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OGH vom 17.10.2006, 4Ob173/06d

OGH vom 17.10.2006, 4Ob173/06d

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß als Vorsitzende und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel, Dr. Jensik und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Karl S*****, Bäckermeister, *****, vertreten durch Dr. Klaus Dengg und andere Rechtsanwälte in Zell am Ziller, gegen die beklagte Partei Max W*****, Bäckermeister, *****, vertreten durch Benko & Anker, Rechtsanwaltspartnerschaft in Innsbruck, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Gesamtstreitwert 42.000 EUR), über die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck vom , GZ 2 R 86/06y-13, mit welchem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom , GZ 40 Cg 218/05b-7, teils bestätigt und teils abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben, und die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung:

Die Parteien betreiben Bäckereien. Der Beklagte liefert auch am Sonntag Backwaren aus. Er verwendet dafür Fahrzeuge mit Firmenaufschrift und setzt auch Dienstnehmer ein; die Ware ist in typischen Backwarenbehältnissen verstaut. Zumindest einmal begann er mit der Auslieferung vor 6 Uhr früh; ob er dabei selbst auslieferte oder Mitarbeiter heranzog, steht nicht fest.

Aufgrund einer Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe betreibt der Beklagte auch ein Café. Seine Backstube befindet sich etwa 50 m davon entfernt. Dort wird bei der Erzeugung weder personell noch organisatorisch oder räumlich zwischen Backwaren für die Bäckerei und für das Café unterschieden.

Nach Aufforderung durch den Kläger erklärte der Beklagte durch seine Anwälte, dass er „selbstverständlich die gesetzliche Regelung des Sonn- und Feiertags-Betriebszeitengesetzes anerkennt bzw anerkennt, dass er aufgrund dieser gesetzlichen Regelung es als Bäcker zu unterlassen hat, an Sonn- und Feiertagen Backwaren unter Zuhilfenahme von Arbeitnehmern herzustellen bzw diese Waren mit Fahrzeugen, auf denen die Firmenanschrift angebracht ist, auszuliefern."

Der Kläger begehrt vom Beklagten das Unterlassen der Auslieferung von Brot- und Backwaren an Kunden unter Verwendung von Fahrzeugen, die erkennbar einem Bäckereibetrieb zugeordnet werden können (sohin Fahrzeuge mit Firmenaufschrift, Firmenlogo etc) und/oder unter Verwendung von Brot- und Backwarenbehältnissen, die erkennbar einem Bäckereibetrieb zugeordnet werden können (sohin Behältnisse mit Firmenaufschriften, Firmenlogo etc), und/oder unter Einsatz von Dienstnehmern, wobei als Dienstnehmer alle Personen mit Ausnahme des Beklagten zu gelten hätten. Weiters beantragt er die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung.

Zur Begründung stützt sich der Kläger auf § 1 UWG (Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch): Der Beklagte habe an Sonntagen Brot und Gebäck an Beherbergungsbetriebe ausgeliefert und damit gegen die Vorschriften des Sonn- und Feiertags - Betriebszeitengesetzes (BZG) verstoßen. Wegen des Einsatzes von Dienstnehmern und der Offenkundigkeit der Gewerbeausübung könne er sich nicht auf die in § 2 Abs 1 Z 4 lit b BZG enthaltene Ausnahme von der Sonntagsruhe berufen; auch die Wochenend- und Feiertags - Betriebszeiten-Verordnung des Landeshauptmanns von Tirol sei aus diesem Grund nicht anwendbar. Nach § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG seien daher ausschließlich die arbeitszeitrechtlichen Vorschriften maßgebend. Weder das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 (BäckAG) noch das Arbeitsruhegesetz (ARG) und die dazu ergangene Verordnung (ARG-VO) erlaubten eine Auslieferung am Sonntagmorgen. Zudem habe der Beklagte seine Unterlassungsverpflichtung anerkannt. Der Beklagte wendet ein, gegen keine Rechtsvorschriften verstoßen zu haben. Im Rahmen seines Gastgewerbes sei er berechtigt, auch an Sonn- und Feiertagen Brot und Gebäck herzustellen und auszuliefern. Denn seine Backstube werde ohne räumliche oder organisatorische Trennung sowohl im Rahmen des Bäckerei- als auch des Gastgewerbes verwendet, sodass das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 nicht anzuwenden sei. Diese Rechtsansicht sei zumindest vertretbar. Außerdem liefere er an Sonn- und Feiertagen ohnehin selbst aus. Er habe nur „bestätigt", dass er es „als Bäcker" zu unterlassen habe, Backwaren auszuliefern; die Berechtigung zur Auslieferung ergebe sich aber aus dem von ihm ebenfalls ausgeübten Gastgewerbe.

Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren eingeschränkt auf Sonn- und Feiertage statt, ermächtigte den Kläger zur beantragten Veröffentlichung, verpflichtete den Beklagten zur Tragung von sechs Siebteln der Veröffentlichungskosten und wies das „Mehrbegehren" auf gänzliche Unterlassung der Belieferung und auf Ersatz der gesamten Veröffentlichungskosten ab. Der Beklagte habe konstitutiv anerkannt, dass er die Auslieferung „als Bäcker" zu unterlassen habe. Zudem sei die Gewerbeausübung nach § 2 BZG an Sonn- und Feiertagen auch gesetzlich verboten. Die Ausnahmen dieses Gesetzes griffen nicht ein. Die nach § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG maßgebenden arbeitsrechtlichen Vorschriften erlaubten im konkreten Fall keinen Einsatz von Arbeitnehmern. Das gelte sowohl für das (anwendbare) BäckAG als auch für das ARG iVm der ARG-VO. Auf seine Gastgewerbeberechtigung könne sich der Beklagte nicht berufen, da er entgegen § 2 der Tiroler Sperrzeiten-Verordnung vor 6 Uhr früh ausgeliefert habe. Auch der Ausnahmetatbestand nach § 2 Abs 1 Z 4 lit b BZG liege nicht vor, da sich der Beklagte auch seiner Arbeitnehmer bedient habe. Zudem habe das Beliefern von Gasthöfen mit dem Firmenwagen für unbeteiligte Dritte das Erscheinungsbild der dem Bäckereigewerbe eigentümlichen Arbeiten aufgewiesen. Das Unterlassungsbegehren sei jedoch nur für Sonn- und Feiertage berechtigt; soweit es auch die übrigen Wochentage erfasse, sei es abzuweisen. Aus diesem Grund habe der Beklagte auch nur ein Siebtel der Veröffentlichungskosten zu zahlen. Das von beiden Parteien angerufene Berufungsgericht bestätigte die Unterlassungsverpflichtung und die Veröffentlichungsermächtigung, verpflichtete den Beklagten zur Tragung der gesamten Veröffentlichungskosten und ließ die Teilabweisung ersatzlos entfallen. Es bewertete den Entscheidungsgegenstand mit über 20.000 EUR und ließ die ordentliche Revision zu. Die Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG greife nicht ein. Zwar sei das BäckAG nach seinem § 1 Abs 2 nicht anwendbar, da es bei der Erzeugung keine organisatorische und räumliche Trennung zwischen dem Gastgewerbe- und dem Bäckereibetrieb gebe. Das aus diesem Grund maßgebende ARG und die auf seiner Grundlage erlassene ARG-VO erlaubten jedoch keine Verwendung von Arbeitnehmern für die Auslieferung. Nach Punkt XIII.

1. der Anlage zur ARG-VO dürften Arbeitnehmer im Betrieb eines Gastgewerbes zwar auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe alle Tätigkeiten ausüben, die zur Aufrechterhaltung des Betriebs und zur Betreuung der Gäste erforderlich seien. Diese Bestimmung greife aber nicht ein. Denn § 111 Abs 4 Z 4 GewO erlaube zwar auch den Verkauf der im Gastgewerbebetrieb verabreichten Speisen, halbfertiger Speisen, dabei verwendeter Lebensmittel und von Reiseproviant. Damit sei nach § 50 Abs 1 Z 2 GewO auch das Recht zur Auslieferung verbunden. Nach dem Zweck dieser Bestimmungen könne es sich dabei aber nur um Speisen und Lebensmittel handeln, die typischerweise in einem Gastgewerbebetrieb verabreicht würden. Bei Brot- und Backwaren treffe das nur zu, soweit Kleinmengen, etwa für ein Frühstück, betroffen seien. Nicht typisch und daher auch nicht von der Verkaufsberechtigung erfasst sei der hier strittige Verkauf von größeren Mengen. Auf § 2 Abs 1 Z 4 lit b BZG könne sich der Beklagte nicht berufen, weil die Auslieferung mit einem Firmenfahrzeug das für unbeteiligte Dritte erkennbare Erscheinungsbild der dem Bäckereigewerbe eigentümlichen Arbeiten aufgewiesen habe. Der Beklagte sei daher nach § 1 UWG zur Unterlassung der Auslieferung an Sonn- und Feiertagen verpflichtet. Ungeachtet des versehentlich zu weit gefassten Urteilsantrags habe der Kläger immer nur diese Unterlassung begehrt. Der Spruch sei in diesem Sinn zu formulieren; ein abzuweisendes Mehrbegehren gebe es nicht. Aus diesem Grund habe der Beklagte auch die gesamten Veröffentlichungskosten zu zahlen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn des Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Gegen § 1 UWG verstößt, wer sich durch einen zu Wettbewerbszwecken begangenen Rechtsbruch einen Vorsprung gegenüber Mitbewerbern verschafft (RIS-Justiz RS0078089, RS0077931). Der Gesetzesverstoß muss subjektiv vorwerfbar sein. Maßgebend ist, ob die Auffassung des belangten Mitbewerbers über den Inhalt der angeblich verletzten Norm durch das Gesetz so weit gedeckt ist, dass sie mit gutem Grund vertreten kann (4 Ob 331/82 = SZ 56/2 - Metro-Post; RIS-Justiz RS0077771; zuletzt etwa 4 Ob 115/06z - Ampelwerbung). Es ist daher zu prüfen, ob der Beklagte mit guten Gründen annehmen konnte, auch an Sonn- und Feiertagen zur Auslieferung von Brot und Gebäck befugt zu sein.

2. Ausgangspunkt für die Beurteilung dieser Frage ist § 2 Abs 1 lit a BZG. Diese Bestimmung gestattet ganz allgemein - also ohne Rücksicht darauf, ob tatsächlich Arbeitnehmer beschäftigt werden oder nicht - jede Gewerbeausübung an Sonn- und Feiertagen, zu deren Durchführung nach den arbeitsrechtlichen Vorschriften die Beschäftigung von Arbeitnehmern zulässig ist (RIS-Justiz RS0052485). Gewerbe- und Arbeitszeitrecht laufen daher in diesem Bereich parallel. Aus arbeitsrechtlicher Sicht maßgebend ist im Allgemeinen das Arbeitsruhegesetz (ARG) in Verbindung mit der zu dessen § 12 ergangenen Arbeitsruhegesetz-Verordnung (ARG-VO). Vorrang gegenüber diesen Vorschriften hat allerdings nach § 1 Abs 2 Z 7 ARG das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 (BäckAG). Das Berufungsgericht hat daher zutreffend in einem ersten Schritt geprüft, ob das BäckAG auf die Tätigkeit der Auslieferer anzuwenden ist. Ist das der Fall, wäre es unerheblich, dass der Beklagte auch über eine Gastgewerbeberechtigung verfügt.

Soweit der Beklagte in diesem Zusammenhang die Verfassungswidrigkeit einzelner Bestimmungen des BäckAG einwendet, verkennt er dessen Regelungszweck. Es umschreibt nicht (unmittelbar) die gewerberechtlichen Befugnisse von Bäckern, sondern dient dem besonderen Schutz der typischerweise mit Nachtarbeit belasteten Mitarbeiter. Wird ihnen im Ausgleich dafür ein besonderer Schutz der Wochenendruhe gewährt, ist das nicht unsachlich. Die in § 1 Abs 2 und Abs 3 Z 1 BäckAG vorgesehenen Ausnahmen beruhen auf Abgrenzungsschwierigkeiten, die in den davon erfassten Situationen bestehen (Sablatnig/Uher, Handbuch zur Arbeitszeit2 [2004] 250); auch sie sind aus diesem Grund sachlich gerechtfertigt.

3. Nach Auffassung des Berufungsgerichts folgt die Unanwendbarkeit des BäckAG aus dessen § 1 Abs 2. Danach gilt das Gesetz nicht für die Erzeugung von Backwaren in Gastgewerbebetrieben. Wird in einem Betrieb oder Betriebsteil ohne räumliche und organisatorische Trennung sowohl das Gastgewerbe als auch das Gewerbe der Bäcker oder Konditoren ausgeübt, so ist der gesamte Betrieb oder Betriebsteil von diesem Bundesgesetz ausgenommen.

Im vorliegenden Fall steht fest, dass sich die Backstube etwa 50 m „gegenüber" dem Gastgewerbebetrieb befindet. Damit liegt eine räumliche Trennung vor. Die Annahme des Berufungsgerichts, es komme auf die fehlende organisatorische und räumliche Trennung bei der Erzeugung der Waren für die Bäckerei (dh den Verkauf) und das Café an, ist mit dem Wortlaut des Gesetzes nicht zu vereinbaren. Sie führte dazu, dass auch eine Großbäckerei mit mehreren Betriebsstätten zur Gänze vom Anwendungsbereich des BäckAG ausgenommen wäre, wenn der Inhaber irgendwo ein Gastgewerbe ausübt, in dessen Rahmen er die in den verschiedenen Betriebsstätten erzeugten Backwaren verabreicht. Die Anwendung des BäckAG könnte daher letztlich allein dadurch vermieden werden, dass der Inhaber einer Bäckerei einen - wirtschaftlich möglicherweise völlig unbedeutenden - Gastgewerbebetrieb eröffnet. Dem Gesetzgeber kann nicht unterstellt werden, dass er eine solche Umgehungsmöglichkeit schaffen wollte. Entscheidend ist daher nicht die gemeinsame Erzeugung der Backwaren, sondern die - hier nicht gegebene - organisatorische und räumliche Verbindung von Backstube und Gastgewerbebetrieb. Denn nur in diesem Fall gibt es typischerweise eine Verschränkung des Arbeitskräfteeinsatzes in den beiden Betriebszweigen, die eine Differenzierung nach der „überwiegenden" Beschäftigung (§ 1 Abs 1 BäckAG) unmöglich macht und daher die Ausnahmebestimmung rechtfertigt (Sablatnig/Uher aaO).

Diese Auslegung ist nach Auffassung des Senats so zwingend, dass die davon abweichende Auslegung des Beklagten nicht mit guten Gründen vertreten werden kann. Er kann sich daher nicht auf die damit begründete Unanwendbarkeit des BäckAG berufen.

Damit ist dem Kläger aber noch nicht (endgültig) geholfen. Denn die Unanwendbarkeit des BäckAG könnte sich im konkreten Fall schon aus dessen § 1 Abs 1 ergeben. Danach gilt das Gesetz (nur) für Arbeitnehmer, die „in Backwaren-Erzeugungsbetrieben beschäftigt und überwiegend bei der Erzeugung von Backwaren verwendet werden." Nach der Rsp des VwGH zum BäckAG 1955 ist die Manipulation an bereits vollendetem Backgut, insbesondere daher die Auslieferung, keine Tätigkeit bei dessen „Erzeugung" (VwGH GZ 90/19/0209). Diese Auffassung liegt auch dem BäckAG 1996 zugrunde, heißt es doch in den EB zur RV, dass es auf „Beschäftigte im Expedit" nicht anzuwenden ist (177 BlgNR 20. GP 11; vgl auch Sablatnig/Uher aaO). Entscheidend ist daher, ob die zur Auslieferung herangezogenen Arbeitnehmer ansonsten überwiegend bei der Erzeugung von Backwaren tätig sind. Ist das der Fall, so bleibt das BäckAG anwendbar (ebenso 4 Ob 170/06p - Backwarenauslieferung I). Würden solche Arbeitnehmer am Sonntag zur Auslieferung eingesetzt, ohne dass das im Einzelfall nach § 17 BäckAG gerechtfertigt ist, läge darin - völlig unabhängig davon, dass der Beklagte (auch) über eine Gastgewerbeberechtigung verfügt - ein auch nach § 1 UWG vorwerfbarer Verstoß gegen Arbeitszeitvorschriften. Daher wäre ein auf diese Fallgestaltung beschränktes Verbot zu erlassen.

4. Anders ist die Rechtslage, wenn nicht unter das BäckAG fallende Arbeitnehmer eingesetzt werden. Anwendbar ist in diesem Fall § 2 Abs 1 lit a BZG iVm § 12 ARG iVm den Ausnahmebestimmungen der ARG-VO. Die in der Anlage zu dieser Verordnung enthaltene Aufzählung von erlaubten Tätigkeiten ist zwar als Ausnahme von den Arbeitnehmerschutzbestimmungen einschränkend auszulegen (RIS-Justiz RS0051695). Kriterium ist aber auch hier die Vertretbarkeit, nicht die Richtigkeit der Auslegung.

Ausgenommen von der Wochenend- und Feiertagsruhe ist nach Punkt XI.

4. c. der Anlage ua die „Beförderung [...] von leicht verderblichen Lebensmitteln [...], sofern diese Tätigkeiten während der Wochenend- und Feiertagsruhe durchgeführt werden müssen". Die Auslieferung von Backwaren kann dieser Bestimmung in vertretbarer Weise unterstellt werden (ausführlich 4 Ob 170/06p - Backwarenauslieferung I). Um die Anwendung von § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG zu ermöglichen, muss diese Auslieferung freilich im Rahmen der jeweiligen Gewerbeberechtigung erfolgen. Denn § 1 BZG verweist ausdrücklich auf Tätigkeiten, die der Gewerbeordnung unterliegen. Es ist daher nicht anzunehmen, dass § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG iVm den Ausnahmevorschriften der ARG-VO auch dann anzuwenden wäre, wenn die strittige Tätigkeit zwar abstrakt gestattet, jedoch nicht von der Gewerbeberechtigung des Unternehmers gedeckt wäre.

Nach § 50 Abs 1 Z 2 GewO dürfen Gewerbetreibende im Rahmen ihres Gewerbes Waren auf Bestellung überallhin liefern. Damit ist die Auslieferung von verkauften Backwaren durch das Bäckereigewerbe des Beklagten gedeckt. Soweit nicht Arbeitnehmer eingesetzt werden, die unter das BäckAG fallen, ist daher die Auffassung vertretbar, dass ein Bäcker aufgrund von § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG iVm § 12 ARG iVm Punkt XI. 4. c. der Anlage zur ARG-VO auch an Sonn- und Feiertagen ausliefern darf. Das gilt aus wettbewerbsrechtlicher Sicht jedenfalls so lange, als nicht entgegenstehende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs oder von Verwaltungsgerichtshofs vorliegen.

5. Fraglich ist allerdings, ob sich der Beklagte nicht seine Erklärung entgegenhalten lassen muss, wonach er „anerkannte", dass er aufgrund des BZG „als Bäcker" die Sonn- und Feiertagsauslieferung zu unterlassen habe. Das könnte als konstitutives Anerkenntnis gewertet werden, das unabhängig von der Rechtslage eine neue Verpflichtung schafft (RIS-Justiz RS0032541). Hier hätte das zur Folge, dass die Befugnisse aus der Bäckereiberechtigung nicht in die Überprüfung der Zulässigkeit des Sonntagsauslieferung einbezogen werden dürften. Es müsste daher - wie von den Vorinstanzen - geprüft werden, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang (auch) die Gastgewerbebefugnis die Sonn- und Feiertagsauslieferung deckt.

Ein konstitutives Anerkenntnis liegt vor, wenn der Schuldner die durch eine ernstliche Rechtsbehauptung des Gläubigers entstandene Unsicherheit durch die Erklärung beseitigt, die Verpflichtung auch für den Fall, dass sie bisher nicht bestanden haben sollte, zu begründen (RIS-Justiz RS0032516; insb 1 Ob 27/01d = SZ 74/80 [verst Senat]). Das ist vor allem dann anzunehmen, wenn zuvor ein Zweifel über das nun anerkannte Recht bestand (RIS-Justiz RS0032818, RS0032792); liegen dagegen keine Zweifel des Schuldners am Bestand der Forderung vor, die durch seinen Willen beseitigt werden sollten, eine eigene Hauptschuld auch für den Fall zu begründen, dass eine solche bisher nicht bestanden haben sollte, so ist das Vorliegen eines konstitutiven Anerkenntnisses zu verneinen (1 Ob 27/01d = SZ 74/80 mwN). Maßgebend ist dabei nicht der Wille als solcher, sondern das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers (RIS-Justiz RS0017965 T 1; RS0014279). Ist kein solcher Verpflichtungswille anzunehmen, liegt nur ein deklaratives Anerkenntnis vor, dass keinen neuen Verpflichtungsgrund schafft (RIS-Justiz RS0111900, RS0032784). Auf dieser Grundlage ist die Erklärung des Beklagten nicht als konstitutives Anerkenntnis werten. Denn er hat „selbstverständlich" die gesetzliche Regelung anerkannt und auf dieser Grundlage seine weiteren Erklärungen abgegeben. Damit brachte er (nur) zum Ausdruck, dass er sich (weiterhin) gesetzestreu verhalten werde; einen Zweifel am Inhalt der zugrunde liegenden Vorschriften ließ er nicht erkennen. Daher kann ihm aber auch nicht unterstellt werden, dass er unabhängig von dieser Rechtslage eine neue Verpflichtung schaffen wollte.

6. Entscheidend für den Ausgang des Rechtsstreits ist somit die Frage, welche Arbeitnehmer die Beklagte zur Auslieferung verwendet hat. Werden sie überwiegend bei der Backwarenerzeugung tätig und fallen sie daher in den Anwendungsbereich des BäckAG, so wäre ein auf diese Fallgestaltung beschränktes, vom weiten Klagebegehren jedenfalls gedecktes Verbot auszusprechen; das Mehrbegehren wäre abzuweisen. Ansonsten wäre die Klage zur Gänze abzuweisen. Auf die mit der Gastgewerbeberechtigung verbundenen (weiteren) gewerberechtlichen Befugnisse, die von den Vorinstanzen geprüft wurden, kommt es in keinem dieser Fälle an. Denn eine Auslieferung durch Bäckereiarbeiter könnten auch sie nicht decken. Ebenso wenig relevant ist die (weitere) Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 1 Z 4 lit b BZG. Denn eine Auslieferung durch den Gewerbeinhaber selbst, der mangels Dienstnehmereigenschaft nicht unter das BäckAG fällt, ist schon nach § 2 Abs 1 Z 1 lit a BZG iVm Punkt XI. 4. c. der Anlage zur ARG-VO jedenfalls zulässig.

Diese Rechtslage war den Parteien offenkundig nicht bewusst. Zu den Voraussetzungen der Anwendung des BäckAG liegen auch sekundäre Feststellungsmängel vor. Das führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen. Das Erstgericht wird nach Erörterung und allenfalls weiterer Beweisaufnahme Feststellungen zur überwiegenden Tätigkeit der bei der Auslieferung verwendeten Arbeitnehmer zu treffen haben. Den Kläger trifft dabei die Behauptungs- und Beweislast für die überwiegende Verwendung in der Backwarenerzeugung, den Beklagten gegebenenfalls für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes nach § 17 BäckAG. Ein Teilurteil dahin, dass das Unterlassungsbegehren in Bezug auf eine Auslieferung durch den Beklagten selbst abgewiesen wird (da er keinesfalls unter das BäckAG fällt), ist wegen des engen Zusammenhangs zwischen den einzelnen Teilen des Klagebegehrens nicht zweckmäßig.

7. Soweit die Revision die Auffassung des Berufungsgerichts bekämpft, dass der Kläger von Anfang an nur ein Verbot der Sonntagsauslieferung wollte, weswegen kein abzuweisendes Mehrbegehren vorliege, zeigt sie keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Auslegung von Parteivorbringen hat idR keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung (RIS-Justiz RS0042828, insb T 13, T 16), die Auffassung des Berufungsgerichts ist jedenfalls vertretbar.

8. Die Kostenentscheidung beruht auf § 52 ZPO.