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OGH vom 21.12.1977, 6Ob14/77

OGH vom 21.12.1977, 6Ob14/77

Norm

ABGB § 918;

Tiroler Höfegesetz § 21;

Kopf

SZ 50/166

Spruch

Die Grundsätze des § 21 Tiroler Höfegesetz, wonach dem Übernehmer des Hofes eine Frist zur Bezahlung der Erbteile der weichenden Erben eingeräumt werden kann, sind auch für die Bezahlung der Entfertigungsbeträge an weichende Geschwister bei einer Hofübergabe unter Lebenden sinngemäß anzuwenden. Rücktrittsmöglichkeit bei bäuerlichen Übergabsverträgen

(OLG Innsbruck 2 R 130, 131/77; LG Innsbruck 7 Cg 154/75)

Text

Der Kläger war u. a. Eigentümer der Liegenschaft EZ 87 I KG B, des geschlossenen Hofes zu "Jager" in B IV/28. Mit Übergabsvertrag vom vereinbarte er mit dem Beklagten Martin S, seinem Sohn, daß er ihm diesen Hof zuzüglich der Liegenschaft EZ 83 II/KG W, einer Alpe, übergibt. Der Beklagte übernahm nach dem Übergabsvertrag einerseits ein Ausgedinge für seine Eltern (Punkt 4 des Vertrages), andererseits verpflichtete er sich, seinen weichenden Geschwistern Entfertigungsbeträge zu zahlen und zwar 250 000 S an Georg S 250 000 S an Markus S jun., 400 000 S an Johann S 200 000 S an Barbara S und 200 000 S an Maria Magdalena S. Bezüglich dieser Entfertigungsbeträge enthält der Vertrag im Punkt 5 Abs. 2 und 3 folgende Bestimmungen:

"Diese Entfertigungsbeträge sind bis spätestens Ende September 1974 an die Weichenden ... bar und abzugsfrei vom Hofübernehmer anweisen zu lassen; bei fristgerechter Anweisung dieser Entfertigungsbeträge ist eine Verzinsung derselben nicht vorgesehen.

Der Schriftenverfasser, Notar Dr. J P, erhält aber den Auftrag, diesen Übergabsvertrag erst dann zu verbüchern, wenn der Hofübernehmer die oberwähnten Entfertigungsbeträge an seine Geschwister ausbezahlt hat, was mit Bankbestätigungen nachzuweisen ist bzw. wenn diese Entfertigungsbeträge auf dem Anderkonto des Schriftenverfassers bei der Sparkasse der Stadt X sichergestellt sind".

Nach Punkt 11 des Vertrages ist der Beklagte Auftraggeber, hat alle mit Errichtung, Vergebührung und Verbücherung des Vertrages verbundenen Kosten, Steuern und Gebühren allein zu tragen und erteilt gemeinsam mit dem Kläger dem Schriftenverfasser jegliche hiezu erforderliche Einschreitungs- und Zustellungsvollmacht. Nach Punkt 12 des Vertrages ist u. a. auch für die Entfertigungsbeträge eine Wertsicherung auf der Basis März 1974 vereinbart. Gemäß Punkt 6 des Vertrages verpflichtet sich der Beklagte, eine auf der Liegenschaft haftende Hypothekarschuld zugunsten der Elisabeth Z zur alleinigen Tilgung und Rückzahlung zu übernehmen. Gemäß Punkt 7 des Vertrages sollen Besitz, Genuß, Tag und Gefahr am Übergabsobjekt im Zeitpunkt der Unterfertigung des Vertrages auf den Beklagten übergehen. Im Sinne dieser Bestimmung übergab der Kläger dem Beklagten auch tatsächlich den Besitz an der Liegenschaft und dieser übernahm ab die Bewirtschaftung des Hofes. Der Beklagte bezahlte die Entfertigungsbeträge an seine Geschwister nicht. Mit Schreiben vom setzten der Kläger und die nach dem Übergabsvertrag begünstigten Geschwister dem Beklagten eine Nachfrist bis bei sonstigem Rücktritt vom Vertrag. Der Beklagte bezahlte die Entfertigungsbeträge auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht.

Mit der am zugestellten Klage begehrte der Kläger vom Beklagten die Räumung und Übergabe der Liegenschaft. Am schloß der Kläger mit Markus S jun. einen Übergabsvertrag über denselben Hof, der drei Tage später verbüchert wurde, so daß seither Markus S jun. bücherlicher Eigentümer der Liegenschaft ist. Im Hinblick darauf stellte der Kläger nun das Eventualbegehren auf Räumung der Liegenschaft und Übergabe derselben an Markus S jun.

Der Kläger brachte vor, der Beklagte habe die vereinbarten Zahlungen an die weichenden Geschwister trotz mehrfacher Mahnungen und Setzung einer angemessenen Nachfrist nicht geleistet, weshalb er zum Rücktritt vom Vertrag berechtigt sei. Er habe darüber hinaus auch gewisse Ausgedingsleistungen nicht erbracht, seine Eltern ständig beschimpft und ihnen den Verbleib am Hof derart verleidet, daß der betagte Kläger nervlich völlig heruntergekommen sei. Der Beklagte habe den Kläger auch mehrmals mißhandelt. Daß der Kläger seit dem Rücktritt vom Vertrag Lebensmittel am Hof entnehme, geschehe auf Grund des neuabgeschlossenen Übergabsvertrages mit Markus S jun., nicht aber in Anerkennung irgendwelcher Rechte des Beklagten. Der Beklagte habe sich auch zur Abdeckung des Pfandrechtes der Elisabeth Z verpflichtet, sei dieser Verpflichtung jedoch nicht nachgekommen, weshalb der Kläger - damals noch bücherlicher Eigentümer - in Anspruch genommen worden sei. Ein Zurückbehaltungsrecht stehe dem Beklagten nicht zu, weil dieser nur Ausgaben geleistet habe, die durch seine Wirtschaftsführung verursacht wurden. Falls ein solches Recht aber bejaht werden sollte, sei der Kläger bereit, den begehrten Betrag gerichtlich zu hinterlegen.

Der Beklagte beantragt, das Klagebegehren abzuweisen. Er wendete ein, der Kläger sei mangels Vereinbarung eines solchen Rechtes im Übergabsvertrag nicht berechtigt, vom Vertrag zurückzutreten, zumal die faktische Übergabe bereits stattgefunden habe. Die Entfertigungsbeträge an die Geschwister des Beklagten seien bisher nicht bezahlt worden, weil der Beklagte dazu aus finanziellen Gründen nicht in der Lage gewesen sei. Die Ausgedingsleistungen an seine Eltern habe der Beklagte stets erbracht. Falls der Beklagte zur Herausgabe verpflichtetsein sollte, stehe ihm ein Zurückbehaltungsrecht zu. Er habe nämlich erhebliche Aufwendungen für den Hof getätigt und könne insbesondere auch seine seit 20 Jahren geleisteten, bisher im Hinblick auf die geplante Hofübernahme nicht entlohnten Arbeitsleistungen für den Hof des Klägers geltend machen. Der Kläger habe dadurch, daß er auch nach dem unberechtigten Rücktritt vom Vertrag die Ausgedingsleistungen in Anspruch genommen habe, den Standpunkt des Beklagten anerkannt.

In der Tagsatzung vom gab der Beklagte ferner die Erklärung ab, er sei jetzt in der Lage, die im Vertrag vereinbarten Entfertigungsbeträge zu bezahlen, sofern die Berechtigten bereit seien sie anzunehmen und dem Beklagten garantiert sei, daß er nach wie vor alle Rechte aus dem Übergabsvertrag habe.

Der Kläger erklärte dazu, daß dieses Angebot des Beklagten zu spät komme, weil dessen Geschwister inzwischen die Entfertigungsbeträge auf Grund des Übergabsvertrages mit Markus S jun. erhalten hätten.

In der Tagsatzung vom erklärte der Kläger ferner, daß er das Klagebegehren auch auf den Unvergleichsfall, insbesondere wegen der von ihm zu erduldenden Beschimpfungen und Mißhandlungen stütze.

Das Erstgericht gab dem Hauptbegehren des Klägers statt. Es traf über den oben wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen:

Der Beklagte arbeitete zeitlebens auf dem Hof seines Vaters, ohne einen regulären Lohn zu erhalten. Er wurde lediglich erhalten und bekam ein Taschengeld. Der Beklagte akzeptierte diesen Zustand deshalb, weil er auf Grund der Zusicherungen des Klägers darauf vertraute, daß er den Hof dereinst übernehmen werde. Bei Abschluß des Übergabsvertrages gingen die Streitteile davon aus, daß die Lebensgefährtin des Beklagten, Rosa H, dem Markus S jun. ein Grundstück verkaufen werde und aus dem Kauferlös die Entfertigungsforderungen bezahlt werden könnten. Wegen Differenzen über den Kaufpreis und - über Forderungen, die die Mutter des Beklagten nachträglich über den Inhalt des Übergabsvertrages hinaus geltend machte, zerschlug sich dieser Grundverkauf. Der Beklagte brachte das Geld auch anderweitig nicht auf. Die Geschwister drängten im Herbst 1974 auf Bezahlung der Entfertigungsbeträge. Den Ausgedingsansprüchen der Eltern kam der Kläger immer durch Duldung der entsprechenden Naturalentnahmen nach. Der Beklagte erbrachte außer seinen Arbeitsleistungen insgesamt 230 515.61 S an Zahlungen für den Hof, den Großteil für die Zeit, in der er ihn bewirtschaftete, einen kleineren Teil für die Zeit, da ihm die Bewirtschaftung des Hofes noch nicht oblag. Alle diese Zahlungen bestritt er aus den laufenden Erträgnissen des Hofes.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Ansicht, aus Punkt 5 Abs. 3 des Vertrages sei für den vorliegenden Fall zu erschließen, daß die Parteien die Möglichkeit eines Rücktritts vom Vertrag im Sinne des § 918 Abs. 1 ABGB offenhalten wollten. Die Einräumung der faktischen Nutzung könne in diesem Zusammenhang die Übergabe durch Einverleibung des Eigentumsrechtes nicht ersetzen. Der Kläger habe den Vertrag noch nicht voll erfüllt und könne daher noch zurücktreten. Die erteilte Nachfrist sei angemessen, ein Zurückbehaltungsrecht des Beklagten bestehe deshalb nicht, weil die erbrachten Zahlungen aus den Erträgnissen der Liegenschaft bestritten worden seien. Die vom Beklagten früher erbrachten Arbeitsleistungen stunden dagegen in keinem unmittelbaren Zusammenhang mit der herauszugebenden Sache. Die Veräußerung der Liegenschaft nach Streitanhängigkeit beeinträchtige die aktive Klagslegitimation nicht.

Das Berufungsgericht gab der ausschließlich auf den Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung gestützten Berufung des Beklagten Folge, änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren abgewiesen wurden und sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes 1000 S übersteige. Es vertrat die Rechtsansicht, aus der Besonderheit der bäuerlichen Übergabsverträge ergebe sich, daß eine Anwendung des § 918 Abs. 1 ABGB nicht ohne weiteres in Betracht käme. Nur dann, wenn ein solches Rücktrittsrecht ausdrücklich vereinbart sei, wäre ein derartiger Rücktritt vom Vertrag möglich. Dies gelte auch dann, wenn dem Übernehmer bereits der tatsächliche Besitz eingeräumt, sein Eigentumsrecht aber noch nicht im Grundbuch einverleibt sei. Der Kläger habe die von ihm zu erbringenden Leistungen bereits zur Gänze erbracht, da er die Aufsandungserklärung bereits abgegeben habe. Die Verbücherung könnte daher ohne sein weiteres Zutun erfolgen. Aus Punkt 5 Abs. 3 des Vertrages ergebe sich nicht, daß ein Rücktrittsrecht vereinbart worden sei. Diese Bestimmung habe nur der Sicherung der Entfertigungsbeträge für die weichenden Geschwister gedient. Für den Fall des Verzuges seien eine Wertsicherung und die Verzinsung vorgesehen. Selbst wenn man aber ein Rücktrittsrecht bejahe, so sei die gesetzte Nachfrist zu kurz gewesen. Auch bei einer Übertragung des Hofes unter Lebenden sei darauf Bedacht zu nehmen, daß der Übernehmer wohl bestehen könne. Analog § 21 Abs. 2 Tiroler Höfegesetz wäre daher eine Frist von drei Jahren angemessen gewesen. Das Angebot des Beklagten in der Tagsatzung vom sei daher nicht verspätet gewesen. Der Kläger habe daher nicht rechtswirksam vom Vertrag zurücktreten können.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Wohl kann nach ständiger Rechtsprechung (SZ 34/146; JBl. 1967, 316 mit Glosse von Gschnitzer; SZ 45/112 u. a.; zuletzt etwa 6 Ob 630/77), der Verkäufer einer Liegenschaft trotz faktischer Besitzeinräumung bis zur grundbücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechtes des Käufers gemäß § 918 ABGB vom Vertrag zurücktreten, wenn der Käufer seinerseits den Vertrag nicht erfüllt hat, da Liegenschaften erst mit der grundbücherlichen Eintragung übergeben werden. Hinsichtlich des Rücktrittsrechtes bei bäuerlichen Übergabsverträgen behandelten die bisherigen Entscheidungen (JBl. 1967, 33; EvBl. 1972/38, 68; RZ 1970, 168; NZ 1973, 189 u. a.), soweit dies zu überblicken ist, durchwegs Fälle in denen das Eigentumsrecht der Übernehmer bereits bücherlich einverleibt war. In der Entscheidung EvBl. 1970/223, 398, wurde allerdings ausdrücklich darauf verwiesen, daß der Vertrag seitens des Übergebers durch bücherliche Einverleibung des Eigentumsrechtes des Übernehmers bereits zur Gänze erfüllt worden sei, während die Entscheidung SZ 45/112 - allerdings in Form eines obiter dictums - aussprach, daß auch bäuerliche Liegenschaften grundsätzlich erst dann übertragen seien, wenn die grundbücherliche Einverleibung des Übernehmers erfolgt ist und der Übergeber daher bis zu diesem Zeitpunkt gemäß § 918 ABGB vom Vertrag zurücktreten könne.

Wie jedoch schon das Berufungsgericht unter Hinweis auf die Lehre und Rechtsprechung (vor allem Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 237 ff.;

Pitter, "Der Übergabsvertrag" in NZ 1902, 273; Kellner, "Die rechtliche Natur der Übergabsverträge zwischen Eltern und Kindern" in NZ 1908, 274; Grohmann, "Der Übergabsvertrag" in NZ 1916, 213;

Schellander, "Verträge auf Abänderung der in einem Übergabsvertrag festgesetzten Abfindungsleistungen an Drittbegünstigte" in JBl. 1957, 179; Piegler, "Rechtsfragen um Gutsübergabe und Ausgedinge" in ÖJZ 1956, 562; SZ 29/53; EvBl. 1969/253, 391; RZ 1970, 168; EvBl. 1971/35, 70; NZ 1973, 189 u. a.) zutreffend ausgeführt hat, handelt es sich bei derartigen bäuerlichen Übergabsverträgen um Verträge besonderer Art, welche einerseits einem Kauf gegen Stundung des Kaufpreises ähnlich sind, andererseits aber auch Elemente eines Geschäftes von Todes wegen (vorweggenommene Erbfolge) und familienrechtliche Bestandteile enthalten. Soweit Entfertigungsbeträge an weichende Geschwister vereinbart werden, liegt ein Vertrag zugunsten Dritter vor. Wie in wiederholten Entscheidungen hervorgehoben wurde (5 Ob 436/58; 6 Ob 31/70; 7 Ob 475/55 u. a.), beruhen solche Verträge auf dem persönlichen Vertrauen der vertragschließenden Teile zueinander. Sie pflegen nicht auf Zeit, sondern auf Dauer geschlossen zu werden, wobei sich Übergeber und Übernehmer auf Gedeih und Verderb miteinander verbinden. Der Übergeber bezweckt durch den Vertragsabschluß die Sicherung seines Lebensabends, für den Übernehmer, der nicht selten unter Ausschlagung anderer sich ihm bietender Erwerbsmöglichkeiten den Vertrag eingeht, bedeutet in der Regel die übergebene Liegenschaft die Grundlage seiner Existenz der er in Hinkunft seine ganze Arbeitskraft zu widmen hat. Die Leistungen an den Übergeber werden in der Regel aus den Erträgnissen der übergebenen Liegenschaft und ohne Rücksicht darauf erbracht, ob die Verbücherung schon erfolgt ist. Dies gilt häufig auch für die im Übergabsvertrag zugunsten Dritter vereinbarten Leistungen.

Schon aus diesen Gründen ist ein Rücktritt vom Vertrag nach § 918 ABGB nach der faktischen Besitzeinräumung und vor der grundbücherlichen Durchführung nur dann möglich, wenn der Vertrag einen diesbezüglichen Vorbehalt enthält. Dazu kommt aber noch, daß Lehre und Rechtsprechung die Bestimmung des § 881 Abs. 3 ABGB dahin ausgelegt haben, daß unter der Übergabe des Gutes sowohl die Besitzüberlassung als auch die Verbücherung zu verstehen ist, obgleich die §§ 426, 431 ABGB die Verbücherung als die Form der Übergabe bei unbeweglichen Sachen bezeichnen (Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 241; Ehrenzweig[2] II/1, 199; Schellander a. a. O.; EvBl. 1971/35, 70). Die Idee des Gesetzgebers ist nämlich, daß direkte Ansprüche gegen den Übernehmer gegeben werden, sobald die wirtschaftliche Grundlage dieser Leistungen auf ihn übergegangen ist. Wenn aber nach dieser Gesetzesstelle das Recht auf die bei einer Gutsabtretung zugunsten eines Dritten versprochenen Leistungen mangels anderer Vereinbarungen von dem Dritten bereits mit der Überlassung des Besitzers erworben wird, dann muß auch das Recht des Übergebers, gemäß § 918 ABGB vom Vertrag zurückzutreten, grundsätzlich auf diesen Zeitpunkt abgestellt werden. Andernfalls könnte durch den Rücktritt vom Vertrag auch in die Rechte Dritter eingegriffen werden. Auch dieser Umstand spricht dafür, bäuerliche Übergabsverträge anders zu behandeln als sonstige Verträge über Liegenschaften.

Aus allen diesen Gründen endet daher bei bäuerlichen Übergabsverträgen die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag gemäß § 918 ABGB mit dem Zeitpunkt der Besitzübertragung an den Übernehmer, es sei denn, im Vertrag wäre etwas anderes vereinbart. Eine solche Vereinbarung muß dabei nicht ausdrücklich getroffen werden, sondern kann sich auch schlüssig aus dem Inhalt der Vereinbarungen in ihrer Gesamtheit ergeben (§ 863 ABGB).

Prüft man unter diesem Gesichtspunkt den gegenständlichen Übergabsvertrag, dann ergibt sich nach Ansicht des erkennenden Senates, daß sich der Kläger im vorliegenden Fall das Recht zum Rücktritt vom Vertrag bis zum Zeitpunkt seiner bücherlichen Durchführung vorbehalten hat. Wohl sieht der Vertrag für die Entfertigungsbeträge eine Verzinsung und eine Wertsicherung vor, Punkt 5 des Vertrages, wonach der Notar den Auftrag erhält, den Vertrag erst zu verbüchern, wenn der Hofübernehmer die Entfertigungsbeträge an seine Geschwister ausbezahlt oder sichergestellt hat, kann jedoch bei Überlegung aller Umstände nicht anders ausgelegt werden, als daß die Parteien damit dem Übergeber die Möglichkeit wahren wollten, vom Vertrag zurückzutreten, falls der Übernehmer dieser Verpflichtung nicht nachkommen sollte. Denn die weichenden Geschwister wären beianderer Auslegung sogar noch weniger gesichert als bei einer sofortigen Verbücherung des Vertrages, weil sie nicht ohne weiteres die Möglichkeit hätten, zur Hereinbringung ihrer Forderungen Exekution auf den geschlossenen Hof zu führen. Eine derartige Zielsetzung kann den Vertragspartnern nicht unterstellt werden. Dies zeigt, daß Punkt 5 nur dahin verstanden werden kann, daß sich der Übergeber die Möglichkeit des Rücktritts vom Vertrag als Druckmittel gegenüber dem Übernehmer vorbehalten wollte. Da nach den Feststellungen der Untergerichte auch die begünstigten Geschwister dem Beklagten eine Nachfrist bis 3 bei sonstigem Rücktritt vom Vertrag gesetzt haben, steht auch § 881 Abs. 3 ABGB dem Begehren des Klägers nicht im Wege, da die begünstigten Geschwister damit der Vorgangsweise des Klägers zugestimmt haben.

Es ist daher davon auszugehen, daß dem Kläger im vorliegenden Fall das Recht zum Rücktritt vom Vertrag bis zum Zeitpunkt der Verbücherung des Übergabsvertrages vorbehalten blieb. Hingegen kann dieses Rücktrittsrecht auf den behaupteten Unvergleichsfall nicht gestützt werden, da der Kläger mangels anderer Vereinbarungen daraus nicht das Recht zum Rücktritt vom Vertrag ableiten (SZ 1970, 168), sondern nur die Ablösung des Naturalausgedinges in Geld verlangen kann.

Unter diesen Umständen müssen auch die weiteren Einwendungen des Beklagten gegen den geltend gemachten Anspruch ebenso einer näheren Prüfung unterzogen werden, wie die vom Berufungsgericht erörterte Frage, welchen Einfluß die Bestimmung des § 21 Abs. 2 Tiroler Höfegesetz hat.

Dem Berufungsgericht ist zuzustimmen, daß die Grundsätze des § 21 Abs. 2 Tiroler Höfegesetz auf den vorliegenden Fall sinngemäß anwendbar sind. Nach ständiger Rechtsprechung (SZ 27/124; SZ 38/47,; SZ 45/89 u. a.) beruht der Grundsatz, daß der Übernehmer "wohl bestehen kann", auf bäuerlichem Gewohnheitsrecht und ist auch bei einer Übertragung unter Lebenden anzuwenden. Die Regelung des § 21 Tiroler Höfegesetz (ähnlich § 11 Kärntner Erbhöfegesetz und § 12 Anerbengesetz) dient aber ebenso der Verwirklichung dieses Grundsatzes wie dessen Anwendung bei der Bestimmung des Übernahmspreises. Die Grundsätze des § 21 Tiroler Höfegesetz, wonach dem Übernehmer des Hofes eine Frist zur Bezahlung der Erbteile der weichenden Erben eingeräumt werden kann, ist daher auch für die Bezahlung der Entfertigungsbeträge an weichende Geschwister bei einer Hofübergabe unter Lebenden sinngemäß anzuwenden.

Mit Recht rügt jedoch die Revision, daß eine Erörterung der sich aus der mutatis mutandis natürlich nur sinngemäßen Anwendung des § 21. Tiroler Höfegesetz ergebenden Fragen mit den Parteien nicht stattgefunden hat. Das Verfahren der Untergerichte ist daher insofern mangelhaft geblieben. Da inzwischen auch die Höchstfrist von 3 Jahren im Sinne des § 21 Abs. 2 und Abs. 3 Tiroler Höfegesetz verstrichen ist, welche jedenfalls von der faktischen Besitzeinräumung (welche hier mit dem Abschluß des Übergabsvertrages zusammenfällt) an zu laufen begonnen hat, wird im fortgesetzten Verfahren auch die Erklärung des Beklagten in der Tagsatzung vom , er sei jetzt in der Lage, die Entfertigungsforderungen zu bezahlen, zu erörtern sein.

Sollte nach den Ergebnissen des fortgesetzten Verfahrens der Vertragsrücktritt rechtswirksam erfolgt sein, müßte auch die Einwendung des Zurückbehaltungsrechtes in der bereits vom Berufungsgericht angedeuteten Richtung näher erörtert werden.