OGH vom 14.12.2009, 3Ob194/09i
Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen Hon.-Prof. Dr. Sailer, Dr. Lovrek, Dr. Jensik und Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** GmbH, *****, vertreten durch Univ.-Doz. Dr. Bernd A. Oberhofer und Dr. Johannes Hibler, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagten Parteien 1. Volker R*****, und 2. Mag. Andreas M*****, vertreten durch Dr. Friedrich Krall, Rechtsanwalt in Kufstein, wegen Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom , GZ 2 R 496/08t-10, womit das Urteil des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom , GZ 2 C 300/08g-6, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:
Spruch
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:
„Der mit Beschluss des Landesgerichts Innsbruck vom , 64 FR 1384/06s, titulierte Anspruch der beklagten Parteien, einem von diesen namhaft gemachten und von diesen bevollmächtigten, zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Vertreter Einsicht in die Belege des laufenden Jahres 2006 zu gewähren, zu dessen Durchsetzung mit Beschluss des Bezirksgerichts Zell am Ziller vom , AZ 4 E 748/08k, die Exekution gemäß § 354 EO bewilligt wurde, ist erloschen.
Die beklagten Parteien sind schuldig, der klagenden Partei die mit 2.041,78 EUR (darin 57,20 EUR Barauslagen und 340,30 EUR USt) bestimmten Verfahrenskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen."
Die beklagten Parteien sind weiters schuldig, der klagenden Partei die mit insgesamt 2.264,02 EUR (darin 256,30 EUR Barauslagen und 334,62 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens, und zwar für das Berufungsverfahren 1.255,02 EUR (darin 63,80 EUR Barauslagen und 198,54 EUR USt) und für das Revisionsverfahren 1.009 EUR (darin 192,50 EUR Barauslagen und 136,08 EUR USt), binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe :
Das zuständige Firmenbuchgericht trug der nunmehr klagenden GmbH mit (in Rechtskraft erwachsenem) Beschluss vom auf, „einen" von den nunmehrigen Beklagten, die zu ihren Gesellschaftern gehören, namhaft gemachten und von ihnen bevollmächtigten, zur Amtsverschwiegenheit verpflichteten Vertreter Einsicht in die Belege des laufenden Jahres 2006 zu gewähren.
In der vorangehenden mündlichen Verhandlung hatten sich die Beklagten dazu verpflichtet, die aus der Bucheinsicht - wann auch immer - gewonnenen Daten, soweit sie konkurrenzrelevant seien, nicht an einen namentlich genannten früheren Geschäftsführer der klagenden GmbH weiterzugeben. Daraufhin anerkannte diese das Einsichtsbegehren.
Zur Durchsetzung dieses Anspruchs bewilligte das Erstgericht den Beklagten mit Beschluss vom die Exekution nach § 354 EO. Das Exekutionsverfahren ist noch anhängig.
In der Folge beabsichtigte ein von den Beklagten namhaft gemachter und bevollmächtigter Vertreter, von folgenden, von der klagenden Partei zur Verfügung gestellten Unterlagen auch digitale Fotografien anzufertigen: Saldenliste; Debitoren, Kreditoren - offene Postenlisten; sämtliche Belege; Buchhaltungskonten; Bankkonten; Lohnkonten; Lohnvereinbarungen; Provisionsabrechnungen mit Vertriebspartnern; Mietverträge und Leasingverträge; Bilanz 2006; Bewertung Bilanzpositionen. Dies verweigerte die klagende Partei.
Mit ihrer Oppositionsklage begehrte die klagende Partei in erster Linie den urteilsmäßigen Ausspruch des Erlöschens des titulierten Anspruchs („infolge Erfüllung ..."), hilfsweise aber die Unzulässigerklärung der Anlassexekution.
Dazu brachte sie im Wesentlichen vor, die Beklagten hätten die Bucheinsicht für das Jahr 2006 bereits 2007 ausgeübt. Im Jahr 2008 habe ein Bevollmächtigter derselben verlangt, die bereitgestellten Unterlagen laut einer vorweg übermittelten Liste zu fotografieren. Es sei ihm verweigert worden, sämtliche Belege zu fotografieren, wonach die Einsicht in der Folge nicht mehr gewünscht gewesen sei. Das Fotografieren sämtlicher Belege und Unterlagen sei vom Titel nicht gedeckt. Somit sei der Anspruch der Beklagten bereits erfüllt worden. Ihr ursprüngliches Begehren hätten die Beklagten wie letztlich bewilligt modifiziert, weil sie ein Naheverhältnis zum schärfsten Konkurrenten der klagenden Partei hätten. Sie hätten implizit zugestanden, dass gegen ihre persönliche Bucheinsicht Bedenken bestünden. Die Anfertigung von Fotokopien würde dem Zweck der Beschränkung der Bucheinsicht durch einen zur Berufsverschwiegenheit verpflichteten Vertreter zuwiderlaufen.
Die Beklagten wendeten ein, sie hätten nachträglich beim Firmenbuchgericht beantragt, die klagende Partei möge ihnen gestatten von den Belegen für 2006 Fotokopien in Form von Digitalfotografien anzufertigen. Der Antrag sei aber wegen res iudicata infolge des vorliegenden Exekutionstitels zurückgewiesen worden. Nach ständiger Rechtsprechung sei Mitgesellschaftern auch das Anfertigen von Fotokopien zu genehmigen. Digitale Fotografien seien technisch nichts anderes. Das behauptete Naheverhältnis zu einem Konkurrenten bestehe nicht.
Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren mit Urteil ab. Es traf neben den eingangs gerafft wiedergegebenen Feststellungen noch weitere zu den Beteiligungsverhältnissen und zum Gesellschaftsvertrag der klagenden Partei. In rechtlicher Hinsicht verneinte es die Notwendigkeit der Genehmigung der Klage durch die Generalversammlung der klagenden Partei. Zwei Entscheidungen des Oberlandesgerichts Wien folgend vertrat es die Auffassung, das Recht auf Bucheinsicht umfasse auch den Anspruch, von den Büchern und Schriften Kopien anzufertigen. Es schade auch nicht, dass der Exekutionstitel nur auf Einsicht laute. Auch die Herstellung von Abschriften und Fotokopien sei zu dulden. Dass die Bucheinsicht durch einen qualifizierten Bevollmächtigten auszuüben sei, schränke deren Umfang nicht ein. Die Fassung des Begehrens im Titelverfahren sei auch nicht als Anerkenntnis von Bedenken gegen die Person der Beklagten selbst zu verstehen. Somit habe die klagende Partei den Titelanspruch nicht erfüllt.
Das Gericht zweiter Instanz gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 4.000 EUR, nicht aber 20.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.
Die klagende Partei könne den überzeugenden Entscheidungsgründen des Erstgerichts keine stichhältigen Argumente entgegenhalten. In rechtlicher Hinsicht sei es unerheblich, ob im Rahmen der Bucheinsicht von den eingesehenen Unterlagen im Sinn des Wortes Abschriften, Fotokopien oder digitale Lichtbildaufnahmen hergestellt würden. Ob die Bucheinsicht (und das damit verbundene Herstellen von Ablichtungen) uneingeschränkt oder, etwa wegen der damit verbundenen Gefahr der Offenlegung von Geschäftsgeheimnissen, der Gefahr der Unzuverlässigkeit eines Gesellschafters oder nur wegen eines sonstigen Interessenwiderstreits, eingeschränkt zu bewilligen sei, sei keine Frage der Erfüllung, sondern im Titelverfahren zu prüfen. Darauf sei im Oppositionsverfahren nicht weiter einzugehen, zumal es sich nicht um nach Entstehung des Titels entstandene Umstände handle. Gewähre der Exekutionstitel einem Gesellschafter ohne Einschränkung „Einsicht in die Belege des Jahres 2006", so möge dies zwar einen Einblick in das „gesamte innerbetriebliche Rechnungswesen" bedeuten. Das liege aber wohl in der Natur des Bucheinsichtsrechts, dessen Quantität könne aber nicht dessen Qualität beschränken.
Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage, ob das Recht auf Bucheinsicht des Gesellschafters auch das Recht umfasse, Abschriften, Ablichtungen oder digitale Fotografien herzustellen, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der klagenden Partei ist zulässig und auch berechtigt.
1. Wenn auch die vom Berufungsgericht aufgeworfene Rechtsfrage bisher in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs noch nicht beantwortet wurde, stellt sie sich in dieser Form im vorliegenden Streit nach § 35 EO in Wahrheit nicht. Entscheidend ist vielmehr die in der Revision der klagenden Parteien angeschnittene Frage, ob aufgrund eines nur auf Gewährung der Bucheinsicht lautenden Exekutionstitels auch die Duldung der Herstellung von Abschriften, Ablichtungen oder digitalen Fotografien exekutiv durchgesetzt werden kann. Auch dazu gibt es bisher keine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs.
2. In der Sache ist klar, dass dann, wenn die zuletzt dargestellte Rechtsfrage zu verneinen ist, der Anspruch der Beklagten iSd § 35 EO erloschen und damit dem Hauptbegehren stattzugeben ist, weil den Beklagten (was unstrittig ist) die bloße Einsicht durch einen Bevollmächtigten ermöglicht wurde. Dass eine wiederholte Einsicht zu gewähren wäre, ergibt sich aus dem Exekutionstitel nicht. Schließlich ist festzuhalten, dass die Beklagten in dritter Instanz auf ihren Einwand, die Klage hätte durch die Generalversammlung genehmigt werden müssen, nicht mehr zurückkommen.
3. Wie oben zur Zulässigkeit der Revision dargelegt wurde, kommt es nach Auffassung des erkennenden Senats für die zu fällende Entscheidung nicht darauf an, welche Urkunden vom Einsichtsrecht des Gesellschafters nach § 22 Abs 2 GmbHG umfasst sind. Vielmehr ist nur zu prüfen, ob die Bewilligung der Exekution aufgrund des hier auf die Gewährung von Einsicht in die Belege des laufenden Jahres 2006 lautenden Beschlusses des Titelgerichts auch die Durchsetzung einer Berechtigung zur Anfertigung von (digitalen) Fotografien von (im Einzelnen genannten) Urkunden der verpflichteten Partei umfasst. Denn im Exekutionsverfahren ist nicht maßgebend, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hätte, sondern nur, wozu er im Titel verpflichtet wurde (RIS-Justiz RS0000217; Jakusch in Angst, EO² § 7 Rz 6; Höllwerth in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO § 7 Rz 13 [2009]; jüngst zur Durchsetzung einer unvertretbaren Handlung ebenso 3 Ob 280/08k). Das Exekutionsgericht hat sich streng an den Wortlaut des Exekutionstitels zu halten (RIS-Justiz RS0000205; RS0000207). Es kommt auf den Sinn der Worte an, wie er ihnen gewöhnlich beigelegt wird. Das Exekutionsbewilligungsgericht hat den Spruch nur auszulegen, aber daraus keine weiteren Ansprüche abzuleiten (3 Ob 92/84 = ÖBl 1985, 49; RIS-Justiz RS0000309; 3 Ob 15/07p). Jede verbleibende Unklarheit geht zu Lasten des Betreibenden (stRsp, RIS-Justiz RS0000205 [T10]). Nur anhand der titulierten Verpflichtung kann auch geprüft werden, ob der Anspruch - wie hier geltend gemacht - nach § 35 Abs 1 EO infolge Erfüllung erloschen ist.
4. Die grundlegenden Regeln dazu, wie ein Exekutionstitel auszulegen ist und was von einer Exekutionsbewilligung umfasst ist, sind wie folgt zusammenzufassen:
Nach § 7 Abs 1 EO darf die Exekution nur bewilligt werden, wenn aus dem Exekutionstitel ua Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der geschuldeten Leistung oder Unterlassung zu entnehmen sind. Diese Leistung oder Unterlassung muss insofern bestimmt bezeichnet werden. Eine Unterlassungspflicht muss im Titel so deutlich gekennzeichnet sein, dass ihre Verletzung gemäß § 355 EO ohne Umsetzungsschwierigkeiten exekutiv erfasst werden kann. Die Abgrenzung verbotenen Verhaltens von zulässigem Verhalten muss derart bestimmt sein, dass es zu keiner Verlagerung des Rechtsstreits in das Exekutionsverfahren kommt. Die Abgrenzung darf nicht erst im Zuge des Zwangsvollstreckungsverfahrens erfolgen (stRsp; 3 Ob 136/07g, 148/07x mwN; RIS-Justiz RS0000878 [T10]). Auch bei der Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen gelten natürlich die Erfordernisse der Bestimmtheit (RIS-Justiz RS0109436). Schließlich wurde auch bereits ausgesprochen, dass über Inhalt und Umfang einer (nach § 354 EO zu vollstreckenden) Rechnungslegungspflicht bereits im Titelverfahren abzusprechen ist (3 Ob 134/04h).
An das Erfordernis der titelmäßigen Bestimmtheit der zu erzwingenden Handlung (§ 354 EO,§ 7 EO) ist kein überstrenger Formalismus anzulegen, um zu vermeiden, dass dem betreibenden Gläubiger die Exekutionsführung unmöglich gemacht wird. Es reicht auch die - hier nicht erfolgte - Formulierung einer Verpflichtung zur Vornahme aller zu einem bestimmten Zweck notwendigen Handlungen, wenn sich deren Umfang abgrenzen lässt (3 Ob 71/08z; RIS-Justiz RS0000534; RS0004742).
Die äußerste Grenze der Auslegung von Exekutionstiteln bildet aber die Art der geschuldeten Leistung (so zutr Jakusch aaO Rz 63 mwN).
5. Im vorliegenden Fall ergibt sich aus dem Wortlaut des Spruchs des den Exekutionstitel bildenden Beschlusses kein wie immer gearteter Hinweis darauf, dass unter „Einsicht" auch das Anfertigen von fotografischen oder auf sonstigem Weg hergestellten Kopien von Belegen durch die Beklagten zu verstehen wäre. Der Titel ist völlig klar, weshalb es auf die - hier ohnehin unergiebige - Begründung desselben nicht ankommt (Höllwerth aaO Rz 14 mwN). Die Einbeziehung der von den Vorinstanzen bejahten Duldungsverpflichtung würde gerade dazu führen, entgegen der oben dargestellten Rechtsprechung einen weiteren Anspruch aus dem Titel abzuleiten. Ob sich aus dem materiellen Recht anderes ergäbe, kann dahingestellt bleiben. In diesem Fall hätte eben die zusätzliche Pflicht in den Exekutionstitel aufgenommen werden müssen. Dass eine derartige Erweiterung des Titels schwierig wäre, ist weder erkennbar, noch wurde dies geltend gemacht. Es ist eben gerade nicht Aufgabe des Exekutionsverfahrens oder eines nachfolgenden Oppositionsprozesses die titulierte Verpflichtung über den Wortlaut des Exekutionstitels hinaus auszuweiten. Es darf auch weder zu einer Verlagerung des Rechtsstreits über den Inhalt des Anspruchs in das Exekutionsverfahren (s oben) noch in ein nachfolgendes Oppositionsverfahren kommen. Aus der zu 3. und 4. dargestellten Rechtslage folgt, dass die Grundsätze des auf rasche Durchsetzung von materiellrechtlichen Ansprüchen ausgerichteten Exekutionsverfahrens eine Analogie bei der Prüfung des Inhalts einer titulierten Verpflichtung ausschließen. Dagegen gehört die Lückenschließung durch Analogie nach § 7 ABGB (und als ihr Gegenstück die teleologische Reduktion) zu den wesentlichen Instrumenten der Anwendung des materiellen Rechts. Demnach muss auch im Titelverfahren geprüft und entschieden werden, ob und - gegebenenfalls mit welchen Einschränkungen - bei der Bucheinsicht des Gesellschafters nach § 22 Abs 2 zweiter Satz GmbHG auch die Anfertigung von Kopien welcher Art immer zu dulden ist (dafür zuletzt auch Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ § 22 Rz 30 mwN; Nowotny in Kalss/Nowotny/Schauer, Österreichisches Gesellschaftsrecht Rz 4/326). Dies wäre auch durch den äußersten Wortsinn des Gesetzes („in die Bücher und Schriften der Gesellschaft Einsicht nehmen") nicht mehr gedeckt (ähnlich zu Recht auch Hüffer in Ulmer/Habersack/Winter, Großkomm GmbHG § 51a Rz 43), die Grenze der Auslegung (§ 6 ABGB) damit überschritten (s nur P. Bydlinski in KBB² § 6 Rz 3). Demnach kann auch das nach der Rsp umfassende Informationsrecht des GmbH-Gesellschafters (RIS-Justiz RS0060098) keinen Beitrag zur Lösung der maßgeblichen Rechtsfrage zu leisten, selbst wenn man bei der Auslegung des Exekutionstitels die gesetzliche Bestimmung heranzieht (RIS-Justiz RS0013493).
6. Diese Rechtsansicht entspricht nur teilweise den Entscheidungen des erkennenden Senats 3 Ob 2027/96a und 3 Ob 2012/96w (RIS-Justiz RS0105499; zustimmend Rassi, Fragen der Bucheinsicht im Gesellschaftsrecht, ecolex 1999, 546). Darin hatte der Oberste Gerichtshof zwar die Bewilligung der Duldungsexekution in Ansehung von Abschriften und Fotokopien abgelehnt, weil der Titel nur auf Gewährung der Einsicht betreffend ein bestimmtes Wirtschaftsjahr gelautet hatte. Allerdings verwies der 3. Senat - nach Darstellung des damaligen Meinungsstands die Frage offen lassend, ob und in welchem Umfang ein im Exekutionstitel zuerkannter Anspruch auf Bucheinsicht auch das Recht auf Anfertigung von Abschriften und Fotokopien einschließe - die damals betreibenden Parteien für den Fall der Weigerung der verpflichteten Partei, dies zu dulden, auf die Fortsetzung des Verfahrens nach § 354 EO. Diese habe dann die Möglichkeit, mit Oppositionsklage geltend zu machen, der Anspruch sei in Wahrheit schon mit Gewährung der Einsicht erloschen. Offenbar sollte demnach in diesem Prozess die materiellrechtliche Frage geklärt werden. Diesem Vorschlag folgten nunmehr die Kläger im vorliegenden Verfahren. Damit würde aber - wie dargelegt - eine bereits im Titelverfahren zu klärende Frage in den auf dem Exekutionsverfahren basierenden Prozess nach § 35 EO verlagert, damit gleichsam das Pferd vom Schwanz aufgezäumt. Berücksichtigt man weiters, dass nach einem Teil des damals referierten Schrifttums das Recht auf Abschrift etc nur eingeschränkt (soweit nicht Geschäftsgeheimnisse betreffend) zustehen sollte, führte bei Übernahme dieser Rechtsansicht die vorgeschlagene Vorgangsweise dazu, dass die verpflichtete Gesellschaft ohne jeden Hinweis auf zulässige Einschränkungen im Titel auf eigene Gefahr bestimmte Urkunden von einer Ablichtung ausnehmen müsste. Richtigerweise muss dagegen bereits nach dem Titel - zumindest grundsätzlich - klar sein, wie weit die (Duldungs-)Verpflichtung reicht. Hält sich die verpflichtete Partei dann nicht daran, ist es völlig sachgerecht, ihr das Risiko eines Exekutionsverfahrens und anschließenden Oppositionsprozesses zuzuweisen.
6. Soweit im Schrifttum Gegenteiliges zu lesen ist, kann dem nicht gefolgt werden. Klicka (in Angst, EO² § 354 Rz 8) gibt der Rechtsansicht des Oberlandesgerichts Wien (in seiner E NZ 1997, 99), das auch die Exekution auf Duldung der Herstellung von Abschriften und Fotokopien bewilligt hatte, den Vorzug gegenüber der des Obersten Gerichtshofs in den E [3 Ob 2027/96a, 3 Ob 2012/96w =] ecolex 1997, 262 (ohne darauf hinzuweisen, dass die Beschlüsse des Oberlandesgerichts Wien gerade jene waren, die der Oberste Gerichtshof mit den zitierten Entscheidungen teilweise aufhob und teilweise abänderte). Sein Argument, man dürfe auch implizite Leistungspflichten vollstrecken, weshalb sich das auch auf die Exekutionsbewilligung auswirken müsse, wird nicht weiter begründet. Die von ihm aufgezeigte Inkonsequenz der angegriffenen Entscheidungen, wonach zwar die Pflicht zur Duldung nicht in die Exekutionsbewilligung aufzunehmen, sehr wohl aber - bedingt durch die Billigung des materiellrechtlichen Bestehens einer derartigen Verpflichtung - mitvollstrecken zu lassen, kann nicht geleugnet werden. Allerdings ist wegen der dargestellten Verteilung der Aufgaben zwischen Titel- und Vollstreckungsverfahren entgegen Klicka die Annahme einer bloß impliziten (nicht im Titel genannten), wohl aber zu vollstreckenden Nebenpflicht abzulehnen.
Daraus folgt, dass an der in den Entscheidungen 3 Ob 2027/96a und 3 Ob 2012/96w geäußerten, für diese allerdings nicht tragenden Rechtsansicht nicht festgehalten werden kann, es könne das Bestehen einer über das Einsichtsrecht hinausgehenden Verpflichtung zur Duldung der Herstellung von Kopien auch erst im Oppositionsverfahren geprüft werden.
Demnach ist der Revision Folge zu geben und dem Hauptklagebegehren in Abänderung der Urteile der Vorinstanzen stattzugeben. Auf das Eventualbegehren einzugehen, erübrigt sich somit. Auch eine Auseinandersetzung mit der in der Revision angesprochenen Frage, ob ein maßgeblicher Unterschied zwischen Fotokopien und digitalen Fotografien besteht, ist damit nicht erforderlich.
Infolge der Abänderung der Entscheidungen der Vorinstanzen hat der Oberste Gerichtshof auch eine Entscheidung über die Kosten deren Verfahrens zu treffen. Diese gründet sich in allen Instanzen auf § 41 ZPO, im Rechtsmittelverfahren auch auf § 50 ZPO. In erster Instanz betraf eine von der klagenden Partei verzeichnete Mitteilung offenbar das Exekutionsverfahren, die einzige Tagsatzung dauerte nur eine Stunde. Insofern sind die Kosten zu kürzen. Die Pauschalgebühren richten sich nach der festen Bemessungsgrundlage für Oppositionsklagen nach § 16 Abs 1 Z 1 lit d GGG (694 EUR).