OGH vom 25.02.1999, 6Ob332/98m

OGH vom 25.02.1999, 6Ob332/98m

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Fellinger als weitere Richter in der beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu FN 171998p anhängigen Firmenbuchsache der Klaus G***** Privatstiftung mit dem Sitz in Graz, wegen Eintragung der Privatstiftung im Firmenbuch, infolge ordentlichen Revisionsrekurses des Stiftungsvorstandes Mag. Heiner P*****, Hanns S*****, und Mag. Michael S*****, alle vertreten durch Dr. Günther Obermayr, öffentlicher Notar in 8454 Arnfels, gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 4 R 241/98p (27 Fr 4515/98f)-10, womit dem Rekurs des Stiftungsvorstandes gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 27 Fr 4515/98f-6, nicht Folge gegeben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Die Vorinstanzen haben den Antrag auf Eintragung einer Privatstiftung im Firmenbuch abgewiesen und gingen dabei von folgendem vom Rekursgericht auf den S 2 bis 4 seiner Entscheidung zusammengefaßten Sachverhalt aus:

"Mit Notariatsakt vom haben Klaus, Irmfried und Mag. Dieter G***** sowie Mag. Astrid G*****, letztere für sich und für ihren am geborenen Sohn Christoph G*****, auf unbestimmte Zeit die mit S 1,000.000,-- dotierte "Klaus G***** Privatstiftung" errichtet. Der mj Christoph G***** tritt dabei auch als Stifter auf, widmet der Stiftung jedoch keine Vermögenseinlage.

Zweck der Stiftung (Punkt 3. der Stiftungsurkunde) ist die Verwaltung, Sicherung und Vermehrung des Stiftungsvermögens sowie die Vornahme von Zuwendungen an die (lt Punkt 4.) begünstigten Klaus G***** und Mag. Dieter G***** sowie deren Nachkommen in direkter Linie. Für den Fall des Ablebens des Klaus G***** und des Mag. Dieter G***** geht das Recht, weitere Begünstigte im vorstehenden Sinn namhaft zu machen, auf jene Personen über, die von Klaus G***** und Mag. Dieter G***** als Begünstigte genannt worden waren. Hinsichtlich der näheren Bestimmungen wird auf die laut Punkt 12. der Stiftungsurkunde errichtete eine Zusatzurkunde, die nicht dem Firmenbuchgericht mitvorgelegt wurde, verwiesen, in der auch die näheren Bestimmungen des Anspruches der Begünstigten auf Zuwendung und die Ausnahmen für den vorgesehenen, diesbezügichen Klagbarkeitsausschluß geregelt sind (Punkt 4.).

In der Stiftungsurkunde wird (Punkt 6.) ein aus drei Personen bestehender Vorstand mit einem Vorsitzenden eingerichtet, dessen Mitglieder von einem ebenfalls errichteten, hinsichtlich der Einzelheiten in der Zusatzurkunde geregelten "Familienbeirat" bestellt und abberufen werden können (Punkt 8.). In Punkt 10. behalten sich die Stifter die Änderung der Stiftungs- und der -zusatzurkunde vor, bestimmen jeweils dazu Berechtigte, aber auch Vetorechte bestimmter Stifter (Stiftungsurkunde AS 7 ff).

Unter Vorlage einer Spezialvollmacht des Irmfried G*****, der Bankbestätigung und von Musterzeichnungen der Mitglieder des Vorstandes beantragten diese die Eintragung der Privatstiftung.

In Vorerledigung dieses Gesuches forderte das Erstgericht mit Beschlüssen vom und zur Verbesserung durch Beibringung der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung und der Mitwirkung eines Kollisionskurators für den mj Stifter, einer die bestimmte Stiftungserklärung beinhaltenden Spezialvollmacht des Irmfried G*****, die Verbindung derselben mit dem (hinsichtlich der teilweise unleserlichen ersten Seite der Kopie auszutauschenden) Notariatsakt und die Vorlage der Erklärung des namhaft gemachten Prüfers nach § 20 Abs 3 PSG auf. Mangels Vorlage der Zusatzurkunde sei die dem Firmenbuchgericht obliegende Prüfung der Erfordernisse der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung und Mitwirkung des Kollisionskurators für den Minderjährigen gar nicht möglich.

Mit Schriftsatz vom legte der bevollmächtigte Notar die bestimmte Spezialvollmacht und die Erklärung des Stiftungsprüfers nach § 20 Abs 3 PSG sowie eine Erklärung der Mag. Astrid G***** vor, wonach sie als Mutter und gesetzliche Vertreterin des mj Stifters bestätigt, daß dieser weder in der Stiftungsurkunde noch in der -zusatzurkunde der Stiftung Vermögen gewidmet habe und aus seinem Vermögen auch kein Geld und keine geldwerten Leistungen sowie Verpflichtungen einfließen oder übernommen werden (ON 5)."

Das Erstgericht begründete die Abweisung des Eintragungsgesuches damit, daß § 154 Abs 3 ABGB für nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb des Minderjährigen gehörige Vermögensangelegenheiten die Zustimmung beider Elternteile und die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes verlange. Dies müsse auch für von Minderjährigen errichtete Privatstiftungen gelten. Die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit könne das Firmenbuchgericht nicht vornehmen, weil die Stiftungszusatzurkunde nicht vorgelegt worden sei. Darin könnten allfällige Pflichten des minderjährigen Stifters enthalten sein. Aufgrund dieser Überlegung sei auch die Beiziehung eines Kollisionskurators allenfalls erforderlich.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Stiftungsvorstandes nicht Folge und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß im § 154 Abs 3 ABGB die nicht zum ordentlichen Wirtschaftsbetrieb eines Minderjährigen gehörigen Vermögensangelegenheiten nur demonstrativ aufgezählt seien. Ob die Stiftungserklärung des Minderjährigen einer gerichtlichen Genehmigung bedürfe, könne hier schon deshalb nicht geprüft werden, weil der Vorstand der Stiftung die errichtete Zusatzurkunde nicht vorgelegt, sondern sich mit der Vorlage der Erklärung der Mutter im Sinne einer von Arturo in RdW 1997, 442 vertretenen Auffassung begnügt habe. Diese Erklärung könne die amtswegige Prüfungspflicht des Pflegschaftsgerichtes nicht ersetzen. Der Oberste Gerichtshof habe in einem vergleichbaren Fall einer einem minderjährigen Kommanditisten schenkungsweise zur Verfügung gestellten Einlage bei der Errichtung einer KEG dargelegt, daß bei der Anmeldung dieser Gesellschaft zur Eintragung im Firmenbuch entweder die Genehmigung des Pflegschaftsgerichtes oder dessen Bestätigung vorzulegen sei, daß die Genehmigung entbehrlich sei (6 Ob 25/95 = ecolex 1995, 724). Dieser Fall sei wegen der ähnlichen Haftungssituation vergleichbar. Die Lehrmeinung Arturos lasse die oberstgerichtliche Judikatur zur Genehmigungspflicht von Schenkungen an Minderjährige unberücksichtigt. Jeden Stifter treffe eine Haftung dafür, daß im Zeitpunkt der konstitutiv wirkenden Eintragung der Privatstiftung im Firmenbuch wenigstens noch das gesetzliche und auch im vorliegenden Fall vorgesehene Mindestkapital von 1 Mio S vorhanden sei. Sollte dieses Kapital bei der Eintragung der Privatstiftung nicht mehr vorhanden sein, treffe den Stifter eine verschuldensfreie Haftung für die Differenz. Aus dem vorgelegten Notariatsakt sei ersichtlich, daß die Kosten der Errichtung die mit dem Mindestkapital ausgestattete Privatstiftung zu tragen habe.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.

Mit seinem ordentlichen Revisionsrekurs beantragt der Stiftungsvorstand die Aufhebung der Beschlüsse der Vorinstanzen und die Auftragserteilung an das Firmenbuchgericht, die beantragte Eintragung im Firmenbuch zu bewilligen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Der rekurrierende Stiftungsvorstand räumt ein, daß die Beteiligung eines Minderjährigen als Stifter einer Privatstiftung jedenfalls dann nicht zum ordentlichen Geschäftsbetrieb des Minderjährigen gehört, wenn er selbst eigenes Vermögen der Stiftung widmet. Hier erhalte der Minderjährige aber in rechtlich zulässiger Weise ohne Widmung eigenen Vermögens die vorteilhafte Stellung eines Stifters. Der Vorteil liege darin, daß er als Stifter in Zukunft die Möglichkeit einer Nachstiftung habe und dadurch die steuerlichen Vorteile "als Stifter lukrieren" könne. Nur zum Vorteil des Minderjährigen gereichende Rechtshandlungen bedürften keiner pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 154 Abs 3 ABGB. Der Fall sei am ehesten mit einer Schenkung zu vergleichen, die mit keinerlei Belastungen des Geschenknehmers verbunden sei.

Der Standpunkt des Rekurswerbers entspricht der Lehrmeinung Arturos (RdW 1997, 442), der auch in der dem Firmenbuchgericht nicht zugänglichen Stiftungszusatzurkunde (§ 10 Abs 2 PSG) kein Hindernis erblickt, wenn - wie hier - eine Erklärung des gesetzlichen Vertreters des Minderjährigen vorliege, daß in der Zusatzurkunde keine Vermögenswidmung im Namen des Minderjährigen vorgenommen werde, welche die Stiftungserklärung des Minderjährigen in den Bereich der Genehmigungspflicht rücke.

Dem Revisionsrekurs und der zitierten Lehrmeinung sind die zutreffenden Erwägungen des Rekursgerichtes entgegenzuhalten. Es ist denkbar, daß in der Zusatzurkunde Erklärungen der Stifter aufscheinen, die für den mj Stifter nachteilig sind. Die Erklärung eines obsorgeberechtigten Elternteils, daß dies nicht der Fall sei, kann die dem Gericht obliegende Prüfungspflicht nicht ausschließen. Die Rechtsansicht des Rekurswerbers bedeutete im Ergebnis, daß auch Insichgeschäfte eines Elternteils mit dem Kind als genehmigungsfrei angesehen werden müßten, wenn der Elternteil die Vorteilhaftigkeit des Geschäftes für das Kind bestätigte. Eine solche Rechtsansicht ist nicht begründbar. Wenn daher in der Stiftungszusatzurkunde Nachteiliges für den Stifter enthalten sein könnte, hat das Pflegschaftsgericht den Sachverhalt zu erheben, die Vor- und Nachteile der beabsichtigten Rechtshandlung im Sinne des § 154 Abs 3 ABGB zu prüfen und darüber zu entscheiden.

Es ist aber auch der Standpunkt des Rekurswerbers nicht zu teilen, daß a priori eine genehmigungsfreie Rechtshandlung des Minderjährigen vorläge, weil dieser mit der Stiftungserklärung nur Vorteile erlange, damit aber keinerlei Belastungen verbunden seien. Im Revisionsrekurs wird gar nicht versucht, die gegenteiligen Argumente des Rekursgerichtes zu widerlegen, warum also nicht der ins Treffen geführte Haftungsfall eintreten könnte, wonach der (die) Stifter dafür haften, daß das gewidmete Stiftungsvermögen zum Zeitpunkt der Eintragung der Stiftung im Firmenbuch noch vorhanden ist (zu dieser Differenzhaftung der Stifter Doralt/Nowotny/Kalss, PSG Rz 25 zu § 25; Csoklich in Csoklich/Müller/Gröhs/Helbich, Handbuch zum Privatstiftungsgesetz 55). Das Stiftungsvermögen muß gemäß § 4 PSG zumindest 1 Mio S betragen. Im Privatstiftungsrecht fehlen Kapitalerhaltungsvorschriften. Zum Eintragungszeitpunkt muß das Stiftungsvermögen aber vorhanden sein, andernfalls von vorneherein der Stiftungszweck nicht erreicht werden kann (vgl Doralt/Nowotny/Kalss PSG Rz 13 f). Ob darüber hinaus eine Haftung der Gründer für Verbindlichkeiten der Vorstiftung besteht, ist strittig (verneinend Csoklich aaO 54 und die dort angeführten zahlreichen Gegenstimmen aus der österreichischen und deutschen Lehre). Es ist jedenfalls nicht ausgeschlossen, daß die Stifter einer Privatstiftung eine Haftung für die Gründungskosten trifft (bejahend: Bruckner/Fries/Fries, Die Familienstiftung 66). Das Rekursgericht hat daher zutreffend auch aus dem Grund möglicher Belastungen des minderjährigen Stifters die Frage bejaht, daß eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Stiftungserklärung des minderjährigen Stifters erforderlich ist. Es liegt kein Fall vor, der mit einer ohne jede Belastung verbundenen Schenkung vergleichbarer wäre. Dies könnte höchstens bei der Einräumung der Stellung eines Begünstigten (§ 5 PSG) bejaht werden, nicht aber bei der Rechtsposition eines Stifters, zu der im übrigen noch keine einheitlichen Lehrmeinungen, vor allem aber noch keine oberstgerichtliche Rechtsprechung vorliegt. Mit dem erst am in Kraft getretenen PSG, BGBl 1993/69 wurde eine Einrichtung geschaffen, die als Rechtsträger weder Mitglieder noch Eigentümer hat, dennoch aber als eigentümerloses Vermögen Rechtspersönlichkeit genießt (SZ 70/92). Der Stifterwille wird zwar zunächst notwendigerweise in der Stiftungserklärung als Gründungsakt geäußert, er ist in der Folge aber unter Umständen abänderbar (§ 33 PSG). Da mehrere Stifter die Gestaltungsrechte nur gemeinsam ausüben können (Kalss aaO Rz 21 zu § 3), kann sich daraus eine Mitwirkungspflicht des einzelnen Stifters ergeben, was wiederum als Belastung im Sinne des § 154 Abs 3 ABGB aufgefaßt werden kann. Die in der Lehre und der oberstgerichtlichen Rechtsprechung noch keineswegs ausreichend abgeklärten Rechtsfragen verbieten den vom Revisionsrekurswerber gezogenen Schluß, es läge zwar eine nicht zum ordentlichen Geschäftsbetrieb gehörige Maßnahme vor, diese gereiche dem Minderjährigen aber ausschließlich und ohne jedes Risiko zum Vorteil. Zur Stiftungsgeschäftsfähigkeit eines Minderjährigen vertritt Kalss (aaO Rz 7 zu § 3) die Auffassung, daß die dem Privatrecht unterliegende einseitige rechtsgeschäftliche Erklärung des Minderjährigen der Vertretungshandlung des gesetzlichen Vertreters und der Genehmigung des Gerichtes bedürfe, was Martin C. Huber an anderer Stelle (Rz 4 zu § 7) generell annimmt, also wohl auch für den Fall, daß der minderjährige Stifter nicht eigenes Vermögen der Stiftung widmet.

Der erkennende Senat gelangt aus den dargelegten Gründen zu folgendem Rechtssatz:

Die einseitige Stiftungserklärung eines minderjährigen Stifters bedarf auch dann der Vertretungshandlung beider obsorgeberechtigter Elternteile und der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung nach § 154 Abs 3 ABGB, wenn der Stifter in der Stiftungserklärung nach § 9 PSG kein eigenes Vermögen widmet. Vor Vorliegen dieser Voraussetzungen ist ein Eintragungsgesuch der Privatstiftung vom Firmenbuchgericht abzuweisen.