OGH vom 14.03.2012, 3Ob13/12a
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon. Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** AG, *****, vertreten durch die Eisenberger Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei V***** e.Gen., *****, vertreten durch Dr. Helmut Klement und Dr. Annemarie Stipanitz Schreiner, Rechtsanwälte in Graz, wegen 727.582,07 EUR sA, in eventu Feststellung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 1 R 214/11i 15, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 25 Cg 6/11i 11, bestätigt wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagten gelingt es aus folgenden, kurz darzulegenden Gründen (§ 510 Abs 3 ZPO) nicht, eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzuzeigen:
1. Ein allfälliger Mangel des Verfahrens erster Instanz, der in der Berufung geltend gemacht, vom Berufungsgericht aber aktenkonform verneint wurde, kann nach ständiger Rechtsprechung nicht mehr in der Revision gerügt werden (RIS Justiz RS0042963; RS0043086). Die mit Beharrlichkeit aufrecht erhaltene Rechtsbehauptung der Beklagten, die Klägerin habe die zweckwidrige Verwendung der Kreditmittel zu verantworten, übergeht den das Gegenteil festlegenden Punkt 8. Absatz 4 des Konsortialvertrags, wonach die Klägerin nicht verpflichtet ist, die widmungsgemäße Verwendung des Kreditbetrags zu prüfen. Feststellungsmängel dazu können daher nicht vorliegen.
2. Ob ein Vertrag im Einzelfall richtig ausgelegt wurde, stellt nur dann eine erhebliche Rechtsfrage dar, wenn infolge einer wesentlichen Verkennung der Rechtslage ein unvertretbares Auslegungsergebnis erzielt wurde. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt in einem solchen Fall unabhängig davon nicht vor, ob (auch) die vom Rechtsmittelwerber angestrebte Vertragsauslegung vertretbar ist (RIS Justiz RS0042936 uva).
2.1. Die Interpretation des Konsortialvertrags in Verbindung mit den Ersuchschreiben der Klägerin vom und vom dahin, damit habe die Klägerin um die Zustimmung der Beklagten zur Verlängerung der Laufzeit des dem Dritten eingeräumten Kredits (vorerst bis und später bis ) ersucht, kann keinesfalls als unvertretbar erkannt werden. Schließlich sieht der Konsortialvertrag als Laufzeit kein durch ein Datum bestimmtes Ende vor, sondern soll die Haftung solange aufrecht bleiben, solange der Kredit nicht vollständig zurückgezahlt ist (Punkt 4.). Für eine Aufforderung der Klägerin an die Beklagte, bei unstrittig offenem Kreditsaldo der zeitlichen Ausdehnung der Haftung bis zu einem bestimmten Tag zuzustimmen, bestand daher gar kein Anlass. Als redliche Erklärungsempfängerin hatte die Beklagte daher von einem Ersuchen um Zustimmung zur Verlängerung der Laufzeit des Kredits wie in Punkt 8. Absatz 1 des Konsortialvertrags vorgesehen auszugehen, sodass sich die von ihr jeweils erklärte Zustimmung darauf bezieht. Die Verneinung des Erlöschens der Haftung der Beklagten wegen Zeitablaufs durch die Vorinstanzen erweist sich daher als nicht korrekturbedürftig.
2.2. Bei der Qualifizierung des Konsortialvertrags als Begründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird übersehen, dass sich die Beklagte damit mit der Klägerin nicht zusammengeschlossen hat, um gemeinsam einem Dritten Kredit zu gewähren, wobei nur die Klägerin dem Dritten gegenüber als Kreditgeberin auftreten soll (vgl Einsele , Bank und Kapitalmarktrecht² Rz 59 f); vielmehr beteiligte sich die Beklagte am zwischen der Klägerin und einem Dritten begründeten Kreditverhältnis laut der Präambel Absatz 2 nur „durch Übernahme des anteiligen Kreditrisikos ohne Geldfluss in Form einer Haftung“.
Der echte Garantievertrag ist im Gesetz nicht geregelt. Er kann nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit mit verschiedenem Inhalt geschlossen werden. In der Regel übernimmt der Garantiegeber mit einem solchen selbständigen, oftmals einseitig verbindlichen (nicht: „einseitigen“) Vertrag einem anderen gegenüber ganz oder teilweise die Haftung für den Erfolg eines Unternehmens oder für den durch ein Unternehmen entstehenden Schaden (RIS Justiz RS0016963 [T1]). Das Zahlungsversprechen, „auf erste Auf oder Anforderung“ zu leisten, bedeutet in aller Regel eine eindeutige Auslegung in dem Sinn, dass dem Begünstigten eine abstrakte Rechtsposition eingeräumt werden soll, also eine Garantie vorliegt (RIS Justiz RS0017012; RS0016992; RS0032166 [T5]). Die Auslegung des Konsortialvertrags durch die Vorinstanzen, damit sei eine abstrakte Zahlungsverpflichtung der Beklagten begründet worden, hält sich daher im Rahmen der Judikatur; für den Haftungsfall sieht Punkt 7. Absatz 3 nämlich vor, dass die Beklagte den von der Klägerin verlangten Betrag „auf erste Anforderung innerhalb von drei darauf folgenden Banktagen“ zu leisten hat. Dem vermag die Revision nichts Stichhaltiges entgegen zu setzen.
3. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stehen dem Garanten (nur) Einwendungen aus dem Einlösungsverhältnis zu, er kann also Gegenforderungen, die ihm selbst gegenüber dem Begünstigten zustehen, einredeweise geltend machen (RIS Justiz RS0017236). In diesem Sinne kommen insbesondere auch Schadenersatzansprüche des Garanten gegen den Begünstigten wegen der Verletzung von ihm gegenüber bestehenden Sorgfaltspflichten in Betracht, wozu bei einer Kreditgarantie besonders der Fall der Aufgabe anderweitiger Sicherheiten im Sinne des analog anwendbaren § 1360 letzter Satz ABGB oder der Fall der Hinauszögerung der Inanspruchnahme des Dritten durch ungerechtfertigte Kreditverlängerung oder Saumseligkeit bei der Eintreibung selbst im Sinne des ebenfalls analog anwendbaren § 1364 letzter Satz ABGB gehören (3 Ob 572/86 = RIS Justiz RS0016993; RS0016978). Ob die von der Beklagten behaupteten Pflichtverletzungen der Klägerin im Zusammenhang mit der „Umsetzung“ von Sicherheiten zu bejahen sind, braucht nicht geprüft zu werden, weil die Beklagte keine daraus abgeleiteten Gegenforderungen eingewendet hat (obwohl der Konsortionalvertrag ein Aufrechnungsverbot oder einen Verzicht darauf nicht vorsieht). Vielmehr stellt sie in ihrer Revision (siehe S 4 vorletzter Absatz) ausdrücklich klar, dass sie keinen Schaden eingewendet habe. Auch zu dieser Rechtsfrage sind daher Feststellungsmängel zu verneinen.
Für die Annahme einer Vereinbarung von konkreten Pflichten der Klägerin bei der Wahrnehmung der gemeinsamen Interessen der Parteien im Sinn einer aufschiebenden Bedingung für das Entstehen der Zahlungspflicht der Beklagten bietet der Inhalt des Konsortialvertrags keine Grundlage.