OGH vom 21.12.2017, 5Ob179/17k

OGH vom 21.12.2017, 5Ob179/17k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr.

Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Grohmann und die Hofräte Mag. Wurzer, Mag. Painsi und Dr. Steger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Xinghua G*****, vertreten durch Mag. Christian Grasl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. Radoslavka K*****, vertreten durch DDr. Gebhard Klötzl, Rechtsanwalt in Wien, 2. T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Gartner, Mag. Daniel Karandi, Rechtsanwälte in Wien, 3. Petro F*****, 4. Gerda K*****, vertreten durch den Sachwalter Dr. Ulrich Klimscha, öffentlicher Notar, 1190 Wien, Döblinger Hauptstraße 7, 5. DI Ivo Z*****, vertreten durch DDr. Gebhard Klötzl, Rechtsanwalt in Wien, 6. Anna M*****, 7. Mag. Brigitta J*****, 8. Herbert B*****, vertreten durch DDr. Gebhart Klötzl, Rechtsanwalt in Wien, 9. Martin M*****, 10. Christian S 11. Perica T 12. Oskar G*****, 13. Ing. Josef P*****, 14. Walter S 15. Helga S 16. Karl N*****, 17. Vadim S 18. Aleksandra S 19. Thomas K*****, 20. DI Gerhard K*****, 10.–20.-Beklagte vertreten durch DDr. Gebhart Klötzl, Rechtsanwalt in Wien, 21. Tamara Elisa S 22. Sebastian L*****, 23. Sabine L*****, 24. DI Gernot W*****, 25. DI Karin Eva W*****, 22.–25.-Beklagte vertreten durch DDr. Gebhart Klötzl, Rechtsanwalt in Wien, wegen Vertragsunterfertigung, über die Revision der 1.-, 5.-, 8.-, 10.- bis 20.-, 22. bis 25.-beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom , GZ 63 R 108/16x-27, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom , GZ 28 C 213/16g-22, teilweise bestätigt, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung:

Die Klägerin ist Miteigentümerin der Anteile BLNr 1 an der Liegenschaft EZ ***** verbunden mit Wohnungseigentum am Geschäftslokal 1/Stiege I. Die beklagten Parteien sind (bzw waren bei Schluss der Verhandlung erster Instanz) Mit und Wohnungseigentümer der Liegenschaft.

Die begehrt von den Beklagten die Unterfertigung des den Entscheidungen der Vorinstanzen angeschlossenen Anteilsberichtigungsvertrags ./A gestützt auf § 10 WEG 2002 aufgrund rechtskräftiger Neufestsetzung des Mietwerts der Liegenschaftsanteile der Klägerin.

Die sich am Verfahren beteiligenden wendeten ein, die Klägerin habe noch keine wohnungseigentumsrechtliche Umwidmung im Sinn des § 16 WEG 2002 erlangt und dem 13.Beklagten gegenüber auf Anteilsberechtigung verzichtet. Die 4.Beklagte beteiligte sich am Verfahren nicht.

Das wies das Klagebehren ab.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin insoweit Folge, als es die 1. bis 5. und 7. bis 25.beklagte Partei zur Unterfertigung des Anteilsberichtigungsvertrags verpflichtete, die Abweisung des Klagebegehrens gegen die 6.Beklagte hingegen bestätigte.

Die ordentliche Revision wurde zugelassen.

In ihrer Revision wollen die 1., 5., 8., 10., 20. und 22. bis 25.beklagte Partei auf eine Abweisung des Klagebegehrens auch ihnen gegenüber hinaus.

Die Klägerin hat sich am Revisionsverfahren nicht beteiligt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof kann derzeit über das Rechtsmittel noch nicht entscheiden, weil noch nicht beurteilt werden kann, ob die Revisionsfrist für die 4.Beklagte überhaupt bereits in Gang gesetzt wurde.

1. Die Vorinstanzen haben den – aus dem offenen Grundbuch ersichtlichen – Umstand übersehen, dass für die 4.Beklagte bereits mit Beschluss des Bezirksgerichts Liesing vom zu (später) AZ 8 P 198/97w eine Sachwalterin zur Besorgung sämtlicher Angelegenheiten bestellt wurde. Nach Übertragung der Pflegschaftssache an das Bezirksgericht Favoriten ist zu AZ 2 P 211/03d dieses Gerichts nunmehr Dr. Ulrich Klimscha zum Sachwalter für alle Angelegenheiten bestellt.

2. In seinen Zustellverfügungen bezeichnete das Erstgericht jeweils die 4.Beklagte persönlich als Empfängerin, nach der Aktenlage wurden die Klage, die Ladung zur Tagsatzung vor dem Erstgericht und auch die Entscheidungen der Vorinstanzen der 4.Beklagten persönlich (teils durch Übernahme seitens eines „Arbeitgebers/Arbeitnehmers“ – ON 10, teils durch Hinterlegung unter der Adresse Geriatriezentrum, ***** W*****), zugestellt. Eine Zustellung an den bestellten Sachwalter wurde nicht verfügt und ist auch nicht aktenkundig.

3. Empfänger im Sinn des § 7 ZustG ist nicht die Person, für die das Dokument inhaltlich „bestimmt“ ist, sondern, jene Person, an die es die Behörde gerichtet hat, die somit in der Zustellverfügung von ihr als Empfänger angegeben worden ist. Die fehlerhafte Bezeichnung einer Person als Empfänger in der Zustellverfügung kann daher an sich nicht heilen (RISJustiz RS0121448). Formeller Empfänger des einer Besachwalteten zuzustellenden Schriftstücks ist der gesetzliche Vertreter, somit der Sachwalter. Wird irrtümlich der Vertretene als Empfänger bezeichnet, ist eine Zustellung an diesen nicht wirksam (RISJustiz RS0121448 [T2]).

4. Gemäß § 9 Abs 3 Satz 2 ZustG (idF BGBl I 2008/5 gilt für den Fall, dass in der Zustellverfügung nicht der Zustellungsbevollmächtigte, sondern der Vertretene selbst bezeichnet wird, allerdings eine besondere Heilungsregel; die Zustellung des Schriftstücks gilt als in jenem Zeitpunkt bewirkt, in dem es dem Zustellungsbevollmächtigten tatsächlich zugekommen ist (Stumvoll in Fasching/Konecny II/23 § 9 ZustG Rz 22 mwN). Diese Heilungsregel wird auch auf gesetzliche Vertreter – wie etwa Sachwalter – angewendet (Stumvoll aaO Rz 22/1; vgl RISJustiz RS0083706 zur inhaltlich gleichlautenden Bestimmung von § 9 Abs 1 Satz 2 ZustG idF vor BGBl I 2004/10). Der Rechtssatz RS0121449, wonach im Fall, dass eine prozessunfähige Person als Empfängerin bezeichnet wird, die unwirksame Zustellung an sie auch nicht dadurch heilen kann, dass das Schriftstück später ihrem gesetzlichen Vertreter zukommt, ist hingegen aufgrund der Neufassung von § 9 ZustG durch BGBl I 2008/5 als überholt anzusehen.

5. Ob die vierwöchige Frist (§ 505 Abs 2 ZPO) zur Erhebung einer Revision gegen das auch in Bezug auf die 4.Beklagte klagsstattgebende Berufungsurteil bereits ausgelöst wurde, kann nach der Aktenlage noch nicht beurteilt werden; die Zustellung an sie persönlich reichte dazu jedenfalls nicht aus. Ob überhaupt und gegebenenfalls wann eine Heilung dieser unwirksamen Zustellung dadurch erfolgte, dass das Berufungsurteil dem Sachwalter allenfalls tatsächlich zukam, wird das Erstgericht durch geeignete Erhebungen zu klären haben.

6. Sollte sich aus diesen Erhebungen keine Heilung der unwirksamen Zustellung ergeben, wird das Erstgericht das Berufungsurteil dem Sachwalter zuzustellen haben; im Fall des Einlangens einer Revision der 4.Beklagten wird diese der Klägerin zuzustellen sein.

7. Nach allfälligem Einlangen einer Revision bzw Revisionsbeantwortung bzw fruchtlosem Ablauf der Fristen hiefür werden die Akten jedenfalls wieder vorzulegen sein.

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:OGH0002:2017:0050OB00179.17K.1221.000

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