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OGH vom 21.02.2013, 2Ob176/12i

OGH vom 21.02.2013, 2Ob176/12i

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach der am ***** verstorbenen A***** H*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den Revisionsrekurs der erblichen Mutter E***** M*****, vertreten durch Ebert Huber Swoboda Oswald Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 45 R 594/11b 45, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom , GZ 8 A 278/10z 38, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Ausspruch des Rekursgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG ab:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Vorinstanzen haben gemäß § 166 Abs 2 AußStrG ausgesprochen, dass das zum Todeszeitpunkt auf einem auf die Erblasserin und deren Mutter „lautenden“ Bankkonto erliegende Vermögen zur Hälfte in das Inventar aufzunehmen sei.

2. Die von der Rechtsmittelwerberin geortete Uneinheitlichkeit der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Zuordnung von Vermögenswerten auf gemeinsamen Konten liegt nicht vor:

Nach der ständigen Rechtsprechung ist für das Nachlassinventar grundsätzlich auf den Besitz des Erblassers am Todestag und nicht auf sein Eigentum abzustellen (RIS Justiz RS0007818; RS0007860; RS0007816). Nur wenn bereits der Besitz strittig ist, ist eine Sache nicht in das Inventar aufzunehmen (6 Ob 213/09f = RIS Justiz RS0121985 [T5]). Hingegen sind Sachen, an denen zumindest Mitbesitz des Erblassers vorlag, grundsätzlich in das Inventar aufzunehmen (5 Ob 140/10i; RIS Justiz RS0007803).

Die Entscheidung 1 Ob 75/09z erging nicht in Zusammenhang mit der Frage der Inventarisierung im Verlassenschaftsverfahren sondern in einem auf Klärung der Eigentumsverhältnisse an einem Kontoguthaben gerichteten streitigen Prozess. Dort wurde zur Beurteilung des Rechts am Kontoguthaben auf die Tatsache abgestellt, dass es ausschließlich aus der Abfertigung des verstorbenen Ehemanns gespeist worden war. Das davor im Verlassenschaftsverfahren aufgenommene Inventar stelle keine abschließende Entscheidung über die Eigentumslage dar.

In der Entscheidung 5 Ob 140/10i räumte dagegen die Rechtsmittelwerberin den Mitbesitz des Erblassers ausdrücklich ein, sodass nichts gegen die Inventarisierung sprach.

In 6 Ob 79/12d ging es wieder nicht um die Frage der Inventarisierung, sondern um einen Ausspruch im Einantwortungsbeschluss über die Verfügungberechtigung betreffend Bankkonten. Dazu führte der Oberste Gerichtshof aus, dass für einen solchen Ausspruch keine Grundlage bestehe, wenn zwischen den Erben strittig sei, ob die Erblasserin überhaupt Hälfteeigentümerin der betreffenden Konten gewesen sei. Die Aufnahme in das Inventar entscheide nur bindend, dass die Bankkonten auch im Besitz der Erblasserin gewesen seien. Ob sie auch Eigentümerin der Hälfte der Guthaben sei, sei dagegen im Verlassenschaftsverfahren nicht geklärt worden. Mit der Entscheidung, dass ein Bankguthaben in die Verlassenschaft falle, sei daher auch nicht über die Berechtigung an dem Guthaben abgesprochen.

3. Wenn im vorliegenden Fall die Vorinstanzen bei einem Bankkonto, das sowohl auf die Erblasserin als auch deren Mutter „lautete“, aufgrund der Tatsache, dass die Mutter eigene Einzahlungen auf dieses Konto im Umfang von etwa der Hälfte des vorhandenen Guthabens nachweisen konnte, zu dem Ergebnis kamen, dass lediglich die Hälfte des Guthabens in das Inventar aufzunehmen sei, ist dies im Einzelfall vertretbar.

4. Soweit die Revisionswerberin darauf verweist, dass es die Sinnhaftigkeit der Inventarisierung ad absurdum führen würde, wenn mit der Tatsache, dass ein Bankguthaben in die Verlassenschaft falle, nicht auch über die Berechtigung am Guthaben abgesprochen werde, ist auf die ständige gegenteilige Judikatur (RIS Justiz RS0121985; RS0007790; RS0006465), insbesondere die bereits genannten Entscheidungen sowie auf die Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu § 166 AußStrG, abgedruckt zB bei Fucik/Kloiber , AußStrG 489, zu verweisen.

5. Zur weiter relevierten Frage, ob gemäß § 166 Abs 2 AußStrG vorgelegte Urkunden auch als die Eigentumsverhältnisse bescheinigende unbedenkliche Urkunden anzusehen seien, ist neuerlich darauf zu verweisen, dass mit der Inventarisierung nicht über die Berechtigung am Guthaben abgesprochen wird.

6. Was letztlich die Frage betrifft, ob das Verlassenschaftsgericht oder der Gerichtskommissär von Amts wegen zur Klärung Belege beizuschaffen hätten, ist Folgendes auszuführen:

Grundsätzlich haben nach der auch zum neuen Außerstreitgesetz aufrechterhaltenen Judikatur das Verlassenschaftsgericht bzw der Gerichtskommissär die für die Verlassenschaftsabhandlung erforderlichen Umstände, darunter auch das hinterlassene Vermögen samt Rechten und Pflichten, zu erheben. Außerdem ist die Beschaffung der maßgeblichen Grundlagen zur Vorbereitung der Entscheidung des Verlassenschaftsgerichts iSd § 166 Abs 2 AußStrG notwendig (vgl 6 Ob 287/08m; RIS Justiz RS0107373).

Der eben genannten Entscheidung des Obersten Gerichtshofs lag ein Antrag der pflichtteilsberechtigten Tochter auf „rückwirkende Öffnung“ eines Wertpapierdepots des Erblassers, von dem die Erben behaupteten, dass Einzahlungen auf dieses nur zu einem Drittel vom Erblasser getätigt worden seien, sodass es nur zu einem Drittel in den Nachlass falle, zugrunde. Es handelte sich um einen Fall, in dem die antragstellende pflichtteilsberechtigte Tochter keine Zugriffs und Informationsmöglichkeit hatte, weshalb der Oberste Gerichtshof die „Öffnung“ durch den Gerichtskommissär für notwendig erachtete.

Im vorliegenden Fall dagegen ist die Rechtsmittelwerberin Kontomitinhaberin. Es stehen ihr daher ohnehin alle Informationen über Einzahlungen und Auszahlungen auf diesem Konto zur Verfügung. Davon hat sie auch Gebrauch gemacht, indem sie eigene Einzahlungen nachgewiesen hat. Diese haben die Vorinstanzen ohnehin von der Inventarisierung ausgenommen.

Inwiefern hier weitere Nachforschungen des Abhandlungsgerichts oder des Gerichtskommissärs iSd § 145 Abs 1 und Abs 2 Z 2 AußStrG notwendig gewesen wären, ist nicht ersichtlich.