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OGH vom 24.11.2011, 1Ob217/11k

OGH vom 24.11.2011, 1Ob217/11k

Kopf

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon. Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ. Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Außerstreitsache des Antragstellers J***** S*****, vertreten durch Mag. Dr. Peter Nader, Rechtsanwalt in Linz, gegen die Antragsgegnerin Mag. G***** E***** S*****, vertreten durch Dr. Thomas Langer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Vermögensaufteilung nach den §§ 81 ff EheG, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom , GZ 15 R 59/11v 74, mit dem der Rekurs des Antragstellers vom , gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Linz vom , GZ 7 C 78/08i 59, zurückgewiesen wurde, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

Spruch

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird in seinem Punkt 2. aufgehoben. Dem Rekursgericht wird eine Erledigung des Rekurses vom unter Abstandnahme vom gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsrekurses sind weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Text

Begründung:

Gegen den Beschluss des Erstgerichts, mit dem der Aufteilungsantrag abgewiesen und der Antragsteller zum Kostenersatz verpflichtet wurde, erhob dieser innerhalb der 14 tägigen Rekursfrist zuerst einen Rekurs gegen die Kostenentscheidung (Kostenrekurs) und danach einen weiteren Rekurs mit dem Antrag, den erstinstanzlichen Beschluss aufzuheben und die Rechtssache an das Erstgericht (zur neuerlichen Entscheidung) zurückzuverweisen.

Das Rekursgericht wies diesen mit Schriftsatz vom erhobenen zweiten Rekurs zurück, sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR übersteige, und erklärte den Revisionsrekurs für zulässig. Ein Beschluss könne aufgrund des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels nur mit einem Rekurs angefochten werden. Spätere Rechtsmittelschriften, Nachträge oder Ergänzungen seien zurückzuweisen, wenn bereits eine Rechtsmittelschrift dieser Partei vorliegt. Im Anwendungsbereich der ZPO werde in ständiger Rechtsprechung judiziert, dass ein bereits erhobenes Rechtsmittel gegen die Kostenentscheidung einer Partei die Bekämpfung der Entscheidung in der Hauptsache durch eine rechtzeitig eingebrachte Berufung nicht abschneiden könne, weil der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels dann nicht zu gelten habe, wenn Rechtsmittel verfahrensrechtlich verschiedener Natur seien und sich auch gegen prozessual völlig verschieden geartete, wenn auch in einer Ausfertigung zusammengefasste Entscheidungen richten bzw wenn die Rechtsmittelfristen unterschiedlich lang sind. Im Außerstreitverfahren liege allerdings kein Fall von Rechtsmitteln verfahrensrechtlich unterschiedlicher Natur gegen prozessual völlig verschieden geartete Entscheidungen vor. Als einheitliches Rechtsmittel komme ausschließlich der Rekurs in Frage, der in der Regel binnen 14 Tagen einzubringen sei. Die für den streitigen Zivilprozess entwickelte Rechtsprechung, wonach durch die Erhebung eines Kostenrekurses das Anfechtungsrecht in der Hauptsache nicht konsumiert wird, könne für die vorliegende Fallkonstellation nicht herangezogen werden. Da zu dieser Frage allerdings oberstgerichtliche Rechtsprechung fehle, sei der Revisionsrekurs zulässig.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers. Ungeachtet der überschießenden Anfechtungserklärung und der teilweise unverständlichen Rechtsmittelanträge ist der inhaltlichen Ausführung des Revisionsrekurses zu entnehmen, dass sich der Antragsteller (nur) gegen die Zurückweisung seines (zweiten) Rekurses vom wenden will, in dem er (erstmals) die Sachentscheidung des Erstgerichts angefochten hat.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Wie schon das Rekursgericht zutreffend dargelegt hat, wird für das Verfahren nach der ZPO ausgesprochen, dass der Grundsatz der Einmaligkeit des Rechtsmittels nicht auf Konstellationen zu erstrecken ist, in denen eine Partei zuerst einen Kostenrekurs erhoben und anschließend die Entscheidung in der Hauptsache durch eine rechtzeitig eingebrachte Berufung bekämpft hat (RIS Justiz RS0036043). In anderem Zusammenhang wird judiziert, dass der Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung einer weiteren (rechtzeitigen) Anfechtung nicht entgegensteht, wenn Rechtsmittel verfahrensrechtlich unterschiedlicher Natur gegen prozessual verschieden geartete berufungsgerichtliche Entscheidungen gerichtet sind (RIS Justiz RS0043968). Davon sind nicht nur Rechtsmittel gegen in unterschiedlicher Entscheidungsform (Urteil, Beschluss) ergehende und in einer Ausfertigung zusammengefasste Entscheidungen erfasst, sondern etwa auch zwei Rechtsmittel gegen jeweils in Beschlussform ergangene Entscheidungen, wie etwa die meritorische Entscheidung über einen Rekurs und die gleichzeitige Verhängung einer Ordnungsstrafe (1 Ob 92/09z = RIS Justiz RS0043968 [T1]).

Entgegen der Auffassung des Rekursgerichts kommt es daher schon nach der bisherigen Judikatur zum Zivilprozess nicht in erster Linie darauf an, dass die in einer Ausfertigung zusammengefassten Entscheidungen formell unterschiedlicher Natur sind oder unterschiedlichen Anfechtungsfristen unterliegen (vgl nur 5 Ob 226/02z unter Hinweis auf EvBl 1994/59 [= 8 Ob 548/93]). Entscheidend ist vielmehr, dass es sich um prozessual verschieden geartete Aussprüche des Erstgerichts handelt (vgl nur 8 Ob 548/93, 5 Ob 226/02z ua) und damit jedes Rechtsmittel eine ausschließlich auf einen der verschiedenen Aussprüche bezogene Verfahrenshandlung darstellt, die für die Entscheidung über den anderen Ausspruch (die anderen Aussprüche) ohne jede Bedeutung ist. Der Grundsatz der Einmaligkeit der Rechtsmittelhandlung wird etwa damit begründet, dass Unklarheiten über den Umfang, das Ziel und die Begründung der Anfechtung vermieden werden sollen ( Zechner in Fasching/Konecny 2 IV/1 § 505 ZPO Rz 4 mit Hinweis auf 1 Ob 608/94). Jedenfalls sollen auch Unübersichtlichkeiten hintangehalten werden, die Fehler des Gerichts oder des Verfahrensgegners provozieren könnten. Derartige Unklarheiten sind aber nicht zu befürchten, wenn sich ein Rechtsmittel gegen die eine, das andere hingegen gegen eine andere in dieselbe Ausfertigung aufgenommene Entscheidung richtet, sofern diese wesentlich unterschiedlicher Natur sind.

Eine solche inhaltliche Verschiedenheit der Entscheidung in der Sache einerseits und der damit verbundenen Entscheidung über die Verfahrenskosten ist nun auch im außerstreitigen Verfahren zu bejahen, weil Rechtsmittelausführungen zur Kostenfrage für die Hauptsachenentscheidung nicht von Belang sein können und umgekehrt ein Erfolg des Rechtsmittels in der Hauptsache die Behandlung des Kostenrekurses inhaltlich nicht tangieren kann.

Nach Auffassung des erkennenden Senats kann daher die Erhebung eines Rechtsmittels gegen die Kostenentscheidung das Recht, einen Rekurs gegen die Entscheidung in der Hauptsache zu erheben, nicht konsumieren.

Das Rekursgericht wird den somit zulässigen (und auch rechtzeitigen) Rekurs des Antragstellers daher meritorisch zu erledigen haben.

Der Kostenvorbehalt beruht darauf, dass mit der vorliegenden Entscheidung das Verfahren in der Hauptsache noch nicht abgeschlossen wird (§ 78 Abs 1 Satz 2 AußStrG e contrario).