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OGH vom 23.11.2016, 3Ob196/16v

OGH vom 23.11.2016, 3Ob196/16v

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Mag. R*****, vertreten durch Piaty Müller Mezin Schoeller Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen die verpflichtete Partei Mag. K*****, wegen Unterlassung (§ 355 EO), über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom , GZ 4 R 301/15m, 4 R 302/15h 9, womit die Beschlüsse des Bezirksgerichts Graz West vom 6. und , GZ 611 E 3075/15p 2 und 6, bestätigt wurden, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Exekutionssache zur neuerlichen Entscheidung nach allfälliger Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens bilden weitere Kosten des Exekutionsverfahrens.

Text

Begründung:

Mit einstweiliger Verfügung vom wurde der Verpflichteten zur Sicherung des Anspruchs der Klägerin auf Unterlassung weiterer Verletzungen ihrer Ehre und ihrer Persönlichkeitsrechte ab sofort und bis zur Rechtskraft des über die Unterlassungsklage ergehenden Urteils verboten, bestimmte näher umschriebene Behauptungen über das Privat und Familienleben der Klägerin und/oder sinngleiche Äußerungen und/oder Äußerungen über den höchstpersönlichen Lebensbereich der Klägerin zu verbreiten und einen bestimmten Artikel auf einer bestimmten Webseite insoweit zu beseitigen.

Am beantragte die Betreibende, ihr aufgrund dieser einstweiligen Verfügung wider die Verpflichtete die Exekution nach § 355 EO zu bewilligen und über die Verpflichtete wegen Zuwiderhandelns gegen das Unterlassungsgebot eine (hohe) Geldstrafe zu verhängen. Die Verpflichtete sei dem Unterlassungs und Beseitigungsauftrag trotz Vollstreckbarkeit der einstweiligen Verfügung seit nicht nachgekommen, weil ein bestimmter Artikel, der in vielfacher Weise auf die Betreibende und ihr Lebensbild rechtswidrig Bezug nehme, nach wie vor auf mehreren von der Verpflichteten betriebenen Webseiten veröffentlicht sei. Schon die Abrufbarkeit dieses Artikels auf den genannten Webseiten bilde einen eindeutigen Verstoß gegen die einstweilige Verfügung.

Am 3. und am stellte die Betreibende auf gleichartige weitere Verstöße der Verpflichteten gegen die einstweilige Verfügung gestützte Strafanträge.

Das Erstgericht wies den (einleitenden) Exekutionsantrag mit der Begründung ab, die als betreibende Partei genannte Gesellschaft sei nicht Partei des Titelverfahrens gewesen, sie sei daher nicht zur Exekutionsführung berechtigt. Mit der gleichen Begründung wies das Erstgericht auch zwei Strafanträge vom 3. und ab; einen weiteren Strafantrag vom wies es zurück, weil die Betreibende nicht Partei des vorliegenden Verfahrens sei.

Das Rekursgericht bestätigte über Rekurs der Betreibenden sämtliche erstgerichtlichen Beschlüsse und sprach – über Abänderungsantrag der Betreibenden – nachträglich aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs infolge möglichen Widerspruchs zur Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (doch) zulässig sei. Da es nicht bloß auf die Bezeichnung der betreibenden Partei im Kopf der im ERV eingebrachten Anträge, sondern auf den gesamten Inhalt auch der angeschlossenen Dokumente ankomme, sei die Zurück oder Abweisung der Anträge der Betreibenden mangels Parteistellung oder Berechtigung aus dem geltend gemachten Exekutionstitel unzutreffend. Daraus sei aber für die Betreibende nichts zu gewinnen, weil sie in ihrem Exekutionsantrag und den nachfolgenden Strafanträgen keinen Verstoß gegen den Exekutionstitel nach Eintritt dessen Vollstreckbarkeit behauptet habe, sondern die mangels Anwendbarkeit des § 15 UWG in dem lediglich auf § 16 und § 1330 ABGB gestützten Exekutionstitel nicht zulässige Beseitigung eines rechtswidrigen Zustands anstrebe. Die Beseitigung fortdauernder Störungen könne nicht im Wege der Exekution nach § 355 EO erreicht werden.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie ihren Exekutions und die Strafanträge weiter verfolgt, ist zulässig und im Sinn der hilfsweise begehrten Aufhebung des rekursgerichtlichen Beschlusses auch berechtigt.

§ 528 Abs 2 Z 2 ZPO gilt auch im Exekutionsverfahren (RIS Justiz RS0002511, RS0002321), eine Ausnahme von der Unbekämpfbarkeit bestätigender Beschlüsse im Sinn dieser Bestimmung gibt es im Exekutionsverfahren nur noch in den Fällen des § 84 Abs 4 und des § 402 Abs 1 letzter Satz EO (RIS Justiz RS0012387 [T13, T 14]).

Ein bestätigender Beschluss liegt (nur) dann vor, wenn entweder in beiden Instanzen meritorisch oder formal entschieden wurde (RIS Justiz RS0044456, RS0044215). Dass die Bestätigung des erstinstanzlichen Beschlusses aus anderen Gründen als jenen des Erstgerichts erfolgt ist, ändert nichts an der Unzulässigkeit des Revisionsrekurses, wenn beide Instanzen gleichlautend entschieden haben, ohne dass das Rekursgericht eine inhaltliche Änderung des eindeutig erkennbaren Entscheidungswillens des Erstgerichts vorgenommen hat (RIS Justiz RS0044456 [T2], RS0044232 [T16], vgl RS0044161). Es kommt auf den übereinstimmenden Entscheidungswillen, nicht aber auf die Begründung an (8 Ob 19/16a).

Nicht prozessleitende Beschlüsse sind im Exekutionsverfahren der materiellen Rechtskraft fähig (3 Ob 156/08z; RIS Justiz RS0124284). Dieser Grundsatz gilt insbesondere für den Exekutionsbewilligungsbeschluss (3 Ob 16/12t; RIS Justiz RS0002142), aber auch für die Abweisung eines Exekutionsantrags ( Jakusch in Angst/Oberhammer EO 3 § 3 Rz 43). Zur Hereinbringung desselben Anspruchs aufgrund desselben Titels gegen denselben Verpflichteten auf ein und dasselbe Exekutionsobjekt kann daher mit ein und demselben Exekutionsmittel die Exekution nur einmal bewilligt und geführt werden (3 Ob 264/01x; 3 Ob 255/09k mwN). Ungeachtet der in Ansehung der Exekutionsbewilligung und zweier Strafanträge sowohl vom Erst als auch vom Rekursgericht ausgesprochenen Antragsabweisung – in Ansehung eines Strafantrags wies das Erstgericht zurück, das Rekursgericht hingegen ab, sodass ohnehin keine bestätigende Entscheidung vorliegt – belastet die Begründung der Abweisung durch das Rekursgericht die Betreibende aber insoweit mehr, als nicht bloß die als betreibende Partei Einschreitende als nicht aus dem Titel Berechtigte qualifiziert wurde, sondern die von der Betreibenden aufgrund eines bestimmten Zuwiderhandelns der Verpflichteten angestrebte Exekution als unberechtigt beurteilt wurde. Damit ist die Betreibende durch die Begründung des rekursgerichtlichen Beschlusses mehr belastet als durch den angefochtenen Beschluss des Erstgerichts, weshalb § 528 Abs 2 Z 2 ZPO hier nicht anzuwenden ist (vgl Zechner in Fasching/Konecny , Zivilprozessgesetze 2 IV/1 § 528 Rz 121).

Die Betreibende machte sowohl in ihrem Exekutions als auch den weiteren Strafanträgen – jeweils für nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels liegende Zeitpunkte – geltend, dass entgegen dem einstweiligen Verbot ein bestimmter Artikel, der in vielfacher Weise auf die Antragstellerin und ihr Lebensbild rechtswidrig Bezug nehme, nach wie vor auf verschiedenen von der Verpflichteten betriebenen Webseiten veröffentlicht sei. Sie beruft sich dabei jeweils auf gleichzeitig mit dem Antrag vorgelegte Ausdrucke dieser Webseiten, welche einen Artikel mit eindeutig dem einstweiligen Verbot widersprechenden Inhalt ausweisen.

In der Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO kommt es für die Frage, ob die Exekution zu bewilligen ist oder ob Strafen zu verhängen sind, nicht darauf an, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern darauf, was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (RIS Justiz RS0000279). Die titelmäßige Verpflichtung ist aufgrund des Wortlauts des Titels mit dem daraus hervorgehenden objektiven Wortsinn festzustellen (RIS Justiz RS0000205 [T1], RS0000207). Im Hinblick auf den eindeutig titelwidrigen Inhalt des von der Betreibenden beanstandeten, auch nach Vollstreckbarkeit des Exekutionstitels auf den Webseiten der Verpflichteten aufscheinenden Artikels kommt es nicht darauf an, ob es sich bei diesem Artikel um jenen handelt, welcher im Exekutionstitel unter Anführung einer Beilagenbezeichnung näher genannt und dessen Beseitigung ausdrücklich zur Pflicht gemacht wird.

Die Belassung einer der Verpflichteten nach dem Titel verbotenen Äußerung auf ihrer im Internet abrufbaren Webseite verstößt nämlich nach der Rechtsprechung gegen das Unterlassungsgebot, weil dieses indirekt die Verpflichtung des Betreibers der Webseite beinhaltet, die ihm verbotene Äußerung aus der betreffenden Seite zu entfernen (3 Ob 256/15s; 3 Ob 261/03h). Es ist daher sowohl in Ansehung des Exekutions als auch der weiteren Strafanträge der Betreibenden aufgrund ihrer Behauptungen von Titelverstößen der Verpflichteten auszugehen.

Das Erstgericht wird daher – nach Einholung einer allfälligen Äußerung der Verpflichteten zu den Strafzumessungsgründen im Sinn des § 358 Abs 2 EO – Geldstrafen gemäß § 355 Abs 1 EO auszumessen und zu verhängen haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 74 Abs 1 EO.

European Case Law Identifier

ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00196.16V.1123.000