OGH vom 29.08.2002, 6Ob283/01p
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Ehmayr als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Huber, Dr. Prückner, Dr. Schenk und Dr. Schramm als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei mj Franziska M*****, geboren , ***** Deutschland, vertreten durch ihre Mutter Ines M*****, diese vertreten durch Dr. Georg Zanger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. Jörg H*****, vertreten durch Mag. Huberta Gheneff-Fürst, Rechtsanwältin in Wien, wegen Unterlassung ehrenrühriger Behauptungen, Widerruf und Veröffentlichung des Widerrufs, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom , GZ 5 R 126/01p-27, mit dem das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom , GZ 37 Cg 161/00f-22, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird teilweise Folge gegeben. Die Urteile der Vorinstanzen, die hinsichtlich der Abweisung des Begehrens auf Veröffentlichung des Widerrufs in einer Samstagausgabe der Tageszeitung "Neue Kronen Zeitung" als unangefochten unberührt bleiben, werden im Übrigen dahin abgeändert, dass das Urteil einschließlich des bestätigten Teiles lautet:
"Der Beklagte ist schuldig, es ab sofort zu unterlassen, die Behauptung, der verstorbene Marcus O***** sei Drogenhändler gewesen, der Kindern Drogen verabreicht und diesen dadurch das Leben ruiniert habe, sowie ähnliche oder gleichartige wahrheitswidrige Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten.
Das Mehrbegehren, der Beklagte sei schuldig, es ab sofort zu unterlassen, "unwahre kreditschädigende Tatsachenbehauptungen und/oder ehrenrührige Behauptungen" aufzustellen und/oder zu verbreiten, binnen 14 Tagen gegenüber der Klägerin und den Zuhörern des Mittagsjournals vom seine oben angeführte Äußerung als unwahr zu widerrufen, und
den Widerruf in einer Ausgabe des "Mittagsjournals" auf dem Radiosender Österreich 1 zu veröffentlichen, wird abgewiesen."
Der Beklagte ist schuldig, der Klägerin in allen Instanzen anteilige Kosten von insgesamt 2.770,91 EUR (darin 461,81 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Die Klägerin ist schuldig, dem Beklagten 192,58 EUR (= 2.650 S) an anteiligen Barauslagen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist die uneheliche Tochter des am während seiner Abschiebung aus Österreich verstorbenen Marcus B*****, der in Österreich den Namen Marcus O***** führte. Sie wurde am in Jena geboren und ist deutsche Staatsbürgerin. Marcus B***** (O*****) hat die Vaterschaft zu ihr am vor dem Kreisjugendamt des Landratsamtes Saale-Holzland-Kreis (Land Thüringen) anerkannt. Die Klägerin führte zunächst nach ihrer Mutter den Familiennamen K*****. Auf Grund der Namensgebung ihrer Mutter und deren Ehemann vom trägt sie nun den Namen M*****. Am wurde im Rundfunksender Österreich 1 im "Mittagsjournal" vom damaligen Wahlkampf der FPÖ berichtet. Im Bericht ist folgender Ausschnitt enthalten:
Moderator: "Doch zurück zu den Parallelen des Wahlkampfduos H*****/P*****. Hier wie dort, in Amstetten wie in Baden, zeigt sich, dass beide aus dem selben rhetorischen Fundus schöpfen. Zwei echte Österreicher, wie sie auf Wahlkampfplakaten genannt werden, im Gleichklang. Ob Ausländerthema oder der Fall O*****."
Originalton Beklagter: "Ich hätte mir gewünscht, dass ein Regierungsmitglied mal die Frage gestellt hätte, was hat denn dieser Drogenhändler, der da ums Leben gekommen ist, alles an unseren Kindern verbrochen, denen er die Drogen verabreicht hat? Denen er das Leben ruiniert hat."
Der Beklagte verfügte im Zeitpunkt seiner Äußerung über keine Informationen, dass Marcus O***** Drogenhändler gewesen sei. Es kann auch nicht festgestellt werden, dass er Drogenhändler war. Nach seinem Tod reisten die Klägerin und ihre Mutter nach Wien. In der Zeitschrift News erschien ein Interview der Mutter und ein mehrseitiger Bericht über den Vorfall. Die Klägerin und ihre Mutter waren auch im Fernsehen zu sehen, wo ebenfalls ein Interview zum Fall O***** gesendet wurde.
Die Klägerin begehrte, den Beklagten schuldig zu erkennen, "es ab sofort zu unterlassen, unwahre kreditschädigende Tatsachenbehauptungen und/oder ehrenrührige Behauptungen, insbesondere der verstorbene Marcus O***** sei ein Drogenhändler gewesen, der Kinder Drogen verabreicht hätte und diesen dadurch das Leben ruiniert hätte und ähnliche gleichartige wahrheitswidrige Behauptungen aufzustellen und/oder zu verbreiten." Weiters stellte sie ein Widerrufsbegehren und das Begehren, den Widerruf sowohl im Rundfunk als auch in einer Tageszeitung (wie aus dem Spruch ersichtlich) zu veröffentlichen. Die betreffende Äußerung des Beklagten sei kreditschädigend und zugleich ehrenbeleidigend im Sinn des § 1330 Abs 1 und 2 ABGB. Es sei dadurch in die Ehre sowohl des verstorbenen Marcus O***** als auch der Klägerin als dessen leibliche Tochter eingegriffen worden. Die Äußerung beeinträchtige beider Ansehen in der Öffentlichkeit. Der Mitteilungsempfänger werde die Äußerung dahin verstehen, dass jemand, der Kindern Drogen verabreiche, auch gegenüber dem eigenen Kind kein anderes Verhalten an den Tag lege. Die rechtlich geschützte Ehre der Klägerin sei schon dadurch beeinträchtigt, dass ihr Vater als Drogendealer hingestellt werde. Es sei für die engere Umgebung der Klägerin unangenehm, damit konfrontiert zu werden, dass ihr Vater angeblich Drogendealer sei. Der Zusammenhang zwischen ihr und der Person des Marcus O***** sei infolge ihres Auftrittes in der Öffentlichkeit und der Medienberichterstattung über den Fall O*****, die auch in Deutschland stattgefunden habe, einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Sie habe daher ein unmittelbares persönliches Interesse daran, dass derartige Behauptungen nicht aufgestellt werden. Ein wirtschaftliches Interesse der Klägerin resultiere daraus, dass sie sich im Strafverfahren gegen die an der Abschiebung beteiligten Beamten als Privatbeteiligte angeschlossen habe, im Strafverfahren auch Schöffen mitwirkten und die Öffentlichkeit durch die strittigen Äußerungen beeinflusst werde; es könnte eine Rechtfertigung für die Tat der beschuldigten Beamten erblickt werden. Der Schutz der Ehre und der Privatsphäre wirke über den Tod hinaus. Die Klägerin sei daher auch in Wahrung der Interessen ihres verstorbenen Vaters berechtigt, die diesbezüglichen Rechte geltend zu machen.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der Beklagte habe über Informationen verfügt, dass Marcus O***** mit Drogen gehandelt habe. Die Klägerin selbst sei in ihren Rechten schon deshalb nicht beeinträchtigt, weil sie einen anderen Familiennamen als der Verstorbene habe und auch nicht in Österreich lebe. Die Öffentlichkeit werde keinen Zusammenhang zwischen ihr und dem Verstorbenen herstellen. Die Persönlichkeitsrechte des Verstorbenen, die nicht vererblich seien, könne die Klägerin nicht geltend machen. Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren zur Gänze statt und verpflichtete den Beklagten zum Widerruf und zur Veröffentlichung des Widerrufs in einer Ausgabe des "Mittagsjournals". Das Mehrbegehren auf Veröffentlichung des Widerrufs auch in der Zeitung wies es - rechtskräftig - ab. Gemäß § 48 Abs 1 IPRG sei österreichisches Recht anzuwenden. Die strittige Äußerung erfülle den Tatbestand des § 1330 Abs 1 und jenen des Abs 2 ABGB. Der den Beklagten treffende Wahrheitsbeweis sei nicht erbracht worden. Die Aktivlegitimation der Klägerin sei in analoger Anwendung der §§ 77 und 78 Urhebergesetz (UrhG) zu bejahen. Den Angehörigen seien in diesem Sinn auch eigene berechtigte Interessen als schützenswert zuzubilligen. Die Klägerin sei durch die Medienberichterstattung einer breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Wenngleich die europäischen Rechtsordnungen und Moralvorstellungen eine "Sippenhaftung" ablehnten, könne doch eine Beeinträchtigung der Ehre oder des Fortkommens der Klägerin nicht ausgeschlossen werden, wenn sie die Assoziation erwecke, ihr Vater sei Drogenhändler gewesen. Es sei auch in der deutschen Judikatur anerkannt, dass zumindest die nahen Angehörigen den Anspruch auf Wahrung des Persönlichkeitsschutzes eines Verstorbenen gegen eine grobe Entstellung seines Lebensbildes hätten. Da den Beklagten ein Verschulden an der nicht als wahr erwiesenen Äußerung treffe, sei auch das Widerrufs- und das Veröffentlichungsbegehren berechtigt. Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil (in seinem stattgebenden Teil) dahin ab, dass es das Klagebegehren zur Gänze abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstandes 260.000 S übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Die Rechtssphäre der Klägerin sei durch die Äußerung nicht betroffen. Sie lebe in Thüringen und habe nie den Familiennamen O***** geführt. Auch in ihren Standesurkunde finde sich kein Hinweis auf diesen Namen. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass die mit der Klägerin in Kontakt tretenden Menschen sie wegen eines Zeitungsinterviews diskriminieren würden. Die Auffassung, dass man die Äußerung so verstehen werde, dass jemand, der Drogen verabreicht, gegenüber dem eigenen Kind kein anderes Verhalten an den Tag legen werde, sei konstruiert und nicht nachvollziehbar. Die weitere Behauptung, dass das Strafverfahren gegen die abschiebenden Beamten zum Nachteil der Klägerin beeinflusst werden könne, stelle eine unbeachtliche Kritik an der österreichischen Strafgerichtsbarkeit dar. Zur Frage des postmortalen Persönlichkeitsschutzes gehe aus der sich damit befassenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofes SZ 57/98 hervor, dass ein naher Angehöriger selbst bei eigenem materiellen Interesse nicht ohne weiteres über die Persönlichkeitsrechte eines Verstorbenen verfügen könne, sondern dass es vielmehr im Einzelfall auf die Interessenabwägung ankomme. Das österreichische Recht befasse sich nur im UrhG und im StGB mit dem Schutz des Andenkens des Verstorbenen. Dass diese Regelung lückenhaft und nicht ausreichend sei, werde auch in der österreichischen Lehre nicht überzeugend dargelegt. § 1330 ABGB eigne sich schon wegen seiner Zielrichtung, nämlich Schadenersatz zu gewähren, nicht für einen postmortalen Persönlichkeitsschutz. Das Andenken an einen Toten, auf das Koziol (Haftpflichtrecht II2, 16) mit seiner Konstruktion der Treuhänderfunktion des Angehörigen abstelle, könne nicht mit § 1330 ABGB erreicht werden. Dafür komme vielmehr § 117 Abs 3 (richtig: § 117 Abs 5) StGB in Frage, wo der Gesetzgeber auch klar geregelt habe, wer zur Wahrung der Interessen des Verstorbenen berufen sei. Damit sei umschrieben, in welchem Umfang ein postmortaler Persönlichkeitsschutz erforderlich sei. Es liege daher keine Gesetzeslücke vor, die durch Analogie geschlossen werden müsste. § 1330 ABGB gehe von einer noch lebenden Person aus, wie sich aus dem Wort "jemanden" in Abs 1 und der Wendung "Fortkommen eines anderen" in Abs 2 ergebe. Nur lebende Personen könnten einen materiellen Schaden oder einen Entgang des Gewinnes haben. Ein immaterieller Schaden sei nach § 1330 ABGB nicht zu leisten. Auch eine Interessenabwägung schlage keinesfalls zu Gunsten der Klägerin aus, weil die Zuhörer des Mittagsjournals vom mit großer Wahrscheinlichkeit nicht auf die Idee gekommen seien, der Beklagte habe gemeint, Marcus O***** habe seiner eigenen, damals noch nicht einmal fünf Jahre alten Tochter Rauschgift gegeben. Der Umstand, dass die Klägerin nach dem Tod ihres Vaters nach Österreich gekommen sei und sich in die Medienberichterstattung habe einbeziehen lassen, bewirke ebenfalls keine Interessenabwägung zu Gunsten der Klägerin. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil die Frage des postmortalen Persönlichkeitsschutzes vom Obersten Gerichtshof noch nicht geklärt worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Klägerin ist zulässig und teilweise berechtigt. Da ein Sachverhalt mit Auslandsbeziehung (§ 1 Abs 1 IPRG) vorliegt, ist zunächst die Frage des anzuwendenden Rechtes zu prüfen. Das von der Klägerin geltend gemachte Recht auf Ehre gehört zu den Persönlichkeitsrechten im Sinne des § 16 ABGB (Reischauer in Rummel ABGB II2 § 1330 Rz 1 mwN). Nach welcher Rechtsordnung die Verletzung des Rechtes auf Ehre zu beurteilen ist, wird im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Dazu fehlt auch eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes. Für das Namensrecht - ebenfalls ein Persönlichkeitsrecht, weil es nicht nur den Namen an sich, sondern auch die damit identifizierte Persönlichkeit schützt (Aicher in Rummel ABGB I3 § 43 Rz 1; Schönherr, Gewerblicher Rechtsschutz und Urheberrecht, Rz 110) - bestimmt § 13 Abs 2 IPRG, dass der Schutz des Namens nach dem Recht des Staates zu beurteilen ist, in dem die Verletzungshandlung gesetzt wird. Da eine ausdrückliche Kollisionsnorm für den Ehrenschutz fehlt, liegt eine Gesetzeslücke vor, die gemäß § 7 ABGB in erster Linie durch Analogieschluss auszufüllen ist, kraft dessen die Rechtsfolgen nach der Formulierung des Tatbestandes unmittelbar nicht passender Normen auf den ähnlichen Fall erstreckt werden (Bydlinski in Rummel ABGB I3 § 7 Rz 3, 4). Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurde für eine Lückenfüllung als am ehesten in Betracht kommende Bestimmung jene des § 13 Abs 2 IPRG beim Schutz des Rechts zur Führung eines Familienwappens: 6 Ob 649/93, und des Rechtes am eigenen Bild: 4 Ob 89/92 analog angewendet. Auch bei behaupteten Verletzungen des mit diesen Rechten vergleichbaren Ehrenschutzes bietet sich zumindest dann, wenn nur ein Unterlassungs- und nicht auch ein Schadenersatzanspruch nach § 1330 Abs 1 ABGB begehrt wird, in erster Linie die Anknüpfung nach § 13 Abs 2 IPRG an. Es wurde zwar auch dieser Unterlassungsanspruch - in dem Sinn, dass beliebige Schadensstiftung vermieden werden soll - als Schadenersatzanspruch beurteilt (6 Ob 37/95 = SZ 69/12 = MR 1997, 202). Nach ständiger Rechtsprechung ist jedenfalls der Anspruch auf Widerruf rufschädigender Tatsachenbehauptungen und auf dessen Veröffentlichung (§ 1330 Abs 2 ABGB) als Schadenersatzanspruch anzusehen, mit dem die schon eingetretenen Wirkungen der falschen Behauptungen beseitigt werden sollen (6 Ob 2334/96 = MR 1997, 85; 6 Ob 316/97g = EvBl 1998/93 [426] mwN). Das Widerrufsbegehren dient dem Schutz von Vermögensrechten, weshalb der Gerichtsstand des Vermögens (§ 99 Abs 1 JN) für die Geltendmachung eines solchen Anspruches bejaht wurde (1 Ob 124/72 = SZ 45/72). Es kann aber hier dahingestellt bleiben, ob es diese Erwägungen rechtfertigen, Abwehransprüche gegen ehrenrührige und kreditschädigende Äußerungen dem § 48 Abs 1 IPRG (außervertragliche Schadenersatzansprüche) zu unterstellen, sodass sich eine analoge Anwendung des § 13 IPRG erübrigt. Denn auch § 48 Abs 1 IPRG sieht grundsätzlich - wie § 13 Abs 2 IPRG - das Recht des Staates als maßgebend an, in dem das den Schaden verursachende Verhalten gesetzt worden ist. Ein Fall für die Auslandsanknüpfung des § 48 Abs 1 Satz 2 IPRG - wenn für die Beteiligten eine stärkere Beziehung zum Recht ein und desselben anderen Staates besteht - liegt hier selbst unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Klägerin in Deutschland wohnt und sich die ehrenrührige Äußerung in erster Linie gegen sie in Deutschland auswirken könnte, nicht vor, macht sie doch ausdrücklich nicht nur eigene, sondern auch die Interessen ihres verstorbenen Vaters, der zuletzt in Österreich aufhältig war, geltend; der Beklagte ist österreichischer Staatsbürger. Die Entscheidung 8 Ob 235/74 (SZ 48/28), die bei Ehrverletzungen durch ein Presseerzeugnis auf denjenigen Ort abstellt, an dem die verletzte Person ihren Hauptwirkungskreis hat, ist durch das Inkrafttreten des IPRG überholt (Reischauer in Rummel ABGB II2 § 1330 Rz 31). Beide in Betracht kommenden Bestimmungen führen daher hier zur Anwendung österreichischen Sachrechts, wovon auch die Vorinstanzen ausgegangen sind.
Die Klägerin stützt ihren Anspruch einerseits auf ihr eigenes Persönlichkeitsrecht, andererseits auf das postmortale Persönlichkeitsrecht ihres verstorbenen Vaters, zu dessen Schutz sie sich als nahe Angehörige und Erbin berufen erachtet.
Zur Behauptung der eigenen Betroffenheit:
Anspruchsberechtigt nach § 1330 ABGB ist der Betroffene, das ist jene Person, in deren rechtlich geschützte Sphäre durch eine Äußerung eingedrungen wurde. Bei der Beurteilung, ob eine nicht namentlich genannte Person von der beleidigenden Äußerung betroffen ist, kommt es nicht darauf an, wie die Äußerung gemeint war, sondern nur darauf wie ein nicht bloß unbeträchtlicher Teil des Publikums die Äußerung auffasst und mit wem es den darin enthaltenen Vorwurf in Verbindung bringt (4 Ob 107/92 = MR 1993, 16; SZ 69/12; 6 Ob 2037/96v = MR 1997, 254; 6 Ob 231/01s).
Daraus folgt zunächst, dass von der strittigen Äußerung der Verstorbene Marcus O***** betroffen war, auch wenn dieser Name nicht vom Beklagten selbst, sondern vom Moderator der Rundfunksendung im Zusammenhang mit der Äußerung des Beklagten gebraucht wurde. Einem am aktuellen Tagesgeschehen und an Innenpolitik interessierten Hörer des "Mittagsjournals" konnte gar nicht verborgen bleiben, dass sich die Äußerung auf Marcus O***** bezog, erregte doch dessen Tod großes Aufsehen und war über Monate hindurch immer wieder Thema medialer Berichterstattung.
Zu Recht hat aber das Berufungsgericht einen Eingriff in die eigene Rechtssphäre der Klägerin verneint. Die Frage eines über den Tod hinaus wirkenden Persönlichrechtsrechtes des Verstorbenen und die damit geschützten Interessen sind von der Frage zu unterscheiden, ob eigene Persönlichkeitsrechte der Angehörigen und deren Interessen durch eine Ehrverletzung beeinträchtigt oder verletzt wurden. Zwar sind durchaus Fälle denkbar, in denen ehrenrührige oder kreditschädigende Angriffe, die vordergründig eine bestimmte Person zum Ziel haben, auch entsprechend massiv in die Rechte von deren Angehörigen eingreifen können, selbst wenn diese nicht mitgenannt wurden. Im vorliegenden Fall ist aber ein solcher die Klägerin in ihrer eigenen Ehre treffender Bezug nicht herzustellen. Weder in der strittigen Äußerung selbst noch in der Rundfunksendung erfolgte ein Hinweis auf Kinder oder überhaupt Familienangehörige des Klägers oder auf die Familie, in deren Haushalt die Klägerin nunmehr lebt. Wie die Namensgebung des Ehemannes der Mutter bereits im Jahr 1997 und der Aufenthalt des Marcus O***** in Österreich, von wo aus er abgeschoben werden sollte, zeigen, bestand zwischen der Klägerin und ihrem leiblichen Vater längst keine Haushaltsgemeinschaft mehr, falls eine solche überhaupt jemals vorgelegen sein sollte. Die Klägerin wächst in einem von ihrem Vater völlig getrennten Familienverband auf. Wenn auch durch die Medienberichterstattung einem breiten Publikum die Verwandtschaft der Klägerin zu Marcus O***** bekannt geworden war, bot sich jedenfalls infolge dieser auch für Außenstehende erkennbaren Umstände überhaupt kein Anlass zur Annahme, die Klägerin wachse in einem Verbrecher- und Drogenmilieu auf und sei selbst diesem Milieu zuzuordnen. Insbesondere bestand auch kein Grund zur Annahme, die Klägerin sei womöglich bereits selbst Drogenkonsumentin oder gar Drogendealerin, wogegen außer der räumlichen und familiären Trennung von ihrem Vater schon die Tatsache sprach, dass sie damals erst vier Jahre alt war.
Dieses Ergebnis entspricht auch der deutschen Rechtsprechung, die zur Frage der Mitbetroffenheit von Angehörigen des Beleidigten bei insoweit vergleichbarer Rechtslage eine restriktive Haltung einnimmt. Auch in Deutschland wird das Bestehen eines zivilrechtlichen Ehrenschutzes allgemein anerkannt. Er wird dort in den Schutzbereich der allgemeinen Persönlichkeitsrechte und damit in jenen des § 823 Abs 1 BGB einbezogen (Ehmann in Erman/Westermann, Handkommentar zum BGB9 I, Anhang zu § 12 BGB Rz 115 ff mwN). Es wird zwar die Frage der Betroffenheit desjenigen, der nach dem Eindruck des Adressatenkreises mit der beleidigenden Äußerung gemeint war, auch ohne Namensnennung gleich wie in Österreich bejaht (BGHZ 50, 133 = DJZ 1968, 697 ["Mephisto"]). Die Betroffenheit von Angehörigen wurde aber etwa in folgenden Fällen verneint: Die Behauptung, der Ehemann habe mit einer anderen Frau die Ehe gebrochen, sei keine Beleidigung der Ehefrau (BGH NJW 1970, 1599); die Behauptung, die Söhne seien homosexuell, sei keine Beleidigung des Vaters (BGH NJW 1969, 1110); der Bruder desjenigen, dessen Familienname im Zusammenhang mit einem von ihm begangenen schweren Verbrechen in der Zeitung genannt werde, sei nicht in seinem Persönlichkeitsrecht verletzt (BGH NJW 1980, 1790); die Verdächtigung des Vaters als Mörder verletze nicht die Ehre der Tochter (BGH NJW 1974, 1371 = GRUR 1974, 797). In diesem Fall ("Fiete Schulze") war der Vater der Klägerin als "Killer" bezeichnet worden. Der BGH führte aus, dass die den Vorwurf enthaltende Veröffentlichung allein gegen den Vater der Klägerin gerichtet gewesen sei. Weder die Klägerin noch die Familie ihres Vater sei in dem Artikel erwähnt worden. Selbst aus einer spezifischen Kränkung der Familie als solcher erwachse den zu diesem Kreis gehörenden Personen kein eigener Anspruch auf Geldentschädigung.
Da hier auf Grund der aufgezeigten Umstände nicht anzunehmen ist, dass das Hörerpublikum der Rundfunksendung, in deren Rahmen die Äußerung verbreitet wurde, davon ausging, die Klägerin stehe unter dem schlechten Einfluss ihres Vaters oder sei selbst Drogen- oder Verbrecherkreisen zuzuordnen, ist ihre (Mit-)Betroffenheit zu verneinen, und zwar sowohl im Sinn des § 1330 Abs 1 als auch des § 1330 Abs 2 ABGB.
Die Verletzung des § 1330 Abs 2 setzt voraus, dass der Kredit, der Erwerb oder das Fortkommen durch die Verbreitung der unwahren Tatsache gefährdet ist. Unter Kredit ist allgemein die finanzielle Bonität einer Person zu verstehen. Erwerb ist jede gewinnorientierte wirtschaftliche Tätigkeit; beim Selbständigen kann etwa die Möglichkeit, weitere Aufträge zu erhalten und höhere Umsätze zu tätigen, beim Unselbständigen das Arbeitseinkommen bzw der Bestand des Dienstverhältnisses gefährdet sein. Berufliches Fortkommen ist die Möglichkeit, eine bestimmte Position zu erreichen bzw eine Aufstiegschance wahrzunehmen oder zu verbessern (Korn/Neumayer, Persönlichkeitsschutz im Zivil- und Wettbewerbsrecht, 35 f). Der genannte Anspruch kommt nicht in Betracht, wenn die Äußerung mit der wirtschaftlichen oder beruflichen Situation in keinem Zusammenhang steht, wobei jedoch Kreditschädigungseignung genügt, wenn wirtschaftlich bedeutende Verhältnisse oder Beziehungen durch eine Tatsachenbehauptung geschädigt werden können (Korn/Neumayer aaO 37). Von einer solchen Gefährdung kann hier aber schon mit Rücksicht auf das Vorschulalter der Klägerin im Zeitpunkt der Äußerung nicht ausgegangen werden. Im Alter von vier Jahren ist mangels anderer Anhaltspunkte die finanzielle Bonität mangels eigener Teilnahme am Wirtschaftsleben ohne Bedeutung. Die Klägerin geht noch keinem Erwerb nach. Ihr berufliches Fortkommen kann nicht einmal durch allfällige schulische Schwierigkeiten oder Nachteile in ihrer Ausbildung gefährdet sein, weil sie noch nicht zur Schule geht. Die Äußerung könnte sich daher erst nach Jahren kreditschädigend im Sinn des § 1330 Abs 2 ABGB auswirken. Eine derart lang andauernde Fernwirkung der Äußerung ist aber auszuschließen. Jahre später wird kaum jemand mehr die Person der Klägerin auf Grund der strittigen Äußerung mit der Drogenszene, sei es auch nur in Form der Angehörigkeit des Vaters zu dieser Szene, in Verbindung bringen. Die Argumentation der Klägerin, die Äußerung könne sich für sie deshalb wirtschaftlich nachteilig auswirken, weil im Strafverfahren mitentscheidende Laienrichter zu einem Freispruch der im Zusammenhang mit dem Tod ihres Vaters belangten Beamten und damit zu einer Ablehnung ihrer Privatbeteiligtenansprüche veranlasst werden könnten, wurde vom Berufungsgericht zu Recht als spekulativ und rechtlich unerheblich abgetan. Sie vermag damit nicht einmal einen strafrechtlich oder zivilrechtlich relevanten Rechtfertigungs- oder Schuldausschließungsgrund aufzuzeigen.
Zum postmortalen Persönlichkeitsschutz des verstorbenen Vaters der Klägerin:
Die Persönlichkeitsrechte zählen zu den unvererblichen Rechten. Dies steht jedoch einem postmortalen Persönlichkeitsschutz nicht entgegen. Der Oberste Gerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass die Bestimmung des § 16 ABGB, wonach jeder Mensch angeborene, schon durch die Vernunft einleuchtende Rechte hat und daher als Person zu betrachten ist, nicht als bloßer Programmsatz, sondern als Zentralnorm unserer Rechtsordnung anzusehen ist. Diese Norm anerkennt die Persönlichkeit als Grundwert. Aus dieser Bestimmung und anderen sich aus der Rechtsordnung ergebenden Grundwerten wird das Persönlichkeitsrecht jedes Menschen auf Achtung seines
Privatbereiches und seiner Geheimsphäre abgeleitet (1 Ob 550/84 = SZ
57/98; 1 Ob 341/99z = EvBl 2000/216 [904] = NZ 2001, 205 = RdM 2001, 153 je mwN). In SZ 57/98 wurde anlässlich der zu klärenden Frage, ob Erben und nahe Angehörige ein Recht auf Einsicht in die Krankengeschichte des Verstorbenen haben, aus diesen Grundsätzen und mit Hinweis auf die überwiegende österreichische Lehre die Schutzwürdigkeit der Ehre und der Privatsphäre des Verstorbenen bejaht. Denn Persönlichkeitsrechte hätten insgesamt den Zweck, die freie Entfaltung der Persönlichkeit möglichst weitgehend zu gewährleisten. Dieses Ziel könne nur verwirklicht werden, wenn auch nach dem Tod ein gewisser Schutz bestehen bleibe. Dies gelte insbesondere für den Schutz der Ehre und der Privatsphäre des Verstorbenen. Auch in 1 Ob 341/99z (= EvBl 2000/216 [904]), in der ebenfalls ein Recht eines Angehörigen eines Verstorbenen auf ärztliche Auskunft über eine (psychische) Erkrankung des Verstorbenen behauptet worden war, ging der Oberste Gerichtshof vom Bestehen eines postmortalen Persönlichkeitsrechtes (dort im Besonderen: auf Geheimnisschutz) aus.
Die Rechtsprechung in Deutschland anerkennt bereits seit der Entscheidung BGHZ 15, 249, 259 - "Cosima Wagner" (= DJZ 1955, 211, 214 mit Anm von Ulmer) ein allgemeines postmortales Persönlichkeitsrecht. Den gegen diese Auffassung erhobenen Bedenken eines Teiles der deutschen Lehre hielt der Bundesgerichtshof in BGHZ 50, 133 (= DJZ 1968, 697 mit Anmerkung von Neumann-Duesberg) - "Mephisto" - entgegen, es sei allgemein anerkannt, dass der Verstorbene nicht nur übertragbare materielle Werte hinterlasse, sondern dass auch immaterielle Güter seinen Tod überdauerten, die verletzbar und auch nach dem Tod noch schutzwürdig seien. Jedenfalls bei Unterlassungsansprüchen gegen grobe Entstellungen des Lebensbildes des Verstorbenen seien keine überzeugenden Gründe dafür ersichtlich, dass der persönlichkeitsrechtliche Unterlassungsanspruch trotz Fortbestehens des verletzbaren und schutzwürdigen Gutes in dem Augenblick völlig erlöschen solle, in dem dieses Lebensbild seinen Abschluss gefunden habe und der Angegriffene sich nicht mehr selbst verteidigen könne. Es sei nicht entscheidend, dass das Persönlichkeitsrecht - abgesehen von seinen vermögenswerten Bestandteilen - als höchstpersönliches Recht übertragbar und unvererblich sei. Die Rechtsordnung könne Gebote und Verbote für das Verhalten der Rechtsgenossen zum Schutz verletzungsfähiger Rechtsgüter auch unabhängig vom Vorhandensein eines lebenden Rechtssubjektes vorsehen und namentlich Unterlassungsansprüche der in Rede stehenden Art durch jemanden wahrnehmen lassen, der nicht selbst Subjekt eines entsprechenden Rechtes sei, wenn der ursprüngliche Träger dieses Rechtes durch den Tod die Rechtsfähigkeit verloren habe. Der BGH setzt unter Verweis auf § 22 Kunsturhebergesetz, § 83 dUrhG (vgl §§ 77, 78 öst.UrhG) und § 189 dStGB (vgl § 117 StGB) fort, dass die Rechtsordnung diese Lösung bereits seit langer Zeit vorsehe und erst recht nach der verfassungsrechtlichen Wertordnung des Grundgesetzes nicht mehr angenommen werden könne, dass nach dem Tod einer Person zwar deren übertragbare Rechte an materiellen Gütern fortbestünden, dagegen das durch ihre Leistungen erworbene, unter Umständen viel nachhaltiger im Gedächtnis der Nachwelt fortlebende Ansehen Eingriffen Dritter schutzlos preisgegeben wäre. Art 1 Grundgesetz, der die Würde des Menschen für unantastbar erkläre (in diesem Sinne für den österreichischen Rechtsbereich § 16 ABGB) und Art 2 Grundgesetz, der das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit festlege, dienten zwar vorwiegend dem Schutz der Persönlichkeitsbelange des in der Rechtsgemeinschaft noch tätigen Bürgers. Da die Wertentscheidung des Grundgesetzgebers im Grundrechtskatalog zu Gunsten eines umfassenden Schutzes der Menschenwürde keine zeitliche Begrenzung auf das Leben des Menschen erkennen lasse, sei nicht einzusehen, warum der Schutz des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zwangsläufig mit dem Tod sein Ende finden sollte. Der BGH tritt weiters auch dem Argument entgegen, dass dem Betroffenen die Entscheidung darüber vorbehalten bleiben müsse, ob er bei Angriff auf sein Persönlichkeitsrecht seinen Unterlassungsanspruch im Wege einer Klage verfolgen wolle. Denn es hinge dann vom Zufall ab, ob eine vor dem Tod begangene Handlung des Verletzten noch rechtzeitig bekannt geworden sei. Dass der höchstpersönliche Charakter der immateriellen Persönlichkeitsrechte nicht dazu nötige, die Rechtsverfolgung von einer Ermächtigung des Verletzten abhängig zu machen, werde auch durch die erwähnten, vom Gesetzgeber bereits näher geregelten Fälle einer Wahrnehmungsbefugnis (wie im Urheber- und Strafrecht) bestätigt. In seinen weiteren Ausführungen nimmt der BGH zur Frage Stellung, wer zur Wahrnehmung des Persönlichkeitsschutzes eines Verstorbenen befugt ist. Er führt aus, dass der höchstpersönliche Charakter des Rechtes zwar rechtfertige, dass in Ermangelung entgegenstehender anderweitiger Regelungen in erster Linie der vom Verstorbenen zu Lebzeiten Berufene als Wahrnehmungsberechtigter anzusehen sei. Ferner kämen aber in Analogie zu den vom Gesetzgeber bereits näher geregelten Fällen die nahen Angehörigen des Verstorbenen in Betracht, wozu jedenfalls der Adoptivsohn des Verstorbenen (der in dem zu Grunde liegenden Fall als Kläger auftrat), zu zählen sei.
Das deutsche Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 30, 173 - "Mephisto II") vertrat hiezu die Ansicht, dass das postmortale zivilrechtliche Persönlichkeitsrecht und damit die zitierte Entscheidung des BGH zwar nicht mit Art 2 Bonner Grundgesetz gerechtfertigt werden könne, aber insoweit durch die Menschenwürde dessen Art 1 Abs 1 getragen werde. In Folgeentscheidungen fasste der BGH diese Erkenntnisse nunmehr dahin zusammen, dass der rechtliche Schutz der Persönlichkeit gemäß Art 1 Abs 1 GG nicht mit dem Tode ende; vielmehr bestehe der allgemeine Wert- und Achtungsanspruch fort, sodass das fortwirkende Lebensbild eines Verstorbenen weiterhin wenigstens gegen grobe ehrverletzende Beeinträchtigungen geschützt werde (GRUR 1974, 797 - "Fiete Schulze"; GRUR 1984, 908 - "Frischzellenkosmetik"; DJZ 1990, 37 - "Emil Nolde", mit insoweit zustimmender Anm von Schack). Die nahen Angehörigen werden hiebei grundsätzlich als prozessführungsbefugt angesehen, soferne nicht Sondervorschriften anderes bestimmten. Dass der Achtungsanspruch über den Tod hinaus wirkt, ist in der deutschen Rechtsprechung und Lehre jedenfalls unstreitig (Sachs, Kommentar zum Grundgesetz2, Art 2 GG Rz 78; weitere Nachweise bei Prietl, Die ärztliche Schweigepflicht nach dem Tod des Patienten, RdM 1995, 6, insb FN 3).
Auch die österreichische Lehre anerkennt nunmehr einhellig den Schutz der Persönlichkeit eines Verstorbenen selbst über dessen Tod hinaus (Koziol, Haftpflichtrecht2 II, 17; Raschauer, Namensrecht 272; Schnizer, Rechte des Toten? FS Maresch 383; Prietl aaO; Aicher in Rummel I3 § 16 ABGB Rz 28, der in der ersten Auflage noch die Ansicht vertrat, dass nur die Persönlichkeitsrechte der Angehörigen, in deren Andenken der Verstorbene fortlebe, geschützt würden; Edlbacher, Der Stand der Persönlichkeitsrechte in Österreich, ÖJZ 1983, 423; Roswitha Doralt, Der Schutz des Lebensbildes, ÖJZ 1973, 645; Posch in Schwimann ABGB2 § 16 Rz 48; F. Bydlinski, Paradoxer Geheimnisschutz post mortem? JBl 1999, 553). Das aus § 16 ABGB abzuleitende Persönlichkeitsrecht beruhe zudem auf Wertungen, die aus einer Reihe von Vorschriften, die über die gesamte Rechtsordnung verstreut seien, hervorkommen. Diese hätten den Zweck, die freie Entfaltung der Persönlichkeit möglichst weitgehend zu gewährleisten. Dieses Ziel könne nur verwirklicht werden, wenn auch nach dem Tod ein gewisser Schutz bestehen bleibe. Herangezogen werden insbesondere die Bestimmungen der §§ 117 Abs 5 (vormals § 117 Abs 3 StGB bzw § 495 Abs 3 StG) und 190 StGB, §§ 77 Abs 2, 78 Abs 2 UrhG und § 62a Abs 1 KAG (Organexplantation). Die Berechtigung zumindest der nahen Angehörigen des Verstorbenen zur Durchsetzung des postmortalen Persönlichkeitsschutzes ist in der österreichischen Lehre ebenfalls allgemein anerkannt und wurde auch bereits vom Obersten Gerichtshof in den Entscheidungen SZ 57/98 und 1 Ob 341/99z bejaht, wenn auch unterschiedliche Auffassungen dahin bestehen, ob diese im Sinn einer "treuhändischen Nachfolge" oder auf Grund eigenen Rechtes infolge ihres Interesses am Ruf des Verstorbenen hiezu legitimiert sind (vgl zuletzt F. Bydlinski aaO JBl 1999, 553 mit Wiedergabe des Meinungsstandes in Österreich und Deutschland).
Demgegenüber vermögen die Argumente des Berufungsgerichtes zur Verneinung eines postmortalen Ehrenschutzes nicht zu überzeugen. Die aufgezeigten, von Rechtsprechung und Lehre entwickelten Grundsätze sind vielmehr auch im vorliegenden Fall heranzuziehen. Dass durch die durch nichts erwiesene Behauptung, der Verstorbene sei Drogendealer gewesen und habe Kinder ruiniert, sein Lebensbild nachhaltig negativ entstellt wurde, bedarf keiner näheren Ausführung. Die Äußerung erfolgte erst einige Monate nach dem Tod des Betroffenen und zu einem Zeitpunkt, als das Medieninteresse an den Umständen seines Todes und seiner Persönlichkeit noch anhielt. Damit ist jedenfalls noch von einem schützenswerten Interesse auszugehen, sodass sich im vorliegenden Fall nicht die Frage stellt, ob die Dauer des Schutzes etwa in Analogie zu §§ 77 Abs 2 und 78 Abs 2 UrhG mit einem absoluten Zeitraum zu begrenzen ist (vgl Aicher in Rummel, ABGB I3 aaO), oder ob in jedem Fall eine Güterabwägung dahin stattzufinden hat, inwieweit das Rechtsschutzbedürfnis an der Nichtverfälschung des Lebensbildes durch den Lauf der Zeit und die verblassende Erinnerung an den Verstorbenen vorzunehmen ist (BGH in DJZ 1968, 697 - "Mephisto").
Zusammenfassend ergibt sich daher, dass die aktive Klagslegitimation der Klägerin als Tochter des verstorbenen Marcus O***** zur Wahrung des Schutzes seiner Persönlichkeit gegen die Äußerungen des Beklagten zu bejahen ist.
Allerdings ist nur der Unterlassungsanspruch berechtigt. Dass die Äußerung den Tatbestand des § 1330 Abs 1 ABGB erfüllt, wurde bereits ausgeführt. Diese Bestimmung sieht im Gegensatz zu Abs 2 aber kein Recht auf Widerruf vor. Der Widerruf und die Veröffentlichung desselben kann nach ständiger Rechtsprechung nur begehrt werden, wenn auch der Tatbestand des § 1330 Abs 2 ABGB verwirklicht ist. Dies setzt voraus, dass der Kredit, der Erwerb und das Fortkommen des Betroffenen durch die Verbreitung der unwahren Tatsache gefährdet ist. Bei Zugrundelegung des bereits aufgezeigten Verständnisses dieser Begriffe liegt auf der Hand, dass ein bereits Verstorbener durch die strittige Äußerung nicht in diesem Sinn gefährdet sein kann. Ob es genügt, dass sich gegen einen Verstorbenen gerichtete kreditschädigende Äußerungen auch noch auf vom Nachlass oder den Erben als Universalrechtsnachfolger vorzunehmende Geschäfte auswirken, kann hier dahingestellt bleiben, weil Derartiges nicht behauptet wurde. Ein Anspruch nach § 1330 Abs 2 ABGB kommt daher nicht in Betracht (RIS-Justiz RS0085170; RS0031688; Korn/Neumayer aaO 75; Harrer in Schwimann ABGB2 § 1330 Rz 28). Der Widerrufsanspruch ist kein Strafanspruch (6 Ob 50/01y). Ein ideeller Schadenersatz nach § 1330 ABGB steht nicht zu (vgl F. Bydlinski, Ersatz ideellen Schadens als sachliches und methodisches Problem, JBl 1965, 237). Dies entspricht auch dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers der 3. Teilnovelle zum ABGB, mit der § 1330 Abs 2 ABGB eingeführt wurde (78 der Blg zu den stenProt des Herrenhauses XXI. Session 1912, 401, 402).
Es ist daher in teilweiser Abänderung der Urteile der Vorinstanzen dem Unterlassungsbegehren, soweit dies hinreichend konkretisiert war, stattzugeben, während das darüber hinaus ganz allgemein formulierte Unterlassungsbegehren infolge dessen gänzlicher Unbestimmtheit (6 Ob 98/01g) und das gesamte Widerrufs- und Veröffentlichungsbegehren abzuweisen sind.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf den §§ 43 Abs 1 und 50 ZPO. Nach der Bewertung des Streitgegenstandes ist in allen Instanzen von einem Obsiegen der Klägerin im Ausmaß von etwa 75 % auszugehen. Sie hat daher Anspruch auf Ersatz der Hälfte ihrer Kosten, während sie dem Beklagten 25 % von dessen Barauslagen zu ersetzen hat.