OGH vom 12.07.1984, 6Ob14/84

OGH vom 12.07.1984, 6Ob14/84

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am verstorbenen Franz ***** R*****, Pensionist, zuletzt wohnhaft in *****, wegen Feststellung der Erbhofeigenschaft, infolge Revisionsrekurses des erbserklärten Sohnes des Erblassers Hubert R*****, vertreten durch Dr. Gerhard Höller, Rechtsanwalt in Bruck/Leitha, gegen Punkt 1) des Beschlusses des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 65/84-54, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Hainburg vom , GZ A 150/82-50, bestätigt wurde und infolge des Rekurses des genannten Rechtsmittelwerbers gegen Punkt 2) des Beschlusses des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom , GZ 44 R 116/83-54, womit der Rekurs des Rechtsmittelwerbers gegen Punkt 2) des Beschlusses des Bezirksgerichts Hainburg vom , GZ A 150/82-22, zurückgewiesen wurde folgenden

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revisionsrekurs gegen Punkt 1) der Rekursentscheidung wird zurückgewiesen .

Dem Rekurs gegen Punkt 2) der rekursgerichtlichen Entscheidung wird nicht stattgegeben.

Text

Begründung:

Franz X***** R***** ist am gestorben. Eine letztwillige Verfügung von ihm ist nicht bekannt. Er hinterließ eine Witwe und drei volljährige Kinder, zwei Töchter und einen Sohn. Die Hinterbliebenen haben aufgrund des Gesetzes, und zwar die Witwe zu 1/3 und die drei Kinder zu je 2/9 Erbserklärungen ohne Rechtswohltat des Inventars abgegeben. Der Erblasser war Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit dem Haus in der ***** und landwirtschaftlich genutzten Flächen im Ausmaß von 7 ha 57 a 1m² (AS 29). Er war auch Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit einem Waldgrundstück im Ausmaß von 4 a 17 m²; ferner war der Erblasser Eigentümer eines Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit landwirtschaftlich genutzten Flächen von insgesamt 3 ha 46 a 38 m² sowie eines Hälfteanteils an der Liegenschaft EZ ***** KG ***** mit einem landwirtschaftlich genutzten Grundstück im Ausmaß von 1 ha 23 a 73m² und einem Waldgrundstück im Ausmaß von 6 a 63 m²; die restlichen Anteile an den beiden zuletzt genannten Liegenschaften standen und stehen im Eigentum seiner Witwe. Nach dem Inhalt des von allen vier Erben gemeinschaftlich erstatteten eidesstättigen Vermögensbekenntnisses waren an landwirtschaftlichem Zubehör zwei Traktoren und ein Anhänger, ein Pflug, eine Egge und andere alte Geräte vorhanden, an Vieh ein Kalb und zwei Ferkel.

In der am vor dem Gerichtskommissär abgehaltenen Tagsatzung teilte der Gerichtskommissär allen vier erbserklärten Erben mit, dass er an die Niederösterreichische Landeslandwirtschaftskammer die Anfrage gerichtet habe, ob der in den Nachlass gehörende Betrieb ein Erbhof sei, eine Antwort auf diese Anfrage aber noch nicht vorliege. Die erwähnte Kammer richtete am an den Gerichtskommissär die Stellungnahme, dass der landwirtschaftliche Betrieb in *****, aufgrund seiner Größe und seiner Ertragsfähigkeit in der Lage sei, einen Durchschnittsertrag abzuwerfen, der zur angemessenen Erhaltung einer bäuerlichen Familie von fünf erwachsenen Personen ausreicht, jedoch das Siebenfache dieses Ausmaßes nicht übersteigt. Die Witwe und die beiden Töchter des Erblassers vertraten unter Hinweis darauf, dass der Erblasser und dessen Ehefrau nahezu ihren gesamten landwirtschaftlichen Besitz teils an den Ehegatten der älteren Tochter und teils an die jüngere Tochter verpachtet hatten, die Ansicht, dass die Erbhofeigenschaft nicht anzunehmen sei.

Das Abhandlungsgericht sprach im Punkt 2. seiner Entscheidung vom , ON 22, aus, dass der in die Verlassenschaft fallende landwirtschaftliche Betrieb, der aus dem Gutsbestand der im Alleineigentum des Erblassers gestandenen Liegenschaften (EZ ***** KG ***** und EZ ***** KG *****) sowie den Grundstücken der im gemeinsamen Eigentum des Erblassers und seiner nunmehrigen Witwe gestandenen Liegenschaften (EZ ***** KG ***** und EZ ***** KG *****) besteht, „einen Ehegattenerbhof im Sinne der §§ 1 und 4 Anerbengesetz“ bildet. In der Begründung dieser Entscheidung führte das Abhandlungsgericht wörtlich aus: „Da die Frage der Erbhofeigenschaft des Nachlasses im Verlassenschaftsverfahren umstritten war, wurde im Sinne der Verfahrensökonomie über diese Frage ein mit Rechtsmittel bekämpfbarer Feststellungsbeschluss erlassen.. Der Abhandlungsrichter verfügte die Zustellung von Ausfertigungen dieser Entscheidung an alle vier erbserklärten Erben unter Anschluss einer Rechtsmittelbelehrung. Nach dem Rückschein wurde die an den - damals ebenso wie die übrigen Erben nicht vertretenen - Sohn des Erblassers unter der vor dem Gerichtskommissär von ihm angegebenen Anschrift adressierte Gerichtssendung durch die Post am der Schwiegermutter des Empfängers ausgefolgt.

Nach der Niederschrift des Gerichtskommissärs über die in Anwesenheit aller vier erbserklärten Erben abgehaltene Tagsatzung vom haben die Witwe und die drei Kinder des Erblassers den Gerichtsbeschluss zur Kenntnis genommen, „in welchem die Erbserklärungen angenommen und festgestellt wurde, dass der in die Verlassenschaft fallende Betrieb einen Ehegattenerbhof im Sinne der §§ 1 und 4 des AnerbenG bildet“. Im weiteren Verlauf dieser Tagsatzung erklärte der Sohn des Erblassers, er habe auf dem „Erbhof“ mitgearbeitet; er beantragte eine gerichtliche Schätzung seines „Abfindungsanspruches“. In einer weiteren vor dem Gerichtskommissär in Anwesenheit aller vier erbserklärten Erben abgehaltenen Tagsatzung erstatteten zwei bäuerliche Sachverständige am gutächtliche Äußerungen zum „Übernahmspreis“; ein daraufhin abgeändertes eidesstättiges Vermögensbekenntnis unterzeichnete der Sohn des Erblassers nicht. Er erklärte sich mit einem niederschriftlich festgehaltenen „Erbübereinkommen“ nicht einverstanden.

In dem mit datierten und am beim Erstgericht eingelangten, anwaltlich verfassten Schriftsatz - dessen Postaufgabe nicht aktenkundig gemacht wurde - führte der Sohn des Erblassers einerseits einen Rekurs gegen Punkt 2 des Beschlusses vom (ON 22) aus und begründete die Rechtzeitigkeit dieses Rechtsmittels damit, dass die Zustellung der für ihn bestimmten Ausfertigung des angefochtenen Beschlusses an seine Schwiegermutter den Bestimmungen des § 16 Abs 2 ZustG widersprochen und deshalb keine Zustellungswirkung ausgelöst habe; „vorsichtshalber“ stellte der Rechtsmittelwerber einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen eine allfällige Versäumung der Rekursfrist.

Einem rekursgerichtlichen Auftrag folgend entschied das Abhandlungsgericht vor der Rekurserledigung über den Wiedereinsetzungsantrag. Mit dem Beschluss vom , ON 50, wies das Erstgericht den Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Wiedereinsetzungsfrist zurück.

Das Rekursgericht bestätigte die erstinstanzliche Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags (Punkt 1 der Rekursentscheidung) und wies den Rekurs gegen die Feststellung der Erbhofeigenschaft als verspätet zurück (Punkt 2 der Entscheidung des Gerichts zweiter Instanz).

Der Rechtsmittelwerber ficht beide Entscheidungen an.

Gegen die bestätigende Entscheidung des Rekursgerichts zur Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags ist ein weiterer Rechtszug ausgeschlossen.

Nach der seit der Entscheidung SZ 19/126 herrschenden Rechtsprechung (EvBl 1963/74, S 99; RZ 1970, 223; EFSlg 39.839 uva) wird durch die Bestimmung des § 17 AußStrG das in der Zivilprozessordnung geregelte Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht nur in Ansehung seiner in den §§ 146 ff ZPO normierten Voraussetzungen, Erfordernisse, Wirkungen und besonderen Anfechtungsbeschränkungen des § 153 ZPO, sondern darüber hinaus als ein in der Zivilprozessordnung geregeltes Institut in seiner Unterworfenheit unter die allgemeinen Rechtsmittelbeschränkungen dieses Verfahrensgesetzes, insbesondere also auch mit dem Rechtsmittelausschluss nach § 528 Abs 1 Z 1 ZPO in das Verfahren außer Streitsachen übernommen. (Die der Sache nach gegenteilige Entscheidung des Obersten Gerichtshofs vom , 8 Ob 535/83, die von der Anfechtbarkeit eines die Abweisung eines Wiedereinsetzungsantrags bestätigenden Beschlusses aus den Anfechtungsgründen des § 16 Abs 1 AußStrG ausgeht, setzte sich mit der bis dahin ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in keiner Weise auseinander.) Der erkennende Senat sieht sich nicht bestimmt, von der oben zitierten Rechtsprechung (dieselbe Ansicht vertritt auch Feil, Handkommentar Verfahren außer Streitsachen, 187 und 190) abzugehen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs gegen Punkt 1) der angefochtenen Rechtsmittelentscheidung ist als unzulässig zurückzuweisen.

Die Zurückweisung des Rekurses gegen die Feststellung der Erbhofeigenschaft unterliegt keiner Rechtsmittelbeschränkung. Die Anfechtung des Punktes 2 der rekursgerichtlichen Entscheidung ist vielmehr nach § 14 Abs 1 AußStrG zu beurteilen.

Dieses Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

Das Rekursgericht legte in tatsächlicher Hinsicht zugrunde, dass die für den Rechtsmittelwerber bestimmte Ausfertigung des abhandlungsgerichtlichen Beschlusses vom , ON 22, dem Rechtsmittelwerber spätestens am zugekommen ist.

Die Rechtsmittelausführungen, es sei nicht erwiesen worden, dass dem Empfänger die für ihn bestimmte Beschlussausfertigung auch samt Rechtsmittelbelehrung zugekommen wäre, ist für die hier strittigen Zustellungswirkungen unerheblich, weil diese unabhängig vom Anschluss einer Rechtsmittelbelehrung eintreten (vgl für den Zivilprozess Fasching, Lehrbuch, Rdz 1612; EvBl 1964/211, S 300; uva; im selben Sinne für das Außerstreitverfahren EFSlg 30.473 uva).

Sollten die Voraussetzungen des § 16 ZustG über eine wirksame Ersatzzustellung an die Schwiegermutter des Empfängers nicht vorgelegen und deshalb die Zustellungswirkung am nicht eingetreten sein, wäre dies gemäß § 7 ZustG doch spätestens am erfolgt. Spätestens mit diesem Tage wurde die 14-tägige Rechtsmittelfrist des § 11 Abs 1 AußStrG in Gang gesetzt. Eine Berücksichtigung des verspäteten Rekurses gemäß § 11 Abs 2 AußStrG kam wegen der Rechtsstellung der übrigen Erben nicht in Betracht. Die Rechtsmittelfrist war daher am längst abgelaufen. Das Rekursgericht hat den Rekurs gegen den Punkt 2. des Beschlusses ON 22 mit Recht als verspätet zurückgewiesen.

Dem dagegen erhobenen Rekurs war ein Erfolg zu versagen.