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OGH vom 17.03.2010, 7Ob244/09x

OGH vom 17.03.2010, 7Ob244/09x

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Senatspräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei „O*****“***** Co KEG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei D***** Versicherungs-AG, *****, vertreten durch Partnerschaft Schuppich Sporn Winischhofer Rechtsanwälte in Wien, wegen 114.060,63 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 58/09b-289, womit das Teil- und Zwischenurteil des Handelsgerichts Wien vom , GZ 17 Cg 90/07b-284, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil durch die von der Judikatur des Obersten Gerichtshofs zu §§ 23 ff VersVG entwickelten Leitlinien noch nicht geklärt sei, ob es einem Verstoß gegen Sicherheitsvorschriften gleichzuhalten sei, deren Verletzung regelmäßig eine Gefahrenerhöhung bewirke, wenn die in Bedienungsanleitungen für elektrische Geräte empfohlenen Maßnahmen zur Reinigung nicht befolgt werden.

Entgegen dem - den Obersten Gerichtshof nicht bindenden - Ausspruch des Berufungsgerichts liegt keine erhebliche Rechtsfrage nach § 502 Abs 1 ZPO zur Entscheidung vor. Die Zurückweisung einer unzulässigen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

Am brach im Lokal der Klägerin ein Brand aus. Wie die Beklagte in ihrer Revision zutreffend darlegt, lag der Streitpunkt primär darin, wie der Brand entstanden ist. Das ist eine Tatfrage. Der Großteil der Ausführungen der Revision stellt eine unzulässige (RIS-Justiz RS0043371) Beweisrüge dar. Auf dieses Vorbringen ist nicht weiter einzugehen.

Die Beantwortung jener Fragen, die vom Rechtsmittelgericht, das die Aufhebung einer Entscheidung verfügt hat, auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend entschieden wurden, kann aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Abschließend erledigter Streitpunkte können im fortgesetzten Verfahren somit nicht mehr aufgerollt werden (RIS-Justiz RS0042031).

Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, dass die Frage, ob der Brand von der Eiswürfelmaschine oder von unachtsam entsorgten Zigarettenresten ausgegangen ist, abschließend entschieden wurde, hält sich im Rahmen der dargelegten Judikatur. Genau diese Frist war Gegenstand des Berufungsverfahrens im ersten Rechtsgang. Das Berufungsgericht setzte sich ausführlich mit der Beweisrüge der Beklagten dazu auseinander, konnte ihr aber nicht folgen. Die Aufhebung der erstinstanzlichen Entscheidung erfolgte lediglich zur Abklärung, ob oder inwieweit Lüftungsschlitze der Eiswürfelmaschine im Sockelbereich abgedeckt waren, damit eine ausreichende Luftzirkulation rund um das Gerät behindert und der Brand verursacht wurde. An die Feststellungen zum Brandausgangspunkt (Eiswürfelmaschine) ist der Oberste Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, gebunden.

Unter Gefahrenerhöhung nach § 23 VersVG ist ein Gefährdungsvorgang anzusehen, der seiner Natur nach geeignet ist, einen neuen Gefahrenzustand von so langer Dauer zu schaffen, dass er die Grundlage eines neuen natürlichen Schadensverlaufs bilden kann und damit den Eintritt des Versicherungsfalls generell zu fördern geeignet ist (RIS-Justiz RS0080491). Die Gefahrenerhöhung ist also eine nachträgliche Änderung der bei Vertragsabschluss tatsächlich vorhandenen gefahrenerheblichen Umstände, die den Eintritt des Versicherungsfalls oder eine Vergrößerung des Schadens wahrscheinlicher macht und den Versicherer deshalb vernünftigerweise veranlassen kann, die Versicherung aufzuheben oder nur gegen erhöhte Prämie fortzusetzen (RIS-Justiz RS0080357). Nur eine vom Versicherungsnehmer willkürlich herbeigeführte Gefahrenerhöhung hat Leistungsfreiheit nach § 25 Abs 1 VersVG zur Folge (RIS-Justiz RS0080030). Dem Wissen des Versicherungsnehmers um die Gefahrenerhöhung steht dessen verschuldetes Nichtwissen gleich, wenn dieses so schwer ins Gewicht fällt, dass es wegen der Sinnfälligkeit der Gefahr einer positiven Kenntnis gleichkommt (7 Ob 5/90; 7 Ob 285/99h; 7 Ob 314/00b). Für das Verschulden ist grundsätzlich der Versicherer beweispflichtig (RIS-Justiz RS0080487).

Feststeht, dass die erhöhten Wärmewerte aufgrund elektrotechnischer Defekte in Verbindung mit der Verschmutzung des Geräts zur Entzündung führten. Feststeht weiters, dass das Handbuch (Bedienungsanleitung) zur Eiswürfelmaschine zwar unter „Wartung“ auf die Wichtigkeit der regelmäßigen Reinigung des Geräts (des Kondensators) hinweist, dies aber nur im Zusammenhang damit, dass eine unzureichende Reinigung zu einer geringeren Eisproduktion führt. Es wird aber nicht darauf hingewiesen, dass eine Verschmutzung bei Defekten des Geräts eine Mitursache für einen möglichen Brand sein könnte.

Die Frage, ob die Nichtbeachtung eines in einer Bedienungsanleitung zu einem technischen Gerät enthaltenen Wartungshinweises zu einer Gefahrenerhöhung führt, kann nicht generell beantwortet werden. Dies hängt von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab, nämlich welche Aufklärung das Handbuch für die empfohlenen Maßnahmen gibt und wie weit ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer diese dahin auffassen muss, dass bei Nichtbefolgung das Risiko eines Schadens oder dessen Vergrößerung besteht. Die Beurteilung des Berufungsgerichts, dass im vorliegenden Fall die unterlassene Reinigung des Kondensators keine grob fahrlässig herbeigeführte Gefahrenerhöhung darstellt, hält sich im Rahmen der Judikatur, wird doch das Erfordernis der Reinigung nur mit einer geringeren Eisproduktion in Zusammenhang gebracht. Es ist dem Benutzerhandbuch nicht zu entnehmen, dass der Versicherungsnehmer, wenn er die geringere Eisproduktion in Kauf nehmen will, damit auch die Gefahr eines Brandes bei einem Defekt des Gerätes vergrößert. Dieses Wissen kann vom durchschnittlichen Versicherungsnehmer nicht erwartet werden. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts steht daher mit der Rechtsprechung im Einklang und ist im Einzelfall nicht zu beanstanden. Es wird keine erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf §§ 393 iVm 52 ZPO.