem Vorgehen der Beteiligten nach § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG vermindern hingegen die Entnahmen das Einbringungskapital. Eine zusätzliche Minderung des Einbringungskapitals ist gemäß § 16 Abs 5 Z 2 UmgrStG durch Ansatz einer Verbindlichkeit in der Einbringungsbilanz zulässig. Da dieser keine tatsächliche Entnahme zugrundeliegt, entspricht dies der Begründung einer – der Einbringung zu erfüllenden – Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem Einbringenden (Hügel in Hügel/Mühlehner/Hirschler, Kommentar zum Umgründungssteuergesetz § 16 Rz 117 ff; Huber in Wundsam/Zöchling/Huber/Khun, UmgrStG5§ 16 Rz 88 ff; Wiesner/Hirschler/Mayr, Handbuch der Umgründungen Band B III § 16 Rz 56 ff; Furherr in Kofler, Umgründungssteuergesetz6§ 16 Rz 120 ff; vgl 6 Ob 81/02h; 6 Ob 196/03x).

6. Die Vorinstanzen haben keinen Zweifel daran, dass der Alleingesellschafter vor der Einbringung die in der Einbringungsbilanz vorgesehene Entnahme in dieser Höhe getätigt hat, der Verkehrswert des eingebrachten Unternehmens auch noch zum Zeitpunkt der Anmeldung der Einbringung zur Eintragung in das Firmenbuch positiv ist und alle Bewertungen korrekt sind.

7. „Unbare“ Entnahmen im Sinn des § 16 Abs 5 Z 2 UmgrStG bewirkten eine nach der Einbringung zu erfüllende Verbindlichkeit der übernehmenden Körperschaft gegenüber dem einbringenden Gesellschafter. Werden diesem keine Anteile an der Gesellschaft gewährt, stellt diese Verbindlichkeit im Ergebnis ein Entgelt für die Sacheinbringung dar. Wurde die Kapitalgesellschaft kurz vorher als Bargründung errichtet, kann dies dazu führen, dass das bar aufgebrachte Gesellschaftskapital an den Einlegenden zurückfließt, wenn die Entnahme im eingebrachten Bargeld und anderen liquiden Mitteln keine Deckung findet (vgl Konwitschka, ecolex 2002, 688 [EAnm]; Mädel/Nowotny in FS Wiesner 281). Dies wäre als Umgehung der Sachgründungsvorschriften anzusehen (Ch. Nowotny, RdW 2003, 325 [EAnm]; vgl 6 Ob 196/03xecolex 2003, 685 [Konwitschka]; Pilgerstorfer, Betriebseinbringungen mit „unbaren Entnahmen“ – ein Problem der verdeckten Sacheinlage, wbl 2004, 356 ff; Thurnher, Die Vermeidung verschleierter Sacheinlagen bei der Einbringung von Betrieben mit Entnahmen nach § 16 Abs 5 UmgrStG,GesRZ 2005, 13 ff; J. P. Gruber, Unbare Entnahmen und verdeckte Sacheinlagen, GesRZ 2004, 315 ff; Reich-Rohrwig/Gröss, Einbringung eines durch unbare Entnahmen überschuldeten Unternehmens in eine GmbH, ecolex 2003, 680 ff; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 6 Rz 24).

8. Entnahmen im Sinn des § 16 Abs 5 Z 1 UmgrStG mindern zivilrechtlich hingegen (jedenfalls auf den ersten Blick) bloß das Einbringungsvermögen und nicht das Vermögen der übernehmenden Körperschaft (vgl RIS-Justiz RS0115149; RS0115150; 6 Ob 4/01h; 6 Ob 132/08t). Ob zwischen der Bargründung und der dazu zeitnahen Sacheinbringung ein bestehender Umgehungszusammenhang indiziert ist, bedarf deshalb eines weiteren Anhaltspunkts für ein Rückfließen der geleisteten Bareinlage an den einbringenden Gesellschafter (zwischen barer und unbarer Entnahmen nicht differenzierend Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 6 Rz 24). Dieser kann – insofern zutreffend das Rekursgericht – darin liegen, dass die Entnahme fremdfinanziert wurde und die Erfüllung dieser Verbindlichkeit nach der Einbringung die übernehmende Körperschaft mangels in ausreichender Höhe eingebrachter liquider Mittel belastet (vgl Thurnher, GesRZ 2005, 13 ff).

9. Die in der vorgelegten Einbringungsbilanz ausgewiesenen liquiden Mittel des Einzelunternehmens übersteigen die Barentnahme. Bankverbindlichkeiten sind nicht bilanziert (vgl § 224 Abs 3 C.2. UGB). Das Erstgericht hat in seinen Verbesserungsaufträgen nicht einmal angedeutet, dass und weshalb es annimmt, die Entnahme könnte ganz oder teilweise fremdfinanziert sein. Das Rekursgericht hat nicht begründet, weshalb es – etwa aufgrund seiner Erfahrung – ungeachtet des in der Einbringungsbilanz ausgewiesenen Kassenbestands und der Guthaben bei Kreditinstituten, welche den Entnahmebetrag um einiges übersteigen, und nichtbilanzierter Bankverbindlichkeiten des einbringenden Gesellschafters eine Fremdfinanzierung der Barentnahme annimmt. Der Umstand allein, dass eine Fremdfinanzierung nicht ausgeschlossen werden kann, rechtfertigt nicht die Abweisung eines schlüssigen Eintragungsbegehrens wegen Nichterfüllung von – zumal in dieser Richtung gar nicht präzisierter – Verbesserungsaufträgen.

10. Da nach dem Akteninhalt kein hinreichender Grund für die Annahme einer Umgehung der Sachgründungsvorschriften besteht, war in Stattgebung des Rechtsmittels die begehrte Eintragung zu bewilligen.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0060OB00165.16G.0707.000
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