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OGH vom 13.02.1997, 2Ob17/97g

OGH vom 13.02.1997, 2Ob17/97g

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Schinko, Dr.Tittel und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K*****gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Wolfgang Weinwurm ua Rechtsanwälte in Neunkirchen, wider die beklagten Parteien 1. Helmut H***** und 2. Johanna H*****, beide *****, vertreten durch Dr.Heinrich Wallner, Rechtsanwalt in Liezen, wegen Zustimmung zur Einverleibung des Eigentums, infolge der Rekurse aller Parteien gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom , GZ 5 R 130/96v-18, womit infolge Berufung der beklagten Parteien das Urteil des Landesgerichtes Leoben vom , GZ 5 Cg 130/95x-10, aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Der Rekurs der beklagten Parteien wird, soweit er sich gegen den Punkt 1 des angefochtenen Beschlusses richtet, zurückgewiesen.

Im übrigen wird beiden Rekursen zum Teil Folge gegeben. Der Punkt 2 des Beschlusses des Berufungsgerichtes wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird eine neue, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen.

Die Rekurskosten sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die klagende Partei brachte vor, die Beklagten hätten ihr mit Optionsvertrag vom die ihnen je zur Hälfte gehörige Liegenschaft EZ 127 GB ***** D*****, bestehend aus dem Grundstück 320 mit einer Fläche von 11.349 m**2 zu einem Kaufpreis von S 1,134.900 zum Kauf angeboten. Dieses Anbot sei fristgerecht angenommen worden, weshalb die Beklagten verpflichtet seien, in die Einverleibung ihres Eigentumsrechtes einzuwilligen.

Die Beklagten wendeten ein, es sei die mit befristete Option, die überdies nur ein Vorkaufsrecht zum Gegenstand gehabt habe, lediglich Hubert K***** persönlich und nicht der klagenden Gesellschaft eingeräumt worden. Ein Kaufvertrag sei auch deshalb nicht zustandegekommen, weil die Annahme außerhalb der vereinbarten Frist erfolgt sei. Weiters wendeten die Beklagten Sittenwidrigkeit, Irreführung, "wucherische Ausbeutung" und Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes ein; schließlich machten sie den Wegfall der Geschäftsgrundlage mit der Begründung geltend, daß nunmehr feststehe, daß ein Natur- und Freizeitsee nicht errichtet werden könne.

Die klagende Partei erwiderte hiezu, daß die Einwände der Irreführung und der Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes verjährt seien. Mit dem Vorbringen zur Irreführung werde überdies bloß ein Motiv- und kein Geschäftsirrtum dargestellt.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen folgende Feststellungen traf:

Die klagende Partei beschäftigt sich vorwiegend mit dem Abbau von Schotter; dies war den Beklagten bekannt. Im Jahre 1989 beabsichtigte die klagende Partei, im Ennstal im Raume der Liegenschaft der Beklagten eine Schottergrube zu errichten. Zwecks Verkaufes der dazu benötigten Grundstücke trat sie mit mehreren Miteigentümern in Verhandlungen.

Die klagende Partei geht bei der Einrichtung eines Schotterabbaues so vor, daß sie zunächst mit den betreffenden Grundeigentümern Optionsverträge abschließt. Sodann wird um die behördliche Bewilligung angesucht. Ist diese erteilt, werden entsprechend den Optionsverträgen Kaufverträge abgeschlossen.

Auch im gegenständlichen Fall wurde so vorgegangen und wurden mit allen Eigentümern der benötigten Liegenschaften im Ennstal Optionsverträge abgeschlossen. Es war allen Liegenschaftseigentümern, sohin auch den Beklagten, klar, daß die klagende Partei in der Folge Schotter abbauen wird. Die Beklagten hatten die streitgegenständliche Liegenschaft selbst erst am erworben. Ein Verkauf im Jahre 1989 oder 1990 wäre daher innerhalb der steuerrechtlichen Spekulationsfrist gelegen. Da die Liegenschaft der Beklagten von der klagenden Partei ohnehin nicht sofort benötigt wurde, erklärte sich die klagende Partei bereit, die von den Beklagten genannte Annahmefrist bis zu vereinbaren.

Am schlossen sodann die klagende Partei und die beklagten Parteien eine mit "Option" überschriebene Vereinbarung, in der die Beklagten der klagenden Partei das Grundstück 320 KG D***** im Ausmaß von 11.349 m**2 unter bestimmten Bedingungen zum Kauf anbieten. In dem schriftlichen Vertrag ist unter I der Bedingungen festgehalten, daß die klagende Partei beabsichtigt, auf dem Kaufobjekt einen Natur- und Freizeitsee anzulegen. Gemäß Punkt II beträgt der Kaufpreis S 100 pro m**2. Gemäß Punkt III ist der Kaufpreis von S 1,134.900 innerhalb von 14 Tagen nach "Rechtskraft" des Kaufvertrages an die Verkäufer zu bezahlen. In Punkt VIII des Vertrages verpflichten sich die Beklagten, nach Annahme des Anbotes durch die klagende Partei sofort den Kaufvertrag hinsichtlich des Kaufobjektes zu unterfertigen. In Punkt IX erklären sie, mit diesem Anbot der klagenden Partei bis im Wort zu bleiben.

Die Gemeinde, in deren Gebiet der streitgegenständliche Schotterabbau der Klägerin liegt, wollte aus touristischen Gründen eine Nachnutzung der Schottergrube als Bade- bzw Freizeitsee. Die Art der Folgenutzung wird aber von der zuständigen Naturschutzbehörde festgelegt. Zum Zeitpunkte des Abschlusses des Optionsvertrages mit den Beklagten war klar, daß nach dem Schotterabbau entweder ein Natur- oder ein Freizeitsee angelegt werden wird.

Nachdem die Klägerin die behördlichen Bewilligungen zum Schotterabbau erhalten hatte, schloß sie mit den anderen Grundeigentümern die auf den einzelnen Optionsverträgen basierenden Kaufverträge ab. Sie zahlte dabei Preise zwischen S 40 und S 125 pro m**2.

Im Mai 1995 teilte der Prokurist der klagenden Partei den Beklagten mit, daß die klagende Partei beabsichtige, ihr Kaufrecht entsprechend dem Optionsvertrag auszuüben. Die Beklagten fragten bei diesem Gespräch, ob noch über den vereinbarten Grundstückspreis geredet werden könne; außerdem sei der Ablauf der Optionsfrist mit noch zu früh, weil die Spekulationsfrist erst im Dezember 1995 ende. Da die Beklagten seinerzeit keine Durchschrift des Optionsvertrages erhalten hatten, ersuchten sie den Prokuristen der klagenden Partei um Übermittlung einer solchen. Anläßlich eines weiteren Gespräches im Juni 1995 übergab der Prokurist der klagenden Partei den Beklagten eine Durchschrift des Optionsvertrages. Die klagende Partei war bereit, für den Fall einer Verlängerung der Optionsfrist um etwa zwei Jahre einen höheren Preis zu bezahlen. Mit dem von der klagenden Partei vorgeschlagenen Preis von S 110 pro m**2 waren aber die Beklagten nicht einverstanden. Mitte Juli 1995 besuchte der Prokurist der klagenden Partei abermals die Beklagten und brachte zu diesem Termin einen Entwurf auf Verlängerung der Option unter gleichzeitiger Vereinbarung eines Kaufpreises von S 110 pro m**2 mit. Für den Fall, daß die Beklagten dieser Verlängerung nicht zustimmen, hatte er einen Kaufvertrag bei sich, der den Bedingungen der Option vom entsprach. Die Beklagten waren aber nicht bereit, einen dieser Verträge zu unterfertigen. Der Prokurist der klagenden Partei erklärte den Beklagten daraufhin ausdrücklich, daß die Klägerin vor Ablauf der Optionsfrist zum die Option annehmen werde.

In der Zeit vom bis befanden sich die Beklagten auf Besuch in Graz. Während der Abwesenheit der Beklagten kümmerte sich deren Sohn um die Landwirtschaft; dieser war über den Sachverhalt informiert, ihm war auch der Ablauf der Optionsfrist zum bekannt.

Mit eingeschriebenem Brief des Klagevertreters vom erklärte die klagende Partei den Beklagten, die Option vom fristgerecht auszuüben. Unter einem wurde ein Originalkaufvertrag samt einer Rangordnung zur Veräußerung übermittelt und wurden die Beklagten ersucht, diese Urkunden beglaubigt zu unterfertigen und dem Klagevertreter zurückzusenden.

Am konnte der Postzusteller die Empfänger an ihrer Wohnadresse nicht antreffen. Er hinterließ eine Nachricht betreffend die Zustellung, die Sendung selbst wurde zur Abholung am Postamt hinterlegt. Da die Beklagten den Rückscheinbrief nicht abholten, wurde dieser dem Klagevertreter rückgesendet.

Mit Schreiben vom wies der Klagevertreter die Beklagten darauf hin, daß bereits mit Schreiben vom 20. (richtig: 19.) 7.1995 die Option fristgerecht ausgeübt worden sei. Es wurde neuerlich um Unterfertigung der übersendeten Kaufurkunden ersucht. Die Beklagten erwiderten darauf, daß sie erst durch das Schreiben vom vom Kaufinteresse der klagenden Partei erfahren hätten; sie verwiesen darauf, daß für sie keinerlei Verpflichtung gegenüber der klagenden Partei bestehe, da zu diesem Zeitpunkt die Option bereits abgelaufen war.

Mit Bescheid des Amtes der steiermärkischen Landesregierung vom wurde der klagenden Partei die Folgenutzung der Schottergrube als Landschaftssee vorgeschrieben.

In rechtlicher Hinsicht ging das Erstgericht von der rechtzeitigen Annahme des Anbots der Beklagten durch die klagende Partei aus, weil die Beklagten die Möglichkeit gehabt hätten, die innerhalb der Annahmefrist abgesendete Annahmeerklärung auch noch innerhalb dieser Frist zur Kenntnis zu nehmen. Sie hätten mit der Zusendung der Annahmeerklärung rechnen und für den Fall ihrer Ortsabwesenheit entsprechende Vorsorge treffen müssen.

Es könne weder von einer Irreführung der Beklagten noch von einer Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes die Rede sein. Überdies seien beide Einwendungen verjährt, weil die mit Vertragsschluß () in Gang gesetzte dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB bereits verstrichen sei.

Das von den beklagten Parteien angerufene Berufungsgericht verwarf die Berufung, soweit sie auf Nichtigkeitsgründe gestützt wird (Punkt 1 der Entscheidung). Im übrigen wurde der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Urteil aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an das Prozeßgericht erster Instanz zurückverwiesen (Punkt 2 der Entscheidung).

Das Berufungsgericht bewertete außerdem den Entscheidungsgegenstand mit über 50.000 S und sprach aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Es übernahm die Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes und schloß sich auch dessen Rechtsansicht, es sei die Annahme rechtzeitig erfolgt, unter Hinweis auf die Entscheidung SZ 53/28 an. Auch das Berufungsgericht verneinte eine Irreführung der Beklagten oder eine Sittenwidrigkeit. Wenngleich mit der vorliegenden Klage eine Erfüllungshandlung begehrt werde, sei sie zulässig, weil diese Art der Erfüllungshandlung zur Beendigung des bis zur grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrages andauernden Schwebezustandes, während dessen die Vertragspartner an den Vertrag gebunden seien, beitrage.

Zu Unrecht habe aber das Erstgericht eine Verkürzung über die Hälfte des wahren Wertes nach § 934 ABGB verneint. Diese Frage könne noch nicht beurteilt werden, weil das Erstgericht für keinen der in Betracht kommenden Zeitpunkte eine Wertfeststellung über die Liegenschaft getroffen habe.

Eine Option, wie sie hier vorliege, erlaube dem Berechtigten, durch einseitige Erklärung ohne neuerlichen Vertragsabschluß das Schuldverhältis selbst hervorzurufen. Es handle sich um einen Fall des bedingten Vertrages, bei dem es im Bedingungsfall keines neuerlichen Vertragsabschlusses bedürfe. Die Schadloshaltung wegen Verkürzung über die Hälfte nach § 934 ABGB setze nur ein zweiseitig verbindliches entgeltliches Rechtsgeschäft voraus. So gesehen könne die Vereinbarung über das Stellen eines Offertes, zu dessen Annahme der Vertragspartner nicht verpflichtet sei, nicht nach § 934 ABGB angefochten werden, weil es an der zweiseitigen entgeltlichen Vereinbarung fehle. Wohl aber könne der durch die Annahme des Offertes zustandegekommene Kaufvertrag wegen Verkürzung über die Hälfte angefochten werden. Dieser Kaufvertrag sei aber erst durch die Annahme des Anbotes zustande gekommen und beginne erst damit die dreijährige Verjährungsfrist des § 1487 ABGB zu laufen. Der Lauf der Verjährungsfrist sei demnach erst mit Zugang der Hinterlegungsanzeige im Juli 1995 in Gang gesetzt worden, die Geltendmachung der Verkürzung über die Hälfte sei daher noch nicht verjährt. Es seien somit Feststellungen über den Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt der Erstellung der für die Beklagten bindenden Offerte notwendig. Wegen des Umfanges der nötigen Beweisaufnahmen und weil Weiterungen nicht auszuschließen seien, scheide eine Ergänzung der in erster Instanz gepflogenen Verhandlung durch das Berufungsgericht aus.

Zur Bewertung des Streitgegenstandes stellte das Berufungsgericht fest, daß für die Liegenschaft EZ 127 kein gesonderter Einheitswert bestehe. Ein solcher bestehe nur für den gesamten landwirtschaftlichen Betrieb der Beklagten, wobei der Hektarsatz S

8.439 betrage. Der Bewertungsausspruch orientiere sich daher an dem der Bewertung durch die Klägerin zugrundegelegten Kaufpreis.

Der Rekurs an den Obersten Gerichtshof wurde als zulässig angesehen, weil der Lösung der Fragen, die im Zusammenhang mit der Beurteilung der Verkürzung über die Hälfte bei einem durch Anbot und Annahme zustandegekommenen Kaufvertrag aufgeworfen wurden, erhebliche Bedeutung im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zukomme.

Erkennbar nur gegen den Punkt 2 des Beschlusses des Berufungsgerichtes richtet sich der Rekurs der klagenden Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt werde; hilfsweise wird beantragt, die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten fechten den Beschluß des Berufungsgerichtes zur Gänze wegen Mangelhaftigkeit, "Aktenwidrigkeit des Verfahrens", unrichtigter und unvollständiger Tatsachenfeststellung durch Aktenwidrigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung an. Sie beantragen, die angefochtene Entscheidung dahingehend abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.

Die klagende Partei hat Rekursbeantwortung erstattet und beantragt, das Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die beiden Rekurse sind, soweit sie sich gegen den Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses richten, zulässig, sie sind zum Teil auch berechtigt.

Zunächst ist zur Bewertung des Entscheidungsgegenstandes durch das Berufungsgericht darauf hinzuweisen, daß dieser für den Obersten Gerichtshof bindend ist, wenn nicht zwingende Bewertungsvorschriften verletzt wurden (RZ 1992/1; RZ 1992/16 ua). Ein solcher Verstoß liegt hier nicht vor. § 60 Abs 2 JN, wonach als Wert einer grundsteuerpflichtigen unbeweglichen Sache jener Betrag anzusehen ist, welcher als Steuerwert für die Gebührenbemessung in Frage kommt, greift nämlich dann nicht Platz, wenn - wie im vorliegenden Fall - eine gesonderte Bewertung der streitverfangenen Liegenschaft nicht erfolgte (vgl 7 Ob 2370/96x; RZ 1990/38 mwN).

Zum Rekurs der klagenden Partei:

Die klagende Partei macht in ihrem Rechtsmittel geltend, die Verjährungsfrist für die Einrede der Verkürzung über die Hälfte habe mit der Unterzeichnung des Optionsvertrages zu laufen begonnen und sei daher längst abgelaufen. Das Erstgericht sei zu Recht davon ausgegangen, daß für die Frage der Gleichwertigkeit von Leistung und Gegenleistung auf den Zeitpunkt des ursprünglichen Vertragsabschlusses abzustellen sei, im gegenständlichen Rechtsstreit daher auf den Zeitpunkt des Abschlusses des Optionsvertrages. Es sei nicht einzusehen, warum der Zeitpunkt der Relevanz des Wertvergleiches und der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist auseinanderfallen sollten.

Eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens erblickt die klagende Partei darin, daß das Berufungsgericht nicht selbst die Verfahrensergänzung durchgeführt habe. Gemäß § 496 ZPO bestehe die Pflicht des Berufungsgerichtes, das Verfahren selbst zu ergänzen und mit Urteil in der Sache selbst zu erkennen. Da lediglich der Wert der Liegenschaft zu ermitteln sei, sei nicht zu erwarten, daß mit einer Verhandlung vor dem Berufungsgericht voraussichtlich eine Verlängerung gegenüber der Verhandlung vor dem Erstgericht verbunden wäre oder übermäßige Kosten verursacht würden.

Diese Ausführungen sind lediglich berechtigt, soweit sie die Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens betreffen.

Wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat, muß die Einrede der Verkürzung über die Hälfte innerhalb von drei Jahren nach Vertragsabschluß erhoben werden (GesRZ 1977, 23; SZ 61/126; MietSlg 42.163 uva; Reischauer in Rummel**2 Rz 13 zu § 934; Schubert in Rummel**2 Rz 6 zu § 1487). Gegenstand der Anfechtung durch die beklagten Parteien ist nun nicht etwa die Vereinbarung der Option, sondern vielmehr der unter Ausnützung dieser Option zustande gekommene Kaufvertrag. Es ist daher auf den Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages und nicht auf den Zeitpunkt der Einräumung der Option abzustellen. Der Kaufvertrag selbst ist aber erst durch die Annahmeerklärung der klagenden Partei zustande gekommen (Rummel in Rummel**2 Rz 6 zu § 862). Der optionsberechtigten klagenden Partei kam wie einem Offertempfänger ein Gestaltungsrecht zu (Bydlinski in Klang IV/2**2, 792). Dieses Gestaltungsrecht wurde aber erst im Juli 1995 ausgeübt, weshalb - wie das Berufungsgericht zutreffend ausgeführt hat - die Geltendmachung der Verkürzung über die Hälfte noch nicht verjährt ist.

Zutreffend ist auch die Ansicht des Berufungsgerichtes, daß für die Bewertung der Zeitpunkt des Abschlusses des Optionsvertrages maßgebend ist. Gemäß § 943 Satz 3 ABGB wird zwar das Mißverhältnis des Wertes nach dem Zeitpunkte des geschlossenen Geschäftes bestimmt, doch bleibt es dann, wenn in Vollziehungen eines Vorvertrages der Hauptvertrag geschlossen wurde, wegen des gleichbleibenden Leistungsverhältnisses beim Abschlußzeitpunkt des Vorvertrages (Reischauer aaO Rz 5 zu § 934). Da Optionsverträge im ABGB nicht geregelt sind, sind die Bestimmungen über das verwandte Institut des Vorvertrages in weitem Umfang anzuwenden (Gschnitzer in Klang**2 IV/1, 570; SZ 23/187; MietSlg 7.828, 20.080). Wurde daher der Kaufvertrag in Ausübung einer Option geschlossen, dann ist der Zeitpunkt der Einräumung der Option für die Beurteilung des Mißverhältnisses der gegenseitigen Leistungen maßgebend. Daran ändert nichts, daß, wie dargelegt wurde, die Verjährungsfrist, anders als beim Vorvertrag (s hiezu Reischauer in Rummel**2 Rz 13 zu § 934/2, erst mit dem Zustandekommen des auf Grund der Option geschlossenen Vertrages zu laufen beginnt. Die unterschiedliche Behandlung der Frage des Verjährungsbeginns ist dadurch gerechtfertigt, daß die Verjährungsfrist nicht zu laufen beginnen kann, da die Option ausgeübt wurde, zumal vom anderen Teil nicht zuerwarten ist, daß er Schritte zur Durchsetzung seines Aufhebungsanspruchs unternimmt, solange unsicher ist, ob die Option ausgeübt werden wird.

Was nun die im Rekurs der klagenden Partei geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens betrifft, ist es richtig, daß seit der ZVN 1983 das Berufungsgericht zufolge § 496 Abs 3 ZPO die Pflicht hat, das Verfahren grundsätzlich selbst zu ergänzen und durch Urteil in der Sache zu erkennen. Im allgemeinen ist also die Verfahrensergänzung durch die zweite Instanz zwingend. Eine Ausnahme besteht dann, wenn mit einer Verhandlung vor dem Berufungsgericht voraussichtlich eine Verzögerung gegenüber der Verhandlung vor dem Erstgericht verbunden wäre oder ein erheblicher Mehraufwand an Kosten verursacht würde. Sind der Umfang der Prozeßstoffsammlung und die Weiterungen des Verfahrens gar nicht abzusehen, so kann nicht angenommen werden, daß mit der Ergänzung der Verhandlung durch das Berufungsgericht kein erheblicher Kostenaufwand verbunden wäre (SZ 59/134 = JBl 1987, 189 = EvBl 1987/19; SZ 68/189 = ecolex 1996, 168 = BankArch 1996, 549 ua). Eine Verfahrensergänzung durch das Berufungsgericht selbst ist aber vor allem dann geboten, wenn das Erstgericht Feststellungen, Erörterungen und Beweisaufnahmen zu punktuellen Fragen des Sachverhaltes unterließ, die in keinem untrennbaren Sachzusammenhang mit den übrigen relevanten Urteilsannahmen bestehen (Delle-Karth, Die Mangelhaftigkeit des Verfahrens im Berufungssystem des österreichischen Zivilprozeßrechtes, ÖJZ 1993, 50 [53]). Da es im vorliegenden Fall nur noch einer Feststellung über den Wert der Liegenschaft zum Zeitpunkt des Abschlusses des Optionsvertrages bedarf und diese Frage auch in keinem untrennbaren Sachzusammenhang mit den übrigen relevanten Urteilsannahmen besteht, entspricht die Zurückverweisung an die erste Instanz nicht dem Gesetz. Vielmehr wird im fortgesetzten Verfahren das Berufungsgericht selbst darüber Feststellungen zu treffen haben.

Zum Rekurs der Beklagten:

Insoweit sich der Rekurs der Beklagten gegen den Punkt 1 des Beschlusses des Rekursgerichtes (Verwerfung der auf Nichtigkeitsgründe gestützten Berufung) richtet, ist er gemäß § 519 Abs 1 ZPO unzulässig (MGA ZPO14 § 519/10).

Die Rekursgründe der Mangelhaftigkeit und Aktenwidrigkeit wurden geprüft, sie sind nicht gegeben (§§ 528 a, 510 Abs 3 ZPO). Der Rekursgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung kann vor dem Obersten Gerichtshof, der nicht Tatsacheninstanz ist, nicht geltend gemacht werden.

Unter dem Rekursgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung wird im Rekurs der beklagten Parteien ausgeführt, die Geschäftsgrundlage sei weggefallen, weil im schriftlichen Kaufvertrag ausdrücklich festgehalten sei, daß die klagende Partei beabsichtige, auf dem Kaufobjekt einen Natur- und Freizeitsee anzulegen. Die klagende Partei wolle aber nunmehr Schotter abbauen und sei die Anlegung des Natur- und Freizeitsees untersagt worden. Zu Unrecht hätten die Vorinstanzen Verjährung für diesen wesentlichen Anfechtungspunkt angenommen. Bei der Ausnützung eines Grundstückes allein zur Schottergewinnung seien andere Preisvorstellungen gegeben und seien die Beklagten in Irrtum geführt worden, weil Schotter in die Tiefe abgebaut werde und sie bei einem Geschäft zwecks Schotterabbau daher mindestens das Dreifache an Quadratmeterpreis erzielt hätten.

Mit diesen Ausführungen wird von den für den Obersten Gerichtshof bindenden Feststellungen der Vorinstanzen abgewichen. Das Erstgericht stellte nämlich fest, dem Beklagten sei zum Zeitpunkt des Optionsvertrages klar gewesen, daß die klagende Partei zuerst Schotter abbauen und in der Folge einen Natur- oder Freizeitsee errichten werde; diese Feststellung wurde auch vom Berufungsgericht übernommen. Schon das Berufungsgericht hat den Einwand des Wegfalles der Geschäftsgrundlage nicht etwa wegen Verjährung verworfen, sondern deshalb, weil sich schon die Berufung insoferne vom festgestellten Sachverhalt entfernt hat (s S 9 unten der Ausfertigung des Berufungsurteiles).

Da im Abänderungsantrag des Rekurses der beklagten Parteien ein Aufhebungsantrag enthalten ist (siehe die Nachweise bei Kodek in Rechberger, ZPO Rz 4 zu § 471), war auch dem Rekurs der beklagten Parteien, diesem zum Teil, Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.