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OGH vom 31.01.2017, 1Ob233/16w

OGH vom 31.01.2017, 1Ob233/16w

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätinnen Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer sowie Dr. Kodek als weitere Richter in der außerstreitigen Rechtssache der Antragstellerin I***** F*****, vertreten durch Dr. Franz Xaver Berndorfer, Rechtsanwalt in Linz, gegen den Antragsgegner G***** F*****, vertreten durch Dr. Manfred Luger, Rechtsanwalt in Freistadt, wegen nachehelicher Vermögensaufteilung, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 15 R 360/16s-32, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Freistadt vom , GZ 1 Fam 50/15k-28, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Text

Begründung:

Die Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Erstgerichts vom aus dem überwiegenden Verschulden des Antragsgegners geschieden. Die eheliche Wohnung befand sich auf der vom Antragsgegner in die Ehe eingebrachten Liegenschaft, auf der er eine Landwirtschaft betrieb. Nach ihrem Auszug am fand die Antragstellerin für fünf Monate Aufnahme in einem Frauenhaus. Seit zumindest Dezember 2013 lebt sie in ihrer nunmehrigen Wohnung und verdient monatlich durchschnittlich 1.200 EUR.

Mit ihrem Aufteilungsantrag vom begehrte die Antragstellerin die Zuerkennung einer Ausgleichszahlung.

Das Rekursgericht änderte den Beschluss des Erstgerichts über Rekurs des Antragsgegners ab und wies den Aufteilungsantrag ab. Anders als das Erstgericht ging es rechtlich davon aus, dass die vormalige Ehewohnung nicht nach § 82 Abs 2 EheG in die Aufteilung einzubeziehen und damit insgesamt kein aufzuteilendes Vermögen vorhanden sei.

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des außerordentlichen Revisions-rekurses ist ausschließlich die Frage nach der Einbeziehung der vormaligen Ehewohnung in die Aufteilung. Die Antragstellerin sieht die Voraussetzungen des § 82 Abs 2 EheG hier für den Zeitpunkt ihres Auszugs am (dem Aufteilungsstichtag) erfüllt. Damit spricht sie aber keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung an.

1. Eine Ehewohnung, die ein Ehegatte in die Ehe eingebracht hat, ist nach § 82 Abs 2 EheG unter anderem dann in die nacheheliche Aufteilung einzubeziehen, wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist. Der Oberste Gerichtshof nimmt ein solches „Angewiesensein“ nur an, wenn die Weiterbenützung der Ehewohnung durch den anderen Teil für diesen eine Existenzfrage darstellt, wie dies etwa bei drohender länger dauernder Obdachlosigkeit der Fall wäre (RIS-Justiz RS0058357 [T6]; RS0058370; RS0058382 [T1, T 2];

Deixler-Hübner in Gitschthaler/Höllwerth,EheG § 82 Rz 31).

2. Bereits der Wortlaut des § 82 Abs 2 EheG (arg: „[...] wenn der andere Ehegatte auf ihre Weiterbenützung zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse angewiesen ist“ […]) macht deutlich, dass bei der Beurteilung der Voraussetzungen nach dieser Gesetzesstelle nicht eine rein vergangenheitsbezogene Betrachtung zu erfolgen hat, worauf aber die Antragstellerin abzielt, wenn sie auf die Auflösung der ehelichen Gemeinschaft als den

für die Ermittlung der ehelichen Errungenschaft im Sinne des § 81 Abs 1 EheG maßgeblichen Zeitpunkt (dazu RIS-Justiz RS0057331; RS0057349) abstellt.

3. Schon aus dem Zweck dieser Norm, die die Sicherung der Lebensbedürfnisse vor Augen hat (dazu RIS-Justiz RS0058370), folgt unmissverständlich, dass eine Einbeziehung der vom anderen Teil in die Ehe eingebrachten Ehewohnung in die Aufteilungsmasse nicht in Betracht kommt, wenn der andere Teil auf diese nur noch rein hypothetisch angewiesen wäre (vgl 1 Ob 209/04y). Daher wurde das Vorliegen der Voraussetzungen für die Einbeziehung einer Wohnung nach § 82 Abs 2 EheG etwa wiederholt verneint, wenn der zunächst auf die Weiterbenützung angewiesene Teil durch die Leistung einer Ausgleichszahlung des anderen Teils in die Lage versetzt wird, sich ohne unbillige Einschränkung der Wohnqualität eine Ersatzwohnmöglichkeit zu schaffen (RIS-Justiz RS0058370 [T3; T 4]; 5 Ob 20/05k). Auch entspricht es der Judikatur, dass ein existenzielles „Angewiesensein“ auf eine bestimmte Wohnung zu verneinen ist, wenn die Antragstellerin bereits Jahre vor der Scheidung aus der Ehewohnung auszog (1 Ob 209/04y; 1 Ob 95/15z).

4. Die Antragstellerin verweist selbst darauf, dass sie sich seit Dezember 2013 von ihrem Einkommen eine Mietwohnung leisten kann. Damit begründet es auch keine Fehlbeurteilung des Rekursgerichts, wenn dieses die gesetzlichen Voraussetzungen des § 82 Abs 2 EheG für eine Einbeziehung der Wohnung in die Aufteilung verneinte. Weder Billigkeitserwägungen (

dazu 5 Ob 192/08h; 1 Ob 139/15w) noch ein – im Gesetz ohnehin nicht positiviertes – Optionsrecht (vgl dazu RIS-Justiz RS0057523 [T4; T 5]) der Antragstellerin als aus überwiegendem Verschulden des Gegners geschiedener Teil sind für die Frage nach der Einbeziehung des im Alleineigentum des Antragsgegners stehenden Wohnhauses in das Aufteilungsverfahren von Relevanz. Damit geht auch die Rüge der Antragstellerin, das Rekursgericht habe – ausgehend von seiner Rechtsansicht – wesentliche Feststellungen nicht getroffen, ins Leere.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0010OB00233.16W.0131.000
Schlagworte:
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