OGH vom 19.12.2018, 3Ob212/18z

OGH vom 19.12.2018, 3Ob212/18z

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Roch und Dr. Rassi und die Hofrätinnen Dr. Weixelbraun-Mohr und Dr. Kodek als weitere Richter in der Erwachsenenschutzsache des Betroffenen W*****, vertreten durch V*****, Erwachsenenvertreterin: Mag. *****, diese vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, wegen Einschränkung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Betroffenen gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 43 R 382/18x-326, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Floridsdorf vom , GZ 13 P 137/02s-322, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Mit Beschluss vom bestellte das Bezirksgericht R***** für den Betroffenen (wegen wesentlich verminderter Gedächtnis- und Merkfähigkeit, höhergradig eingeengter Urteilsfähigkeit, gleichzeitiger Anfallsleiden und damit verbundener Verhaltensstörungen) einen Sachwalter für alle Angelegenheiten (§ 273 Abs 3 Z 3 ABGB aF). In den darauffolgenden Jahren erfolgten mehrere Umbestellungen der Person des Sachwalters.

Gleichzeitig mit dem am dem Erstgericht übermittelten Jahresbericht beantragte die damalige Sachwalterin, die „Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen“ vom Bestellungsumfang des Sachwalters auszunehmen, weil die Verselbständigung des Betroffenen derart fortgeschritten sei, dass eine Vertretung in allen Angelegenheiten nicht mehr notwendig erscheine.

Der Erstrichter verschaffte sich daraufhin einen unmittelbaren Eindruck vom Gesundheitszustand des Betroffenen und beauftragte einen Sachverständigen, Befund und Gutachten darüber zu erstatten, ob und wieweit der Betroffene nunmehr in der Lage sei, seine Angelegenheiten ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen. Nach Erörterung der Ergebnisse dieses Gutachtens mit dem Betroffenen und einer Vertreterin für dessen Sachwalterin in der mündlichen Verhandlung am gab das Erstgericht mit Hinweis auf die Ausführungen des Sachverständigen sowie auf den persönlichen Eindruck des Betroffenen bekannt, dass „betreffend die medizinischen Angelegenheiten weiterhin der Bedarf einer Sachwalterschaft“ bestehe, aber auch „Einvernehmen darüber“, dass die Bestimmung des Aufenthaltes und die Geschäfte des täglichen Lebens von der Sachwalterschaft auszunehmen seien. Mit mehreren Schreiben (*****) teilte die Sachwalterin des Betroffenen dem Erstgericht mit, dass der Antrag (auch) auf Einschränkung der Sachwalterschaft für den Bereich der Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen aufrecht erhalten werde *****. Die Verselbständigung und Unterstützung zur Entscheidungsfähigkeit des Betroffenen seien zu fördern und im Zusammenhang mit medizinischen Behandlungen seien dazu intensivierte ärztliche Aufklärungsgespräche vorgesehen.

Mit Beschluss vom sprach das aus, dass (1.) der Wirkungsbereich des gerichtlichen Erwachsenenvertreters um die Bestimmung des Aufenthaltsorts sowie Geschäfte des täglichen Lebens eingeschränkt werde, (2.) der Antrag, den Wirkungsbereich des gerichtlichen Erwachsenenvertreters um die Entscheidung über medizinische Heilbehandlungen einzuschränken, abgewiesen werde, und (3.) der gerichtliche Erwachsenenvertreter nunmehr folgende Angelegenheiten zu besorgen [habe]: Alle Angelegenheiten, ausgenommen die Bestimmung des Aufenthaltsorts sowie Geschäfte des täglichen Lebens.

Der Betroffene sei in Alltagsangelegenheiten geschäftsfähig; für den Bereich der Entscheidung über medizinische Heilbehandlungen bestehe jedoch das Risiko, dass er selbst einfache medizinische Fragestellungen nicht ausreichend verstehen und darauf basierend fundiert entscheiden könne, weil er aufgrund seiner Entscheidungsschwäche keinen freien Willen bilden oder äußern könne. Die Erwachsenenvertretung sei einzuschränken, wenn die Voraussetzungen für die Bestellung in einem Bereich weggefallen seien; im Bereich der Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen sei der Betroffene aber (weiterhin) nicht geschäftsfähig, weil er selbst in einfachen Angelegenheiten keinen Überblick gewinnen könne und ihm sowohl Kritik- als auch Urteilsfähigkeit fehlten. Daher sei der Antrag auf Einschränkung des Wirkungsbereichs insoweit abzuweisen.

Das gab dem Rekurs des Betroffenen, vertreten durch die Erwachsenenvertreterin, nicht Folge.

Gemäß § 207m Abs 3 AußStrG sei ein im Zeitpunkt des Inkrafttretens des 2. ErwachsenenschutzGesetzes bereits anhängiges Verfahren über die Bestellung eines Sachwalters nach den neuen Verfahrensvorschriften fortzusetzen, weil ab dem Inkrafttreten dieses Gesetzes kein Sachwalter mehr bestellt bzw der Umgebungsbereich verändert oder die Sachwalterschaft übertragen oder beendet werden könne. Der vorliegende Fall sei allerdings insoweit anders, als im Einverständnis mit dem Betroffenen und seiner Sachwalterin (gesetzlichen Erwachsenenvertreterin) in der Verhandlung am aus der bereits betreffend alle Angelegenheiten begründeten Sachwalterschaft die Bestimmung des Aufenthalts und die Geschäfte des täglichen Lebens auszunehmen gewesen und als einzige verbliebene offene Fragestellung noch zu prüfen gewesen sei, ob bzw inwieweit die Sachwalterschaft auch betreffend die medizinischen Angelegenheiten des Betroffenen aufrecht zu erhalten sei. Nach den Feststellungen verfüge der Betroffene über keine ausreichende Entscheidungsfähigkeit in medizinischen Angelegenheiten; dass er, wie erstmals im Rekurs releviert werde, durch Unterstützung eine ausreichende Entscheidungsfähigkeit erlangen könne, stelle eine als Neuerung zu wertende Behauptung dar, die nicht in Einklang mit den unbekämpft gebliebenen Feststellungen zu bringen und auch nicht als eine zur Wahrung der Interessen des Pflegebefohlenen beachtliche Neuerung aufzugreifen sei. Im Verfahren habe Konsens darüber bestanden, die im angefochtenen Beschluss genannten Angelegenheiten aus dem alle Angelegenheiten umfassenden Wirkungskreis lediglich herauszunehmen. Mit diesem Verfahren sei auch kein sogenanntes Erneuerungsverfahren eingeleitet, sondern mit der angefochtenen Entscheidung das mit Antragstellung vom eingeleitete Abänderungsverfahren abgeschlossen worden. Die im Rekurs angestrebten Änderungen in den Wirkungskreisen der gesetzlichen Erwachsenenvertretung blieben daher einem solchen, amtswegig einzuleitenden Erneuerungsverfahren vorbehalten.

Gegen diesen Beschluss richtet sich der von der Erwachsenenvertreterin im Namen des Betroffenen erhobene wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung, mit dem die Abänderung des Beschlusses dahin beantragt wird, dass als Wirkungskreis der gerichtlichen Erwachsenenvertreterin (1) die Angelegenheiten der Vertretung in Verwaltungsverfahren und verwaltungsgerichtlichen Verfahren, (2) die Verwaltung von Einkünften, Vermögen und Verbindlichkeiten, und (3) die Vertretung bei Rechtsgeschäften, die über solche des täglichen Lebens hinausgehen, bestimmt werde; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zur Klarstellung . Er ist jedoch .

1.1 Mit ist das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, BGBl I Nr 59/2017 (2. ErwSchG), in Kraft getreten. Gemäß § 1503 Abs 9 Z 4 ABGB sind, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, die nach Z 1 leg cit mit in Kraft getretenen Bestimmungen auf Sachverhalte anzuwenden, die sich nach dem ereignen oder über diesen Zeitpunkt hinaus andauern. Damit sollte zum Ausdruck gebracht werden, dass zum Zeitpunkt des Inkrafttretens bestehende Vertretungsverhältnisse nach der jeweils verbindlichen Rechtslage („sukzessives Anknüpfungselement“) zu beurteilen sind, also bis zum nach den bisherigen Vorschriften, danach nach den neuen Regelungen (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 57; 8 Ob 109/18i; 7 Ob 179/18a).

Damit übereinstimmend regeln die Abs 3 und 4 des § 207m AußStrG, dass am anhängige Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters und zur Änderung, Übertragung oder Beendigung einer Sachwalterschaft ab diesem Zeitpunkt nach den § 116a bis 126 AußStrG idF des 2. ErwSchG fortzusetzen sind (§ 207m Abs 3 erster Halbsatz AußStrG); da § 207m Abs 4 AußStrG eine sinngemäße Geltung des Absatz 3 für Altverfahren zur Änderung, Übertragung oder Beendigung einer Sachwalterschaft anordnet, ist in diesen Verfahren außerdem § 128 AußStrG idF des 2. ErwSchG anzuwenden (RIS-Justiz RS0132244 = 6 Ob 145/18v mwN).

1.2 Das Verfahren zur einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung ist nunmehr in § 128 AußStrG idF des 2. ErwSchG geregelt. Nach dessen Absatz 1 sind die Vorschriften über das Verfahren zur Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters (§§ 117 ff AußStrG nF) anzuwenden. Gemäß § 128 Abs 3 AußStrG nF liegt es im Verfahren über eine Änderung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung im Ermessen des Gerichts, welche Erhebungsmaßnahmen angeordnet werden, während es in den Verfahren über die der Erwachsenenvertretung und zur der gerichtlichen Erwachsenenvertretung (in Bezug auf die Zustimmung zu medizinischen Behandlungen, auf die Entscheidung über eine dauerhafte Änderung des Wohnorts oder Angelegenheiten des außerordentlichen Wirtschaftsbetriebs) den Erwachsenenschutzverein mit der Aufklärung zu beauftragen und sich einen persönlichen Eindruck von der betroffenen Person zu verschaffen hat. Ein in höherer Instanz anhängiges Änderungs- oder Übertragungsverfahren, dem noch Entscheidungsgrundlagen fehlen, ist nach § 207m Abs 4 iVm Abs 3 Satz 2 zweiter Halbsatz AußStrG nF dem Erstgericht zu überweisen und von diesem so fortzusetzen, als ob das Rechtsmittelgericht die Entscheidung aufgehoben und das Verfahren an die erste Instanz zurückverwiesen hätte (8 Ob 109/18i; 6 Ob 145/18v).

1.3 Gemäß § 1503 Abs 9 Z 14 ABGB hat das Gericht nach dem unter sinngemäßer Anwendung des § 278 Abs 3 ABGB in der bis zum 2. ErwSchG geltenden Fassung für alle gerichtlichen Erwachsenenvertretungen im Sinn der Z 10 (sogenannte „übergeleitete“ Erwachsenenvertreter, das sind bereits vor dem bestellte Sachwalter, die nunmehr als gerichtliche Erwachsenenvertreter gelten) von Amts wegen ein einzuleiten. Diese Bestimmung richtet sich an die Gerichte erster Instanz, verpflichtet diese aber nicht zur unverzüglichen Verfahrenseinleitung, sondern sieht dafür – wie aus den Gesetzesmaterialien (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 59) hervorgeht – einen von bis zu fünfeinhalb Jahren vor (6 Ob 186/18y). Im Rahmen solcher Erneuerungsverfahrens im Sinn des § 128 AußStrG ist zu überprüfen, ob ein in die Erwachsenenvertretung „übergeleiteter“ Sachwalter weiterhin erforderlich ist. Bejahendenfalls ist unter Berücksichtigung der neuen Eignungs- und Bestellungsvoraussetzungen der § 243, 244 und 271 bis 275 ABGB nF erneut ein Erwachsenenvertreter zu bestellen, sonst ist die Erwachsenenvertretung zu beenden (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 59; Pesendorfer, Das 2. Erwachsenenschutz-Gesetz, ÖJZ 2018, 485 ff [492]). Für alle übergeleiteten gerichtlichen Erwachsenenvertretungen sind daher nach dem Erneuerungsverfahren einzuleiten, weil solche Erwachsenenvertretungen jedenfalls mit enden (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 59; Pesendorfer, ÖJZ 2018, 492). Die in § 246 Abs 1 Z 5 ABGB nF vorgesehene DreiJahresFrist für eine Erneuerung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung kommt nach den Gesetzesmaterialien zu § 1503 Abs 9 Z 14 ABGB auf übergeleitete gerichtliche Erwachsenenvertretungen deshalb nicht zur Anwendung, um sicherzustellen, dass die große Menge von „Altbeständen“ an ehemaligen Sachwalterschaften auf eine für die Gerichte gut zu bewältigende Weise umgestellt werden kann (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 59).

Das Erneuerungsverfahren ist dem Bestellungsverfahren nachgebildet, die Voraussetzungen dort sind auch Maßstab für die Erneuerung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 71; M. Schweighofer in Deixler-Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht 18.42). Daher ist im Erneuerungsverfahren vom Erstgericht jedenfalls der Erwachsenenschutzverein zu befassen und eine Erstanhörung durchzuführen, während in allen anderen Verfahren (zur Einschränkung, Erweiterung, Übertragung und Beendigung der Erwachsenenvertretung) das Erstgericht nur jene Erhebungsmaßnahmen zu setzen hat, die es für erforderlich hält (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 71).

Ein Erneuerungsverfahren im Sinn des § 128 AußStrG hat das Erstgericht also von Amts wegen durchzuführen. Die Frage, ob daher Anträge auf Einleitung eines solchen Erneuerungsverfahrens unzulässig sind (die Entscheidung 6 Ob 186/18y bejaht dies unter Hinweis auf Zierl/Schweighofer/Wimberger, Erwachsenenschutzrecht2 Rz 911, nach deren Ansicht solche Anträge zurückzuweisen wären), oder ob ein Erneuerungsantrag durch einen Erwachsenenvertreter bzw den Betroffenen gestellt werden kann (davon geht erkennbar Deixler-Hübner in Deixler-Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht Rz 5.123, aus, zumal die Gesetzesmaterialien [ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 71] die Unzulässigkeit solcher Anträge nicht erkennen lassen), ist nicht abschließend zu beantworten, weil hier ein solcher Antrag nicht gestellt wurde.

1.4 Gemäß § 272 Abs 1 ABGB nF darf ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter nur für einzelne oder Arten von gegenwärtig zu besorgenden und bestimmt zu bezeichnenden Angelegenheiten bestellt werden. Nach Erledigung der übertragenen Angelegenheiten ist die gerichtliche Erwachsenenvertretung einzuschränken oder zu beenden; darauf hat der Erwachsenenvertreter unverzüglich bei Gericht hinzuwirken (§ 272 Abs 2 ABGB). Eine Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für „alle Angelegenheiten“ kommt aufgrund dieser gesetzlichen Anordnung nicht mehr in Betracht (Pesendorfer, ÖJZ 2018, 491). Da der Wirkungsbereich des gerichtlichen Erwachsenenvertreters einen engeren Zuschnitt erhalten soll, rechnet der Gesetzgeber nunmehr mit häufigen Erweiterungsverfahren (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 71).

2.1 Im vorliegenden Fall hat das Erstgericht bisher kein Erneuerungsverfahren für den Betroffenen eingeleitet. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde über die von der Sachwalterin (seit „übergeleiteten“ Erwachsenenvertreterin) beantragte Einschränkung der Sachwalterschaft im Bereich der Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen abgesprochen. Vor Entscheidung über diesen Antrag verschaffte sich das Erstgericht einen persönlichen Eindruck vom Gesundheitszustand des Betroffenen und holte ein Gutachten zu dessen Geschäftsfähigkeit ein; nach Erörterung dieses Gutachtens mit dem Betroffenen selbst und seiner (damals noch:) Sachwalterin sprach es (nur dies nach dem ) eine des Umfangs der übergeleiteten Erwachsenenvertetung (nur) betreffend die Geschäfte des täglichen Lebens und die Bestimmung des Aufenthaltsorts des Betroffenen aus, während es – auf der Grundlage seiner (unbekämpften) Feststellungen – von fehlender Geschäftsfähigkeit des Betroffenen in Bezug auf eine Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen ausging und daher eine Einschränkung der gerichtlichen Erwachsenenvertretung in diesem Punkt ablehnte. Es wurde also weder ein Erneuerungsverfahren im Sinn des § 128 AußStrG durchgeführt, noch eine Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für bestimmte Angelegenheiten oder eine Erweiterung des Bestellungsumfangs auf bestimmte Angelegenheiten vorgenommen. Mit dem angefochtenen Beschluss wurde vielmehr die übergeleitete gerichtliche Erwachsenenvertretung lediglich eingeschränkt und– erkennbar zur Klarstellung – zusätzlich in Punkt 3 des Beschlusses festgehalten, dass die (noch nicht durch ein Erneuerungsverfahren überprüfte) Erwachsenenvertretung für den Betroffenen derzeit im Übrigen (mit den erwähnten Einschränkungen) weiterhin aufrecht besteht.

2.2 Da aufgrund der Feststellungen zum Gesundheitszustand des Betroffenen derzeit davon auszugehen ist, dass ihm eine Zustimmung zu medizinischen Heilbehandlungen nicht möglich wäre und ihn solche Entscheidungen überfordern würden, bestand für das Erstgericht – außerhalb eines Erneuerungsverfahrens nach § 128 AußStrG – kein Anlass für eine (auch) diesbezügliche Einschränkung der übergeleiteten gerichtlichen Erwachsenenvertretung.

2.3 Der Revisionsrekurs weist zutreffend darauf hin, dass für die eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters eine bloß abstrakte Möglichkeit, dass in Zukunft ein Vertreter für bestimmte Angelegenheiten benötigt werden wird, nicht ausreicht und dass daher für die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für den Bereich medizinischer Heilbehandlungen Anhaltspunkte dafür vorliegen müssten, dass aktuell (in absehbarer Zeit) derartige Angelegenheiten für den Betroffenen zu besorgen sein werden. Im Rahmen eines Erneuerungsverfahrens nach § 128 AußStrG wäre dies aufgrund der klaren gesetzlichen Anordnung des § 272 Abs 1 ABGB nF zu berücksichtigen und die Voraussetzungen daher entsprechend zu erheben. Im vorliegenden Fall handelt es sich allerdings weder um eine Bestellung noch um eine Erweiterung des Bereichs der gerichtlichen Erwachsenenvertretung, noch wurde ein Erneuerungsverfahren nach § 128 AußStrG eingeleitet bzw durchgeführt.

2.4 Der Gesetzgeber hat durch die dargestellten Übergangsbestimmungen zum 2. ErwSchG die Überprüfung (und damit auch die Beendigung) der bisher in vielen Fällen ausgesprochenen Sachwalterschaft für „alle Angelegenheiten“ ausdrücklich geregelt. Im Zuge der durch die Erstgerichte in den kommenden Jahren von Amts wegen einzuleitenden Erneuerungsverfahren sind auch die – nach der Übergangsbestimmung des § 1503 Abs 9 Z 8 ABGB auf medizinische Behandlungen, die nach dem begonnen oder abgebrochen werden, anzuwendenden – § 252 bis 256 ABGB nF zu beachten; auf dieser Grundlage ist im Einzelfall konkret zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters für medizinische Angelegenheiten des Betroffenen erfüllt sind oder nicht.

Wurde hingegen – wie hier – noch vor dem Inkrafttreten des 2. ErwSchG ein Antrag auf Einschränkung bestimmter Bereiche der übergeleiteten Erwachsenenvertretung gestellt und hat das Erstgericht seine Erhebungsmaßnahmen zur Prüfung, ob die beantragte Einschränkung gerechtfertigt erscheint, ebenfalls – wie hier – bereits vor dem Inkrafttreten der neuen Bestimmungen abgeschlossen, den Antrag aber nicht zum Anlass genommen, ein Erneuerungsverfahren im Sinn des § 128 AußStrG durchzuführen, so ist dies nicht zu beanstanden. Müsste nämlich (auch) ein solcher, Antrag auf Einschränkung des Bestellungsumfangs eines (in der Folge) „übergeleiteten“ gerichtlichen Erwachsenenvertreters automatisch dazu führen, dass das angerufene Erstgericht daraufhin ein Erneuerungsverfahren nach § 128 AußStrG einzuleiten hätte, so stünde dies im Widerspruch zur gesetzlichen Anordnung des § 1503 Abs 9 Z 14 ABGB: Haben die Erstgerichte doch nach dieser Bestimmung ohnehin von Amts wegen in den kommenden Jahren (bis zum ) in jedem einzelnen Fall einer übergeleiteten gerichtlichen Erwachsenenvertretung ein Erneuerungsverfahren einzuleiten; dafür steht ihnen aber – in Anbetracht der großen Anzahl an ehemaligen Sachwalterschaften – eine Übergangsfrist von fünfeinhalb Jahren zur Verfügung (ErläutRV 1461 BlgNR 25. GP 59).

Im Anlassfall waren die Erhebungsmaßnahmen des Erstgerichts zur Prüfung der Voraussetzungen für die begehrten Einschränkungen des Bestellungsumfangs des Sachwalters (übergeleiteten Erwachsenenvertreters) bereits vor dem Inkrafttreten des 2. ErwSchG abgeschlossen, lediglich die Beschlussfassung erfolgte nach dem . Die Frage, ob es in Fällen einer späteren Antragstellung oder bei am noch nicht abgeschlossenen Beweisaufnahme zur Überprüfung der Voraussetzungen zum Bestellungsumfang eines übergeleiteten Erwachsenenvertreters im Sinn einer verfahrensökonomischen Vorgangsweise zweckmäßiger sein könnte, doch gleich ein Erneuerungsverfahren im Sinn des § 128 AußStrG einzuleiten und durchzuführen, stellt sich hier nicht.

3. Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluss, mit dem die beantragte Einschränkung der übergeleiteten gerichtlichen Erwachsenenvertretung für den Betroffenen nicht vorgenommen wurde, ist daher nicht Folge zu geben.

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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2018:0030OB00212.18Z.1219.000

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