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OGH vom 15.09.1998, 5Ob180/98a

OGH vom 15.09.1998, 5Ob180/98a

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Josef U*****, vertreten durch Dr. Michael Leuprecht, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, gegen die beklagte Partei Gertrud S*****, vertreten durch Dr. Josef-Michael Danler, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert S 80.000,--) infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 4 R 444/97s, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Hall vom , GZ 5 C 466/94p-20, abgeändert wurde, zu Recht erkannt:

Spruch

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird dahingehend abgeändert, daß mit dem Ergebnis einer gänzlichen, auch die bereits in Rechtskraft erwachsenen Aussprüche umfassenden Abweisung des Klagebegehrens, das Urteil des Erstgerichtes wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei binnen 14 Tagen die mit S 54.962,24 (darin enthalten S 6.620,- Barauslagen und S 8.057,04 USt) bestimmten Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist zu 57/1590 Anteilen Miteigentümer der Liegenschaft EZ ***** samt damit verbundenem Wohnungseigentum an der Wohnung W 9. Die Beklagte ist zu 109/1590 Anteilen Miteigentümerin eben dieser Liegenschaft samt damit verbundenem Wohnungseigentum an der Wohnung W 12. Beide Eigentumswohnungen liegen im zweiten Stock des Hauses ***** und grenzen unmittelbar aneinander.

Das genannte Haus wurde auf Grund eines am genehmigten, 20 Wohneinheiten umfassenden Bauplans von der gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgesellschaft mbH A***** errichtet und am kollaudiert. Die Festsetzung der Nutzwerte erfolgte mit Bescheid des Stadtamtes H***** vom .

Mit Kauf- und Wohnungseigentumsvertrag vom verkaufte und übergab die "A*****" den Wohnungseigentumswerbern die jeweiligen Wohnungen, und zwar die Wohneinheit Top 9 mit einer Gesamtfläche von 50,59 m2 (57/1590 Anteile) an Ferdinand D***** und die Wohneinheit Top 12 mit einer Gesamtfläche von 95,76 m2 (109/1590 Anteile) an Herbert S*****.

Die Küche der Wohnung Top 12 grenzt an den Schlafraum der Wohnung Top 9. Ursprünglich war vorgesehen, zwei Schlafräume aneinandergrenzen zulassen, doch erfolgte diesbezüglich bereits während der Bauzeit eine Umplanung. Die Trennwand zwischen den Wohnungen besteht aus 20 cm Eurospan-Mantelbetonsteinen, die in ihren Hohlräumen mit Beton ausgegossen sind. In ihr befinden sich bereits seit Rohbauherstellung des Wohnblocks (und nicht erst seit dem Jahr 1991) die Wasserleitungs- und Küchenabflußrohre.

Die Beklagte erwarb im Jahr 1982 die Wohneinheit Top 12 des Herbert S***** und bewohnt sie seither mit ihrem Ehegatten sowie ihren zwei Kindern im Alter von 12 bzw 15 Jahren.

Im Jahr 1989 ließ die Beklagte die Kücheneinrichtung erneuern. An den Zufluß- und Abflußleitungen wie auch an den Stromkabeln in der gegenständlichen Wand wurden dabei keinerlei Veränderungen vorgenommen. Es wurde lediglich die Kücheneinrichtung erneuert. An der zur Wohnung des Klägers angrenzenden Wand wurden mit Ausnahme des Aufhängens der neuen Küchenkästchen und der Montage eines Dunstabzuges (ohne Abzugsrohr) keinerlei Arbeiten vorgenommen. Die erneuerte Arbeitsplatte schließt bündig an die Wand an. Es wurden neue Küchenkästchen angeschafft und ein neuer Herd und Kühlschrank aufgestellt, während der von der Beklagten schon seit Bezug der Wohnung im Jahr 1982 benützte Geschirrspüler nicht erneuert, sondern nur neu angeschlossen wurde.

Die Küche der Beklagten stellt sich als Wohnküche dar, in der auch gegessen werden kann. Zumeist wird jedoch lediglich abends eine Mahlzeit angerichtet, die sodann nicht in der Küche eingenommen wird. Üblicherweise hat die Beklagte ihre Arbeiten in der Küche gegen 21.00 Uhr beendet, wobei sie sich aus Rücksicht auf den Kläger angewöhnt hat, den Geschirrspüler möglichst abends nicht einzuschalten. Die Beklagte hat auch selten Gäste eingeladen. Hat sie Gäste, wird jedoch in der Wohnküche gegessen, weil in keinem anderen Raum ein Eßtisch zur Verfügung steht.

Etwa zwei- bis dreimal wöchentlich kommt die Beklagte erst zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr nach Hause. An diesen Abenden räumt sie insoferne noch die Küche auf, als sie das benützte Geschirr in den Geschirrspüler stellt.

Der Kläger hat die Wohneinheit Top 9 im Jahr 1989 von Ferdinand D***** gekauft und ist sodann in diese Wohnung eingezogen. Erst seit Herbst 1990 nimmt er Küchenlärm aus der angrenzenden Wohnung der Beklagten wahr. Er kommt normalerweise gegen 19.00 Uhr nach Hause; der Lärm dauert dann von etwa 19.00 Uhr bis 21.00 Uhr, gelegentlich auch bis 22.00 Uhr. Insbesondere versteht der Kläger von seinem an die Wohnung der Beklagten angrenzenden Raum, den er ursprünglich als Schlafraum benutzte, jedes Wort, das in der Küche der Beklagten in normaler Lautstärke gesprochen wird. Die Beklagte und ihre Familie verhalten sich in der Küche nicht übermäßig laut, der Kläger vernimmt im angrenzenden Schlafraum jedoch jedes normale Küchengeräusch.

Bei hausordnungsgemäßem Wohnungsgebrauch, insbesondere üblicher Benützung der Küche entsteht eine erhebliche Lärmübertragung von der Küche der Beklagten in das Schafzimmer des Klägers, wobei die Lautstärke von der jeweiligen Geräuschquelle abhängig ist, in jedem Fall aber über der in Wohnbauten üblicherweise anzusetzenden Störgrenze liegt. Dies ist nicht auf ungebührliche Tätigkeiten oder Unterlassungen der Beklagten zurückzuführen. Die diesbezüglichen Fehler beginnen bei der Umänderungsplanung und enden bei der mangelnden Dämmung der Wohnungszwischenwand bzw beim tiefen Direkteinbau der Zu- und Abwasserleitungsrohre in diese Zwischenwand.

Die vorgefundene Lärmübertragung von der Küche der Beklagten in den Schlafraum des Klägers ist nicht auf Umbauarbeiten der Beklagten, sondern auf die schon mit der Grundrißänderung eingebrachte Kücheninstallation in der Wohnung der Beklagten zurückzuführen. In der gegenständlichen Trennwand der beiden Wohnungen verlaufen keine durchgehenden vertikalen Leitungen, die Leitungen enden vielmehr in einer Höhe von circa 60 bis 70 cm bei den entsprechenden Küchengeräten. Die Arbeitsplatte in der Küche liegt an der Trennwand an, wie dies üblicherweise montiert wird.

Die gemeinsame Wohnungstrennwand entspricht nicht den schallschutztechnischen Anforderungen der zum Zeitpunkt der Baubewilligung geltenden Ö-Norm B 8115. Die entsprechend den allgemeinen Beurteilungskriterien als unzumutbar störend zu bezeichnende Lärmemission im Schlafraum der klagenden Partei ist auf den geringen Luftschallschutz der Wohnungstrennwand und die starre Montage der Kücheneinrichtung zurückzuführen. Der Hauptanteil der Schallabstrahlung ist auf die ungünstige bautechnische Ausführung der Trennwand zurückzuführen (80 %), während ein geringfügiger Anteil der starren Montage der Kücheneinrichtung zuzurechnen ist (20 %).

Als bauakustische Sanierungsmaßnahme biete sich an, die gesamte Wohnungstrennwand emissionsseitig mit einer freistehenden, elastisch gelagerten, beigeweisen Vorsatzschale zu verkleiden, sodaß eine Körperschalleinleitung verhindert und die Luftschalldämmung auf das den technischen Bauvorschriften entsprechende Schalldämmaß von LSM = 0 dB verbessert wird.

Auf Grund der am vom Kläger eingebrachten Klage soll nunmehr die Beklagte schuldig erkannt werden, in der Küche ihrer Eigentumswohnung zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens die Erzeugung von Geräuschen und/oder Lärm jeglicher Art zu unterlassen, durch die das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschritten und die ortsübliche Benutzung des Schlafzimmers des Klägers zur Nachtzeit wesentlich beeinträchtigt und/oder die Nachtruhe des Klägers gestört wird (das ursprüngliche Hauptbegehren des Klägers - und die zeitliche Einschränkung - sowie die zahlreichen anderen Eventualbegehren des Klägers spielen im Revisionsverfahren keine Rolle mehr). Zur Begründung brachte der Kläger im wesentlichen vor, daß die Beklagte umfangreiche Installationsarbeiten in der Küche durchführen habe lassen, wobei neue Maschinen installiert und in Betrieb genommen worden seien, sodaß dem Kläger der Aufenthalt in seinem Schafzimmer unerträglich geworden sei. Der Lärm aus der Küche der Beklagten sei grundsätzlich unzumutbar; zudem würden in der Küche während der Nachtstunden Tätigkeiten verrichtet, wobei die daraus resultierenden Geräusche eindeutig das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überstiegen und die ortsübliche Benützung des Schafzimmers des Klägers nicht nur beeinträchtigt, sondern nahezu unmöglich gemacht werde.

Die Beklagte bestritt das Klagebegehren, beantragte dessen kostenpflichtige Abweisung und wendete zusammengefaßt ein, daß in der Wohnung der Beklagten lediglich die Kücheneinrichtung erneuert worden sei, ohne die Zufluß- und Abflußleitungen oder Stromkabel zu verändern. Der Beklagten sei bekannt, daß die Zwischenwand zur klägerischen Wohnung relativ schalldurchlässig sei, sie verhalte sich daher in der Küche besonders ruhig und rücksichtsvoll. Küchenarbeiten würden üblicherweise gegen 21.00 Uhr beendet; eine Geräuschbeeinträchtigung die das gewöhnliche Maß der örtlichen Verhältnisse übersteige, komme mit Sicherheit nicht vor.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren (sowohl das Hauptbegehren als auch sämtliche Eventualbegehren) ab, wobei es über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch folgende Feststellungen seiner Entscheidung zugrundelegte:

In den Fällen, in denen die Beklagte zwischen 22.00 Uhr und 24.00 Uhr nach Hause kommt, schaltet sie den Geschirrspüler nicht mehr ein. In seltenen Fällen stellt sie abends den Geschirrspüler noch an, achtet jedoch darauf, daß der Spülgang spätestens um 22.00 Uhr beendet ist. Dauert der Spülgang länger, wird der Geschirrspüler nicht mehr eingeschaltet.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß die Beklagte die an den Schlafraum des Klägers angrenzende Küche widmungsgemäß benütze und in den Abendstunden ohnedies besondere Rücksicht walten lasse. Damit könnten ihr die mit der Küchenbenützung verbundenen Schalleinwirkungen auf die Wohnung des Klägers nicht untersagt werden. Zudem unterliege der Austausch von Wohn- und Schlafräumen keiner Bewilligungspflicht nach der Bauordnung. Ein Vergleich zwischen der Lärmbelästigung, die von einem Schlafraum ausgehen würde, und der, wie sie von der Küche der Beklagten ausgeht, sei auch gar nicht zielführend. Die Benützung der Küche durch die Beklagte zwischen 19.00 Uhr und 22.00 Uhr bewege sich im Rahmen des Üblichen; eine dadurch für den Wohnungsnachbarn entstehende Lärmbeeinträchtigung müsse auch dann geduldet werden, wenn der sonst übliche Schallpegel erheblich überschritten wird. Der Beklagten könne auch die Benützung des an die Wohnung des Klägers angrenzenden Raumes als Küche nicht verboten werden, zumal diesbezüglich die Verpflichtung zur Duldung des mit der ortsüblichen Benutzung eines Raumes für Wohnzwecke im Zusammenhang stehenden Lärms entgegenstehe. In Anbetracht dieser Duldungspflicht des Klägers würde die in der Form eines reinen Emissionsbegehrens gestellten Begehren versagen. Die (in einem Eventualbegehren geforderte) Verkleidung der Wohnungstrennwand mit einer Vorsatzschale komme schon deshalb nicht in Betracht, weil Trennwand einen allgemeinen Teil der Liegenschaft darstelle, der der ausschließlichen Verfügung der Beklagten entzogen sei.

Das Berufungsgericht gab dem auch jetzt noch aktuellen (oben wiedergegebenen) Begehren des Klägers aus folgenden Erwägungen statt:

§ 364 Abs 2 ABGB sei auch im Verhältnis zwischen den Wohnungseigentümern ein und desselben Hauses anzuwenden. Ein Wohnungseigentümer könne daher seinen auf § 364 Abs 2 ABGB gestützten Untersagungsanspruch gegen den anderen Wohnungseigentümer richten. Anwendungsvoraussetzung sei jedoch, daß ein Wohnungseigentümer im Rahmen der Ausübung seines ausschließlichen Benützungsrechtes an einer bestimmten Wohnung Störungen verursacht. Dabei habe der Kläger sein Eigentum und den vom Beklagten ausgehenden Eingriff zu behaupten und zu beweisen. Dem Beklagten bleibe die Einwendung vorbehalten, daß der Eingriff die vom Gesetz gezogenen Grenzen nicht überschreitet.

Zur Begründung des Unterlassungsanspruches nach § 364 Abs 2 ABGB müsse die von der Eigentumswohnung des Nachbarn ausgehende Einwirkung nach Art und Umfang so sein, daß sie das nach den ortsüblichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreitet und die ortsübliche Nutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigt. Über die Wesentlichkeit der Beeinträchtigung entscheide nicht das subjektive Empfinden des Gestörten, sondern das Empfinden eines normalen Durchschnittsmenschen, der sich in der Lage des Gestörten befindet. Das Naheverhältnis benachbarter Wohnungseigentumsobjekte und das daraus folgende Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme und der Beschränkung der Störung des anderen auf das unvermeidlich Erforderliche rechtfertigten eine strenge Anwendung der Bestimmung des § 364 Abs 2 ABGB in ein und demselben Wohnungseigentumshaus, doch gehe der nachbarrechtliche Schutz nach Teilen der Rechtsprechung nicht so weit, daß mit der widmungsgemäßen Benützung einer Wohnung im allgemeinen verbundene Schalleinwirkungen untersagt werden können (Illedits, Das Wohnungseigentum, Rz 222 ff mit weiteren Verweisen).

Wende man diesen Grundsatz auf den vorliegenden Sachverhalt an, so bedeute dies, daß es der Beklagten, die die an den Schlafraum des Klägers angrenzende Küche keineswegs widmungswidrig, sondern rücksichtsvoll benütze, trotz der sich aus dem mangelnden Luftschallschutz ergebenden Beeinträchtigungen für den Kläger nicht untersagt werden könne, ihre Küche widmungsgemäß zu benützen.

Allerdings habe der Oberste Gerichtshof in zwei jüngeren Entscheidungen zum Ausdruck gebracht, daß selbst zulässige Geräuschentwicklungen erfolgreich zum Gegenstand der Unterlassungsklage gemacht werden können, wenn sie die Nachtruhe des Nachbarn empfindlich stören ( = JBl 1995, 107; ).

Demnach könne es, obgleich gesetzliche Vorschriften fehlen, als Richtschnur dienen, daß die Bevölkerung vorwiegend die Zeit von 22.00 Uhr bis 6.00 Uhr für die Nachruhe in Anspruch nimmt. Innerhalb dieses Zeitraumes seien selbst mit der üblichen Benützung der Räume verbundene lärmerregende und die Nachtruhe anderer Personen störende Verrichtungen zu unterlassen. Auch die Tatsache, daß ein möglicherweise sonst zulässiges Geräusch infolge der Bauart des Hauses (namentlich mangelnder Schalldichtheit) weitergeleitet wird, gehe zu Lasten des Lärmerregers (SZ 67/138 mwN). Werde die Nachtruhe von Personen - wie hier des Klägers - in einer Wohngegend empfindlich gestört, sei darin jedenfalls keine ortsübliche Immission zu erblicken (RdU 1997, 90 [Wagner]; SZ 67/138).

Dies bedeute bezogen auf den gegenständlichen Fall, daß zwar der nachbarrechtliche Schutz untertags nicht so weit gehen könne, daß mit der widmungsgemäßen Benützung einer Wohnung im allgemeinen verbundene Schalleinwirkungen untersagt werden können, jenes Begehren, das auf die Unterlassung der Lärmentwicklung in den Nachtstunden zwischen 22.00 Uhr und 6.00 Uhr früh abzielt, sei jedoch erfolgreich, zumal sich aus den Feststellungen ergebe, daß die Beklagte zwei bis dreimal in der Woche nach 22.00 Uhr Verrichtungen in der Küche vornimmt, insbesondere die Geschirrspülmaschine einräumt, und daß jegliche Tätigkeit in der Küche zu einer unzumutbaren Lärmbeeinträchtigung im Schafzimmer des Klägers führt. Im Hinblick darauf, daß die Intensität der Lärmentwicklung in jedem Falle über der in Wohnbauten üblicherweise anzusetzenden Störgrenze liegt, seien auch jegliche Überlegungen zur Frage, ob das "gewöhnliche Maß" im Sinne des § 364 Abs 2 ABGB überschritten wird, entbehrlich. Das Begehren, der Beklagten die Erzeugung störenden Lärms in der Zeit zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens zu untersagen, erweise sich deshalb als berechtigt.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den das Berufungsgericht entschieden hat, S 52.000,-- übersteigt und die ordentliche Revision zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß für die vorliegende Fallgestaltung, in der selbst bei schonender Nutzung der Wohnung für den Nachbarn unzumutbare Lärmentwicklungen entstehen, eine Klarstellung fehle, ob die zu Lärmimmissionen vorhandene Judikatur angewendet werden könne.

In der jetzt vorliegenden Revision macht die Beklagte im wesentlichen geltend, daß der Schutz des Nachbarn nach § 364 ABGB nicht so weit gehen könne, daß einem Wohnungseigentümer wegen mangelnder Schallisolierung der Trennwand zur Nachbarwohnung praktisch die Benützung eines Raumes verboten wird. Eine nach dem Maßstab des öffentlichen Rechts ungebührliche Lärmerregung, wie sie in den Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes zu 1 Ob 594/94 und 1 Ob 262/97d als ortsunüblich und damit untersagbar qualifiziert wurde, sei der Beklagten, die ihre Küche ohnehin sehr rücksichtsvoll benütze, nicht vorzuwerfen. Im nachbarschaftlichen Verhältnis zwischen Wohnungseigentümern, die zur gegenseitigen Rücksichtnahme verpflichtet sind, könne bei mangelhafter Schalldichtheit von Wänden ein gerechter Interessenausgleich nicht durch das Verbot der Erzeugung störenden Lärms schlechthin, sondern nur dadurch gefunden werden, daß jeder die "ungebührliche" Erregung von Lärm zu unterlassen hat. Das unbestimmte Verbot der Erzeugung von Geräuschen und/oder Lärm jeglicher Art zur Nachtzeit, ohne es auf einen konkreten Schallpegel oder Handlungen einzugrenzen, lasse sich im übrigen auch gar nicht vollstrecken.

Der Revisionsantrag geht dahin, das angefochtene Urteil entweder so abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen wird, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Vom Kläger liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsbeantwortung mit dem Antrag vor, die Revision mangels Erfüllung der Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen, oder aber ihr nicht Folge zu geben und die zweitinstanzliche Entscheidung vollinhaltlich zu bestätigen. Seiner Meinung nach lasse sich jene Judikatur zu § 30 Abs 2 Z 3 zweiter Fall MRG, die dem lärmenden Mieter den Einwand der mangelnden Schalldämmung von Trennwänden versage, auch auf den Wohnungseigentümer übertragen, da die Bestimmung des § 22 Abs 1 Z 3 WEG ihr Vorbild im entsprechenden Kündigungstatbestand habe. Als "geringeres Übel" gegenüber der Ausschlußklage müsse dann eben eine Unterlassungsklage zur Unterbindung störenden Lärms gerechtfertigt sein. Das entspreche auch der Pflicht jedes Wohnungseigentümers, auf schutzwürdige Interessen der anderen Wohnungseigentümer Rücksicht zu nehmen. Es gehöre beispielsweise auch zu den Individualrechten eines Wohnungseigentümers, eine ihn benachteiligende Hausordnung abändern zu lassen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig und im Sinn ihres Abänderungsbegehrens auch berechtigt.

Auszugehen ist davon, daß die Beklagte ihre Küche widmungsgemäß und dazu noch auf eine Weise nützt, wie sie wohl in jeder Wohnungseigentumsanlage üblich ist. Beide Vorinstanzen bescheinigen ihr sogar, besonders rücksichtsvoll zu sein und die Erzeugung von Lärm nach Möglichkeit zu vermeiden. Die von dieser Art der Küchenbenützung ausgehenden Geräusche werden nur deshalb in der Nachbarwohnung als Störungen wahrgenommen (und zwar bei durchaus normaler Lärmempfindlichkeit) und beeinträchtigen auch nur deshalb wesentlich deren ortsübliche Nutzung, weil die Schalldämmung der Trennwand unzureichend ist.

Stünden die Streitteile nicht in der besonderen Rechtsbeziehung, in der sich die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft befinden, könnte aus diesem Sachverhalt tatsächlich der vom Berufungsgericht dem Kläger zugestandene Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB abgeleitet werden, weil es nach der genannten Gesetzesstelle nicht auf die Ortsunüblichkeit der Benützung des "Störergrundstücks", sondern auf die Ortsunüblichkeit der von diesem Grundstück ausgehenden Einwirkungen ankommt (vgl Oberhammer in Schwimann2, Rz 15 zu § 364 ABGB). Aus eben diesem Grund wäre auch der ursächliche Beitrag zu vernachlässigen, den die mangelhaft schallgedämmte Trennwand zwischen den benachbarten Objekten leistet (vgl SZ 67/138; 1 Ob 262/97d), und daß der nachbarrechtliche Schutz der §§ 364 ff ABGB an sich auch von Wohnungseigentümern in Anspruch genommen werden kann, ist gleichfalls schon durch die Rechtsausführungen des Berufungsgerichtes klargestellt (vgl zuletzt immolex 1998, 185/115). Die Besonderheit des zwischen den Streitteilen bestehenden Rechtsverhältnisses erfordert aber doch eine andere Beurteilung des gegenständlichen Immissionsproblems.

Der Oberste Gerichtshof hat bereits klargestellt, daß die Eigentümer benachbarter Grundstücke eine von der Bestimmung des § 364 ABGB abweichende Regelung bezüglich der Immissionsabwehr treffen können (SZ 44/22). Die sich aus dem Nachbarrecht ergebenden Ansprüche sind daher modifizierbar, und zwar auch durch rein schuldrechtliche Vereinbarungen (vgl Oberhammer aaO, Rz 1 und 2 zu § 364 ABGB). Besteht eine solche Sonderrechtsbeziehung zwischen Nachbarn, so bestimmt sie das Ausmaß der hinzunehmenden Immissionen (idS SZ 52/79; vgl zuletzt 1 Ob 262/97d mwN, wonach die Regelungen der §§ 364 ff ABGB die Rechtsausübung des Nachbarn nur mangels anderer Rechtstitel begrenzen).

Hier besteht insofern eine den nachbarschaftsrechtlichen Immissionsschutz gestaltende Sonderrechtsbeziehung zwischen den Streitteilen, als sie einander versprochen haben, die ausschließliche Nutzung der Wohnungseigentumsobjekte auf der Liegenschaft durch den jeweiligen Wohnungseigentümer zu dulden (§ 1 Abs 1 WEG), und zwar nach Maßgabe der einvernehmlichen Widmung, aber auch, weil es um die gemeinsame Verantwortung für gemeinsames Eigentum geht, nach Maßgabe des Bauzustandes jener Teile der Liegenschaft, die der gemeinsamen Benützung dienen. In ergänzender Vertragsauslegung ist überdies zu unterstellen, daß jedem Mit- und Wohnungseigentümer die verkehrsübliche Nutzung seines Objektes gewährleistet sein soll, sofern der Wohnungseigentumsvertrag oder die Hausordnung keine abweichende Regelung enthält. Demnach hat grundsätzlich auch jeder Mit- und Wohnungseigentümer die von einer verkehrsüblichen Nutzung des Nachbarobjektes ausgehenden Immissionen zu dulden. Der gesetzliche Abwehranspruch nach § 364 Abs 2 ABGB steht ihm (unter den dort genannten Voraussetzungen) nur bei Immissionen zu, die durch eine nicht verkehrsübliche oder nicht der vertraglichen Sonderbeziehung entsprechende Nutzung des Nachbarobjektes hervorgerufen werden. Das könnte zB auf wiederholtes Musizieren zur Nachzeit oder mit großer Lärmentwicklung verbundenes nächtliches Baden und Duschen zutreffen (vgl Gaisbauer, Nächtliches Baden und Duschen in der Mietwohnung aus privatrechtlicher Sicht, WoBl 1997, 253). In diesem Sinn ist Illedits zu folgen, daß der nachbarrechtliche Schutz von Wohnungseigentümern nicht so weit geht, daß dem Nachbarn die mit der widmungsgemäßen Benützung seiner Wohnung im allgemeinen verbundenen Schalleinwirkungen untersagt werden können. Die mit dem bestimmungsgemäßen (vertragsgemäßen) Gebrauch einer Wohnung verbundenen üblichen Geräusche rechtfertigen eine Unterlassungsklage selbst dann nicht, wenn sie durch die mangelhafte Isolierung der Trennwände in der Wohnungseigentumsanlage stärker hörbar sind (vgl Illedits, Das Wohnungseigentum, Rz 223 und 224).

Im gegenständlichen Fall hat die Beklagte die ihr im Rahmen der Wohnungseigentümergemeinschaft auferlegten Grenzen eines bestimmungsgemäßen Gebrauchs ihrer Wohnung nicht überschritten. Sie trägt sogar der schlechten Schallisolierung der Trennwand zur Wohnung des Klägers Rechnung, indem sie die Küche rücksichtsvoller nützt, als es dem Normalfall entspricht. Es fehlt somit an einer Störungshandlung, die ein Unterlassungsbegehren nach § 364 Abs 2 ABGB rechtfertigen könnte.

Ein Rechtsschutzdefizit für den Kläger entsteht daraus nicht. § 13a Abs 1 Z 1 WEG gewährt nämlich jedem Wohnungseigentümer einen im außerstreitigen Verfahren nach § 26 Abs 1 Z 3 WEG durchsetzbaren Anspruch auf Durchführung von Erhaltungsarbeiten. Dazu gehört nach der Judikatur auch die erstmalige Herstellung des mängelfreien Zustands von allgemeinen Teilen der Liegenschaft (MietSlg 38.632; 5 Ob 2148/96k = EWr II/14/45 ua), zu denen eine Trennwand zwischen Wohnungseigentumsobjekten zweifellos gehört. Sollte daher zutreffen, daß die Trennwand zwischen den Wohnungen der Streitteile schon den bei der Errichtung der Wohnungseigentumsanlage geltenden Bauvorschriften nicht entsprach, könnte die vom Sachverständigen vorgeschlagene oder eine andere zweckentsprechende Sanierung erzwungen werden.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41 und 50 Abs 1 ZPO.