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OGH vom 29.10.1975, 1Ob222/75

OGH vom 29.10.1975, 1Ob222/75

Norm

ABGB § 951;

Einführungsgesetz zur Zivilprozeßordnung ArtXLII;

Kopf

SZ 48/114

Spruch

Eine Verpflichtung des Beschenkten, einem Pflichtteilsberechtigten das vom verstorbenen Geschenkgeber noch durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erhaltene Vermögen anzugeben, besteht nicht

Wird ein Klagebegehren auf eidliche Angabe des Vermögens, mit dem ein noch unbestimmtes Leistungsbegehren verbunden war (Stufenklage), abgewiesen, ist gleichzeitig auch der für sich allein unzulässige unbestimmte Leistungsanspruch abzuweisen, selbst wenn das Verfahren ausdrücklich auf die Erledigung des Begehrens auf eidliche Vermögensabgabe eingeschränkt war

(OLG Linz 2 R 232/74; LG Salzburg 9 Cg 465/74)

Text

Die Streitteile sind Kinder des am 23. Jänner verstorbenen Alois W, der mit Testament vom den Beklagten zum Alleinerben eingesetzt und die Klägerin auf den Pflichtteil beschränkt hatte. Mit Übergabsvertrag vom übertrug Alois W sein Eigentum an der Liegenschaft EZ 219 KG Stadt Salzburg, Abteilung Nonntal, die damals mit Pfandrechten der Landeshypothekenanstalt Salzburg von 170.000 S und 200.000 S sowie der Bank für Oberösterreich und Salzburg von 84.000 S 25.000 S 36.000 S und 300.000 S belastet war, sowie einem auf der Liegenschaft geführten Wäschereibetrieb auf den Beklagten; die Liegenschaft wurde mit der Dienstbarkeit der Wohnung sowie der Reallast der Leibrente von 4000 S monatlich zugunsten des Alois und der Maria W belastet. Das Verlassenschaftsverfahren nach Alois W, 2 A 187/73 des Bezirksgerichtes Salzburg, wurde mit Beschluß vom armutshalber abgetan. Die Klägerin behauptet, daß von dem bei Abschluß des Übergangsvertrages noch einverleibten Schuldbetrag die tatsächlich aushaftende Summe "nunmehr" auf 62.077.72 S laute. Es sei die Annahme gerechtfertigt, daß auch andere Schulden schon getilgt gewesen seien. Obzwar jenes Vermögen, das dem Beklagten schon zu Lebzeiten zugewendet worden sei, keinen wirklichen Bestandteil des Verlassenschaftsverfahrens bilde, sei es doch nach den Vorschriften über die Berechnung des Pflichtteils, der der Klägerin gebühre, so in Anschlag zu bringen, als wenn es noch zur Verlassenschaft gehöre; der Klägerin verbleibe ein nicht unerheblicher Pflichtteilsanspruch auf jenen wertmäßigen Teil der Liegenschaft, für den der Beklagte keine Gegenleistung zu erbringen gehabt habe. Der Beklagte habe die wiederholte Aufforderung zur Vermögensangabe verweigert. Unter Berufung auf Art. XLII EGZPO begehrte die Klägerin das Urteil, der Beklagte sei 1. schuldig, unter Vorlage eines Vermögensverzeichnisses "anzugeben, was ihm an Nachlaßvermögen im Zeitpunkt der Einantwortung des Nachlasses unter Hinzurechnung jener ihm zu Lebzeiten durch den Erblasser ihm übergebenen Vermögenswerte zugekommen sei", und einen Eid dahingehend zu leisten, daß seine Angaben richtig und vollständig seien; er sei 2. weiter schuldig, an die Klägerin den durch die Vermögensangabe errechneten Pflichtteil, das sei die Hälfte der gesetzlichen Erbfolge, herauszugeben.

Das Erstgericht schränkte das Verfahren "auf den Anspruch der klagenden Partei im Sinne des Punktes 1 des Urteiles" ein und gab diesem Begehren unter unbekämpfter Feststellung, daß die Forderung der Landeshypothekenanstalt Salzburg von 170.000 S im Zeitpunkt des Abschlusses des Übergabsvertrages nur noch mit 52.077.92 S offen gewesen sei, mit Teilurteil statt. Der Beklagte sei auf Grund des Testamentes vom auch Erbe nach dem verstorbenen Alois W, die Klägerin sei Noterbin. Dem berufenen Noterben stehe ein Anspruch auf Angabe des Nachlaßvermögens zu. Der Anspruch sei nicht auf die Dauer des Verlassenschaftsverfahrens beschränkt.

Das Berufungsgericht änderte das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es das Klagebegehren in seinen beiden Teilen abwies; es sprach aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 1 000 S übersteige. Dem Berufungsgericht fiel zunächst die Unvereinbarkeit der festgestellten Unterlassung einer Verlassenschaftsabhandlung und der dem Beklagten aufgetragenen Verpflichtung auf, die Vermögensabgabe auf den Zeitpunkt der Einantwortung abzustimmen, hielt jedoch die nähere Prüfung der Frage, ob die Klägerin zur Angabe eines sachlich geeigneten Stichtages angehalten werden könne bzw. müsse, aus rechtlichen Gründen für unerheblich. Eine Klage nach Art. XLII EGZPO könne nämlich nur in den gesetzlich bestimmten Fällen und unter den besonderen Voraussetzungen des Gesetzes erhoben werden. Das Gesetz unterscheide zwischen zwei Tatbeständen, die Pflicht zur Angabe des Vermögens nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes und die vermutliche Kenntnis von der Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens. Der erste Fall setze eine gesetzlich obliegende Verbindlichkeit voraus. Das Bestehen einer Verbindlichkeit dem Noterben gegenüber sei unter Berufung auf die erbrechtlichen Bestimmungen des Verlassenschaftsverfahrens zu seinen Gunsten anerkannt worden. Im vorliegenden Falle stunden sich jedoch nicht der eingeantwortete Erbe und ein am Verlassenschaftsverfahren zu beteiligender Noterbe gegenüber. Zwischen dem in § 785 ABGB behandelten Anspruch auf Ergänzung des Pflichtteils gegen den Erben unter Hinzurechnung der pflichtwidrigen Schenkungen und dem im § 951 ABGB behandelten Rückforderungsanspruch gegen den Beschenkten müsse grundsätzlich unterschieden werden. Unerläßliche Voraussetzung des Pflichtteilsanspruches nach § 785 ABGB sei es, daß der vorhandene Nachlaß zur Deckung des Pflichtteils ausreiche. Dies sei vorliegend nicht der Fall, so daß es sich beim Anspruch der Klägerin nur um einen solchen nach § 951 ABGB handeln könne. Dieser Pflichtteilsanspruch setze nicht die Durchführung eines Verlassenschaftsverfahrens voraus; eine Verletzung des Pflichtteils liege auch dann vor, wenn der Erblasser noch zu Lebzeiten sein ganzes Vermögen verschenkt habe und deswegen sein Nachlaß armutshalber abgetan werde. Ob ein Übergabsvertrag eine Schenkung sei, ergebe sich aus § 935 ABGB; das vom Übernehmer zu leistende Entgelt dürfe nicht einmal die Hälfte des wahren Wertes der übernommenen Sache erreicht haben. Die Klägerin müßte zur Durchsetzung von Pflichtteilsansprüchen also behaupten und beweisen, daß der zwischen dem Erblasser und dem Beklagten abgeschlossene Übergabsvertrag eine gemischte Schenkung sei. Es sei offenkundig, daß die Klägerin die mit Klage geltend gemachte Vermögensauskunft erst zur Grundlage ihrer Berechnung machen wolle, ob eine gemischte Schenkung vorliege oder nicht. Zur Vorbereitung der Erhebung und Durchsetzung eines Pflichtteilsanspruches könne aber auf keinen Fall der Rechtsbehelf des Art. XLII EGZPO erster Fall herangezogen werden. Dieser Rechtsbehelf stehe dem Pflichtteilsberechtigten nicht einmal dann zu, wenn er eine Schenkung feststelle. Die erweiterte Anwendbarkeit des Art. XLII EGZPO auf den Pflichtteilsanspruch gegen den Beschenkten gemäß § 951 ABGB, werde von der Rechtsprechung des OGH strikte abgelehnt. Der zweite Fall des Art. XLII EGZPO komme schon deswegen nicht in Betracht, weil gar nicht behauptet worden sei, der Beklagte habe Vermögen absichtlich verschwiegen oder verheimlicht.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Klägerin nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Wie das Berufungsgericht zunächst richtig erwähnte, stellte die Klägerin nicht mit unmißverständlicher Deutlichkeit klar, auf welchen der beiden Gründe des Art. XLII Abs. 1 EGZPO sie ihren Anspruch stütze. In der Revision behauptet sie nun, sie habe ihren Anspruch auf Vermögensangabe auch daraus abgeleitet, daß der Beklagte von der Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens vermutlich Kenntnis habe. Dieser zweite Tatbestand des Art. XLII Abs. 1 EGZPO stellt eine eigene Norm des materiellen Rechtes dar, die bei Vorliegen ihrer Voraussetzungen auch ohne sonstige rechtliche Verpflichtung zur Vermögensangabe und Eidesleistung zwingt (Fasching II, 89). Der OGH hat aber bereits ausgesprochen, daß durch die genannte Bestimmung nur eine bewußte absichtliche Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens getroffen werden sollte und daher eine Tätigkeit des Beklagten voraussetzt, die die Verschweigung oder Verheimlichung des Vermögens bezweckt (SZ 3/65; vgl. Fasching, 95; Neumann[4], 374). In einem bloß passiven Verhalten oder in der bloßen Verweigerung der Auskunft über ein Vermögen kann also, wie der OGH wiederholt darlegte, kein Verheimlichen oder Verschweigen im Sinne des Art. XLII EGZPO erblickt werden (EvBl. 1956/193; JBl. 1936/17; SZ3/65 u. a.; Fasching II, 95). Die Klägerin wirft dem Beklagten in ihrem Vorbringen in erster Instanz aber ausschließlich eine solche Auskunftsverweigerung vor. Schon allein aus diesem Gründe kann der Klagsanspruch aus dem zweiten Tatbestand des Art. XLII Abs. 1 EGZPO nicht abgeleitet werden.

Ihren Anspruch kann die Klägerin also nur auf den ersten Fall des Art. XLII Abs. 1 EGZPO stützen, der voraussetzt, daß der Beklagte nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechtes zur Angabe seines Vermögens oder des die Klägerin interessierenden Teiles desselben verpflichtet ist. Lehre und Rechtsprechung stimmen überein, daß der erste Anwendungsfall des Art. XLII Abs. 1 EGZPO keinen neuen materiell-rechtlichen Anspruch auf Vermögensangabe, Rechnungslegung oder Auskunftserteilung begrundet, sondern vielmehr voraussetzt, daß eine solche Verpflichtung schon nach bürgerlichem Recht besteht. Ob also der in Anspruch genommene Beklagte verhalten ist, das Vermögen oder die Schulden anzugeben, bzw. darüber Rechnung zu legen, bestimmt sich ausschließlich nach dem der Klage zugrunde liegenden Rechtsverhältnis des bürgerlichen Rechtes (SZ 46/112; SZ40/69; SZ 32/128 u. a.; Fasching II, 88 ff.). Dabei kann sich diese Verpflichtung entweder unmittelbar aus einer Norm des bürgerlichen Rechtes oder aber aus einer privatrechtlichen Vereinbarung zwischen den Parteien ergeben (SZ 46/112; SZ 38/129; Fasching II, 90 f.). Nur wenn der Anspruch auf eine Vereinbarung gestützt wird, muß diese nicht unbedingt eine ausdrückliche Verpflichtung zur Rechnungslegung enthalten; der Anspruch kann sich dann auch als Hilfsanspruch aus der Natur der Privatrechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien und aus der zwischen ihnen getroffenen Vereinbarung ergeben (SZ 46/112; SZ 40/69; SZ 36/74; SZ 35/108; SZ 32/128). Demgemäß besteht bei Vertragsverhältnissen eine Verpflichtung zur Rechnungslegung insbesondere überall dort, wo das Wesen des Rechtsverhältnisses mit sich bringt, daß der Berechtigte in entschuldbarer Weise über das Bestehen und den Umfang des Vermögens im Ungewissen, der Verpflichtete aber in der Lage ist, unschwer eine solche Auskunft zu erteilen, und diese Auskunft dem Verpflichteten überdies nach den Grundsätzen von Treu und Glauben auch zugemutet werden kann (SZ 46/112; SZ 38/129; Fasching II, 90). Die Übereinstimmung besteht aber darin, daß Art. XLII EGZPO keinesfalls ausdehnend auszulegen ist (SZ 46/112; SZ 43/170; EvBl. 1960/364; SZ 26/25 u. a.). Insbesondere eine aus dem Gesetz selbst abgeleitete Rechnungslegungspflicht muß sich ausdrücklich aus der zugrunde liegenden Norm selbst ergeben (Fasching II, 90).

Daß im vorliegenden Fall keine privatrechtliche Vereinbarung zwischen den Parteien besteht, ist unbestritten. Es kommt also allein darauf an, ob sich der Anspruch der Klägerin unmittelbar aus einem eine bürgerlich-rechtliche Bestimmung enthaltenden Gesetz ableiten läßt. Die Klägerin als Tochter des verstorbenen Alois W ist nach diesem pflichtteilsberechtigt (§ 762 ABGB) und kann die Hälfte dessen, was ihr nach der gesetzlichen Erbfolge zugefallen wäre, beanspruchen (§ 765 ABGB). Auf ihr Verlangen sind bei Berechnung des ihrem Anspruch zugrunde zu legenden Nachlasses die Schenkungen in Anschlag zu bringen, die der Erblasser unter Lebenden gemacht hat (§ 785 Abs. 1 ABGB). Reicht der Nachlaß zur Deckung des so bestimmten Pflichtteils nicht aus, kann der verkürzte Noterbe vom Beschenkten die Herausgabe des Geschenkes zur Deckung des Fehlbetrages verlangen (§ 951 Abs. 1 ABGB). Dieser Anspruch besteht auch gegen einen Beschenkten, der, wie der Beklagte, selbst Pflichtteilsberechtigter ist, nur kann sich dieser seinen eigenen Pflichtteil unter allen Umständen behalten (§ 951 Abs. 2 ABGB). Eine ausdrückliche Verpflichtung des Beschenkten, einem Pflichtteilsberechtigten das vom Verstorbenen noch durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erhaltene Vermögen anzugeben, enthält das Gesetz nicht. Die Rechtsprechung hat allerdings erkannt, daß der Noterbe vom Erben bzw. vor Einantwortung von der Verlassenschaft (EvBl. 1975/247) Rechnungslegung und Ablegung des Offenbarungseides verlangen kann (SZ 39/24; SZ 27/252; SZ 11/214; SZ 1/89 u. a.). Die Rechtsprechung geht dabei von der Bestimmung des § 768 ABGB, wonach in Ansehung des Gewinnes und der Nachteile bis zur wirklichen Zuteilung des Pflichtteiles die Verlassenschaft als ein zwischen dem Haupt- und dem Noterben verhältnismäßig gemeinschaftliches Gut zu betrachten ist, und dem Hofdekret vom 27. März 1847, JGS Nr. 1051, aus, wonach der Noterbe nach den §§ 786, 830 und 837 ABGB berechtigtist, über den ihm vom Tode des Erblassers an bis zur wirklichen Zuteilung des Pflichtteiles gebührenden verhältnismäßigen Anteil am Gewinn und Verlust und an den Früchten der Erbschaft - mit Klage (SZ 27/252) - Rechnung zu fordern. Daraus, daß Rechnungslegung über Gewinn und Verlust aus einer gemeinsamen Masse begrifflich in erster Linie die Angabe jener Masse voraussetzt, folgerte der OGH, daß sich aus den genannten Normen mit Sicherheit das Recht des Noterben, über das Nachlaßvermögen vom Haupterben Auskunft zu erhalten, gewinnen läßt (SZ 11/214). Diese Auffassung sah der OGH noch durch die dem Noterben im Verlassenschaftsverfahren zustehenden Rechte (insbesondere nach § 98 AußStrG, §§ 784, 804 ABGB) gestützt. Er nahm daher eine privatrechtliche Auskunftspflicht des Erben gegenüber dem Pflichtteilsberechtigten an und schloß daraus, daß die Pflicht zur Ablegung des Eides über deren Richtigkeit nur die Folge des durchgreifenden Rechtsgedankens sei, daß dort, wo das Gesetz ein Recht gebe, dessen Wirksamkeit nicht ausdrücklich von dem Willen einer Partei abhängig gemacht werde, angenommen werden müsse, daß es auch die zu seiner Durchsetzung tauglichen Mittel gewähren wolle. Daß der Erbe nach Art. XLII EGZPO auch zur eidlichen Auskunftserteilung genötigt werden könne, anerkennt überwiegend auch die Literatur (Weiß in Klang[2] III, 913 bei Anm. 54; Ehrenzweig[2] II/1, 28 und II/2, 598; Fasching II, 91; Koziol - Welser[3] II, 258; dagegen Neumann[4], 374). An dieser Auffassung hat der OGH auch festgehalten, als er hervorhob, daß der Pflichtteilsanspruch nur ein Forderungsrecht sei sowie Noterbe und Haupterbe nicht wirkliche Teilhaber einer Gemeinschaft im Sinne der §§ 825 ff. ABGB seien; für den Anspruch auf Rechnungslegung werde der Noterbe nämlich wie ein Teilhaber behandelt (EvBl. 1975/274). Die Entscheidung JBl. 1931, 59 vertrat allerdings die Auffassung, daß der Noterbe nur die Offenbarung des Nachlasses und nicht jenes Vermögens, das bei der Berechnung des Pflichtteiles in Anschlag zu bringen ist, obwohl er nicht mehr Nachlaß ist, verlangen könne, da das, was der Vater seinem Kind schenke, nicht in Evidenz gehalten werden müsse, auch nicht so weit als es möglicherweise bei der Pflichtteilsausmessung von Bedeutung sein könne; grundsätzlich müsse der Kläger die zur Begründung seiner Klage auf Zahlung oder Ergänzung seines Pflichtteils nötigen Umstände behaupten, es stehe ihm nicht das Recht zu, von seinem Gegner die eidliche Abgabe der zur Klagsbegründung nötigen Umstände zu verlangen. Die herrschende Auffassung geht jedoch dahin, daß der Erbe auch verpflichtet ist, über selbst erhaltene Schenkungen Auskunft zu geben und sie nötigenfalls zu beeiden (SZ 32/73; 6 Ob 279, 280/60; Weiß 913; Ehrenzweig[2] II/2, 598).

Entgegen der Auffassung der Revision ist die Rechtslage im vorliegenden Fall aber ganz anders. Der Beklagte wurde zwar am durch ein Testament des Alois W zum Erben eingesetzt, jedoch erlangte dieses Testament keine tatsächliche und rechtliche Bedeutung, da Alois W den wesentlichen und die Klägerin allein interessierenden Teil seines Vermögens dem Beklagten bereits mit Rechtsgeschäft unter Lebenden, nämlich dem Übergabsvertrag vom , übertragen hatte. Ein Verlassenschaftsverfahren fand daher gemäß § 72 AußStrG nicht statt, zur Abgabe einer Erbserklärung durch den Beklagten ist es also gar nicht gekommen. Er hat alle Vermögenswerte, auf die die Klägerin teilweise greifen will, nicht als Erbe erhalten. Daß der Beklagte, wäre der Übergabsvertrag nicht geschlossen worden, allein Erbe gewesen wäre, ist daher unmaßgeblich, da nichts mehr zu vererben war. Die Schlußfolgerungen, die die Revision daraus ziehen will, daß der Beklagte Erbe und Beschenkter zugleich sei, gehen daher von unrichtigen Voraussetzungen aus.

Wie das Berufungsgericht richtig erkannte und von der Revision auch gar nicht bestritten wird, will die Klägerin, da der Nachlaß mangels Vorhandenseins von Vermögenswerten zur Deckung ihres Pflichtteilsanspruches nicht ausreicht, einen Anspruch nach § 951 Abs. 1 ABGB stellen, also die Herausgabe des Geschenkes vom Beklagten als Geschenknehmer zur Deckung ihres Pflichtteilsanspruches verlangen. Dieser Anspruch betrifft nur Vermögenswerte, die im Zeitpunkt des Todes des Erblassers nicht mehr in dessen Eigentum standen, aber auch nicht aus der Verlassenschaft befriedigt werden soll. Während sich der Anspruch nach § 785 Abs. 1 ABGB gegen den Nachlaß bzw. den Erben richtet, richtet sich der nach § 951 Abs. 1 ABGB selbst dann, wenn sich der zum Erben Eingesetzte unbedingt erbserklärt hat, gegen den Beschenkten und greift erst ein, wenn mit § 785 ABGB nicht auszukommen ist (Gschnitzer, Erbrecht, 93). Er berührt also die Verlassenschaft überhaupt nicht und steht daher auch zu, wenn kein Verlassenschaftsverfahren stattgefunden hat, und ist insbesondere auch dann gegeben, wenn der Erblasser über sein gesamtes Vermögen vor dem Tod durch Schenkungsvertrag verfügte und gerade aus diesem Grund ein Verlassenschaftsverfahren unterbleibt (SZ 38/47; SZ 23/144 u. a.). Als Schenkungen kommen auch gemischte Verträge, soweit sie Schenkungen sind, in Betracht (Stanzl in Klang[2] IV/1, 626). Der Anspruch ist im Rechtsweg geltend zu machen und hat nach herrschender Auffassung (EvBl. 1972/184; EvBl. 1971/4 und die dort zitierte Literatur und weitere Rechtsprechung) auf Zahlung des Ausfalles am Pflichtteil bei Exekution in die geschenkte Sache zu lauten, weil der Pflichtteilsanspruch ein Anspruch auf Geld und nicht auf eine bestimmte Vermögensmasse ist; Voraussetzung des Anspruches ist selbstverständlich die Behauptung und Feststellung des geäußerten oder angenommenen Schenkungswillens des Verstorbenen (JBl. 1958, 206; vgl. dazu und zur gemischten Schenkung insbesondere EvBl. 1972/1; NZ 1971, 45). Irgendein privatrechtliches Verpflichtungsverhältnis zwischen dem Beschenkten, der nicht Erbe ist, und dem Pflichtteilsberechtigten, der gegen ihn Ansprüche nach § 951 Abs. 1 ABGB geltend machen will, besteht nicht. Insbesondere gelten die oben dargestellten Erwägungen, die zur Bejahung einer gesetzlichen Offenbarungspflicht des Erben dem Noterben gegenüber geführt haben, bei Ansprüchen nach der letztgenannten Bestimmung gegen Beschenkte, die durch Rechtsgeschäft unter Lebenden erworben haben und keineswegs Angehörige sein müssen, nicht. Der OGH hat daher auch bereits ausgesprochen, daß der Noterbe vom Beschenkten nicht Auskunft oder gar den Offenbarungseid fordern kann (SZ 32/73; 5 Ob 155/68; Ehrenzweig[2] II/2 598). Die zitierte Judikatur des OGH wurde zwar nicht näher begrundet, doch ergibt sich der entscheidende Unterschied zwischen Ansprüchen gegen den Erben und den Beschenkten gerade aus der für Ansprüche gegen den Beschenkten nicht in Betracht kommenden Begründung, mit der Rechnungslegungsansprüche gegen den Erben anerkannt wurden. Vor allem fehlt es an einer gegenseitigen Rechtsbeziehung, die als bürgerlich-rechtliche Teilhaberschaft behandelt werden könnte, aber auch an der gemeinsamen Beteiligung an einem Verfahren. Der Revision ist allerdings beizupflichten, daß der OGH in einem Fall, in dem ein Antrag des Noterben auf Eröffnung des Verlassenschaftsverfahrens mangels Vermögens abgelehnt worden war, dem Noterben auf den Vorhalt, daß auf andere Weise der benachteiligte Noterbe niemals den wahren Stand des Nachlasses und den Wert der geschenkten Sachen erheben könne, mit welcher Bestimmung der Noterbe den Erben insbesondere zur Auskunftserteilung über Schenkungen, die der Erbe selbst erhalten hat, und zur Leistung des Offenbarungseides verhalten könne (SZ 17/151). Es handelte sich hiebei jedoch um ein obiter dictum, dem schon deswegen keine entscheidende Bedeutung zukommen kann, weil der OGH auch in diesem Zusammenhang von einem Erben sprach, obwohl ohne Einleitung eines Verlassenschaftsverfahrens und ohne Angabe einer Erbserklärung auch der durch Testament eingesetzte Erbe keinerlei Verpflichtungen eines Erben übernommen haben kann; außerdem berief sich der OGH gerade auf Ehrenzweig, der in der folgenden zweiten Auflage 1937 besonders deutlich zwischen Ansprüchen gegen den Beschenkten und den Erben unterschied und nur für ersteren Verpflichtungen nach Art. XLII EGZPO anerkannte (II/2, 598).

Der OGH will nicht übersehen, daß die Klägerin in eine unangenehme Lage versetzt wird, weil ihr die Beurteilung, inwieweit der Übergabsvertrag zwischen Alois W und dem Beklagten auch eine Schenkung enthielt, schwer fallen muß. Sie ist aber in keiner unangenehmeren Lage als so mancher andere Kläger, der alle Einwendungen des Beklagten nicht immer voraussehen kann. Es muß jedenfalls dabei bleiben und kann nach dem Wortlaut des Art. XLII Abs. 1 EGZPO gar nicht anders beurteilt werden, daß die Möglichkeit, vom Prozeßgegner Rechnungslegung und eidliche Auskunft zu erhalten, auf die Fälle eingeschränkt ist, die das bürgerliche Recht vorsieht. Sollte die bestehende Rechtslage als unbefriedigend angesehen werden, kann es bei dem klaren Wortlaut des Gesetzes nicht Sache der Rechtsprechung sein, sie zu ändern; die Gerichte haben nur die bestehenden Gesetze anzuwenden; es ist hingegen keineswegs ihre Aufgabe, im Wege der Rechtsfortbildung Gedanken in ein Gesetz zu tragen, die darin nicht enthalten sind (vgl. SZ 45/41, SZ 40/154).

Die Revision bekämpft auch unter Heranziehung der Revisionsgrunde der Nichtigkeit und der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens - noch das Vorgehen des Berufungsgerichtes, das das Klagebegehren mit Endurteil auch in seinem Punkt 2 abwies, obwohl das Erstgericht nur über den ersten Punkt entschieden hatte. Art. XLII Abs. 3 EGZPO läßt es als Ausnahme zu § 226 Abs. 1 ZPO zu, daß bereits mit der Klage auf eidliche Angabe des Vermögens die Klage auf Herausgabe desjenigen verbunden wird, was der Beklagte aus dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis schulde, ohne die begehrten Leistungen bereits bestimmt bezeichnen zu müssen ("Stufenklage"). Das unbestimmte Leistungsbegehren allein kann aber nicht bestehen. Die beiden Ansprüche hängen also zusammen, daß mit der Abweisung der Manifestationsklage auch der für sich allein unzulässige unbestimmte Leistungsanspruch abgewiesen werden muß. Ebenso wie trotz Einschränkung des Verfahrens auf den Grund des Anspruches bei Feststellung, daß der Anspruch dem Gründe nach nicht zu Recht bestehe, sogleich das gesamte Klagebegehren abzuweisen ist (JBl. 1957, 363 u. v. a.; Fasching III, 589), muß dies auch bei einem Anspruch sein, über den nur verhandelt werden könnte, wenn zunächst dem ersten Anspruch stattgegeben und entsprochen wurde. Auch die Abweisung des Leistungsanspruches durch das Berufungsgericht entspricht daher der Rechtslage.

Erwähnt sei noch, daß der Beklagte selbstverständlich nie verpflichtet hätte werden können, seine Vermögenswerte, wie es die Klägerin begehrte und das Erstgericht anerkannte, zum Zeitpunkt der Einantwortung des Nachlasses anzugeben, da eine solche nicht stattfand und auch nicht stattfinden wird. Das Revisionsgericht hat nur deswegen dem in dieser Form unzulässigen Begehren keine besondere Bedeutung zugemessen, weil immerhin der Standpunkt vertretbar ist, es sei aus dem Sachvorbringen einwandfrei ableitbar, was die Klägerin in Wahrheit begehrte, nämlich ein Vermögensverzeichnis über die schon vor dem Tod des Erblassers dem Beklagten zugekommenen Vermögenswerte; es wäre daher, wollte man eine Entscheidung in dieser Richtung nicht überhaupt als minus auffassen, allenfalls möglich gewesen, dem Spruch nur eine klarere und deutlichere Fassung zu geben (SZ 28/228 u. a.).