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OGH vom 07.10.2011, 5Ob182/11t

OGH vom 07.10.2011, 5Ob182/11t

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers DI Kurt O*****, vertreten durch Mag. Elmar Obermayr, öffentlicher Notar in 5270 Mauerkirchen, wegen Grundbuchseintragungen in der EZ 143 GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , AZ 16 R 5/11k, womit infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom , TZ 5321/2010, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung:

Margaretha und Ing. Alfred O***** sind je zur Hälfte bücherliche Miteigentümer der EZ 143 KG *****.

Mit Übergabsvertrag vom übertrugen sie das Eigentum an ihren Liegenschaftsanteilen an ihren Sohn, den Antragsteller. Als Gegenleistung verpflichtete er sich zur Zahlung einer monatlichen Versorgungsrente an die Übergeber und räumte ihnen zur Sicherstellung eine entsprechende Reallast ein.

Unter „Sonstige Leistungen“ wurde den Übergebern im Punkt 4. des Übergabsvertrags ein Wohnungsgebrauchsrecht gemäß § 521 ABGB an einer bestimmten Wohnung des Hauses eingeräumt. Zur Sicherstellung des Wohnungsgebrauchsrechts bestellte der Antragsteller an der Liegenschaft für die Übergeber die Dienstbarkeit des Wohnungsgebrauchsrechts im dargestellten Umfang.

Im Weiteren wurde den Übergebern ein Belastungs und Veräußerungsverbot gemäß § 364c ABGB eingeräumt.

Unter Punkt 10. des Übergabsvertrags erklärte der Antragsteller gemäß § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG 1994 (LGBl 1994/88 idgF), dass dieser Rechtserwerb nach dem Oö.GVG „genehmigungsfrei zulässig“ sei. Weiters gaben sämtliche Vertragsteile die in § 16 Abs 3 letzter Satz Oö. GVG vorgesehene Erklärung über die Kenntnis allfälliger zivilrechtlicher Folgen einer unrichtigen Erklärung ab. Die Übergeber hingegen gaben als Rechtserwerber keine in § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG vorgesehene Erklärung ab.

Unter Vorlage dieses Übergabsvertrags vom , einer Geburtsurkunde des Antragstellers vom und einer Erklärung gemäß § 12 GrEStG beantragte der Antragsteller die Einverleibung des Eigentumsrechts, der Reallast, der Dienstbarkeit des Wohungsgebrauchsrechts und des Veräußerungs und Belastungsverbots für die Übergeber Margaretha und Ing. Alfred O*****.

Das Erstgericht trug dem Antragsteller gemäß § 82a GBG eine Verbesserung seines Grundbuchsgesuchs durch Vorlage einer bei Einbringung des Gesuchs bereits vorhandenen Erklärung der Erwerber des Wohnungsgebrauchsrechts nach § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG auf.

Der Antragsteller verweigerte die Verbesserung durch Vorlage einer entsprechenden Erklärung.

Daraufhin wies das Erstgericht den Grundbuchsantrag zur Gänze ab. Die Einräumung eines Wohnungsgebrauchsrechts unterliege der Bestimmung des § 1 Abs 2 Z 2 Oö. GVG, weshalb ein diesbezüglicher Rechtserwerb im Grundbuch nur eingetragen werden dürfe, wenn ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid, ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid darüber, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig sei oder eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig sei, angeschlossen sei. Weil der Übergabsvertrag ein einheitliches Ganzes darstelle und daher auch nur als solcher verbüchert werden könne, führe dies zur Abweisung des gesamten Grundbuchsgesuchs.

Dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz nicht Folge.

Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass das im Übergabsvertrag eingeräumte Wohnungsgebrauchsrecht einen Rechtserwerb iSd § 16 Abs 1 Z 2 Oö. GVG 1994 darstelle und daher nur unter den vom Erstgericht dargestellten Voraussetzungen verbüchert werden könne. „Einräumung“ iSd § 1 Abs 2 Z 2 Oö. GVG bedeute immer die Verschaffung eines vom Eigentum abgeleiteten Rechts durch den Eigentümer oder einen von ihm dazu Ermächtigten. Auch ein „Vorbehalt“ einer Dienstbarkeit anlässlich der Eigentumsübertragung sei als Vertrag zu qualifizieren, weil es diesbezüglich der Einräumung des betreffenden Rechts durch den Übernehmer der Liegenschaft bedürfe. Zu Recht habe daher das Erstgericht das Grundbuchsgesuch zur Gänze mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 16 Abs 1 Oö. GVG abgewiesen.

Das Rekursgericht erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs gegen seine Entscheidung für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage vorliege, ob ein Vorbehalt eines Wohnungsgebrauchsrechts in einem Übergabsvertrag zugunsten des bisherigen Liegenschaftseigentümers einen zivilrechtlichen Rechtserwerb iSd § 1 Abs 2 Oö. GVG darstelle und daher die besonderen Eintragungsvoraussetzungen des § 16 Abs 1 Oö. GVG Voraussetzung einer bücherlichen Einverleibung seien.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers , der aus dem vom Rekursgericht aufgezeigten Grund zulässig ist. Er ist aber nicht berechtigt.

Zufolge § 1 Abs 2 Oö. GVG unterliegen dem Geltungsbereich dieses Landesgesetzes ua folgende zivilrechtliche Rechtserwerbe unter Lebenden an Grundstücken oder Grundstücksteilen (zB Wohnung):

„1. die Übertragung des Eigentums

2. die Einräumung des Fruchtnießungsrechts oder des Rechts des Gebrauchs einschließlich der Dienstbarkeit der Wohnung;

...“

Nach § 16 Oö. GVG „dürfen Rechtserwerbe, die diesem Landesgesetz unterliegen (§ 1 Abs 2), im Grundbuch nur eingetragen werden, wenn dem Grundbuchsgesuch für sämtliche Grundstücksflächen allein oder in Verbindung miteinander Folgendes angeschlossen ist:

1. ein rechtskräftiger Genehmigungsbescheid oder

2. ein rechtskräftiger Feststellungsbescheid (§ 11) darüber, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist, oder

3. eine schriftliche Erklärung des Rechtserwerbers, dass der Rechtserwerb nach diesem Landesgesetz genehmigungsfrei zulässig ist.“

Nach § 16 Abs 3 Oö. GVG können Erklärungen gemäß Abs 1 Z 3 „auch in die Vertragsurkunde über einen Rechtserwerb aufgenommen werden. Sie müssen jedenfalls folgenden Zusatz enthalten: Dem Unterzeichneten sind im vollen Umfang die Strafbestimmungen des § 35 Oö. GVG 1994 sowie allfällige zivilrechtliche Folgen einer unrichtigen Erklärung (Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts, Rückabwicklung) bekannt“.

Mit diesem „Erklärungsmodell“ des § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG 1994 wird eine Beschleunigung des bücherlichen Rechtserwerbs dadurch erzielt, dass im Unterschied zu den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und 2 Oö. GVG 1994 die grundverkehrsbehördliche Prüfung erst im Nachhinein erfolgt. § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG 1994 führt nicht dazu, dass das Grundbuchsgericht Fragen des Grundverkehrs materiell zu prüfen hätte (RIS Justiz RS0123161; 5 Ob 180/07t = NZ 2008/60, 215 [ Hoyer mit hier allerdings nicht relevanten verfassungs kompetenzrechtlichen Bedenken]).

Für eine spezifische grundbuchsrechtliche Sonderbehandlung des „Erklärungsmodells“ des § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG 1994 gegenüber den Fällen des § 16 Abs 1 Z 1 und 2 Oö. GVG 1994 (Genehmigungs bzw Feststellungsbescheid) besteht kein Anlass (RIS Justiz RS0123161). Das bedeutet, dass die Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück den Verkehrsbeschränkungen des Oö. GVG unterliegt, weiterhin grundsätzlich der Grundverkehrsbehörde vorbehalten ist, sofern kein Fall des § 16 Abs 2 Oö. GVG (Verbücherung eines rechtskräftigen Zuschlags oder eines rechtskräftigen Beschlusses über die Annahme eines Überbots) vorliegt (5 Ob 262/98k = NZ 2000, 367).

Weil § 16 Abs 1 Oö. GVG anordnet, dass Rechtserwerbe, die diesem Landesgesetz unterliegen (§ 1 Abs 2) nur dann ins Grundbuch eingetragen werden dürfen, wenn dem Grundbuchsgesuch die in den Ziffern 1 und 2 bezeichneten Bescheide oder aber die in Ziffer 3 angeführte „Erklärung“ des Rechtserwerbers angeschlossen sind, hat das Grundbuchgericht die Bewilligung der Verbücherung von Rechtserwerben nur davon abhängig zu machen, dass eine dieser Voraussetzungen dem Grundbuchsgesuch urkundlich angeschlossen ist. Die Beurteilung der Frage, ob ein Grundstück den Verkehrsbeschränkungen des Oö. GVG unterliegt, bleibt nach wie vor grundsätzlich der Grundverkehrsbehörde vorbehalten. Das Grundbuchsgericht hat im Fall einer auf einer „Erklärung“ iSd § 16 Abs 1 Z 3 Oö. GVG beruhenden Einverleibungsbewilligung den Grundbuchsbeschluss zur Prüfung an die örtlich zuständige Grundverkehrsbehörde weiterzuleiten (§ 16 Abs 4 Oö. GVG). Der Grundverkehrsbehörde stehen dann die in §§ 17, 18, 24 und 35 Oö. GVG vorgesehenen Reaktionsmöglichkeiten zur Erfüllung der Zielsetzungen des Grundverkehrsgesetzes zu.

Dem Grundbuchgericht obliegt es gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG, das Vorliegen der Bewilligungsvoraussetzungen des § 16 Abs 1 Oö. GVG zu prüfen.

Weil der Antragsteller weder einen rechtskräftigen Genehmigungsbescheid, noch einen rechtskräftigen Feststellungsbescheid iSd § 11 Oö. GVG, noch eine schriftliche Erklärung jener Personen, denen im Notariatsakt vom zu verbüchernde Wohnungsgebrauchsrechte eingeräumt wurden, vorgelegt hat, haben die Vorinstanzen dem Gesuch die Bewilligung somit zu Recht versagt.

Wie schon die Vorinstanzen erkannten, ist es zivilrechtlich bedeutungslos, dass sich die Übergeber bei Übertragung des Eigentums an ihrer Liegenschaft ein Wohnungsgebrauchsrecht „vorbehalten“ haben. Mit der Argumentation des Revisionsrekurses, dieser Teil des Vollrechts „Eigentum“ sei den Übergebern schon bisher zugestanden und liege daher kein „Rechtserwerb“ vor, wird das Wesen einer Dienstbarkeit verkannt. Sie ist ein Recht an fremder Sache und zufolge § 480 ABGB auf einen Vertrag, eine letzte Willenserklärung, auf einen bei der Teilung gemeinschaftlicher Grundstücke erfolgten Rechtsspruch oder auf Verjährung (Ersitzung) gegründet. Zur Erwerbungsart ist eine Einverleibung in die öffentlichen Bücher erforderlich (§ 481 Abs 1 ABGB). Deshalb bedarf auch die bei einer Veräußerung „vorbehaltene“ Dienstbarkeit der Wohnung einer Verbücherung. Der „Vorbehalt“ einer Dienstbarkeit bei einer Eigentumsübergabe stellt auch keine einseitige Erklärung sondern einen Vertrag dar, weil der Erklärung, dieses Recht ausüben zu wollen, die Zustimmung des künftig Berechtigten hinzutreten muss. Der Ausdruck „Vorbehalt“ ist nur in dem Sinn zu verstehen, dass der Übergeber des Grundstücks auch gegen die Gegenleistung übertrage, dass der Erwerber ihm die Servitut einräume ( Dittrich/Tades ABGB 36 § 480 ABGB E 9 = GlUNF 2266).

Es ist daher dahin zusammenzufassen , dass den Übergebern bisher an eigener Sache kein Wohnungsgebrauchsrecht zustand, sondern ein solches rechtsgeschäftlich durch den Übergabsvertrag erst begründet wurde, sodass auch insoweit ein zivilrechtlicher Rechtserwerb unter Lebenden iSd § 1 Abs 2 Z 2 Oö. GVG vorliegt. „Einräumung“ bedeutet nämlich immer die Verschaffung eines vom Eigentum abgeleiteten Rechts durch den Eigentümer bzw ein von diesem dazu Ermächtigten (vgl Schneider Österreichisches Grundverkehrsrecht Anm 8 zu § 1 Oö. GVG). Eine Ausnahme von der Genehmigungsbedürftigkeit für den Fall, dass ein Wohnungsgebrauchsrecht im Rahmen eines Übergabsvertrags vom früheren Eigentümer erworben wird, hat der Landesgesetzgeber nicht statuiert (ähnlich 5 Ob 75/08b: wechselseitige Einräumung von Fruchtgenussrechten durch Miteigentümer).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.