OGH vom 14.07.1987, 4Ob344/87
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Angst, Dr. Petrag und Dr. Niederreiter als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** D*** Betriebsberatungs- und Vermögensberatungs-Gesellschaft m.b.H., 8010 Graz, Hans-Sachs-Gasse 4, vertreten durch Dr. Ulrich Daghofer, Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei GRAZER SÜDOST-MESSE reg. Gen.m.b.H., 8010 Graz, Messeplatz 1, vertreten durch Dr. Josef Friedrich, Rechtsanwalt in Graz, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz als Rekursgerichtes vom , GZ 3 R 41/87-9, womit der Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom , GZ 7 Cg 477/86-3, abgeändert wurde, folgenden
Beschluß
gefaßt:
Spruch
Der Revisionsrekurs wegen Nichtigkeit wird verworfen. Im übrigen wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Entscheidung des Erstgerichtes mit folgender Maßgabe wiederhergestellt wird:
"Zur Sicherung des Anspruches der klagenden Partei gegen die beklagte Partei auf Unterlassung wettbewerbsfremder Ankündigungen und Handlungen wird der beklagten Partei für die Dauer dieses Rechtsstreites im geschäftlichen Verkehr bei der Veranstaltung von Verkaufsausstellungen, die nicht als Messen oder messeähnliche Veranstaltungen anzusehen sind, insbesondere in der Art, wie sie in der Zeit vom 6. Dezember bis unter der Bezeichnung "Geschenk und Handwerk" durchgeführt wurde, verboten,
a) das Offenhalten solcher Verkaufsausstellungen an Werktagen außerhalb der nach dem Ladenschlußgesetz und den örtlich gültigen Ladenschlußverordnungen bestimmten Uhrzeiten anzukündigen und/oder solche Verkaufsausstellungen außerhalb der gebotenen Ladenschlußzeiten offenzuhalten;
b) das Offenhalten solcher Verkaufsausstellungen an Sonn- und Feiertagen ohne besondere Genehmigung des zuständigen Landeshauptmannes anzukündigen und/oder solche Verkaufsausstellungen an Sonntagen und Feiertagen offenzuhalten."
Die klagende Partei hat die Kosten der Rekursbeantwortung und des Revisionsrekurses vorläufig, die beklagte Partei hat die Kosten des Rekurses und der Revisionsrekursbeantwortung endgültig selbst zu tragen.
Text
Begründung:
Die Klägerin ist Inhaberin verschiedener Gewerbeberechtigungen, darunter jener der Gold- und Silberschmiede und Juweliere sowie des Antiquitäten- und Kunstgegenständehandels. Diese Gewerbe übt sie in Graz aus. Die Beklagte, zu deren satzungsmäßigen Aufgaben die Hebung des Geschäftslebens, vornehmlich durch Abhaltung der regelmäßig zu bestimmten Terminen stattfindenden Grazer Frühjahrs- und Herbstmesse, ferner durch Abhaltung anderer Messen, Durchführung von Ausstellungen, Tagungen und sonstigen Veranstaltungen auf dem Grazer Messegelände gehört, veranstaltete in der Zeit vom 6. Dezember bis auf dem Grazer Messegelände mit dem Titel "Geschenk und Handwerk" eine von ihr als "Messe" bezeichnete Verkaufsausstellung, an der sich ca. 140 Gewerbebetriebe beteiligten. Dabei wurden verschiedene Waren, wie Textilien, Schmuck, Pelz-, Mode- und Lederwaren, Schuhe, Radio- und Fernsehgeräte, Spielwaren, Möbel sowie Silbergegenstände zum Verkauf angeboten. In ihrer Werbung für diese Veranstaltung wies sie darauf hin, daß die Aussteller dabei ihre Waren präsentieren, Informationen erteilen und Waren verkaufen würden und daß die Veranstaltung die Gelegenheit biete, das "Traumgeschenk" zu kaufen. Daneben fand auf dem Freigelände der Grazer Messe in der Zeit vom 1. Dezember bis ein "Christkindlmarkt" statt. Die Beklagte warb für beide Veranstaltungen auch mit dem Hinweis auf ein Rahmenprogramm (Märchenlesungen, Musikdarbietungen u.dgl.). 61 % der Besucher der Veranstaltung "Geschenk und Handwerk" kamen nur zu Informationszwecken, ohne Einkäufe zu tätigen. Der Charakter dieser Veranstaltung entsprach "im Konsumententeil" den Frühjahrs- und Herbstmessen, wie sie seit Jahrzehnten im Messegelände der Beklagten veranstaltet werden. Die Aussteller konnten aus dem Direktverkauf während dieser Veranstaltung ihre Regien nicht decken; sie erwarteten den Geschäftserfolg aus dem "Nachmessegeschäft". Die Veranstaltung war wochentags von 10 bis 20 Uhr, an Samstagen, Sonn- und Feiertagen von 10 bis 18 Uhr geöffnet. Diese Öffnungszeiten kündigte die Beklagte auch an. Zur Sicherung eines inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu verbieten
"das Offenhalten von dem Verkauf gewidmeten Einrichtungen für und an Werktagen zu Zeiträumen außerhalb der für Werktage nach dem Ladenschlußgesetz und den örtlich gültigen Ladenschlußverordnungen bestimmten Uhrzeiten anzukündigen und/oder außerhalb der gebotenen Ladenschlußzeiten offenzuhalten (lit a) und
das Offenhalten von dem Verkauf gewidmeten Einrichtungen bzw. an Sonn- und Feiertagen ohne besondere Genehmigung des jeweils zuständigen Landeshauptmannes anzukündigen und/oder an Sonn- und Feiertagen offenzuhalten (lit b)".
Durch die Veranstaltung "Geschenk und Handwerk" habe die Beklagte zahlreichen Mitbewerbern der Klägerin die Gelegenheit geboten, die Bestimmungen über die Ladenschlußzeiten zu verletzen. Die von der Beklagten organisierte Verkaufsausstellung habe ca. 140 Verkaufsstände der verschiedensten Anbieter umfaßt; dabei seien eine Reihe verschiedener Waren im Kleinhandel verkauft worden. Da diese Verkaufsausstellung jeweils von 10 Uhr vormittags an Wochentagen bis 20 Uhr, an Samstagen, Sonntagen und Feiertagen bis 18 Uhr offengehalten worden sei, seien damit die Mittagssperre und der Ladenschluß an Werktagen sowie die Sonn- und Feiertagsruhe verletzt worden. Funktionäre der Beklagten hätten in öffentlichen Stellungnahmen erkennen lassen, daß sie sich der Umgehung und Verletzung geltender Ladenschlußbestimmungen bewußt seien. Die Beklagte sprach sich gegen die Erlassung der einstweiligen Verfügung aus. Bei der Veranstaltung "Geschenk und Handwerk" habe es sich um eine Messe, zumindest aber um eine messeähnliche Veranstaltung im Sinne des § 17 des G vom BGBl. 144 über die wöchentliche Ruhezeit und die Arbeitsruhe an Feiertagen (Arbeitsruhegesetz - ARG), gehandelt, für die keine Ladenschlußbestimmungen oder Betriebszeiten gelten. Die Beschäftigung von Arbeitnehmern auf Messen oder messeähnlichen Veranstaltungen an Wochenenden und Feiertagen sei zulässig. § 2 des G vom BGBl. 129 über die Betriebszeiten gewerblicher Betriebe an Sonntagen und Feiertagen (Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetz - BZG) bezeichne als zulässige Tätigkeiten an Sonn- und Feiertagen solche, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonn- und Feiertagen zulässig ist. Das LadenschlußG und die dazu erlassenen Verordnungen über die Ladenschlußzeiten an Werktagen seien auf Messen und messeähnliche Veranstaltungen nicht anwendbar. Weder die Messerveranstaltung an sich noch die von den einzelnen Ausstellern gemieteten Kojen seien als für den Kleinverkauf von Waren bestimmter Betriebseinrichtungen anzusehen, stehe doch der Ausstellungs- und Informationszweck im Vordergrund. Die Beklagte habe den Ausstellern bloß die Gelegenheit geboten, die Waren auf den Messekojen auszustellen und zu bewerben und in untergeordnetem Umfang Verkäufe zu tätigen bzw. Warenbestellungen von Wiederverkäufern entgegenzunehmen.
Das Erstgericht verbot der Beklagten "das Offenhalten von Verkaufsstellen, das sind alle ständigen und nichtständigen für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Läden oder sonstige Verkaufsstellen) von Unternehmen, die der Gewerbeordnung unterliegen, an Sonn- und Feiertagen, ohne besondere Genehmigung des zuständigen Landeshauptmannes, sowie an Werktagen zu Zeiträumen außerhalb der nach Ladenschlußverordnung bestimmten Uhrzeiten bzw. eine derartige Ankündigung". Es stellte neben dem bereits wiedergegebenen Sachverhalt zusätzlich fest, daß die Beklagte die Verkaufsausstellung auch als "Christkindlmarkt" bezeichnet habe. Bei der von der Beklagten durchgeführten Veranstaltung habe es sich nicht um eine Messe oder messeähnliche Veranstaltung, sondern um eine Verkaufsausstellung gehandelt; diese sei bewußt zum Zweck der Verkaufsförderung in der Vorweihnachtszeit abgehalten worden. Die Beklagte habe nicht ein speziell interessiertes Publikum, sondern einen Personenkreis angesprochen, den sie zum Kauf von Geschenken anregen wollte. Die ausstellenden Einzelhändler unterlägen daher den Bestimmungen des LadenschlußG, der Steiermärkischen LadenschlußV sowie der durch das ARG und das BZG geregelten Sonn- und Feiertagsruhe. Ohne ausdrückliche Sondergenehmigung des Landeshauptmannes dürften derartige Veranstaltungen nur zu den allgemein im Handel erlaubten Zeiten offengehalten werden. Mit dem Verstoß gegen Normen des geltenden Rechts sei auch ein solcher gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG verbunden. Die Beklagte habe als Veranstalterin der Verkaufsausstellung den Wettbewerb von Konkurrenten der Klägerin in unzulässiger Weise gefördert.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Beklagten gegen diese einstweilige Verfügung Folge und wies den Sicherungsantrag ab. Es traf abweichend vom Erstgericht die Feststellung, daß die Beklagte die Veranstaltung nicht als "Christkindlmarkt" bezeichnet habe; dieser habe nämlich zusätzlich und in einem längeren Zeitraum als die Verkaufsausstellung im Freigelände der Grazer Messe stattgefunden. In rechtlicher Hinsicht führte das Rekursgericht aus:
§ 17 ARG, der den Begriff der Messe und der messeähnlichen Veranstaltung definiere, lasse die Beschäftigung von Arbeitnehmern auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe zu. Die Veranstaltung der Beklagten entspreche den in § 17 Abs 4 und 5 genannten Voraussetzungen einer messeähnlichen Veranstaltung. Der überwiegende Zweck dieser Veranstaltung seien die Warenpräsentation und die Informationstätigkeit der Aussteller gewesen. Der Großteil der Besucher habe auch keine Einkäufe getätigt. Auch habe es wegen der Anzahl der Aussteller einer besonderen Organisation durch die Beklagte bedurft. Das Offenhalten der Betriebseinrichtungen der beteiligten Aussteller während der Wochenend- und Feiertagsruhe sei daher gemäß § 17 Abs 1 ARG,§ 2 Abs 1 Z 1 BZG statthaft gewesen. Das LadenschlußG und die dazu erlassenen Landesverordnungen fänden auf Messen oder messeähnliche Veranstaltungen keine Anwendung. Ein Verbot des Offenhaltens derartiger Veranstaltungen außerhalb der Ladenschlußzeiten an Werktagen wäre mit der Zulässigkeit des Offenhaltens an Wochenenden nicht zu vereinbaren. Die bei Messen und messeähnlichen Veranstaltungen verwendeten Betriebseinrichtungen seien auch nicht als für den Kleinverkauf von Waren bestimmte Betriebseinrichtungen zu qualifizieren. Der Beklagten könne daher aus der Durchführung der Veranstaltung "Geschenk und Handwerk" auch kein wettbewerbswidriges Verhalten angelastet werden. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes erhebt die Klägerin den Revisionsrekurs aus den Gründen der Nichtigkeit, der Mangelhaftigkeit des Verfahrens und der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag, die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wiederherzustellen.
Die Beklagte beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist teilweise berechtigt.
Wegen der Besetzung des Rekursgerichtes mit drei Berufsrichtern hält die Klägerin den angefochtenen Beschluß für nichtig; im Hinblick auf die Vorschriften über die sachliche Zuständigkeit für Streitigkeiten wegen unlauteren Wettbewerbes hätte vielmehr ein fachmännischer Laienrichter aus dem Handelsstand an der Entscheidung mitwirken müssen. Die behauptete Nichtigkeit liegt jedoch nicht vor:
Wie der Oberste Gerichtshof erst kürzlich in seinem Beschluß vom , 4 Ob 348/87 ausführlich dargelegt hat, soll durch § 388 Abs 2 und 3 EO idF der ZVN 1983 erreicht werden, daß über Anträge auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung in Angelegenheiten des § 387 Abs 3 EO das Gericht erster Instanz ebenso wie das Rekursgericht - abweichend von § 50 EO - in der für die Hauptsache vorgesehenen Besetzung zu entscheiden haben. Gemäß §§ 402, 78 EO sind auch im Provisorialverfahren die Vorschriften der §§ 7, 7 a und 8 Abs 2 JN anzuwenden. Entscheidet in der Hauptsache in erster Instanz ein Einzelrichter, dann besteht kein Unterschied zwischen der allgemeinen Gerichtsbarkeit und der besonderen Gerichtsbarkeit in Handelssachen. Der Einzelrichter eines Landes- oder Kreisgerichtes kann jedoch sowohl im Urteil (§ 417 Abs 1 Z 1 ZPO) als auch in Beschlüssen (§ 429 Abs 2 ZPO) anführen, daß er in Ausübung der besonderen Gerichtsbarkeit in Handelssachen entschieden hat. Die Parteien sind berechtigt, die Aufnahme eines solchen Beisatzes zu beantragen (§ 259 Abs 3,§ 446 ZPO); dieser Beisatz bestimmt dann gemäß § 7 Abs 2,§ 8 Abs 2 JN die Zusammensetzung des Berufungssenates (Fasching III 204). Das folgt zwingend aus § 479 a ZPO, welcher eine Antragstellung in dem Sinn ermöglicht, daß das Berufungsgericht entgegen dem vom Erstgericht aufgenommenen Beisatz in einer anderen Besetzung entscheiden möge. Da das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz kein selbständiges Handelsgericht ist, kann der Einzelrichter dieses Gerichtshofes gegebenenfalls nur aussprechen, daß er in Ausübung der besonderen Gerichtsbarkeit in Handelssachen tätig geworden ist; ein Ausspruch, daß die Entscheidung in Ausübung der allgemeinen Gerichtsbarkeit gefällt werde, kommt nur für Richter eines selbständigen Handelsgerichtes (§ 259 Abs 3 ZPO) oder eines besonderen Bezirksgerichtes für Handelssachen (§ 446 ZPO) in Frage. Nimmt aber der Einzelrichter eines Landes- oder Kreisgerichtes in seine Entscheidung keinen Beisatz auf, daß er in Ausübung der besonderen Gerichtsbarkeit in Handelssachen entschieden habe (§ 417 Abs 1 Z 1 ZPO,§ 429 Abs 1 ZPO), dann hat das Berufungsgericht, sofern nicht eine Partei erfolgreich einen Antrag nach § 479 a ZPO gestellt hat, in der Besetzung von drei Berufsrichtern zu entscheiden. Das gilt gemäß § 388 Abs 3 ZPO auch für das Rekursverfahren gegen die in Angelegenheiten des § 387 Abs 3 EO ergangenen Beschlüsse. Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht in der vom Gesetz geforderten Besetzung entschieden. Der Revisionsrekurs wegen Nichtigkeit war daher zu verwerfen.
Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens rügt die Klägerin einen vermeintlichen Verstoß gegen das Neuerungsverbot; das Rekursgericht hätte ihrer Meinung nach keinen anderen, von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes abweichenden Sachverhalt feststellen dürfen. Auch darin kann der Klägerin nicht gefolgt werden:
Die Klägerin behauptet nicht, daß das Rekursgericht Tatumstände, die im Verfahren erster Instanz nicht vorgekommen sind, berücksichtigt habe; eine Verletzung des auch für Rekurse im Verfahren zur Erlassung einstweiliger Verfügungen geltenden Neuerungsverbotes fällt dem Rekursgericht daher nicht zur Last. Ob ein solcher Verstoß eine Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens begründen könnte, braucht daher nicht geprüft zu werden. Da im Provisorialverfahren der Grundsatz der Unmittelbarkeit nicht gilt, ist aber das Rekursgericht nicht an die Feststellungen des Erstgerichtes gebunden (SZ 27/204; ÖBl 1980, 138 uva); es kann die Bescheinigungsmittel anders würdigen als das Erstgericht und dabei auch zusätzliche und andere Feststellungen treffen (ÖBl 1980, 41). Die Beschäftigung von Arbeitnehmern bei Messen oder messeähnlichen Veranstaltungen während der Wochenend- und Feiertagsruhe ist in § 17 Abs 1 ARG geregelt. Werbe- und Verkaufsveranstaltungen, welche die Voraussetzungen der Abs 3 bis 5 leg. cit. erfüllen, gelten gemäß § 17 Abs 2 ARG als Messen oder messeähnliche Veranstaltungen.
Als "Messe" im Sinne § 17 Abs 3 ARG ist eine zeitlich begrenzte, im allgemeinen regelmäßig wiederkehrende Veranstaltung anzusehen, in deren Rahmen eine Vielzahl von Ausstellern ein umfassendes Angebot eines oder mehrerer Wirtschaftszweige ausstellt und überwiegend nach Muster vor allem an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Verbraucher oder Großabnehmer vertreibt. Veranstaltungen, die Endverbraucher bloß zum Kauf animieren sollen und deren Zweck es zumindest zu einem erheblichen Teil ist, Waren an Endverbraucher abzusetzen, sind daher keine Messen im Sinne dieser Bestimmung; auch Veranstaltungen, bei denen nicht überwiegend nach Muster, sondern durch Ausstellung der verkaufsfähigen Produkte geworben und verkauft wird, können nicht als Messe anerkannt werden (Schwarz ARG 397 f).
Veranstaltungen, die nur einmal oder jedenfalls ohne Regelmäßigkeit durchgeführt werden oder die die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit von bestimmten Gewerbezweigen oder Regionen darstellen sollen (Handwerksausstellungen, Leistungsschauen u.dgl.), bei welchen der Informationszweck gegenüber der Absicht des Warenvertriebes überwiegt, gelten gemäß § 17 Abs 4 ARG als "messeähnliche Veranstaltungen". Diese müssen also nicht alle Merkmale einer Messe erfüllen. Auch Veranstaltungen, die nur einmal oder ohne Regelmäßigkeit durchgeführt werden, sonst aber als Messe zu werten wären, gelten als messeähnliche Veranstaltung. An die Stelle des Merkmales der Darstellung eines umfassenden Angebotes einer oder mehrerer Wirtschaftszweige kann die Ausstellung von bestimmten Gewerbezweigen oder Regionen treten, wenn der Informationszweck gegenüber der Absicht des Warenvertriebes überwiegt. Dazu gehören in erster Linie Handwerksausstellungen und Leistungsschauen. Gleichwertigkeit der Absicht des Warenvertriebs und des Informationszweckes schließt jedoch die Annahme einer Messeveranstaltung aus (Schwarz a.a.O. 398 f).
Als Messen und messeähnliche Veranstaltungen gelten gemäß § 17 Abs 5 ARG Werbe- und Verkaufsveranstaltungen überdies nur dann, wenn infolge der großen Zahl der Aussteller und Besucher die Organisation der Durchführung von den Ausstellern nicht selbst bewältigt werden kann und die Veranstaltungen außerhalb jener Betriebsstätten durchgeführt werden, in denen der normale Geschäftsbetrieb der Aussteller stattfindet.
Gemäß § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG, das für alle an Sonntagen und Feiertagen ausgeübten Tätigkeiten gilt, die der Gewerbeordnung unterliegen, ist die Ausübung von Tätigkeiten an Sonntagen und Feiertagen zulässig, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern an Sonntagen und Feiertagen zulässig ist. Messen und messeähnliche Veranstaltungen dürfen daher auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe durchgeführt werden, ohne daß dafür die Festsetzung bestimmter Betriebszeiten durch den Landeshauptmann wegen eines besonderen Bedarfes gemäß § 3 BZG erforderlich wäre. Das LadenschlußG BGBl. 1958 156 regelt die Sperrzeiten im Kleinhandel und gilt nach seinem § 1 Abs 1 (von den hier nicht maßgeblichen, in Abs 4 genannten Ausnahmen abgesehen) für alle ständigen und nichtständigen, für den Kleinverkauf von Waren bestimmten Betriebseinrichtungen (Laden und sonstige Verkaufsstellen) von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen. Nach Abs 2 dieser Bestimmung gelten als Betriebseinrichtungen auch alle Einrichtungen und Veranstaltungen der in Abs 1 genannten Unternehmungen, bei denen Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden. Die auf Grund des Ladenschlußgesetzes ergangene Steiermärkische LadenschlußV vom LGBl. 40 bestimmt, daß die Verkaufsstellen (ausgenommen bestimmte, hier nicht maßgebliche Fälle) an Werktagen von 18 Uhr bis 7 Uhr 30 und von 12 Uhr 30 bis 14 Uhr 30 (§ 2 Abs 2) und an Samstagen ab 13 Uhr (§ 3 Abs 1) geschlossen zu halten sind. Ob die Ladenschlußbestimmungen auf Messen oder messeähnliche Veranstaltungen anzuwenden sind, ist im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt. Diese Frage braucht aber im vorliegenden Fall nicht untersucht zu werden, weil der von der Beklagten organisierten Veranstaltung "Geschenk und Handwerk" der Charakter einer Messe oder einer messeähnlichen Veranstaltung nicht zukommt.
Daß die Beklagte die von ihr organisierte Veranstaltung als Messe bezeichnet hat, ist für die rechtliche Beurteilung ohne Belang; maßgeblich ist vielmehr ihr tatsächlicher Charakter. Eine Messe kann hier schon deshalb nicht vorliegen, weil das charakteristische Merkmal des Verkaufes nach Muster vor allem an gewerbliche Wiederverkäufer, gewerbliche Verbraucher oder Großabnehmer fehlt; die Veranstaltung entsprach vielmehr - wie das Rekursgericht auf Grund der eidesstättigen Erklärungen des Präsidenten (Beilage 1) und des Direktors der Beklagten (Beilage 2) gestellt hat - den von der Beklagten veranstalteten Messen nur "im Konsumententeil". Damit ist aber klargestellt, daß in erster Linie an Endverbraucher verkauft wurde, wofür auch die Zeit der Abhaltung der Veranstaltung spricht. Eine Qualifikation als messeähnliche Veranstaltung im Sinne des ersten Halbsatzes des § 17 Abs 4 ARG (einmalige Veranstaltung oder Veranstaltung ohne Regelmäßigkeit) käme ebenfalls nur unter den sonstigen Voraussetzungen des § 17 Abs 3 ARG in Frage. Nach dem zweiten Halbsatz des § 17 Abs 4 ARG käme aber eine solche Wertung nur dann in Betracht, wenn es sich um eine Werbe- oder Verkaufsveranstaltung gehandelt hätte, bei der die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmter Gewerbezweige oder Regionen dargestellt werden sollte, bei welcher der Informationszweck gegenüber der Absicht des Warenvertriebes überwiegt. Ob die Voraussetzungen des hier geforderten Teilnehmerkreises vorliegen, kann aber dahingestellt bleiben: Die Beurteilung des weiteren Kriteriums eines Überwiegens des Informationszweckes hängt nämlich nicht von der Anzahl der kauflustigen Besucher der Veranstaltung ab. Das Verhältnis von Kaufinteressenten (39 %) und sonstigen Besuchern, die nur zu Informationszwecken zur Veranstaltung kamen (61 %), gibt für sich allein noch keinen Aufschluß darüber, ob tatsächlich der Informationszweck überwogen hat, werden doch auch die bloß dem Kleinverkauf gewidmeten Verkaufsstellen der Gewerbetreibenden in nicht unerheblichem Ausmaß von Personen besucht, die sich nur über das Warenangebot informieren wollen. Gerade die in erster Linie an Endverbraucher gerichtete Werbung der Beklagten mit der ausdrücklichen Aufforderung, bei der von ihr durchgeführten Veranstaltung Weihnachtsgeschenke einzukaufen, und die für die Verkaufsausstellung gewählte Zeit kurz vor Weihnachten, in der erfahrungsgemäß vom Kleinhandel das Weihnachtsgeschäft erwartet wird, lassen keinen Zweifel daran, daß nicht der Informationszweck im Vordergrund stand, sondern die Absicht des Warenvertriebes überwog.
Fehlt es damit aber an der Qualifikation als Messe oder messeähnlichen Veranstaltung, dann bieten § 17 Abs 1 ARG und § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG keine Grundlage für die zulässige Ausübung von Tätigkeiten, die der Gewerbeordnung unterliegen, an Sonn- und Feiertagen. Da gemäß § 1 Abs 2 LadenschlußG Einrichtungen und Veranstaltungen von Unternehmungen, die der Gewerbeordnung unterliegen, insbesondere Verkaufsausstellungen, als für den Kleinverkauf von Waren bestimmte Betriebseinrichtungen im Sinne des § 1 Abs 1 LadenschlußG gelten, bei denen Warenbestellungen im Kleinverkauf entgegengenommen werden (Heinl-Loebenstein-Verosta a. a.O. Anm. 4 zu § 1 LadenschlußG), finden auf sie das LadenschlußG und die darauf basierenden Landesverordnungen Anwendung. Das Offenhalten an Werktagen in der Zeit von 12 Uhr 30 bis 14 Uhr 30 und nach 18 Uhr sowie an Samstagen nch 13 Uhr widersprach somit den § 2 Abs 1,§ 3 der Steiermärkischen LadenschlußV. Die Aussteller, die sich nicht an die gewerberechtlichen Vorschriften hielten, erlangten damit gegenüber den gesetzestreuen Mitbewerbern einen Wettbewerbsvorteil; ihr Verhalten verstößt daher gegen § 1 UWG. Als Veranstalterin der Verkaufsausstellung ermöglichte die Beklagte den einzelnen Unternehmen, die sich daran beteiligten, das Offenhalten während der geltenden Ladenschlußzeiten und der Wochenend- und Feiertagsruhe. Sie hat damit zu Zwecken des Wettbewerbs gehandelt, weil dazu auch die - sich vor allem aus der Werbung der Beklagten ergebende - Absicht genügt, fremden Wettbewerb zu fördern (Hohenecker-Friedl Wettbewerbsrecht 19). Auch die Beklagte hat daher einen Verstoß gegen § 1 UWG zu vertreten. Die Sache war somit spruchreif im Sinne der Wiederherstellung der einstweiligen Verfügung des Erstgerichtes, ohne daß es der von der Beklagten in ihrer Äußerung beantragten Vernehmung von Auskunftspersonen bedurfte. Das Rekursgericht hat den sich aus den eidesstättigen Erklärungen ergebenden Sachverhalt ohnedies festgestellt, ohne daß ersichtlich wäre, welche weiteren Tatsachen sich aus der Vernehmung der beantragten Auskunftspersonen hätten ergeben können. Ob auf Grund des festgestellten Sachverhaltes die von der Beklagten organisierte Verkaufsausstellung als Messe oder messeähnliche Veranstaltung anzusehen ist, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die durch die Vernehmung von Auskunftspersonen nicht geklärt werden konnte.
Das von der Klägerin beantragte Verbot war im Einklang mit dem Vorbringen im Sicherungsantrag und den gesetzlichen Vorschriften sowie unter Bedachtnahme auf das beanstandete Verhalten der Beklagten umzuformulieren, ohne daß dadurch eine Überschreitung des Sachantrages bewirkt wurde.
Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich in Ansehung der Klägerin auf § 393 Abs 1 EO; in Ansehung der Beklagten auf §§ 78, 402 EO;§§ 40, 50, 52 Abs 1 ZPO.