OGH vom 25.04.1995, 4Ob28/95
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Gamerith als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek, Dr.Niederreiter, Dr.Redl und Dr.Griß als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1) Josef F*****; 2) Franz A*****; 3) Hermann B*****, alle vertreten durch Dr.Christian Slana und Dr.Günther Tews, Rechtsanwälte in Linz, wider die beklagte Partei Mag.Andreas P*****, vertreten durch Dr.Karl Erich Puchmayr, Rechtsanwalt in Linz, wegen Veröffentlichung eines vollstreckbaren Notariatsaktes (Streitwert: 60.000 S), infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Linz als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 192/94-12, womit infolge Berufung der klagenden Parteien das Urteil des Landesgerichtes Linz vom , GZ 2 Cg 291/93d-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagenden Parteien sind schuldig, der beklagte Partei die mit 5.601,70 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten 933,62 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die drei Kläger sowie der Beklagte betreiben jeweils das bewilligungspflichtige gebundene Gewerbe der Berufsdetektive.
Der Beklagte hat auf seinem Briefpapier, auf Visitenkarten und in Inseraten im "Roten Herold 1993" Nachbildungen des Bundeswappens geführt, obwohl ihm eine derartige Auszeichnung gemäß § 68 Abs 1 GewO 1973 (nunmehr: GewO 1994) nicht verliehen worden war.
Mit der Behauptung, daß sich der Beklagte durch das unbefugte Führen des Bundeswappens in sittenwidriger Weise (§ 1 UWG) über das Verbot des § 68 Abs 5 GewO 1973 (nunmehr: GewO 1994) hinweggesetzt und überdies das Publikum über den Besitz einer ihm nicht verliehenen Auszeichnung irregeführt habe, begehrten die Kläger den Beklagten schuldig zu erkennen, im geschäftlichen Verkehr die Verwendung von Abbildungen des Wappens der Republik Österreich (Bundeswappen) auf Visitenkarten, Briefpapier und in Inseraten zu unterlassen; sie verbanden damit den Antrag auf Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung je in einer Samstagausgabe der "O*****" und der "N***** Zeitung" (im überregionalen Teil).
Der Beklagte erhob gegen das am gemäß § 398 ZPO gefällte - stattgebende - Versäumungsurteil rechtzeitig Widerspruch. In der daraufhin abgehaltenen mündlichen Streitverhandlung vom schränkten die Kläger ihr Unterlassungsbegehren auf Kosten ein, weil sich der Beklagte (neben fünf anderen Berufsdetektiven) mit vollstreckbarem Notariatsakt vom (Beilage A), gegenüber den Klägern im Wege einer einseitigen Erklärung zu der von ihnen geforderten Unterlassung der Verwendung von Abbildungen des Bundeswappens, verpflichtet hatte. Diese Verpflichtungserklärung war allerdings "auflösend dadurch bedingt, als die abgegebene Verpflichtung....damit verlorengeht, als "dem Beklagten" das Recht zum Führen des Staatswappens verliehen werden sollte". Zugleich änderten die Kläger ihr Urteilsveröffentlichungsbegehren im Sinne einer Ermächtigung zur Veröffentlichung des vollstreckbaren Notariatsaktes unter Voranstellung folgender Erklärung ab:
"Die beklagte Partei hat neben anderen fünf nicht verfahrensgegenständlichen erklärenden Parteien nach der Klage vom am folgende Verpflichtungserklärung in Form eines vollstreckbaren Notariatsaktes abgegeben:" "(Es folgt der Text der notariellen Verpflichtungserklärung)......"
Die Kläger hätten zwar mit dem vollstreckbaren Notariatsakt das erhalten, was sie mit einem vollstreckbaren Unterlassungsurteil erreichen konnten, im Hinblick auf die zumindest einjährige Dauer der Wettbewerbsverstöße des Beklagten bestehe aber nach wie vor ein Veröffentlichungsinteresse.
Der Beklagte hielt dem geänderten Veröffentlichungsbegehren entgegen, daß hiefür keine gesetzliche Grundlage bestehe.
Das Erstgericht hob das Versäumungsurteil vom auf und wies das geänderte Veröffentlichungsbegehren der Kläger ab. Mit der Einschränkung des Unterlassungsbegehrens auf Kosten hätten die Kläger einem Veröffentlichungsbegehren die Grundlage entzogen, sei doch der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung nur ein unselbständiger Nebenanspruch. Auch eine gerichtliche Ermächtigung zur Veröffentlichung eines vor Gericht abgeschlossenen Unterlassungsvergleichs finde im Gesetz keine Deckung. Die Kläger hätten vielmehr darauf bestehen müssen, daß in den vollstreckbaren Notariatsakt vom auch eine entsprechende Ermächtigung zu dessen Veröffentlichung aufgenommen wird.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichtes; es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Voraussetzung für eine Ermächtigung des Klägers zur Urteilsveröffentlichung sei ein dem Unterlassungsanspruch stattgebendes Urteil. Das gelte auch für § 25 Abs 5 UWG nF. Insofern habe die Neufassung der Abs 2 bis 7 des § 25 durch die UWGNov 1980 keine Änderung gebracht. Mit § 25 Abs 2 UWG sollte nur die Möglichkeit geschaffen werden, den zu veröffentlichenden Urteilsspruch auf Antrag des Berechtigten in einer auch für den unbeteiligten Laien erfaßbaren Weise zu verkürzen oder zu verdeutlichen. Es könne aber immer nur zu einer Umformulierung des Urteilsspruches kommen, weshalb § 25 Abs 3 und 5 UWG auch nicht analog auf die Veröffentlichung eines vollstreckbaren Notariatsaktes Anwendung fänden.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist zulässig, aber nicht berechtigt.
Der Anspruch auf Urteilsveröffentlichung ist zwar ein materiellrechtlicher Anspruch, der nicht erst mit dem Zuspruch durch das Gericht entsteht (Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht Rz 576), aber doch ein vom Anspruch auf Unterlassung abhängiger Nebenanspruch (Schönherr aaO Rz 577.2; Koppensteiner, Wettbewerbsrecht2 II 177; Ciresa, Handbuch der Urteilsveröffentlichung Rz 53 f; SZ 52/94 = ÖBl 1980, 7 - Das beste Kräutershampoo Österreichs; ÖBl 1980, 47 - K-WM-Farbförderung; ÖBl 1992, 172 = MR 1992, 212 - Der Buchhändler; ÖBl 1993, 212 = ecolex 1993, 70 - Ringe; ecolex 1993, 537 - EV-Veröffentlichung), so daß es bei Fehlen einer Entscheidung über einen Unterlassungsanspruch bereits an einem Substrat für eine Veröffentlichung fehlt (Ciresa aaO; 4 Ob 321/78). Die Veröffentlichung einer Entscheidung gemäß § 25 Abs 3 UWG kann demnach nur dann angeordnet werden, wenn es sich dabei um ein Urteil handelt (Ciresa aaO Rz 103 f; ecolex 1993, 537 - EV-Veröffentlichung). Ebenso wie eine einstweilige Verfügung (ecolex 1993, 547 - EV-Veröffentlichung) oder ein vollstreckbarer Unterlassungsvergleich (Ciresa aaO Rz 108; SZ 52/94 = ÖBl 1980, 7 -
Das beste Kräutershampoo Österreichs; ÖBl 1980, 47 - K-WM-Farbförderung) aufgrund einer vom Gericht erteilten Publikationsbefugnis nicht veröffentlicht werden können, kann auch eine in einem vollstreckbaren Notariatsakt festgestellte Verpflichtung zu einer Unterlassung keine ausreichende Grundlage für einen gerichtlichen Zuspruch der Publikationsbefugnis sein, ist doch ein solcher Notariatsakt gemäß § 3 NO unter den in lit a bis d genannten Voraussetzungen nur "wie ein vor Gericht abgeschlossener Vergleich exekutionsfähig" (vgl § 1 Z 17 EO); er steht demnach nur hinsichtlich der Vollstreckbarkeit einem Unterlassungsurteil gleich.
Daran ändert es auch nichts, daß durch die UWGNov 1980 mit der Vorschrift des § 25 Abs 5 UWG für den Obsiegenden die alternative Möglichkeit eines sog. "corrective advertising" - allerdings österreichischer Prägung - geschaffen worden ist, anstatt des Urteils im Sinne des Abs 3 die gerichtliche Bestimmung eines vom Urteilsspruch nach Umfang oder Wortlaut abweichenden oder ihn ergänzenden Inhaltes der Veröffentlichung zu beantragen (Ciresa aaO Rz 155).
Entgegen der Meinung der Klägerin haben daher die Vorinstanzen zutreffend erkannt, daß die Voraussetzung für die gerichtliche
Zuerkennung einer Publikationsbefugnis schon mit der Einschränkung
des Unterlassungsbegehrens auf Kosten weggefallen ist (SZ 14/201 =
RSp 370 = JBl 1933, 37 [Zimbler]). Auf die Gründe, die die Kläger zu
dieser Einschränkung bewogen haben, kommt es demnach nicht mehr an, sodaß die Fragen, ob der Notariatsakt vom überhaupt ein vollstreckbarer Exekutionstitel ist, obwohl ihm (ua) entgegen § 3 lit b NO der Rechtstitel der Unterlassung nicht zu entnehmen ist, und ob den Klägern - wenn der Notariatsakt als Exekutionstitel zur Durchsetzung des Unterlassungsanspruches geeignet wäre - bei Aufrechterhaltung des Unterlassungsbegehrens mit Erfolg die Einrede des mangelnden Rechtsschutzbedürfnisses hätte entgegengestellt werden können (vgl Ciresa aaO Rz 55; SZ 21/124; SZ 48/116; ÖBl 1979, 81 - K, der Witwentröster mwN; ÖBl 1981, 25 = JBl 1981, 41 [Böhm]; ÖBl 1983, 16 - Die meistgelesene Zeitung; RdW 1986, 44; MR 1990, 237 - Bezahlte Promotion; SZ 63/109 = ÖBl 1991, 113 - Goldfassl ua - auch unveröffentlichte Entscheidungen aus jüngerer Zeit, zuletzt etwa 4 Ob 126/93) nicht mehr näher geprüft werden müssen. Ungeachtet dessen, zeigt aber der vorliegende Fall doch auf, daß der Oberste Gerichtshof entgegen der Kritik von Graff/Kucsko (ecolex 1993, 762) und der Gegenkritik von Ciresa (aaO Rz 55) mit Recht davon ausgegangen ist, daß es Ausnahmefälle geben kann, in denen der Nebenanspruch auf Urteilsveröffentlichung Einfluß auf das wegen Bestehens eines Exekutionstitels sonst grundsätzlich fehlende Rechtsschutzinteresses an einer neuerlichen Unterlassungsklage (oder am Aufrechterhalten des bereits streitverfangenen Unterlassungsbegehrens) haben kann, weshalb hier die Einrede des mangelnden Rechtsschutzinteresses wegen Vorhandenseins eines Exekutionstitels infolge des Interesses an einer Urteilsveröffentlichung entkräftet gewesen wäre (ÖBl 1990, 176 - Test-Bestellschein; SZ 63/109 = ÖBl 1991, 113 - Goldfassl; 4 Ob 1008/91; 4 Ob 126/93).
Diese Erwägungen führen bereits zur Bestätigung des angefochtenen Urteils.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf §§ 41, 50 Abs 1 ZPO.