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OGH vom 10.03.1987, 2Ob714/86

OGH vom 10.03.1987, 2Ob714/86

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Melber, Dr. Huber und Dr. Egermann als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Christine R***, Hausfrau, Alpweg 6 a, 6923 Lauterach, vertreten durch Dr. Rainer Kinz, Rechtsanwalt in Bregenz, wider die beklagten Parteien 1. prot.Fa. S'L*** Helene V*** OHG, Alte

Landstraße 3, 6700 Bludenz, 2. Erwin V***, Kaufmann, Boznerstraße 1, 6700 Bludenz, 3. Helene V***, Geschäftsfrau, ebendort, alle vertreten durch Dr. Fritz Miller, Rechtsanwalt in Schruns, wegen S 100.000,-- s.A. und S 989.902,77 s.A., infolge Revision aller Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Innsbruck als Berufungsgerichtes vom , GZ. 6 R 223, 224/85-77, womit infolge Berufung aller Parteien das Urteil des Landesgerichtes Feldkirch vom , GZ. 7 Cg 2928/84-64, in der Hauptsache bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung.

1. den Beschluß

gefaßt:

Spruch

Die Revisionsergänzung der beklagten Parteien wird zurückgewiesen.

2. zu Recht erkannt:

Beiden Revisionen wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagten haben der Klägerin die mit S 18.483,54 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten S 1.680,32 Umsatzsteuer) zur ungeteilten Hand binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin verkaufte dem Zweitbeklagten am ihr Textilgeschäft in Bludenz, Alte Landstraße 3. Die Verhandlungen für die Klägerin führte ihr Ehemann Walter R***. Es wurde die Übernahme des gesamten mit vorhandenen Warenlagers mindestens zum Einkaufspreis zuzüglich 18 % Umsatzsteuer und die Übernahme der Geschäftseinrichtung zum Preis von S 5.000 zuzüglich 18 % Umsatzsteuer vereinbart. Zwischen den Parteien bestand Einigkeit darüber, daß die dem Zweitbeklagten zustehenden Rechte und Pflichten aus dem Kaufvertrag auf die Erstbeklagte übergehen, sobald diese ins Handelsregister eingetragen werde, was am geschah. Nachträglich unterzeichnete die Erstbeklagte die mit der Klägerin getroffene Vereinbarung. Der Zweitbeklagte und die Drittbeklagte sind persönlich haftende Gesellschafter der Erstbeklagten. Die Klägerin brachte vor, die Erstbeklagte habe die Waren laut den Warenzetteln 1 bis 330 in Beilage B übernommen, sie habe nie reklamiert oder Mängelrüge erhoben. Die Klägerin habe für das Warenlager einen Kaufpreis von S 1,348.309,73 ermittelt. Zuzüglich Umsatzsteuer und Preis für die Geschäftseinrichtung ergebe sich ein Gesamtpreis von S 1,596.905,47. Die Beklagten hätten nur Zahlungen von S 556.962,90 geleistet. Einschließlich kapitalisierter Zinsen ergebe sich zum ein Betrag von S 1,089.902,77. Die Klägerin begehrte mit der zu 7 Cg 2928/84 des Erstgerichtes eingebrachten Wechselklage einen Betrag von S 100.000 s.A. und in der zu 7 Cg 2929/84 eingebrachten Klage einen weiteren Betrag von S 989.902,77.

Die Beklagten wendeten ein, sie hätten mit Walter R*** das Geschäftslokal und den anschließenden Lagerraum besichtigt, Walter R*** habe erklärt, daß nur dieser eine Lagerraum vorhanden sei. Grundlage der Vereinbarung sei gewesen, daß nur dieses eine Lager übernommen werden müsse. Im Sommer und Herbst 1980 habe Einvernehmen darüber bestanden, daß der Wert des Warenlagers nach Durchführung eines Ausverkaufs etwa S 500.000 einschließlich Umsatzsteuer betragen werde. Es sei auch vereinbart worden, daß Walter R*** während des zehntägigen Umbaues des Geschäftslokals die Inventur des Warenlagers durchführe, den Beklagten das Inventurverzeichnis übergebe und die Einkaufspreise für die Waren nenne. Am habe er mitgeteilt, daß er kein Inventurverzeichnis verfaßt habe. Da das Geschäft am eröffnet worden sei, sei den Beklagten keine Zeit für eine eigene Inventur geblieben. Walter R*** habe anläßlich des Umbaues das Warenlager abtransportiert und dann zusätzliche Ware aus anderen Lagerräumlichkeiten zurückgestellt. Die Beklagten, denen bis heute kein Inventurverzeichnis übergeben worden sei, hätten die Warenübergabe gerügt. Es sei auch vereinbart worden, daß das Warenlager aktuelle und fehlerfreie Ware umfasse. Nach Geschäftseröffnung im Jänner 1981 hätten die Beklagten jedoch feststellen müssen, daß ein Großteil der Ware unmodern sei und Fehler aufweise. Die Mängel seien mehrmals mündlich und auch schriftlich gerügt worden. Der Wert des Warenlagers habe einschließlich Umsatzsteuer maximal S 500.000 betragen. Außerdem sei ein Abzug von mindestens S 50.000 bis S 100.000 aus dem Titel der Gewährleistung gerechtfertigt. Die Warenzettel 1 bis 330 in Beilage B seien keine taugliche Grundlage für die Feststellung des Wertes, die endgültige Preisbestimmung scheitere am Verhalten der Klägerin.

Das Erstgericht sprach aus, daß der Wechselzahlungsauftrag zu 7 Cg 2928/84 aufrechterhalten werde und die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig seien, die Wechselsumme von S 100.000

s. Ng. zu bezahlen. Zu 7 Cg 2929/84 erkannte das Erstgericht die Beklagten zur ungeteilten Hand schuldig, einen Betrag von

S 409.607,42 samt Nebengebühren zu bezahlen. Das Mehrbegehren von

S 580.295,35 samt Nebengebühren sowie ein Zinsenmehrbegehren (zu diesem wird in der Revision nichts vorgebracht) wurden abgewiesen. Aus dem vom Erstgericht festgestellten Sachverhalt (S.8 bis 26 der Ausfertigung des Urteiles des Berufungsgerichtes) ist folgendes hervorzuheben:

In der schriftlichen Vereinbarung vom wurde die Geschäftsübergabe mit festgelegt. Es wurden Zahlungstermine vereinbart, nach welchen vom 2.Jänner bis ein Betrag von insgesamt S 700.000 in Teilzahlungen zu leisten war, der Rest am . Walter R*** erklärte im Zuge der Verkaufsgespräche, im Geschäft seien keine Ladenhüter vorhanden. Von zusätzlichen Lagern in einem Kellerraum oder außerhalb des Geschäftslokals war nicht die Rede. Der Zweitbeklagte ging aufgrund der Kenntnis des Warensortiments im Geschäftslokal bei früheren gelegentlichen Einkäufen und aufgrund der gemeinsamen Besichtigung mit Walter R*** davon aus, daß es sich um "normale Ware" das heißt Standardware, die "nicht aus der Mode ist" und keine Verarbeitungsfehler aufweise, handle. Außer der Zusage des Walter R***, daß keine Ladenhüter vorhanden seien, wurde über die Qualität der Ware bei Vertragsabschluß nicht gesprochen. Ob über den Wert des Warenlagers gesprochen wurde, ist nicht feststellbar, doch wurde mündlich vereinbart, daß die Klägerin noch das Weihnachtsgeschäft durchführen werde und der Wert des Warenlagers dadurch gesenkt werde. Über die Übergabe des Warenlagers und die Ermittlung seines Wertes zum Stichtag wurde mündlich vereinbart, daß die Inventur von der Klägerin bzw. Walter R*** während der Weihnachts- und Neujahrsfeiertage so rechtzeitig durchgeführt werde, daß den Beklagten noch die Möglichkeit verbleibe, bis zu der für vorgesehenen Geschäftseröffnung eine "Gegeninventur" durchzuführen. Näheres wurde nicht erörtert, es wurde auch nicht vereinbart, daß bei Vorlage der Inventur die Einkaufsrechnungen anzuschließen seien. Am 8. bzw schlossen die Klägerin und die Erstbeklagte eine ergänzende schriftliche Vereinbarung, die unter anderem die Begebung eines Wechsels und den Erlag von 70 % der Bruttotageslosungen auf ein Sperrkonto zum Gegenstand hatte. In der Zeit von Anfang Jänner bis brachten die Klägerin bzw. Walter R*** in 29 Lieferungen die in den Warenzetteln 1 bis 330 (in dem von der Klägerin erst in der Tagsatzung vom vorgelegten Ordner Beilage B enthalten) angeführten Waren in das Geschäftslokal bzw. in die von den Beklagten gemieteten Kellerräumlichkeiten. Den Warenlieferungen waren die Warenzetteln 1 bis 330 nicht angeschlossen, sondern schlecht lesbare, zum Teil unlesbare Kopien der Originalwarenzettel, in denen nur bei einer Minderheit die Artikelnummern und die Einkaufspreise eingetragen waren (Beilage I). Die Einkaufsrechnungen waren nicht angeschlossen. Die Lieferungen erfolgten meist nach Geschäftsschluß oder an Wochenenden, wenn die Beklagten nicht anwesend waren. Die gelieferten Waren stammten teilweise aus Warenlagern der Klägerin in Bludenz und Bregenz, die den Beklagten nicht bekannt gewesen waren. Den Beklagten war es nicht möglich, einen Großteil der Waren den Warenzetteln zuzuordnen, weil die Artikelbezeichnung nur unvollständig vorhanden war. Die Beklagten forderten mehrfach eine Inventur samt Vorlage der Rechnungen, die Klägerin kam diesen Aufforderungen aber nicht nach. Die den Beklagten zur Verfügung gestellten Warenzettel Beilage I waren für eine Geschäftsübernahme völlig unbrauchbar. Auch die erst während des Verfahrens vorgelegten Warenzettel Beilage B waren nicht ausreichend. Die Beklagten führten keine Aufzeichnungen, welche Waren geliefert wurden, welche darunter mangelhaft waren, welchen Einkaufswert die Waren hatten und welche Erlöse erzielt werden konnten. In ihren Aufzeichnungen wird nicht zwischen Erlösen aus Warenbeständen der Klägerin und Erlösen aus eigenen Warenkäufen unterschieden. Die Klägerin und Walter R*** ermittelten die in den Warenzetteln 1 bis 330 der Beilage B angeführten Preise unter Zugrundelegung der Lieferscheine und Rechnungen oder der in den Etiketten enthaltenen Preise. Der gesamte Einkaufswert beträgt S 1,352.567,10 ohne Umsatzsteuer. Einschließlich Umsatzsteuer und Kaufpreis für die Einrichtung ergibt sich ein Betrag von S 1,596.905,47. Die gelieferte Ware war teilweise unbrauchbar (einzelne Socken, Kleidungsstücke mit Löchern oder Flecken), zum Teil entsprach sie der Mode von 1975/76. Der Sachverständige stellte bei Stichproben fest, daß bei der zur Zeit der Besichtigung vorhandenen Ware ein Abzug von zumindest 50 % vorzunehmen sei. Die Ware konnte zum Teil auch bei "Billigverkäufen" nicht abgesetzt werden. Nach der ersten Lieferung fand erstmals am eine Auseinandersetzung zwischen dem Zweitbeklagten und Walter R*** statt, weil die Ware unmodisch war und schwer oder gar nicht verkauft werden konnte. Es fanden dann zumindest alle 14 Tage Besprechungen statt, bei denen der Zweitbeklagte reklamierte. Er erklärte, die schlechte Ware separat zu lagern und nicht zu übernehmen. Walter R*** konnte aufgrund der Mängelrüge eindeutig erkennen, daß von den Beklagten die Qualität der Ware hinsichtlich Farbe, Schnitt und Alter (unmodisch) sowie Verarbeitungsfehlern (Löcher, Flecken) und die Unvollständigkeit der Warenlieferungen (teilweise nur Einzelstücke bei Socken) bemängelt wurde. Walter R*** erwiderte den Beklagten lediglich, es sei vereinbart worden, daß alles übernommen werde.

Rechtlich beurteilte das Erstgericht diesen Sachverhalt dahin, daß kein Pauschalpreis vereinbart worden sei, sondern der konkrete Wert des Warenlagers bestimmt werden sollte. Der Kaufpreis sei daher bestimmbar gewesen. Es sei davon auszugehen, daß zumindest Waren mittlerer Art und Güte übernommen werden sollten. Da die Ware diesen Eigenschaften zumindest teilweise nicht entsprochen habe, sei ein Abzug von einem Drittel des Einkaufswertes nach § 273 ZPO berechtigt. Die Beklagten hätten nach den einzelnen Teillieferungen innerhalb einer handelsüblichen Frist hinreichend konkretisierte Mängelrüge erhoben. Vom "theoretischen Gesamtkaufpreis" von S 1,591.005,47 einschließlich Umsatzsteuer sei daher ein Drittel abzuziehen, sodaß ein Betrag von S 1,066.570,32 verbleibe. Nach Abzug der Zahlungen von S 556.962,90 ergebe sich eine Forderung von S 509.607,42.

Das Berufungsgericht gab den Berufungen beider Parteien in der Hauptsache nicht Folge. Es erachtete die Beweiswürdigung des Erstgerichtes für unbedenklich und führte zur Rechtsfrage aus, es liege ein Kauf in Pausch und Bogen im Sinne des § 930 ABGB vor, welcher nur eine beschränkte Gewährleistung begründe. Für Fehler an einzelnen Stücken werde nicht gehaftet, wohl aber bei Fehlerhaftigkeit eines erheblichen Teiles. Auch für zugesicherte Eigenschaften finde Gewährleistung statt. Die Zusicherung habe darin bestanden, daß keine Ladenhüter vorhanden seien. Der Schluß des Erstgerichtes, es seien Waren mittlerer Art und Güte zugesagt gewesen, sei daher unbedenklich. Die Mängelrüge sei auch ausreichend gewesen. Die Unmöglichkeit, den für die Bestimmung des Entgeltes maßgeblichen Wert des Warenlagers zu ermitteln, sei zunächst auf die vertragswidrig von der Klägerin nicht vorgenommene Inventarisierung zurückzuführen. Allerdings sei die Vorlage der Einkaufsrechnungen nicht vereinbart worden, sodaß den Beklagten eine Überprüfung der im Inventar enthaltenen Werte ohnedies nicht möglich gewesen wäre. Eine nachträgliche umfassende Überprüfung durch den Sachverständigen sei nicht möglich gewesen, weil die Beklagten Waren aus dem Warenlager und eigene Warenkäufe verkauft hätten, ohne eine Trennung vorzunehmen. Würde man der Ansicht der Beklagten folgen und § 273 Abs. 1 ZPO nicht anwenden, würde dies dazu führen, daß die Beklagten, die bisher S 556.962,90 bezahlt hätten, also weniger als den in der Vereinbarung vom genannten Betrag, ihre Zahlungen willkürlich einstellen könnten, ihnen das Warenlager aber vollständig zur Verfügung stünde. Die Beklagten hätten einen Teil des Warenlagers bereits verkauft, wobei anzunehmen sei, daß dies vor allem bei Stücken besserer Qualität der Fall gewesen sei. Die Klägerin habe zwar auch Warenbestände geliefert, die vom Vertragswillen zumindest der Beklagten nicht erfaßt gewesen seien, doch sei auch hier eine gesonderte Ermittlung des Wertes der Bestände nicht möglich. Die Mehrlieferung sei auch nicht unverzüglich gerügt worden (§ 377 HGB). Ob ein derart gravierender Qualitätsmangel vorgelegen sei, daß es der unverzüglichen Rügepflicht nicht bedurft hätte (§ 378 HGB), stehe nicht fest, weil das Ausmaß der Mehrlieferung nicht quantifiziert werden könne. Im Schreiben vom hätten die Beklagten nicht gerügt, daß zuviel geliefert worden sei, sondern die Lieferung des restlichen Warenlagers eingemahnt. Verneinte man daher die Anwendung des § 273 ZPO, hätte dies zur Folge, daß der Nutzen aus der unklaren Rechtslage, zu der beide Teile gleichermaßen beigetragen hätten, nur den Beklagten zukomme, was höchst unbillig wäre. § 273 Abs. 1 ZPO sei daher anzuwenden. Im Hinblick auf die verschiedenen Einschätzungen der zu diesem Thema vernommenen Personen sowie den Umstand, daß der Sachverständige das Lager erst besichtigen konnte, als ein beträchtlicher Teil der bessergängigen Waren bereits weiterverkauft worden sei, erachte das Berufungsgericht den vom Erstgericht ermittelten Betrag für angemessen.

Sowohl die Klägerin als auch die beklagten Parteien bekämpfen das Urteil des Berufungsgerichtes mit Revisionen, in denen sie Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend machen. Die Klägerin begehrt, das angefochtene Urteil dahin abzuändern, daß dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben werde, oder das Urteil aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen. Die Beklagten stellen einen Aufhebungsantrag und beantragen hilfsweise die Abänderung dahin, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde. In einem einen Tag nach der Revision eingebrachten Schriftsatz ergänzen die Beklagten ihre Revision.

Die Klägerin beantragt, der Revision der Beklagten nicht Folge zu geben. Die Beklagten haben keine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Ergänzung der Revision der beklagten Parteien ist zurückzuweisen, weil jeder Partei nur ein Rechtsmittelschriftsatz zusteht. Ergänzungen sind auch dann unzulässig, wenn sie innerhalb der gesetzlichen Frist eingebracht werden (JBl. 1959, 376 uva.). Daran hat sich durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 nichts geändert (1 Ob 545/86).

Beide Revisionen sind nicht berechtigt.

Mit den Ausführungen zum Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens werden in beiden Revisionen Verfahrensmängel erster Instanz gerügt, weiters wird der ebenfalls unzulässige Versuch unternommen, die Beweiswürdigung zu bekämpfen. Überdies wird in beiden Revisionen unzulässigerweise auf die Berufungsausführungen verwiesen. Insgesamt liegen die in beiden Revisionen behaupteten Verfahrensmängel jedenfalls nicht vor (§ 510 Abs. 3 ZPO). Mit den Rechtsausführungen wird sowohl von der Klägerin als auch von den beklagten Parteien die Ansicht des Berufungsgerichtes bekämpft, es habe sich um einen Kauf in Pausch und Bogen gehandelt. Diesen Ausführungen ist zuzugeben, daß kein Pauschalpreis vereinbart war sondern vereinbart wurde, daß die in einem zu errichtenden Inventar aufgenommenen Waren zu einem für jedes einzelne Stück festgesetzten Preis übernommen werden sollen. Es ist jedoch auch dann, wenn man das Vorliegen eines Kaufes in Pausch und Bogen im Sinne des § 930 ABGB verneint, für keine der Parteien etwas gewonnen. Die klagende Partei hat trotz der Vereinbarung kein Inventar errichtet und hat den Beklagten die Ware ohne brauchbare Aufzeichnungen geliefert. Unter diesen Waren befanden sich auch solche, die aus anderen Lagern stammten, sodaß sie nach der Vereinbarung von den Beklagten gar nicht zu übernehmen gewesen wären. Die Beklagten haben zwar immer wieder Mängel gerügt, haben aber ebenfalls kein Verzeichnis der gelieferten Waren angefertigt, haben einen Teil der Ware verkauft und es unterlassen, im einzelnen vorzubringen, welche Stücke der Vereinbarung widersprachen, weil sie unmodern waren oder aus anderen Lagern stammten. Eine Klärung der Frage, welche Waren überhaupt nicht von der Vereinbarung umfaßt waren, weil sie aus anderen Lagern stammten, war ebensowenig möglich wie eine Feststellung, welche der gelieferten Waren im einzelnen unmodern oder fehlerhaft waren. Diese Unaufklärbarkeit des für die Entscheidung wesentlichen Sachverhaltes ist sowohl auf das Verhalten der Klägerin als auch auf jenes der Beklagten zurückzuführen. Beide vertreten nun die Ansicht, sie könnten daraus für sich günstige Folgerungen ableiten. Die Klägerin meint, mangels entsprechender Mängelrüge müßte der Gesamtpreis bezahlt werden, nach Ansicht der Beklagten hingegen sei die Klägerin beweispflichtig gewesen. Die Anwendung der Vorschrift des § 273 Abs. 1 ZPO halten beide für unzulässig.

Diesen Ausführungen ist zu erwidern, daß die Anwendung des § 273 Abs. 1 ZPO durch eine (hier von beiden Parteien bewirkte) schuldhafte Herbeiführung eines Beweisnotstandes nicht ausgeschlossen wird (4 Ob 8/74, 3 Ob 654/81, 5 Ob 560-562/83). Wird § 273 Abs. 1 ZPO wegen Beweisschwierigkeiten angewendet, dann ist auf die Beweislastregeln nicht Bedacht zu nehmen (2 Ob 64/80, 3 Ob 654/81, 5 Ob 560-562/83). Feststeht, daß die Beklagten vereinbarungsgemäß Waren übernommen haben. Daß alle Stücke mangelhaft waren, behaupteten sie nicht, derartiges ergibt sich auch nicht aus den Feststellungen. Es ist daher davon auszugehen, daß die Ware jedenfalls teilweise der Vereinbarung entsprach und die Klägerin daher eine Kaufpreisforderung hat. Soweit die Ware mangelhaft war, haben die Beklagten Mängelrüge erhoben. Für welche bestimmten Waren im einzelnen von den Beklagten ein Kaufpreis zu bezahlen ist und welche Waren mangelhaft waren, konnten die Vorinstanzen wegen des Verhaltens beider Streitteile aber nicht ermitteln. Daher ist auch der Hinweis der Beklagten, daß kein Kauf in Pausch und Bogen vorliege, weshalb die im § 930 ABGB normierte Einschränkung der Gewährleistung nicht anzuwenden sei, nicht zielführend, weil die Mängel nicht detailliert feststellbar sind. Die Behauptung der Klägerin, die Beklagten hätten keine entsprechende Mängelrüge erhoben, weil sie nicht erkennen konnte, welche Mängel gerügt werden, steht zu den Feststellungen im Widerspruch. Die Anwendung des § 273 Abs. 1 ZPO ist daher gerechtfertigt.

Bei Ermittlung der Höhe des der Klägerin zustehenden Betrages ist davon auszugehen, daß die Übernahme der Waren mindestens zu den Einkaufspreisen vereinbart wurde. Daß sich auf dieser Grundlage ein Betrag von S 1,596.905,47 ergibt, haben die Vorinstanzen festgestellt. Soweit sich die Beklagten gegen die Höhe dieses Betrages wenden, bekämpfen sie in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung. Daß der Sachverständige aufgrund von Stichproben im Jahre 1983 einen Abzug von mindestens 50 % für berechtigt hielt, könnte die Ermittlung des Kaufpreises mit nur der Hälfte des in Rechnung gestellten Betrages nicht rechtfertigen, weil die Annahme, die Beklagten hätten wohl die besseren Stücke verkauft, sicherlich gerechtfertigt ist. In der Ermittlung der aus der Übergabe des Warenlagers resultierenden Kaufpreisforderung der Klägerin mit zwei Dritteln des errechneten Betrages kann daher kein Rechtsirrtum erblickt werden.

Beiden Revisionen war daher ein Erfolg zu versagen. Bei der Kostenentscheidung war davon auszugehen, daß beide Revisionen erfolglos blieben, weshalb für keine ein Kostenersatz zusteht. Gemäß den §§ 41, 50 ZPO gebührt jedoch der Klägerin der Ersatz der Kosten der Revisionsbeantwortung.